- Kolping Europa

Transkript

- Kolping Europa
Dies ist eine Publikation des Kolpingwerkes Europa, einem europäischem
Netzwerk von insgesamt 20 nationalen Kolpingverbänden. Das Kolpingwerk
Europa gehört zum Internationalen Kolpingwerk, einem weltweit tätigen katholischen Sozialverband.
Das Sekretariat des Kolpingwerkes Europa wird finanziell unterstützt durch
die Europäische Kommission im Rahmen der Strukturförderung für zivilgesellschaftliche Organisationen auf europäischer Ebene.
Ziel des Programms „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ ist es, Europa an
seine Bürgerinnen und Bürger anzunähern und ihnen die Teilnahme am europäischen Aufbauprozess zu ermöglichen. Mit Hilfe dieses Programms haben
die Bürgerinnen und Bürger Gelegenheit, transnationale Erfahrungen zu machen, zu kooperieren, einen Beitrag zur Entwicklung der Zugehörigkeit zu
gemeinsamen europäischen Werten zu leisten und den europäischen Einigungsprozess voranzutreiben.
Köln, im März 2010
Impressum
Herausgeber: Kolpingwerk Europa
Kolpingplatz 5-11
50667 Köln
[email protected]
Tel.:++49(0)221/20701-48 (Europasekretariat)
www.kolpingwerk-europa.net
Redaktion: Andrea Vojtillová
Dieses Projekt wurde mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert. Die Verantwortung für
den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt allein der Verfasser; die Kommission haftet nicht für die weitere
Verwendung der darin enthaltenen Angaben.
2
Inhaltverzeichnis
Einführung, Überblick das Projekt
4
Multiplikatorenschulung vom 29.-31. August 2008
In Spišské Podhradie / Slowakei
9
Internationales Seminar „Europäische Identität und historisches
Gedächtnis“, vom 04.-07.09.2008 in Lublin / Polen
12
Referat von Gregor Federhen
„Das Europäische Kolpingwerk will das Geschichtsbewusstsein
stärken“
14
Seminar „Kulturraum Europa- junge Menschen bauen mit am
Vereinten Europa“, vom 30.10.-02.11.2008 in Celje / Slowenien
21
Seminar „Europa mitgestalten und Demokratie (er)leben:
Die Bürger und der Lissabon-Vertrag“ vom 14.-16.11.2008
In Blansko / Tschechien
24
Referat von Hubert Tintelott
„Die Mitverantwortung des Kolpingwerkes als katholischer
Sozialverband für eine menschenwürdige Gestaltung der Arbeitswelt“
27
Referat von Ing. Stanislav Juránek, Landeshauptmann Südmährischer
Kreis
39
Erklärung des Kolpingwerkes Europa zur Europawahl 2009
46
Europaratserklärung von Kolping International zur Integration Europas
Und zum Einsatz des Europarates für die Menschenrechte
54
Protokoll der Sitzung der Arbeitsgruppen während der
Kontinentalversammlung des Kolpingwerkes Europa in Blansko
59
3
Einführung, Überblick über das Projekt
Gregor Federhen
Am 12. Dezember 2007 wurde beim Treffen des Europäischen Rates der Vertrag von Lissabon offiziell unterschrieben, in den folgenden Monaten soll er in
den Mitgliedsstaaten ratifiziert und am 1. Januar 2009 in Kraft treten.
Leider sind alle substanziellen Veränderungen
des Verfassungsentwurfes im neuen Vertragstext in komplizierten Paragrafen versteckt, so
dass die Gefahr besteht, dass kaum ein Bürger
den Grundlagenvertrag verstehen wird. Obwohl die Grundrechte-Charta im Vertrag von
Lissabon nicht enthalten ist, soll aber ein
Querverweis die in ihr enthaltenen Grundrechte rechtsverbindlich (ausgenommen Großbritannien und Polen) für bindend erklären und für die EU-Bürger vor dem
Europäischen Gerichtshof einklagbar garantieren.
Mit der Charta sind die Grundrechte erstmals umfassend schriftlich und in einer verständlichen Form niedergelegt. Sie orientiert sich an der Europäischen
Menschenrechtskonvention und wurde ursprünglich vom ersten europäischen
Konvent erarbeitet, an dessen Diskussion sich auch das Internationale Kolpingwerk durch einen Online-Beitrag beteiligt hatte.
Nach der erfolgten Proklamation der Grundrechte-Charta möchte das Internationale Kolpingwerk den laufenden Ratifizierungsprozess begleiten und durch
eigene Veranstaltungen einen Beitrag zur Aufklärung und Information über
dieses wichtige Dokument und den weiteren Integrationsprozess leisten. Tatsächlich ist ja beabsichtigt, den Grundlagenvertrag möglichst keinem Volk zur
Abstimmung vorzulegen, womit gleichzeitig die Hoffnung begraben wurde,
Europa durch einen neuen Politikstil und einen mutigen Sprung nach vorne
zusammenzubinden. Umso wichtiger erscheint es nun, dass sich die Bürger
ihrer Rolle als Souverän bewusst werden und sich die Zivilgesellschaft mit
mehr Bewusstseinsschärfung einbringt. In dem Kapitel über Solidarität werden auf neue Weise die sozialen und wirtschaftlichen Rechte zusammengefasst. Im Rahmen des vorliegenden Projektantrages wird ein Programm zur
Mitfinanzierung vorgelegt, bei dem es um die Schulung von 120 Multiplikatoren in Bezug auf die Reflexion die Grundrechte-Charta und die konkrete Aus4
gestaltung des sozialen Dialoges unter Einbeziehung der Kolpingverbände
geht. Diese Maßnahme zielt auf die Förderung einer breit angelegten Debatte
innerhalb des Europäischen Kolpingwerkes, welches sich seit vielen Jahren
intensiv mit europapolitischen Fragen beschäftigt.
Durch diese Maßnahme soll auch der Dialog zwischen den Institutionen und
Politikern der Europäischen Union und den Bürgern ausgebaut und damit die
Entwicklung einer aktiven und partizipativen Unionsbürgerschaft sowie die
Vernetzung eines großen europäischen Selbsthilfeverbandes (Kolpingwerk)
gefördert werden.
Das Ziel der Grundrechte-Charta ist in der Präambel definiert, dort heißt es
u.a.:
„Zu diesem Zweck ist es notwendig, angesichts der Weiterentwicklung der
Gesellschaft, des sozialen Fortschritts und der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen den Schutz der Grundrechte zu stärken, indem sie in
einer Charta sichtbarer gemacht werden.“
Als Sozialverband sieht sich das Europäische Kolpingwerk vor allem den Interessen der Arbeitnehmer und ihrer Rechte verpflichtet. In diesem Sinne soll
das Projekt einen wichtigen Beitrag leisten zur Diskussion insbesondere der
sozialen Rechte der Grundrechte-Charta. Zu diesen gehören u.a.:
- Artikel 27
Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Unternehmen
- Artikel 28
Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen
Artikel 29
Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst
Artikel 30
Schutz bei ungerechtfertigter Entlassung
Artikel 31
Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen
Artikel 32
Verbot der Kinderarbeit und Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz
Artikel 33
Familien- und Berufsleben
Artikel 34
5
Soziale Sicherheit und soziale Unterstützung
Artikel 35
Gesundheitsschutz
Artikel 36
Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
Insbesondere diese sozialen und wirtschaftlichen Rechte wollte das Kolpingwerk in der Veranstaltung vom 14.-16. November 2008 in Češkovice / Tschechische Republik aufgreifen, die unter dem Motto stand: „Europa mitgestalten und Demokratie (er-)leben: Die Bürger und der Lissabon-Vertrag.“
Das Kolpingwerk in Europa will insbesondere auch die jungen Menschen ansprechen und sie Europa erleben lassen. Es ist eine wichtige Frage der Legitimation und Akzeptanz, dass vor allem die jungen Erwachsenen in Europa sich
mit den aktuellen europapolitischen Herausforderungen auseinandersetzen
und ihre Anliegen und Sorgen einbringen können. Dazu wurde eine Veranstaltung in Slowenien realisiert, das seit dem 1. Januar die EURatspräsidentschaft innehat.
Vom 30.10.- 2.11. 2008 fand in Celje / Slowenien eine Veranstaltung statt
unter dem Motto „ Kulturraum Europa - junge Menschen bauen mit am vereinten Europa“. Hier sollten sich junge Erwachsene aus 15 verschiedenen europäischen Ländern mit den aktuellen politischen Herausforderungen beim
Zusammenwachsen von West- und Osteuropa beschäftigen und Methoden
des Interkulturellen Lernens erproben.
Vom 04. – 07. September 2008 fand in Nasutów bei Lublin / Polen ein internationales Seminar zum Thema „Geschichtsbilder und Mythen und die Bürger
Europas“ statt, an dem junge Erwachsene aus Polen, der Ukraine und
Deutschland teilnahmen. Bei dieser Maßnahme wurde den jungen Menschen
Gelegenheit gegeben, sich über die gegenseitigen Selbst- und Fremdbilder
auszutauschen und sie aufgefordert, sich mit stereotypen Geschichtsbildern
und Vorurteilen auseinandersetzen, die einem besseren Verständnis und miteinander der Völker im Wege stehen.
Vom 29. - 31. August 2008 fand in Spisské Podhradie / Slowakei eine
Multiplikatoren-Schulung statt, die unter dem Thema stand: „Power to the
youth - die europäische Jugend gestaltet die Zukunft“. Bei dieser Tagung
haben sich junge Slowaken Kenntnisse über die Funktionsweise der
6
europäischen Institutionen, der europäischen Jugendpolitik und
Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Politik angeeignet und über aktuelle
europapolitische Fragen diskutiert.
Das Internationale Kolpingwerk wollte mit den durchgeführten Veranstaltungen u.a. die sozialen Rechte der Grundrechte-Charta ins Bewusstsein der
Bürger bringen, eine breite Diskussion über die Arbeitnehmerrechte anstoßen
und Möglichkeiten des sozialen Dialogs vor allem in den Beitrittsländern
aufzeigen.
Die Veranstaltung in Nasutów bei Lublin sollte darüber hinaus insbesondere
junge Bürger aus Polen, der Ukraine und Deutschland zusammenbringen und
zu grenzüberschreitenden Aktionen anregen helfen. Auch die Veranstaltung
in Spišské Podhradie hatte die Intention sowohl Tschechen, Slowaken, Rumänen und Ungarn zusammenzubringen, um gemeinsame Projekte vorzubereiten. Tatsächlich haben an dieser Veranstaltung aber nur slowakische
Jugendliche teilgenommen.
Gewöhnlich spielt bei Veranstaltungen des Internationalen Kolpingwerkes die
Einbeziehung der lokalen, kulturellen und historischen Orte immer eine
wichtige Rolle; gerade an solchen besonderen Erinnerungsorten kann die
europäische Dimension der Geschichte sehr einprägsam und anschaulich
demonstriert werden (z.B. durch die geplanten Besuche des Weltkulturerbes
der Zipser Burg (Slowakei) oder der historischen Stadt Kazimierz Dolny und
Lublin in Polen.
Über die geplanten Begegnungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sollte die
Vermittlung von Grundkenntnissen des interkulturellen Lernens und der
europäischen Geschichte und Kultur bei 120 Multiplikatoren erzielt werden.
Diese tragen bei zur Sensibilisierung für nationale Eigenheiten und kulturelle
Unterschiede und erhöhen die Akzeptanz für europäische Werte (Toleranz,
Demokratie, Minderheitenschutz usw.) bei jungen Erwachsenen aus West-,
Mittel- und Osteuropa.
Das Projekt beförderte zudem die interkulturelle Handlungskompetenz junger
Europäer und steigerte damit auch Basis zivilgesellschaftlichen Engagements,
die für die Akzeptanz europäischer Politik von großer Bedeutung ist.
7
Die im Projekt vorgesehenen Begegnungs- und Qualifizierungsmaßnahmen
behandelten Themen der mittel-, südost- und osteuropäischen Geschichte
und brachten Menschen aus den verschiedenen Regionen Europas
zusammen. Die Präsenz vieler junger Menschen aus zahlreichen Ländern mit
unterschiedlicher Sprache und Kultur bedeutete eine ganz besondere
Lernsituation mit vielen Chancen für formelles und informelles Lernen, wie sie
die traditionellen Bildungsinstitutionen Schule und Universität nur selten
bieten.
Die Akzeptanz europäischer Politik wurde erleichtert, da junge Menschen ein
höheres Bewusstsein von den besonderen Schwierigkeiten und
Herausforderungen der Gemeinschaftspolitik erreichen.
Die im Rahmen des vorliegenden Projektes beabsichtigten Qualifizierungsund Begegnungsmaßnahmen für junge Erwachsene und befähigten junge
Bürger zur selbstständigen Meinungsbildung und –äußerung und stärkten
deren Teilhabe an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen.
Die durchgeführten Seminare zu europapolitischen Themen trugen mit bei zur
Vernetzung von Bürgern auf europäischer Ebene und zur Aktivierung der
europäischen Zivilgesellschaft. Tatsächlich wussten bisher zivilgesellschaftlicheche Organisationen wenig von ihren potentiellen Counterparts in
anderen Ländern. Das Projekt stärkte das Netzwerk „Europäisches
Kolpingwerk“ und stabilisierte die Zusammenarbeit wichtiger Akteure.
8
Programm der Multiplikatorenschulung vom 29.-31. August
2008 in Spišské Podhradie / Slowakei:
„Power to the youth- die europäische Jugend gestaltet die Zukunft“
Freitag, 29. August 2008
17.30
18.00 Uhr
19.00 – 22.00 Uhr
Ankunft und Einquartierung
Abendessen
Einführung in das Thema, Vorstellung der
Teilnehmer, Referentin:
Dr. Margita Marková,
Nationalsekräterin Kolpingwerk Slowakei
„Das slowakische Kolpingwerk als Akteur
der Zivilgesellschaft“
Samstag, 30. August 2008
9.00 – 10.00 Uhr
10.00 Uhr
10.30 – 12.00 Uhr
18.00 Uhr
19.00 Uhr
Pavol Zaťko, Nationalpräses des KW Slowakei „Die Situation junger Menschen in
Mittel- und Osteuropa und die europäische
Integration“
Kaffeepause
Arbeit in Arbeitskreisen zu folgen Themen:
Praxiswoche beim Europ.Parlament in Brüssel, Das Europaseminar in Strasbourg
Möglichkeiten des politischen Engagements
in NGOs und Parteien
Abendessen
Abendmesse im Dom
Anschließend Exkursion
9
Sonntag, 31. August 2008
8.00 Uhr
9.00 – 10.30 Uhr
11.00 Uhr
12.15 Uhr
14.00 Uhr
Frühstück
Ivan Mirga, Bevollmächtigter der Slowakischen Regierung für Roma-Fragen.
„Politische Strategien zur Verbesserung der
sozialen und ökonomischen Lage der Roma
in der Slowakei.“
Auswertung des Seminars,
Abschlusskritik, Evaluierung
Mittagessen
Abreise
Veranstaltungsort: Kolping-Hotel in Spišské Podhradie
Zipser Burg (Spišský hrad)
10
Teilnehmerliste
Land
Name
Land
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Margita Marková
Anna Gondová
Ján Marko
Jaroslav Výboch
Katarina Hradská
Jozef Gača
Viktória Timková
Mária Gondová
Monika Balogová
Marek Wagner
Alena Výbochová
Štefan Presuľ
Gabriela Presuľová
Marek Hatiar
Ružena Mirgová
Alexandra Mirgová
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Slowakei
Veronika Danková
Ľubica Gondová
Jarmila Valachovicová
Michael Rusňák
Dominik Presuľ
Andrea Vojtillová
Jana Repková
Patrícia Wagnerová
Ivan Mirga
Rudolf Šulík
Karol Zaťko
Marek Putera
Pavol Zaťko
Ján Marko
Gruppenfoto der Teilnehmer
11
Programm des Internationalen Seminars
„Europäische identität und historisches Gedächtnis“
Vom 04.-07. 2008 in Lublin / Polen
Donnerstag, 04. September 2008
bis 17.30 Uhr
18.00 Uhr
19.00 – 22.00 Uhr
Ankunft und Einquartierung
Abendessen
Eröffnung des Workshops,
Vorstellung der Teilnehmer
Einführung G. Federhen:
„Das europäische Kolpingwerk will
das Geschichtsbewusstsein fördern“
Freitag, 05. September 2008
8.00 Uhr
9.00 – 9.15 Uhr
9.15 – 10.30 Uhr
10.30 Uhr
11.00 – 12.30 Uhr
12.30 Uhr
14.30 – 18.00 Uhr
Frühstück
Morgenimpuls
Referat von Andriy Gevyuk, Dozent an der
Universität in Cernowitz: „Das historische
Gedächtnis in der Ukraine in Bezug auf
Polen“
Pause
Arbeitsgruppen
Mittagessen
Referat von Łukasz Jasina, wissenschaftlicher Mitarbeiter Universität Lublin: „Das
historische Gedächtnis in Polen in Bezug
auf die Ukraine“ anschließ. Arbeitsgruppen
12
Samstag, 06. September 2008
8.00 Uhr
9.00 – 9.15 Uhr
9.15 – 10.30 Uhr
11.00 Uhr
12.15 Uhr
14.30 Uhr
18.00 Uhr
19.30 Uhr
Frühstück
Morgenimpuls
Referent: Peter Sixl, Ludwik-BolzmannInstitut, Graz:„Die Arbeit der Institute für
Kriegsfolgeforschung in Polen“
Arbeitsgruppen / Übungen
Mittagessen
Exkursion nach Lublin: Stadtführung mit Erkundung der Geschichte an besonderen
Erinnerunsorten
Abendessen
Gemeinsamer Gruppenabend
Sonntag, 7. September 2008
8.00 Uhr
9.00 – 10.00 Uhr
10.00 – 11.15 Uhr
11.30 Uhr
12.15 Uhr
Frühstück
Heilige Messe
Gelegenheit zur Vorstellung vom eigenen
Projektideen und Internationalen Jugendbegegnungen
Auswertung, Abschlussgespräch
Mittagessen
Anschließend Abreise
Veranstaltungsort
13
Das europäische Kolpingwerk will das Geschichtsbewusstsein fördern
Referent: Gregor Federhen
Im Gebet der Kolpingsfamilie heißt es u.a.: „Gib uns die Gaben, durch die er
(A.Kolping) sein Werk prägte: Gläubigkeit und Selbstvertrauen, Lebensernst
und Freude, Selbstverantwortung und Solidarität, Geschichtsbewusstsein und
Fortschrittswille“.
Dieses Geschichtsbewusstsein soll an diesem Wochenende einmal explizit das
Thema sein. Denn von alleine bzw. ohne Zutun und Lernen entsteht ein solches Geschichtsbewusstsein nicht. Höchstens ein Bewusstsein, welches allenfalls die in der Gesellschaft vorhandenen Vorurteile und Ressentiments aufgreift oder reproduziert. Adolph Kolping war selbst tief verwurzelt in der Kultur seiner Heimat und schätze die Traditionen, Sitten und Gebräuche auch in
den anderen Regionen Europas. Als ein zutiefst konservativ geprägter Mensch
ging es ihm häufig um das Bewahren des Guten und Bewährten, auch wenn
er heute vielleicht eher für seine neuen Ideen bekannt ist, die er in die Kirche
einbrachte.
Seit der Rückkehr der Geschichte im Jahre 1989, erst recht seit der großen
EU-Erweiterung 15 Jahre danach und dem Aufkommen der Geschichtspolitik,
ist der Satz „Worüber früher auf dem Schlachtfeld gestritten wurde, das entscheiden wir heute am Verhandlungstisch“ nicht mehr ohne einen zweiten zu
denken: Die Schlachten der Vergangenheit schlagen wir heute gern noch
einmal. Zumindest im Museum. Das zusammenwachsende Europa erlebt geschichtspolitische Debatten von ungewohnter Schärfe, und das ist nicht verwunderlich. Die Nationen im Osten, von 50 Jahren Besatzung und Diktatur
zum Verstummen gebracht, haben gerade erst begonnen, ihre Sicht der europäischen Geschichte zu artikulieren. Ihr großer Hunger nach nationaler Unabhängigkeit und (bescheidenem) Wohlstand ist in Erfüllung gegangen. Nachdem die Grundbedürfnisse befriedigt sind, sind die östlichen Nachbarn, wie es
der polnische Historiker und Außenminister Stefan Meller formulierten, auf
einer „zweiten Stufe emotional-politischer Ansprüche“ angekommen. Eine
neue Schlacht hat begonnen: Die Bataille um die Erinnerung, eng verbunden
mit dem Kampf um Anerkennung. Ein großes Ziel des Kommunismus war die
Schaffung eines Menschen ohne Gedächtnis, der sich nach vollzogener Ge14
hirnwäsche nicht mehr daran erinnern sollte, was er vor dem Kommunismus
war, besaß oder machte. Das Gedächtnis ist auch eine Form von Wahrheit,
und es musste zerstört werden, um die Wahrheit zerstören oder manipulieren
zu können.
Heute können wir beobachten, wie die Verbrechen der jüngsten Geschichte in
wissenschaftlicher und künstlerischer Form auf Regalen arrangiert werden,
damit sich der Staub der Gleichgültigkeit unserer Zeit beeilen kann, sich darauf niederzulassen. Umso wichtiger erscheint es mir, dass wir uns an diesem
Wochenende Gedanken darüber machen, wie die kollektive Erinnerung wiederbelebt werden kann für eine Generation, die man einer Gehirnwäsche unterzogen hatte, die nicht mehr wusste, woher sie gekommen war oder wohin
sie ging, eine Generation, die nicht fähig war, den nachfolgenden Generationen das weiterzugeben, was sie weiterzugeben hatte.
Der Osten Europas war Schauplatz einer Gewaltanwendung ohnegleichen.
Die Kriege im letzten Jahrhundert haben in der Erinnerung der Völker tiefe
Wunden hinterlassen. Zwei Weltkriege, Revolution und Bürgerkrieg, Umstürze
und Diktaturen, Holodomor und Großer Terror, die nationalsozialistische Besatzung, die Vernichtung der Juden, der Gulag, Grenzkriege und nationale
Konflikte, Deportationen, ethnische Säuberungen folgten aufeinander oder
überlagerten sich. Mitunter sind sie kaum trennbar verwoben. Es gibt keine
Sprache, welche die Gewalterfahrungen dieser Abfolge aus Sterben und Tod
auf einen Nenner bringen könnte.
Die Fakten dieses Jahrhunderts der Extreme sind zunehmend Allgemeingut
Europas. Doch jede Nation interpretiert die eigene Erfahrung auf ihre Art. Jede Nation hat ihr eigenes 20. Jahrhundert. Häufig steht die Erinnerung einer
Nation im Widerspruch zu der einer anderen. Wo Widersprüche aufeinander
stoßen, ist der Konflikt nicht fern. Dies zeigte sich beispielsweise im Frühjahr
2007 in Estland beim Streit um die Verlagerung des sowjetischen Kriegerdenkmals aus dem Zentrum Tallins auf einen Friedhof, Es kam zu Ausschreitungen in Estland, Agitation in Russland und diplomatischen Spannungen.
Und auch der jüngste Krieg in Georgien hat zweifelsohne auch Aspekte, die
mit der schlecht aufgearbeiteter Vergangenheit und der historischen Erinnerung zusammenhängen. So schrieb z.B. ein Kommentator: Konflikte um das
Erinnern und Gedenken haben Konjunktur, gerade in Zeiten der Europäisierung und Globalisierung. Geschichte und Erinnerung ist in MOE allgegenwärtig, ihre Folgen sind jedoch ambivalent.
15
Einerseits ist seit 1989 eine stürmische Aneignung, Aufarbeitung und Neubewertung der Vergangenheit zu beobachten. Tabus sind gefallen, weiße Flecken verschwunden. Das historische Wissen über das, was in Katyn oder Kaunas geschah, ist gewachsen.
Andererseits tobt der Kampf um die Bewirtschaftung der Vergangenheit. Geschichte ist eine Münze mit politischem Tauschwert. Politiker und Regierungen setzen sie für eigene Zwecke ein. Geschichte und Erinnerung sind Ressourcen der Macht. Sie dienen der Mobilisierung von Menschen, der Legitimitätsschöpfung, der Integration und Identitätsstiftung.
Häufig sind Geschichtspolitik und Konflikte über Erinnerung nichts anderes als
politische Auseinandersetzungen im historischen Kostüm. Bei diesem Kampf
um Deutungshoheit sind mitunter gar Versuche zu beobachten, Geschichte zu
homogenisieren, sie auf eine gültige Wahrheit festzulegen, zu mythologisieren, ideologisieren, neue Tabus zu verhängen.
Warum beschäftigt sich das Europäische Kolpingwerk mit diesen Themen?
Die Frage ist berechtigt, denn normalerweise beschäftigen wir uns tatsächlich
ja eher mit aktuellen Gegenwartsfragen, als mit der Geschichte. Aber wir
müssen uns auch fragen: Braucht nicht die Zukunft eine Erinnerung?
Manche meinen, wozu soll ich meinen Rucksack mit Steinen füllen? Ist nicht
Vergessen die bessere Strategie?
Um das Leben fortsetzen zu können – das ist eine Binsenweisheit – müssen
wir Abend für Abend im Schlaf versinken und träumen. Im Traum wird die
Vergangenheit wieder Gegenwart und Kraft für den nächsten Tag sammeln
wir offensichtlich dadurch, dass wir Gegenwart in Vergangenheit verwandeln.
Wer nicht vergisst, heißt es, der sei gefährlich. Auch Gott vergesse nicht, kann
man hören. Braucht es vielleicht ein Gleichgewicht zwischen Erinnerung und
Vergessen?
Gerade für religiöse Menschen ist Erinnerung wichtig, also auch für das Kolpingwerk. Alle Christen feiern so z.B. im Gottesdienst das Abendmahl, welches das heilvolle Sterben Jesu erinnert und vergegenwärtigt. Erinnerung
spielt also eine zentrale Rolle in der Religion. Religiöses Denken nimmt an,
16
dass es irgendwo ein integrales Archiv gibt, worin alle Menschen und alle
Handlungen Spuren hinterlassen.
Es soll in den nächsten Tagen darum gehen, sich von dem Umgang mit Geschichte inspirieren zu lassen und dennoch gelassen zu bleiben, also Politik zu
betrachten jenseits von Geschichtsvergessenheit und Geschichtsversessenheit,
jenseits von Indifferenz und von Obsession.
Es ist keine Frage, dass die geschichtlichen Erfahrungen der europäischen
Völker verschieden sind, genauso können auch die Perspektiven und Interpretationen dieser Erfahrungen different sein.
Ich habe das sichere Gefühl, dass die zentralen geschichtlichen Ereignisse nur
angemessen erinnert und vergegenwärtigt werden können, wenn man die
Grenzen der Nationalstaatlichkeit hinter sich lässt bzw. diese nicht als ultimative Grenze akzeptiert. Man kann dieses Europäische aber nicht herbeireden
oder konstruieren, sondern dies braucht seine Zeit, Zeit zum Wachsen.
Das Gedächtnis ist in den letzten 25 Jahren zu einem zentralen Thema sowohl der Geistes- als auch der Naturwissenschaften geworden. In der Medizintechnik wurden sog. Bildgebende Verfahren entwickelt, mit deren Hilfe die
Aktivitäten des Gehirns sichtbar gemacht werden können. Das bietet Einsatzpunkte für die Entwicklung neuer Therapien, von der Mikro-chirurgie bis zur
Behandlung von Altersdemenz, Alzheimer-Patienten oder Epileptikern. Im
Kosmos der geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen hat das Gedächtnisthema für so viele Überschneidungen und Bezüge gesorgt, dass sie
unter der Rubrik Kulturwissenschaften neu zusammengefasst worden sind.
Der Boom der Gedächtnisforschung hängt aber auch mit der der technischen
Revolution der Speichermedien im digitalen Zeitalter zusammen.
Ein wichtiges Ergebnis der Forschung ist die Einsicht, dass das Erinnern kein
natürlicher Prozess ist, sondern auf vielfältige Weise durch soziale Bedingungen und Umstände hergestellt oder verhindert wird.
Das Gedächtnis hat aber nicht nur soziale Bedingungen, sonder zugleich auch
soziale bzw. politische Folgen und Funktionen. Gedächtnis und Erinnerungen
sind in der Politik ein heftig umkämpftes Terrain, wo die Möglichkeit der Instrumentalisierung für politische Zwecke besteht.
Das kollektive Gedächtnis bezieht sich anders auf die Vergangenheit als die
Geschichtsschreibung. Geschichte und Gedächtnis sind nicht das gleiche. Das
17
kollektive Gedächtnis gehört immer zu Gruppen und Gemeinschaften. Es ist
von deren Gegenwartsinteressen abhängig, es rückt die Vergangenheit so
zurecht, dass von ihr aus das beste Licht auf die eigene Bezugsgruppe fällt, es
ist parteiisch und apologetisch, es verformt die Vergangenheit, es ist ungenau, es vergisst das Unangenehme und Beschämende. (Helmut König). Die
Erinnerung bildet die Vergangenheit nicht wie eine Kopie ab, sondern konstruiert sie neu.
Eine Welle der Selbstbesinnung hat Europa erfasst und ist Teil dessen, was
die Fachleute „Erinnerungspolitik“ nennen. Staaten haben sich schon immer
mit Geschichtsschreibung beschäftigt, neu hingegen ist, dass die meisten europäischen Staaten sich heute darum bemühen, sich ihrer Vergangenheit zu
stellen, sich der negativen Aspekte ihrer Nationalgeschichte (ebenso wie der
positiven Aspekte) zu erinnern und sich zu ihnen zu bekennen. Nationalstaaten haben sich bisher lieber an die Zeiten erinnert, in der sie selbst zum Opfer
anderer wurden, als sich ihrer eigenen Schuld zu stellen. Die während des
Zweiten Weltkriegs in Europa begangenen Verbrechen jedoch waren von besonderer Natur. Nur widerwillig sind die Europäer zur Einsicht gelangt, dass
die Vernichtung der Juden und anderer Volksgruppen nicht allein von den
Deutschen betrieben wurde.
In den nächsten Tagen sollen die polnisch-ukrainischen Beziehungen beleuchtet werden. Dabei wird es auch darum gehen insbesondere die Erinnerungskonflikte in diesen beiden Ländern zu analysieren. Für das politische und kulturelle Selbstverständnis von Polen und der Ukraine spielt die Entwicklung
einer je eigenen Version nationaler Vergangenheit eine Schlüsselrolle. Seit
dem Zerfall der Sowjetunion im Jahre 1991 treten die Bruchlinien zwischen
den verschiedenartigen Erinnerungskulturen der Nachfolgestaaten immer
deutlicher zu Tage. Der Dreh- und Angelpunkt dieser Konflikte ist offensichtlich eine unterschiedliche Deutung des Zweiten Weltkrieges.
Ich bin davon überzeugt, dass eine Beschäftigung mit den Erinnerungsmustern in den jeweiligen Ländern einen Schlüssel für viele gegenwärtige Verständigungsprobleme liefern kann. Die Sprengkraft nationaler, ethnischer und
religiöser Konflikte könnte gemildert werden, wenn wir uns bewusst werden,
wie stark kollektive Geschichtsbilder, Projektionen, Symbole und Vorurteile
unsere Wahrnehmung der Nachbarn beeinträchtigen.
18
Teilnehmer
19
Teilnehmerliste des Seminars in Lublin
Land
Name
Land
Name
Polen
Polen
Polen
Polen
Polen
Ukraine
Ukraine
Ukraine
Magdalena Bilińska
Dagmara Bożek
Patrycja Kwapik
Iwona Mruk
Jolanta Szpak
Vasyl Sawka
Olha Burda
Galyna Ieromina
Ukraine
Ukraine
Ukraine
Ukraine
Ukraine
Ukraine
Ukraine
Deutschland
Andryi Gevyuk
Alona Gertsan
Oksana Dobrzhanska
Sergii Tukhlynovych
Yurii Plantus
Ruslan Ramazanov
Oleksandr Ieromin
Gregor Federhen
Gruppenfoto der Teilnehmer
20
Programm des Seminars „Kulturraum Europa-junge Menschen
bauen mit am vereinten Europa“ vom 30. Oktober – 2. November
2008 in Celje / Slowenien
Donnerstag, 30. Oktober 2008
bis 18.00 Uhr
18.00 Uhr
19.00 -22.00 Uhr
Ankunft und Einquartierung
Abendessen
Begrüßung und Vorstellung des Proggramms, der Teilnehmer und des Gastgebers KJ Slowenien, anschließend Einführung
in das Thema durch Gregor Federhen
Freitag, 31. Oktober 2008
8.00 Uhr
9.00-09.15 Uhr
9.15 -10.30 Uhr
10.30 Uhr
11.00 – 12.30 Uhr
12.30 Uhr
14.30 – 16.00 Uhr
16.00 Uhr
19.00 Uhr
Frühstück
Morgenimpuls
Interkulturelles Lernen, Erklärung der Methoden und Umsetzung in Spielen
Pause
Fortsetzung des Themas in Arbeitsgruppen
und im Plenum
Mittagessen
Referentin aus Slowenien: Frau Ljudmila
Novak, Abgeordnete im Europa. Parlament
Stadtbesichtigung in Celje
Abendessen
Ljudmila Novak
21
Samstag, der 01. November 2008
8. 00 Uhr
9.00 – 9.15 Uhr
9.15 – 12.30 Uhr
13.00 Uhr
14.00 Uhr
19.00 Uhr
Frühstück
Morgenimpuls
Referentin Galya ieromina, Bildungsreferentin Kolpingwerk Ukraine: „Jugendarbeit im
Kolpingwerk und Interkultureller Lernen“
Mittagessen
Ausflug nach Zrece
Badenachmittag
Abendessen
anschließend Folklorabend mit der Gruppe
„The Saints“
Sonntag, 02. November 2008
8.00 – 9.00 Uhr
09.00 – 12.00 Uhr
12.15 Uhr
Heilige Messe
Auswertung und Abschlussgespräch, Gelegenheit zur Absprache und Koordinierung
von zukünftigen transnationalen Projekten
der Jugendarbeit
Mittagessen
anschließend Abreise
Während des Seminars
22
Teilnehmerliste der Veranstaltung in Celje
Land
Name
Land
Name
Deutschland
Slowenien
Rumänien
Rumänien
Ukraine
Ukraine
Ukraine
Slowenien
Slowenien
Slowenien
Gregor Federhen
Tamara Kos
Cosmin Roscoreanu
Raul Muresan
Vasyl Sawka
Galyna Ieromina
Olha Burda
Maja Brunčič
Alja Majer
Milena Repa
Slowenien
Slowenien
Slowenien
Slowenien
Slowenien
Slowenien
Slowenien
Slowenien
Slowakei
Slowakei
Jožze Rumpf
Marjan Plohl
Edo Belca
Ivan Gačnik
Franjo Šauperl
Janez Turinek
Mitja Gajski
Ljudmila Novak
Katarína Hradská
Jaroslav Výboch
Gruppenfoto der Teilnehmer
23
Programm der Veranstaltung „Europa mitgestalten und Demokratie (er)leben: Die Bürger und der Lissabon-Vertrag“ vom 14.-16.
November in Blansko / Tschechien
Freitag, 14. November 2008
Vor Beginn der Veranstaltung Sitzung des Vorstands Kolpingwerk Europa und
Sitzung des Vorstandes Kolpingbildungswerk Europa
Bis 17.30 Uhr
18.00 Uhr
18.45 – 22.00 Uhr
Ankunft und Einquartierung
Abendessen
Eröffnung der Konferenz, Vorstellung der
Teilnehmer, Einführung Hubert Tintelott,
Europasekretär: „Die Mitverantvortung des
Kolpingwerkes als katholischer Sozialverband für eine menschenwürdige Gestaltung
der Arbeitswelt.“
Samstag, 15. November 2008
9.00 – 10.00 Uhr
10.00 Uhr
10.30 – 12.00 Uhr
12.00 Uhr
13.30 Uhr
Ing. Stanislav Juránek,
Landeshauptmann Südmährischer Kreis und
Vorsitzender des Kolpingwerkes Tschechien
„Soziale Menschenrechte in der Grundrechtecharta der Europäische Union.“
Kaffeepause
Arbeit in Arbeitkreisen, Leitung: B. Breher,
H.Tintelott und M. Marková, Thema: „Was
erwarten wir als Nationalverbände vom
Kontinentalverband Europa?“
Mittagessen
Joachim Herudek, ehem. Generalsekretär
der Eza, Königswinter: „Das Instrument des
sozialen Dialoges – Die Mitverantwortung
unterschiedlicher sozialer Gruppen der Zivilgesellschaft für eine sozial gerechte und
menschenwürdige Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung.“
24
14.30 Uhr
15.00 Uhr
17.15 Uhr
18.00 Uhr
20.00 Uhr
Kaffeepause
JUDr. Bedřich Vymĕtalík
Ehem. Leiter des Krestansky Institutes in
Ostrava „Der soziale Dialog in Tschechien“
Fahrt nach Kunštát (deutsch: Kunstadt),
Besuch des Schlosses und der Pfarrkirche
Heilige Messe
Abendessen im Pfarrheim von Kunštát
Sonntag, 16. November 2008
8.00 Uhr
9.00 – 9.15 Uhr
9.15 – 10.30 Uhr
11.00 Uhr
11.30 Uhr
12.15 Uhr
14.00 Uhr
Frühstück
Morgenimpuls
Gregor Federhen: „Die Arbeit der
EFRA-European Fundamental Rights
Agency“ in Wien
Vorbereitung und Diskussion der der Erklärung des Europäischen Kolpingwerks
Astrid Hansen: „Die Bedeutung der Europawahl 2009 für das Kolpingwerk“, Vorstellung der Handreichung für Multiplikatoren und Jugendleiter:
„Europawahl 2009 – Deine Stimme für Europa“ anschließend: Auswertung der Konferenz,
Abschlusskritik, Evaluierung
Mittagessen
Abreise
25
Teilnehmerliste des Seminars in Blansko
Land
Deutschland
Deutschland
Österreich
Slowakei
Deutschland
Deutschland
Deutschland
Schweiz
Schweiz
Portugal
Portugal
Österreich
Polen
Polen
Tschechien
Rumänien
Rumänien
Serbien
Tschechien
Tschechien
Tschechien
Tschechien
Name
Hubert Tintelott
Barbara Breher
Anton Salesny
Margita Marková
Dagmar Hoseas
Thomas Dörflinger
M.v.Schlichtkrull-Guse
Margit Unternährer
Sybille Kühne
João Morgado
Elisa Maia
Caroline Lubenik-Jäger
Krzysztof Wolski
Barbara Wolski
Jana Zemanová
Eduard Dobre
Tibor Merlas
Stojan Kalapis
Patrik Chudovský
Ladislav Barta
Miroslava Stejskalová
Václav Dobrovolny
Land
Deutschland
Deutschland
Deutschland
Deutschland
Italien
Italien
Slowakei
Ungarn
Ungarn
Österreich
Österreich
Slowenien
Slowenien
Tschechien
Serbien
Deutschland
Tschechien
Tschechien
Tschechien
Tschechien
Tschechien
Name
Ottmar Dillenburg
Astrid Hansen
Gregor Federhen
Sonia Kirschbaum
Ernst Schwienbacher
Robert Tezzele
Pavol Zaťko
Sándor Nagy
Msgr. Paul Bolberitz
Norbert Hauer
Renate Draskovitz
Franjo Šauperl
Ivan Gačnik
Libor Havlik
Atila Mezei
Joachim Herudek
Bedřich Vymĕtalík
Michael Kubik
Marketa Voborilová
Zdenĕk Materna
Petr Kučera
26
Referat von Europasekretär Hubert Tintelott
Die Mitverantvortung des Kolpingwerkes als katholischer Sozialverband für eine menschenwürdige Gestaltung der Arbeitswelt.
Ein Blick in die Geschichte des Kolpingwerkes zeigt, dass dem Aufgabenfeld ARBEIT zu allen Zeiten und überall, wo das Kolpingwerk vertreten und
aktiv war, immer eine große Aufmerksamkeit gegolten hat. Dies ist auch nur
zu verständlich, wenn man sich an die
Ziele Adolph Kolpings erinnert, der mit
seinem katholischen Gesellenverein
einen Beitrag zur Lösung der Sozialen Frage seiner Zeit leisten wollte. Arbeit
ist aber, wie Papst Johannes Paul II. in seiner Enzyklika Laborem exercens
schreibt, der Schlüssel zur Lösung der Sozialen Frage.
Die Bildung von Selbsthilfeverbänden als Instrument zur Mitgestaltung der Arbeitswelt.
Für eine menschenwürdige Gestaltung der Arbeitswelt haben nicht allein
staatliche Organe durch Arbeitsschutzsysteme und einen entsprechender Ordnungsrahmen für das Wirtschaftsleben eine Mitverantwortung, sondern eine
erste Verantwortung liegt auch bei den Menschen, die in den Arbeitsprozess
integriert sind, und zwar sowohl auf Arbeitgeber- wie auf Arbeitnehmerseite.
Denn in der Arbeitswelt Tätigen kommt sogar eine erste Verantwortung zu,
wenn es um die Mitgestaltung der Arbeit geht. Dies betont auch Leo XIII. in
seiner 1891 erschienenen Enzyklika Rerum novarum, der ersten Sozialenzyklika. Er schreibt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Lösung der Sozialen Frage mitwirken müssen, und zwar mit geeigneten Instrumenten. Wörtlich
heißt es dazu: „Hierher gehören Vereine zu gegenseitiger Unterstützung, private Veranstaltungen zur Hilfeleistung für den Arbeiter und seine Familie bei
plötzlichem Unglück, in Krankheits- und Todesfällen, Einrichtungen zum
Schutz für Kinder, jugendliche Personen oder auch Erwachsene. Den ersten
Platz aber nehmen in dieser Hinsicht die Arbeitervereinigungen ein, unter deren Zweck alles andere Genannte fällt (Rerum novarum 36).
27
Auch die Gründung des katholischen Gesellenvereins durch Adolph Kolping
setzte schon vor Rerum novarum bei der Organisation der Betroffenen an.
Adolph Kolping war in seiner Zeit als Kaplan in Wuppertal-Elberfeld mit der
Situation der Handwerker konfrontiert worden, die durch die Einführung von
automatischen Webstühlen, durch die allgemeine industrielle Revolution ihre
wirtschaftliche Grundlage verloren hatten und ins gesellschaftliche Abseits
gedrängt waren. Er setzte sich daher intensiv mit der Frage auseinander, wie
man diesen Menschen, den Handwerksgesellen der damaligen Zeit, die die
Mehrheit der Arbeitnehmer zurzeit Adolph Kolpings ausmachten, konkret helfen könnte.
Was die veränderte Situation der Handwerker betrifft, so wird diese auch in
Rerum novarum eindeutig beschrieben: „In der Vergangenheit haben die Kooperationen von Handwerkern lange Zeit eine gedeihliche Wirkung entfaltet.
Sie brachten nicht bloß ihren Mitgliedern erhebliche Vorteile, sondern trugen
auch viel bei zur Entwicklung und zur Ehre des Handwerks, wie die Geschichte dessen Zeuge ist. In einer Zeit wie der unsrigen mit ihren geänderten Lebensgewohnheiten können natürlich nicht die alten Innungen in ihrer ehemaligen Gestalt wieder ins Leben gerufen werden; die neuen Sitten, der Fortschritt in Wissenschaft und Bildung, die gesteigerten Lebensbedürfnisse, alles
stellet andere Anforderungen. Es ist notwendig, dass Vereinigungen der Arbeiter sich nach den neuen Verhältnissen einrichten.“ (Rerum novarum 36)
Auch Adolph Kolping hatte erleben müssen, dass die alten Handwerksorganisationen nicht mehr den Ansprüchen der neuen Entwicklung entsprachen. Er
hatte in Wuppertal jedoch einen katholischen Gesellenverein angetroffen, der
zumindest Ansatzpunkte bot, um den neuen Anforderungen an eine neue Solidaritätsstruktur für diesen Teil der Arbeiter, den Gesellenstand, gerecht zu
werden. Er entwickelte das Konzept des in Wuppertal von Lehrer Gregor
Breuer gegründeten katholischen Gesellenvereins weiter und half aktiv bei
seiner Ausbreitung. Die Erfolge des katholischen Gesellenvereins bei der Lösung der Sozialen Frage der Gesellen zeigen, dass es Kolping gelungen war,
ein den Anforderungen der Zeit entsprechendes Instrument zu finden, um den
Gesellen zu helfen und die Arbeitwelt mit zu gestalten. In seinem Aufsatz
„Der Gesellenverein und seine Aufgabe“ konnte er daher schrieben: „Wir haben durch den Verein auf ein praktisches Mittel hingewiesen, wie man für
einen der wichtigsten Stände der Bevölkerung (die Gesellen) in der Gegenwart schützend, bewahrend und fördernd, für seine glücklichere Zukunft vorgehen kann.“
28
Adolph Kolping unterstützte die Gesellen nicht nur durch Angebote im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung, durch Jugendwohnheime und
den Aufbau einer Wanderfürsorge, sondern initiierte auch Krankenkassen und
Genossenschaften, bei denen sich die Gesellen durch den Zusammenschluss
in Selbsthilfevereinigungen gegenüber vielen aus der Arbeitswelt resultierenden Alltagsproblemen absichern konnte.
Die programmatischen Grundlagen des Kolpingwerkes zur Mitgestaltung der Arbeitswelt
Anknüpfend an das Verständnis von Adolph Kolping zur Mitgestaltung der
Arbeitswelt in den Bereichen
berufliche Bildung
Aufbau von Selbsthilfestrukturen
Mitgestaltung der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
hat KOLPING INTERNATIONAL auch in seinen aktuellen programmatischen
Aussagen sich zu dieser Aufgabe bekannt. So heißt es im Internationalen
Programm: „Für das Internationale Kolpingwerk ist die menschliche Arbeit
nicht allein Notwendigkeit zum Lebensunterhalt, sondern auch Chance zur
Selbstverwirklichung und - als Dienst an der Gemeinschaft - Weltauftrag des
Christen. Von seinen Mitgliedern erwartet es die Bereitschaft zur beruflichen
Bildung und Weiterbildung sowie zum persönlichen Engagement im Rahmen
der gegebenen Mitwirkungsmöglichkeiten. Besondere Bedeutung misst das
Kolpingwerk einer menschenwürdigen Gestaltung der Arbeitswelt zu.“
Und in den Leitlinien zur Berufs- und Arbeitswelt heißt es unter der Überschrift
Schaffung angemessener Rahmenbedingungen für Erwerbsarbeit:
„Damit ein umfassendes, den Menschen in seinen personalen, sozialen und
kulturellen Grundbedürfnissen angemessenes Verständnis von Arbeit wirklich
29
Geltung erlangen kann, bedarf es gerade für die Erwerbsarbeit entsprechender Rahmenbedingungen. Dies gilt vor allem für:
die gesellschaftliche Wertschätzung von Arbeit unter Einschluss einer
angemessenen Entlohnung
die Ausgestaltung konkreter Arbeitsbedingungen unter Einschluss von
Mitwirkungs- und Mitbeteiligungsmöglichkeiten
die Möglichkeiten zum Erwerb von fachlicher Kompetenz und beruflicher Qualifikation unter Einschluss entsprechender Weiterbildungsmöglichkeiten
die Bedingungen zum Erwerb von Miteigentum an Produktionsmitteln.“
Das Konzept von Decent Work (menschenwürdige Arbeit) der ILO
Ausgehend vom eigenen Selbstverständnis und von den programmatischen
Aussagen muss sich KOLPING INTERNATIONAL bei seinen Bemühungen um
eine Mitgestaltung der Arbeitswelt auch an den veränderten Rahmenbedingungen orientieren. So wie Adolph Kolping zu seiner Zeit erkannte, dass die
alten Organisationsformen des Handwerkes keine Antwort mehr darstellten
auf die Soziale Frage des 19. Jahrhunderts und er im katholischen Gesellenverein ein neues Instrument entwickelte und aufbaute, so muss sich KOLPING
INTERNATIONAL heute fragen, welche Herausforderungen bei der Mitgestaltung der Arbeitswelt bestehen angesichts einer Globalisierung der Märkte
und einer damit immer stärker auch auf die nationale Arbeitswelt sich auswirkenden Ausweitung der Handelsströme und der damit einher gehenden
Produktionsverlagerung und Wettbewerbssituation der Arbeiter untereinander.
In Beantwortung dieser globalen Entwicklung hat die ILO so genannte Kernarbeitsnormen verabschiedet, die so etwas wie den internationalen Rahmen
abgeben für eine menschenwürdige Arbeitswelt. Die 6 Konventionen umfassen die folgenden 3 Bereiche:
1. Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen;
2. Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit;
3. Verbot von Diskriminierung;
30
Anknüpfend an diese Kernarbeitsnormen, die fest im Völkerrecht verankert
sind und die von zumindest einer Zweidrittelmehrheit der ILO-Mitglieder verabschiedet wurden, hat dann die ILO ein Konzept der „Decent Work“ entwickelt, welches eine Antwort auf die Herausforderungen in der Arbeitswelt im
21. Jahrhundert sein soll.
Zur Umsetzung des Konzepts von Decent Work sieht die ILO 4 konkrete
Schritte vor:
1.
2.
3.
4.
Abbau und Überwindung der Arbeitslosigkeit;
Sicherung und Verteidigung der Rechte der Arbeiter;
Ausbau der sozialen Sicherung;
Förderung von Dialog und Konfliktlösungen.
Wenn Kolping sich von einer menschenwürdigen Gestaltung der Arbeitswelt
beteiligen will, und zwar weltweit, dann muss es sich an diesen konkreten
Schritten orientieren und auch messen lassen.
1. Abbau und Überwindung von Arbeitslosigkeit
Fehlende Erwerbsarbeit ist weltweit einer der wesentlichen Gründe für Armut
und gesellschaftliche Ausgrenzung. Die Befähigung der Menschen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die Vermittlung von Arbeitswilligen an einen
Arbeitsplatz und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen ist daher in allen
Teilen der Welt eine dringende Herausforderung, der sich das Kolpingwerk
auch stellt.
Traditionell steht dabei die Berufsbildung bei Kolping ganz im Vordergrund. In
unseren Leitlinien zur Berufs- und Arbeitswelt heißt es hierzu:
Berufliche Ausbildung
Die berufliche Ausbildung zählt von Beginn an zu den wichtigen Aufgabenfeldern des Kolpingwerkes. Dabei war sich das Kolpingwerk zu aller Zeit darüber
im klaren, dass berufliche Bildungsmaßnahmen des Kolpingwerkes das notwendige Berufsbildungsangebot durch den Staat und durch die Betriebe nicht
ersetzen können. Vielmehr sollen die Berufsbildungsmaßnahmen des Kolpingwerkes modellhaft sein und gleichzeitig eine Signalwirkung haben für
staatliche oder betriebliche Institutionen im Bereich der beruflichen Bildung.
31
Wo immer möglich soll sich das Kolpingwerk jedoch auch in subsidiärer Zusammenarbeit mit staatlichen Einrichtungen oder Betrieben als Träger von
Berufsbildungsmaßnahmen anbieten.“
Wenn sich Kolping in dieser Aussage auch seiner Grenzen bewusst ist und
erkennt, dass Betrieb und Staat eine erste Verantwortung für die berufliche
Ausbildung haben, so wird doch betont, dass die Berufsbildungsansätze des
Kolpingwerkes betriebliche und staatliche Ausbildungsprogramme ergänzen
und anregen können. Dies gilt vor allen Dingen in unserem europäischen
Kontext immer dann, wenn wir für besondere Zielgruppen Berufsbildungskonzepte entwickeln und durchführen. Dies ist in verschiedenen Ländern in Europa ja auch in beispielhafter Weise realisiert, so wenn z. B. die deutschen Berufsbildungswerke des Kolpingwerkes besondere Kurse anbieten für Langzeitarbeitslose, körperlich und sozial Behinderte, für Migrantenkinder oder in Gefängnissen, oder wenn in der Slowakei oder in Rumänien Kurse für Roma angeboten werden. Dies gilt aber in anderen Ländern auch für Kurzkurse im Bereich der beruflichen Weiterbildung, wie EDV-Kurse, Sprachkurse oder Rhetorikkurse. Selbst im Bereich der akademischen Ausbildung ist Kolping engagiert, so z. B. in Litauen, wo Kolping modellhaft Sozialarbeiter und Wirtschaftsfachleute ausbildet, die aber auch Kenntnisse in der Katholischen Soziallehre vermittelt bekommen. Modellhaft sind auch Ausbildungsmaßnahmen,
die für bestimmte Länder neue Ausbildungswege einschlagen, so wie das
Ausbildungshotel in Brasov oder das Konzept von kaufmännischen Übungsfirmen in Ungarn und Polen.
Außerhalb Europas spielt auch die berufliche Aus- und Weiterbildung im Bereich der Landwirtschaft eine große Rolle, weil viele – ja die Mehrheit der
Menschen beispielsweise in Afrika – im Bereich der Landwirtschaft Arbeit und
Brot finden.
Doch berufliche Bildung ist nicht der einzige mögliche und notwendige Ansatz. Manchmal muss man bei der Förderung des Menschen zur Vorbereitung
auf die Arbeitswelt schon eher ansetzen. Manche Jugendliche haben durch
ihre familiäre und häusliche Situation gar kein Verständnis für die Anforderungen in der Arbeitswelt. Hier sind oftmals sozialpädagogische Maßnahmen
erforderlich, wie die Gewöhnung an einen festen Tagesrhythmus, an Disziplin
und Zuverlässigkeit. Auch hier ist das Kolpingwerk in verschiedenen Ländern
engagiert, und zwar sowohl bei Jugendlichen, wie aber auch bei Langzeitarbeitslosen, bei Drogenabhängigen usw.
32
Ein weiteres Hindernis für den Eintritt in das Berufsleben sind nicht nur fehlende Berufskenntnisse und fehlende Arbeitsdisziplin, sondern auch ein fehlender Bildungsabschluss. Verschiedene Kolpingsfamilien haben daher Initiativen gestartet, um Jugendliche in den letzten Klassen der Schule eine begleitende Motivations- und Nachhilfe anzubieten, damit sie ihre Schule mit Erfolg
abschließen können und sich damit die Voraussetzungen für die Vermittlung
in ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis deutlich verbessern. Diese Begleitung in den Schulen wird dann oft noch ergänzt durch Hilfen bei der Abfassung von Bewerbungsschreiben, durch Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche und durch eine persönliche Begleitung der Jugendlichen auch in ihrer
Lehr- und Ausbildungszeit.
Von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind auch die Aktivitäten des Kolpingwerkes im Bereich der Arbeitsvermittlung. Dies reicht von den fest eingerichteten Arbeitslosen- und Vermittlungsstellen in Polen, über die Netzwerke
der Berufsbildungseinrichtungen des Kolpingwerkes in die Industrie, Handel
und das Handwerk bis hin zu Informationsveranstaltungen, die einzelne Kolpingsfamilien anbieten, um an ihrem Ort auf offene Lehrstellen und Arbeitsplätze hinzuweisen.
Auch die Jugendwohnheime des Kolpingwerkes dienen indirekt der Aufgabe
zur Überwindung der Arbeitslosigkeit, da sie ja strukturell Jugendlichen die
Entscheidung erleichtern, an einen Ort zu wechseln wo es Arbeit gibt und ihre
vertraute Heimat zu verlassen. Kolpinghäuser bieten dann einen ersten Anlaufpunkt für junge Menschen in der Nähe ihres neuen Arbeitsplatzes.
Doch nicht nur die Vorbereitung von Menschen auf die Arbeitswelt, die berufliche Qualifizierung für die Arbeitswelt und die berufliche Weiterbildung decken das ganze Spektrum der Aktivitäten des Kolpingwerkes in diesem Bereich ab, Kolping schafft auch selbst neue Arbeitsplätze. Das gilt nicht allein
für die Arbeitsplätze, die im Verband selbst und in seinen Einrichtungen entstehen, sondern dies gilt beispielsweise auch für Angebote des Kolpingwerkes
für besondere Zielgruppen, beispielsweise in beschützenden Werkstätten, wo
auch Menschen mit Behinderungen eine Arbeit und Beschäftigung erhalten.
Außerhalb Europas ist das Kolpingwerk darüber hinaus durch den Aufbau von
Spar- und Kreditgemeinschaften, durch das Angebot von Kursen zur Kleingewerbeförderung daran beteiligt, um ganz konkret Menschen zu ermutigen
33
und mit dem nötigen Kapital auszustatten, damit sie für sich und vielleicht
auch noch für andere einen neuen Arbeitsplatz schaffen.
2. Sicherung und Verteidigung der Rechte der Arbeitnehmer
Durch gesellschaftliche und staatliche Initiativen sind zumindest in Europa
sehr umfängliche Regelungen zur Sicherung und Verteidigung der Rechte der
Arbeitnehmer ergriffen worden. Auch durch die Schaffung bestimmter institutioneller Einrichtungen wie Betriebs- oder Personalräte, Gesellenvertretungen
im Handwerk u. ä. werden wirkungsvolle Instrumente geschaffen, um Arbeitnehmerrechte zu verteidigen. Doch die Existenz der rechtlichen Regelungen
und der Interessenvertretungen der Arbeitnehmer setzt voraus, dass Menschen sich für die Durchsetzung dieser Rechte einsetzen und zur Mitarbeit in
den entsprechenden Gremien bereit sind. Auch dieser Aufgabe stellt sich das
Kolpingwerk. In den Leitlinien zur Berufs- und Arbeitswelt heißt es:
Unterstützung von Interessenvertretungen
„In einer arbeitsteiligen Wirtschaft ist die Interessenvertretung für einzelne
Berufsgruppen und durch Gewerkschaften unverzichtbar für „einen berechtigten sozialen kulturellen und wirtschaftlichen Fortschritt” (LE 21). Das Kolpingwerk sieht seine Aufgabe vor allem darin, Mitglieder für eine Mitarbeit
und Mitgliedschaft in entsprechenden Interessenvertretungen zu motivieren
und sie für die Übernahme von verantwortlichen Führungsaufgaben in diesen
Interessenvertretungen zu qualifizieren. Gleichzeitig unterstützt und fördert es
das Engagement seiner Mitglieder im Rahmen der gegebenen Mitwirkungsmöglichkeiten auf betrieblichem Gebiet sowie im Rahmen von Organen der
wirtschaftlichen und sozialen Selbstverwaltung und in staatlichen Einrichtungen und Institutionen im Bereich der Arbeitswelt.“
Das Kolpingwerk knüpft in diesem Bereich zunächst bei der Eigenverantwortung des Menschen an. Die Arbeitnehmer selbst sind zunächst einmal für ihre
Interessenvertretung zuständig. Dazu gibt es Gewerkschaften, und dazu bedarf es auch der Organisationsfreiheit der Arbeitnehmer. Auch im Hinblick auf
die geschaffenen Arbeitnehmervertretungen in den Betrieben und Behörden
sind die Mitarbeiter zunächst selbst verantwortlich, diese Gremien mit geeigneten Vertretern zu besetzen und Kandidaten für die entsprechenden Wahlen
zu finden. Doch wie auch in den anderen politischen Bereichen sieht das Kol34
pingwerk eine Mitverantwortung darin, den Einzelnen zur Wahrnehmung solcher Aufgaben zu befähigen und darauf vorzubereiten. Das beginnt mit allgemeinen Bildungsveranstaltungen und Seminaren über Fragen der Arbeitsrechte und ihre Durchsetzung in den Kolpingsfamilien und auf den anderen
verbandlichen Ebenen und geht bis zur gezielten Vorbereitung und Begleitung
von Mitgliedern, die ein Amt in den jeweiligen Interessenvertretungen anstreben bzw. bereits ein Amt in diesen Gremien erhalten haben.
Für uns als Kolping soll und muss es dabei selbstverständlich sein, dass bei
solchen Seminaren nicht nur die notwendigen juristischen und sonstigen
sachlichen Kenntnisse vermitteln werden und wir den Verantwortlichen helfen, technische Fertigkeiten zu erwerben im Hinblick auf Verhandlungsführung, Rhetorik oder Versammlungsleitung, sondern sie müssen auch Kenntnisse über die Katholische Soziallehre vermittelt bekommen, damit sie ihre
Entscheidungen zu Sachfragen auch ethisch einordnen und begründen können.
Doch die Befähigung des Einzelnen zur Verteidigung seiner Arbeitnehmerrechte allein oder mit anderen ist nur ein Schritt. Das Kolpingwerk als Verband hat daneben dann die Aufgabe der politischen Interessenvertretung.
Hierzu heißt es in den Leitlinien:
Politische Interessenvertretung
„Die Situation des arbeitenden Menschen wird ganz wesentlich auch von politischen Entscheidungen mit beeinflusst. Der Staat entscheidet über die gesetzlichen Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln und hat damit
großen Einfluss darauf, inwieweit die Rechte des arbeitenden Menschen gesichert sind und seine Personenwürde gewahrt bleibt. Das Kolpingwerk sieht
seine Aufgabe darin, politische Positionen zu entwickeln und in die politische
Debatte einzubringen, die dem Selbstverständnis des Kolpingwerkes im Bereich Arbeitswelt und der katholischen Soziallehre entsprechen.“
Das Kolpingwerk hat also die ständige Aufgabe angesichts des rasanten
Wandels in der Arbeitswelt, sich mit diesen Veränderungen auseinander zu
setzen und die politische Diskussion dazu zu verfolgen. Zu einzelnen Fragestellungen sollte sich dann der Verband selbst eine politische Lösung erarbeiten, die er offensiv und öffentlichkeitswirksam in die politische Debatte einbringt.
35
In einigen wenigen Fällen bietet das Kolpingwerk in diesem Bereich auch
noch Dienstleistungen an, so wenn z. B. Mitglieder im Zusammenhang mit
Arbeitsgerichtsprozessen beraten und juristisch vertreten werden.
Noch einmal anders stellt sich die Situation in den so genannten Entwicklungsländern dar. Hier fehlt es oft an einer starken Interessenvertretung.
Manchmal gibt es auch eine Gesetzgebung, die beispielsweise die Gründung
von Gewerkschaften verbietet oder erschwert. Doch selbst wenn Gewerkschaften zugelassen sind, sind nur wenige Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert, da nur die wenigsten angestellt sind. Die Mehrzahl der Menschen in
Afrika und Lateinamerika arbeitet im so genannten Informellen Sektor. Gerade die arbeitenden Menschen in diesem Bereich sind aber oft all ihrer Arbeiterrechte beraubt und sind durchgängig ohne jede soziale Sicherung.
In Lateinamerika versucht auch hier das Kolpingwerk Wege zu finden, um den
Menschen zu helfen. So wird gerade in Uruguay versucht, Menschen aus dem
Informellen Sektor zu organisieren, um ihre Interessen besser vertreten zu
können, und in Ecuador bemüht sich das Kolpingwerk um den Aufbau eines
Verbandes von Hausmädchen, die oft in besonderer Abhängigkeit stecken
und deren Rechte besonders krass missachtet werden.
Ähnliche Probleme wie in Lateinamerika gibt es auch bei uns in Europa mit
den so genannten Prekären Arbeitsplätzen. Je größer die Zahl dieser Prekären
Arbeitsplätze wird, desto stärker ist Kolping gefordert auch hier aktiv zu werden.
3. Ausbau der sozialen Sicherung
Im Bereich der sozialen Sicherung hat das Kolpingwerk in Europa eine lange
Tradition. Schon der 1849 von Adolph Kolping gegründete katholische Gesellenverein in Köln sah den Aufbau einer Krankenkasse vor. Um 1900 gab es in
etwa 200 bis 300 Kolpingsfamilien in Europa eine eigene Krankenversicherung. 1909 wurde in Deutschland eine Zentralkrankenkasse errichtet und
1914 in der Schweiz. Diese Krankenkassen wuchsen danach schnell an. In
Deutschland wurden sie jedoch durch den Anspruch des Nationalsozialismus
als autoritäres Regime zerschlagen. In der Schweiz besteht die KolpingKrankenkasse bis heute fort.
36
Auch in anderen Bereichen gab es im Kolpingwerk Europa Bemühungen, Einrichtungen der sozialen Sicherung zu schaffen, wie z. B. eine Sterbekasse.
Doch durch die Gesetzgebung in den meisten europäischen Ländern wurden
diese Selbsthilfeansätze dann überholt und durch Einrichtungen der institutionellen Solidarität ersetzt.
So ausgebaut das System der sozialen Sicherheit in Europa weitgehend ist, so
mangelhaft oder gar nicht vorhanden ist es in vielen Staaten der so genannten Dritten Welt. Hier ist zwar das Kolpingwerk als solidarisches Netzwerk
und die Kolpingsfamilie als familienhafte und solidarische Gemeinschaft auch
eine Form der sozialen Sicherung, doch ist diese nicht immer ausreichend. So
beginnen dann auch einige Kolpingsfamilien damit, ein eigenes institutionelles System der sozialen Sicherung aufzubauen bzw. so mit privaten Firmen
zusammen zu arbeiten, dass für ihre Mitglieder die soziale Sicherheit wächst.
Dies gilt etwa für das Kolpingwerk Indien, wo es in einigen Diözesanverbänden für alle Mitglieder eine Sterbekasse gibt.
4. Förderung des Dialogs und Konfliktlösungen
In der Arbeitswelt wirken verschiedene Akteure mit, die alle Einfluss auf die
Gestaltung der Arbeitswelt nehmen und die gemeinsam für menschenwürdige
Verhältnisse in der Arbeitswelt wirken können. Diese gemeinsame Verantwortung für die Ausgestaltung wird z. B. im Tri-Party-System der ILO deutlich, wo
Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter sowie der Staat vertreten sind.
Wege zu gerechten Lösungen in der Arbeitswelt können am besten in einem
sozialen Dialog zwischen allen beteiligten Kräften gefunden werden. Ein Dialogforum ist ja schon das Kolpingwerk selbst, wo es traditionell schon immer
auch Arbeitgeber- und Arbeitnehmer gegeben hat. Diese Zusammensetzung
des Verbandes führt dazu, dass beispielsweise bei der Entwicklung politischer
Positionen zu Fragen der Arbeitswelt das Kolpingwerk immer durch ausgewogene Konzepte hervorgetreten ist und nie einseitig überzogene Positionen
vertreten hat.
Doch unabhängig von dieser Chance zum sozialen Dialog im Verband selbst
ist das Kolpingwerk gefordert, mehr noch als bisher mit Gewerkschaften und
Arbeitgeberverbänden, mit staatlichen Institutionen und mit anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen in einen Dialog einzutreten, wie die Arbeitswelt so
gestaltet werden kann, dass auch angesichts des rasanten gesellschaftlichen
37
Wandels und der Umbrüche in der Arbeitswelt nicht aus dem Blick gerät, dass
der Mensch im Zentrum der Arbeit steht und nicht das Kapital.
Die internationale Dimension unserer Verantwortung
So sehr wir als Kolpingwerk Europa gefordert sind zunächst zu prüfen, welche
Handlungsmöglichkeiten wir hier in Europa in unseren Nationalverbänden
haben, um eine menschenwürdige Arbeitswelt mit zu gestalten, so wenig
dürfen wir als internationaler Verband die globale Dimension dieser Frage aus
dem Auge verlieren. Den Verantwortlichen für und in der Arbeitswelt wird
zunehmend ihre gegenseitige Abhängigkeit bewusst. Es wird immer deutlicher, dass nationale Akteure, selbst nationale Regierungen immer weniger
Einfluss auf die Gestaltung der Rahmenbedingungen haben, da sich die multinationalen Unternehmen leicht nationalen Einschränkungen entziehen können.
Das Kolpingwerk hat daraus seit 40 Jahren die Konsequenz einer verstärkten
Entwicklungszusammenarbeit gezogen, die immer auch die Arbeitswelt im
Blick hatte, und beginnt zurzeit sehr aktiv damit, die Kontakte zur ILO zu verstärken, um eigene Erfahrungen und Vorstellungen stark einzubringen.
Wir lassen uns dabei von einer Aussage aus dem Kompendium der Katholischen Soziallehre leiten, wo es heißt:
„Es wird immer wichtiger, die neue Arbeitssituation im gegenwärtigen Kontext der Globalisierung zu betrachten und dabei zu berücksichtigen, dass der
Mensch von Natur aus dazu neigt, Beziehungen zu knüpfen. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Universalität keine Dimension der Sachen, sondern eine Dimension des Menschen ist.“
38
Referat von Ing. Stanislav Juránek, Landeshauptmann
Südmährischer Kreis
Sociálni lidská práva – charta základních lidských práv EU – její
význam pro vytvoření sociálně spravodlivého světa práce.
(Soziale Menschenrechte – Grundrechtecharta der EU- ihre Bedeutung für die Gestaltung einer sozialen und gerechten Arbeitswelt.)
Dámy a pánové,
máme-li dnes hovořit o sociálních
lidských právech v Evropské unii a
jejich základním významu pro vytvoření sociálně spravedlivého
světa práce, je nutné nejprve
v krátkosti zrekapitulovat jejich
historický vývoj.
Evropské hospodářské společenství jako mezinárodní organizace
pro hospodářskou integraci evropských států zpočátku nevěnovala zvláštní
pozornost základním lidským právům. Prvním dokumentem vyjadřujícím standard lidských práv po druhé světové válce v Evropě byla Evropská úmluva o
lidských právech z roku 1950, sjednaná na půdě Rady Evropy a během následujících desetiletí doplněná dodatkovými protokoly. Dalším důležitým dokumentem v této oblasti byla Evropská sociální charta z roku 1989. Orgánem
zabývajícím se prosazováním standardu lidských práv je Evropský soud pro
lidská práva při Radě Evropy.
Potřeba vlastní kodifikace základních práv vzrostla po založení Evropské unie
(1993), kdy výrazně posílil politický a společenský rozměr evropské integrace.
O přípravě kodexu Evropská unie rozhodla v roce 1999, návrh přípravného
konventu byl pak přijat Evropskou radou, Evropským parlamentem a Komisí.
Charta byla slavnostně podepsána při sjednání Smlouvy z Nice v prosinci
2000.
Charta byla prozatímně přijata jako politická deklarace bez právní závaznosti.
Odráží moderní pojetí základních lidských, občanských, politických, hospodářských, sociálních a kulturních práv, zejména standard Úmluvy o ochraně
39
lidských práv a základních svobod a dalších instrumentů základních práv Rady
Evropy a základní hospodářské svobody ES a navazuje na ústavní tradice
členských států. Obsahuje podrobnou preambuli a 54 článků, symbolicky se
člení na kapitoly důstojnost, svoboda, rovnost, solidarita, občanství a spravedlnost. Charta shrnuje lidská práva různých generací včetně těch, jejichž formulace je reakcí na současný společenský a vědecký vývoj.
Evropský rozměr ochrany základních práv je dán tím, že buď jde o práva jednotlivce přímo v relaci k EU (např. právo na dobrou správu, tedy činnost institucí EU) nebo mají práva obecný charakter, avšak garance jejich respektování
ve vztahu k jednotlivcům je povinností členských států ve vztahu k EU.
Záměr uplatnit Chartu jako závazný právní instrument ochrany základních
práv je přítomný od počátku její existence. Konvent ji v roce 2003 zařadil jako součást návrhu Ústavní smlouvy EU předloženého probíhající mezivládní
konferenci. Charta podle svých závěrečných ustanovení nemění dělbu kompetencí členských států a Evropské unie ani Evropského společenství a nesnižuje
standard základních práv stanovený mezinárodními smlouvami a ústavami
členských států. Předpokládá se, že se uplatní jako měřítko tvorby a uplatňování práva EU jejími orgány a orgány členských států. Soudní dvůr již nyní
používá Chartu jako nástroj potvrzující existenci základních práv. V následující
části se pokusím nastínit, v jakém vztahu jsou lidská práva k právu evropskému.
Vztah Evropské úmluvy o lidských právech a evropského práva
Vytváření evropského standardu lidských práv je složitým procesem, na kterém se podílejí různými způsoby různé mezinárodní organizace působící v Evropě. Jde o to, že v rámci členských států EU mohou vedle sebe působit tři,
popř. čtyři samostatné systémy ochrany lidských práv: národní systémy (tj.
ústavní listiny práv a svobod spolu s ústavním soudnictvím), Charta základních práv EU, systém Rady Evropy (zejm. Evropská úmluva o lidských právech), popř. ještě univerzální systémy ochrany lidských práv (založené smlouvami OSN či Mezinárodní organizace práce). Z praktického hlediska se jeví
jako nejdůležitější poměr mezi Evropskou úmluvou o lidských právech a evropským právem, což je předmětem tohoto příspěvku. Z důvodu stručnosti
budu používat označení Evropská úmluva pro Úmluvu o ochraně lidských práv
a základních svobod (1950) ve znění dodatkových protokolů a výraz evropské
právo pro právo ES i EU.
40
Cesta EU k ochraně základních práv a využití Evropské úmluvy.
Samotný pojem “základní práva” také není zcela bez problémů. Pojem
jako první na komunitární úrovni použil Evropský soudní dvůr. Ten se ovšem
inspiroval zejména německým ústavním právem s propracovanou koncepcí
základních práv (Grundrechte). V jiných zemích (a právních či jazykových oblastech) však dříve tento pojem nebyl užívaný a dostává se konkurence
s pojmy jako “veřejné” či “základní” svobody (libertés publiques, libertés
fondamentales) ve francouzské (vnitrostátní) právní terminologii, nebo ještě
rozšířenějším pojmem “lidská práva”. Naposledy uvedený pojem má tu výhodu, že není omezen na pozitivně právní úpravu vnitrostátní, ale používá se
ustáleně v právních dokumentech i teorii mezinárodního práva, nehledě na
jeho zakotvení i v terminologii filozofické a politologické.
Poprvé se pojem “základních práv” dostal do terminologie užívané závaznými smluvními dokumenty v článku 6 Smlouvy o Evropské unii ve znění
Amsterdamské smlouvy z r. 1997 (původně čl. F odst. 2 Maastrichtské
smlouvy, 1992), podle kterého
“2. Unie respektuje základní práva, která zajišťuje Evropská úmluva o
ochraně lidských práv a základních svobod, podepsaná v Římě dne 4. listopadu 1950, a která vyplývají z ústavních tradic společných členským státům,
jako obecné právní zásady Společenství.”
Podle nového odst. 1 řečeného článku je Unie dokonce “založena
na zásadách svobody, demokracie, dodržování lidských práv a základních
svobod, jakož i právního státu, jež jsou společné členským státům”.
Tento výchozí princip nalezl své potvrzení v čl. 7 Smlouvy o EU, který
byl vložen rovněž Amsterodamskou smlouvou a dále modifikován Smlouvou z
Nice. Jde o ustanovení derogační či sankční povahy, které je určeno pro zcela
výjimečné situace. Opravňuje totiž Radu na úrovni hlav států a vlád, aby na
návrh jedné třetiny členských států nebo Komise a se souhlasem Evropského
parlamentu jednomyslně rozhodla, že “došlo k závažnému a trvajícímu porušení zásad uvedených v článku 6 odst. 1 ze strany členského státu poté, co
byla vláda tohoto členského státu vyzvána, aby se k této věci vyjádřila.” Byloli učiněno takové rozhodnutí, může Rada rozhodnout kvalifikovanou většinou, že výkon určitých práv, která pro dotyčný stát vyplývají z aplikace této
Smlouvy, včetně hlasovacích práv zástupců jeho vlády v Radě, budou poza41
stavena. Přitom přihlíží k možným dopadům takového pozastavení na práva a
povinnosti fyzických a právnických osob. V případě článků 6 a 7 jde o obecnou smluvní vazbu Unie a Společenství k základním právům, nikoliv snad
přímou inkorporaci práv a svobod obsažených v Evropské úmluvě o lidských
právech.
Dalším pramenem práv hospodářské a sociální povahy je Charta základních sociálních práv pracovníků (1989), která rozvíjí principy charakteristické
pro Evropskou sociální chartu Rady Evropy. Třebaže počet vyhlášených práv
je v Komunitární chartě vyšší, nacházejí se seřazena do kapitol, jejichž názvy
odrážejí, že jde v podstatě o stejná práva jako v Evropské sociální chartě.
Výjimku tvoří právo na volný pohyb, které ovšem platí jen pro příslušníky
členských států ES, resp. dnešní občany Evropské unie, a vyplývá ze samotné
logiky fungování jednotného evropského trhu. Z právního hlediska jde o
pouhou deklaraci, která není formálně závazným aktem. Přesto ji Evropský
soudní dvůr bere v úvahu. Kromě toho se na ni, stejně jako na Evropskou sociální chartu Rady Evropy, odvolává i primární právo, konkrétně čl. 136
Smlouvy ES při stanovení sociálních cílů Společenství a členských států.
Již delší dobu byl proto jako nedostatek pociťován chybějící ucelený katalog, který by z různých zdrojů pocházející základní práva (viz výše) přehledným způsobem kodifikoval. Odpovědí se stalo přijetí Charty základních práv
Evropské unie.
Charta je významným dokumentem, který obsahuje zatím nejrozsáhlejší
mezinárodní listinu práv. Zahrnuje totiž nejen práva, která již byla zakotvena
dříve, v rámci jiných mezinárodních či evropských instrumentů, ale také formuluje nová práva, která jsou specifická pro seskupení států Evropské unie.
Z hlediska struktury se Charta dělí na preambuli a sedm kapitol. V preambuli
vyjádřily členské státy své rozhodnutí spojovat se do stále užší Unie a založit
prostor svobody, bezpečnosti a práva. Zároveň se tam uvádí nejdůležitější
inspirační zdroje, o něž se Charta opírá.
Charta se vyznačuje nejen nebývale rozsáhlým katalogem základních
práv, ale také jejich novým, a tudíž v kontextu mezinárodních lidskoprávních
instrumentů neobvyklým tříděním. Na rozdíl od tradičního dělení na občanská a politická práva na straně jedné a práva hospodářská a sociální na straně druhé, které je typické pro většinu mezinárodních smluv o lidských právech, Charta rozčlenila vyhlášená práva do šesti kapitol, nazvaných podle základních hodnot, jež tato práva v sobě ztělesňují, a to: důstojnost, svobody,
42
rovnost, solidarita, občanství a spravedlnost. V tomto smyslu lze konstatovat,
že tvůrci Charty se nenechali inspirovat ani formální strukturou starších mezinárodních dokumentů, ani různými teoretickými koncepcemi, které zdůvodňují tři, popř. čtyři generace lidských práv.
Naproti tomu je zřejmé, že se Charta inspirovala Evropskou úmluvou,
pokud jde o obsahově korespondující základní práva (v kapitolách věnovaných důstojnosti a občanským a politickým svobodám, jakož i v právu na
soudní ochranu). Odkaz na Evropskou úmluvu i judikaturu Evropského soudu
pro lidská práva je uveden v al. 5 Preambule Charty.
Vztah Charty základních práv EU a Evropské úmluvy - materiální
právo
Po stručném připomenutí struktury Charty základních práv EU je nezbytné analyzovat její právní povahu, oblast použití, jakož i vztah k Evropské
úmluvě. Problémům i možným řešením konkurenčního vztahu mezi různými
institucionálními mechanismy kontroly lidských práv (zejm. mezi ESD a Evropským soudem pro lidská práva) bude pak věnována samostatná pozornost.
Působnost Charty základních práv EU
Charta sama řeší otázku rozsahu své aplikace, jakož i vztahu základních
práv k právům obsaženým v Evropské úmluvě. Poslední, sedmá kapitola tak
obsahuje všeobecná ustanovení vztahující se k celé Chartě, především její působnost, rozsah garantovaných práv, úroveň jejich ochrany a zákaz zneužití
práv (čl. 51 až 54).
Podstatné z hlediska sféry aplikace Charty je řešení obsažené v článku 51:
“1. Ustanovení této Charty jsou určena institucím a orgánům Unie při zachování zásady subsidiarity a členským státům pouze tehdy, uplatňují-li právo
Unie. Musí proto respektovat práva, dodržovat zásady a prosazovat jejich použití v souladu s jejich příslušnými pravomocemi.”
Zároveň Charta podle čl. 51 odst. 2 nezakládá žádnou novou pravomoc ani
nový úkol pro Společenství či Unii, ani nemění pravomoci a úkoly stanovené
ve Smlouvách. To by ostatně ani nebylo možné, když Charta byla v r. 2000
přijata jako právně nezávazný dokument. Ke změně pravomocí ES či EU je
třeba nové smlouvy, resp. revize zakládajících smluv. To za současného stavu
a v důsledku principu subsidiarity znamená, že základní práva, jak jsou garan43
tována v Unii, jsou účinná jen v rámci pravomocí stanovených v těchto
smlouvách.Věcná působnost Charty základních práv je tak dána rozsahem
právního řádu ES/EU. S tím, jak se rozšiřuje a bude nadále rozšiřovat oblast
úpravy evropského práva, musí se rozšiřovat i sféra aplikace základních práv.
Naproti tomu v případě členských států má upřesňující poznámka, že se obsah Charty na ně vztahuje jen při provádění práva ES/EU, své plné opodstatnění. Z judikatury Evropského soudního dvora jednoznačně vyplývá, že povinnost členských států dodržovat v rámci Unie definovaná základní práva platí
jen tehdy, pokud jednají v rámci práva Společenství. Tento princip zakotvený
nyní i v Chartě (čl. 51 odst. 1) platí přirozeně jak pro centrální úřady, tak pro
regionální či místní orgány, jakož i pro veřejné instituce, pokud uplatňují evropské právo. Naopak tam, kde neuplatňují evropské právo, jsou členské státy vázány jen ústavní úpravou základních (lidských) práv a závazky
z mezinárodních smluv, jichž jsou stranami.
Po vzoru klasických lidskoprávních instrumentů i Charta přiznává mnohá základní práva “každému” (každé osobě). Jedná se nejen o ochranu lidské
důstojnosti, ale i o svobody, práva rovnosti a procesní práva. U dalších práv
byl zvolen diferencovaný přístup. Některá práva jsou vyhrazena jen pro občany Unie, jako zejm. aktivní a pasivní volební právo do Evropského parlamentu
a v komunálních volbách (čl. 39-40) a diplomatická a konzulární ochrana (čl.
46). Naopak jiná z práv občanů se vztahují i na “každou fyzickou nebo právnickou osobu s bydlištěm nebo registrovaným sídlem (sičge statutaire)
v členském státě”; jde o právo na přístup k dokumentům, právo obracet se
na ombudsmana EU a petiční právo (čl. 42-44). Výjimku v této kapitole představuje právo na dobrou správu (čl. 41), které bylo přiznáno každému.
Některá ustanovení se dokonce obracejí přímo na příslušníky nečlenských států, jako je tomu v případě práva na rovnost podmínek (čl. 15 odst.
3). V jiných případech sice Charta explicitní rozlišení neprovádí, ale z povahy
věci je zřejmé, že se úprava může vztahovat de facto jen na příslušníky nečlenských států, jak je tomu s právem azylu a zákazem vyhoštění nebo extradice (čl. 18 a čl. 19 odst. 2).
Rozsah zaručených práv
Další ze zásadních otázek je rozsah zaručených práv, a to vzhledem
k paralelní existenci ústavních úprav základních práv v jednotlivých členských
státech a evropského standardu, který vychází z Evropské úmluvy o lidských
právech. Tvůrcům Charty EU šlo o to, aby vyloučili nebezpečí dvojích stan44
dardů lidských práv v Evropě, zejména však aby Charta neposkytovala nižší
úroveň ochrany než Evropská úmluva. Proto bylo považováno za nezbytné
zajistit koexistenci obou základních dokumentů při respektování výdobytků
Evropské úmluvy, dosažených na základě jejího výkladu Evropským soudem
pro lidská práva. Proto je i v Preambuli Charty obsažen odkaz na rozhodnutí
Evropského soudu pro lidská práva. Samotná Charta řeší uvedené problémy
ve dvou článcích poslední kapitoly. Podle obecné klauzule o omezení práv
v čl. 52 odst. 1, vycházející z výroku ESD:
“Jakékoliv omezení výkonu práv a svobod uznávaných touto Chartou musí být
stanoveno zákonem a musí respektovat podstatu těchto práv a svobod.
Podle zásady přiměřenosti lze omezení uplatnit pouze tehdy, jsou-li nezbytná
a skutečně splňují cíle obecného zájmu uznávaného Unií nebo potřebou
chránit práva a svobody jiných.”
[...]
Dámy a pánové, závěrem si dovolím konstatovat, že evropská kultura a civilizace stojí na křesťanských základech. Dle mého názoru se musí při dalším
budování sjednocené Evropy vycházet právě z těchto základů, neboť jedině
na principu křesťanské a sociální solidarity a při naplnění všech sociálních a
lidských práv tak, jak jsou uvedena v závazných evropských dokumentech, lze
vybudovat spravedlivý svět práce .
45
Erklärung des Kolpingwerkes Europa zur Europawahl 2009
Der Freiheit anderer Name heißt Verantwortung (Thomas Mann)
Alle Bürger der Europäischen Union sind in der Zeit vom 4. bis 7. Juni 2009
aufgerufen, die Mitglieder des Europäischen arlaments zu wählen. 2009 kann
Europa auch auf 20 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs zurückblicken, und die
politischen Ereignisse des Jahres 1989 eröffneten die Möglichkeit, die auf der
Konferenz von Jalta beschlossene Spaltung Europas zu überwinden. In mehreren Erweiterungsrunden hat die EU verschiedene Länder Mittel- und Osteuropas in die Europäische Union aufgenommen, die mit ihren 27 Ländern und
etwa 492 Millionen Bürgern nun das zweitgrößte auf der Basis demokratischer Prinzipien errichtete Gemeinwesen der Welt ist. Durch den Prozess der
Europäischen Integration war es möglich, in Europa Frieden und Demokratie
zu sichern und den Totalitarismus zu überwinden.
Die wachsende Bedeutung des Europäischen Parlaments
Als eine treibende Kraft der Europäischen Integration hat sich das seit 1979
direkt gewählte Parlament bewährt und es gehört heute zu den bedeutendsten Organen der Europäischen Union. Auch nach dem zumindest vorüber gehenden Scheitern des Europäischen Reformvertrages von Lissabon bleibt es
das Ziel, das Europäische Parlament zum gleichberechtigten Mitgesetzgeber
mit dem Ministerrat zu machen. Dies würde den Einfluss der Bürger Europas
stärken, über die Wahl ihrer Abgeordneten mehr Einfluss auf die Gesetze zu
nehmen, die ihre Zukunft bestimmen, und an der Gestaltung der Gesellschaft
sowie am Erhalt ihrer Freiheitsräume mitzuwirken.
Wenn auch in den Medien und in der Öffentlichkeit die doch einflussreiche
Position des Europäischen Parlaments nicht immer ausreichend gewürdigt
wird, so haben seine Entscheidungen und Initiativen doch einen unmittelbaren Einfluss auf die Lebenssituation der Bürger in Europa.
Wahlrecht ist auch Wahlpflicht
Das Recht der Bürger auf eine direkte Wahl des Europäischen Parlaments ist
von vielen Bürgern, zivilgesellschaftlichen Kräften und auch vom Kolpingwerk
erkämpft worden, um den Einfluss der Bürger auf die europäische Politik und
Gesetzgebung zu stärken und die für eine Demokratie im Rahmen der Gewal46
tenteilung notwendige Machtbalance zwischen den einzelnen Institutionen
sicher zu stellen. Jeder Bürger kann durch die Abgabe seiner Stimme Einfluss
auf die Zusammensetzung des Europäischen Parlamentes und der dort vertretenen Werte und Inhalte nehmen. Diesem jedem wahlberechtigten Bürger
zustehende Recht entspricht aber auch eine moralische Pflicht zur Ausübung
dieses Rechts. Wenn wir in Europa die Freiheit erhalten wollen, dann sind die
Bürger aufgerufen, durch Wahlbeteiligung ihren Freiheitsraum in Verantwortung auszufüllen. Dabei haben die politischen Parteien die Aufgabe, ihre Positionen offen darzulegen und über ihre bisherige Arbeit und Entscheidungen
im Europäischen Parlament zu informieren. Die Bürger sollen die Zeit vor der
Wahl dazu nutzen, sich über die Vorstellungen der Kandidaten zu informieren. Christen können aus dem Evangelium und aus der kath. Soziallehre Kriterien ableiten, um die inhaltlichen Positionen der Kandidaten einzuordnen und
unter Berücksichtigung dieser Kriterien ihre Wahlentscheidung zu fällen.
Das Kolpingwerk Europa verbindet mit der Wahl des Europäischen
Parlamentes auch verschiedene Erwartungen an die neu
zu wählenden Parlamentarier:
Die Würde des Menschen verteidigen
Die Würde des menschlichen Lebens ist weiterhin in vielfältiger Weise bedroht. Dies gilt in besonderer Weise für das noch nicht geborene menschliche
Leben und für die Phase am Ende des menschlichen Lebens. Alle Menschen
haben das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Dies gilt auch für Embryonen. Werden die zukünftigen Parlamentarier sich dafür einsetzen, dass sowohl im Bereich der Forschungsförderung wie auch in anderen Politikbereichen der Europäischen Union die Menschenwürde in allen Phasen des Lebens
gesichert und eingehalten wird?
Für Menschenrechte verstärkt eintreten
Menschenrechte sind weltweit immer gefährdet. Die im Lissaboner Reformvertrag integrierte Grundrechtscharta stellt in der Definition der Menschenrechte einen Meilenstein dar, da sie die bürgerlichen Freiheitsrechte mit den
Sozialrechten und den Rechten der nachwachsenden Generationen verbindet.
Wird sich das neue Parlament (unabhängig von der Ratifizierung des Reformvertrages) für die Anwendung der in der Grundrechtscharta beschriebenen
47
Menschenrechte einsetzen und dabei berücksichtigen, dass Recht, Freiheit,
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit als Garanten der Menschenrechte Grundpfeiler eines dauerhaften Friedens sind und dauerhafter Frieden nicht erreicht
werden kann, wenn Verantwortliche für systematische Menschenrechtsverletzungen nicht zur Rechenschaft gezogen werden?
Die Schöpfung bewahren
Der Klimawandel weltweit und die damit verbundenen zunehmenden Überschwemmungen bzw. Dürreperioden haben den Menschen deutlich vor Augen geführt, wie die durch den Menschen bewirkten Änderungen im Klima
nicht nur zu einer unmittelbaren Bedrohung für den Menschen durch Naturkatastrophen werden können, sondern auch die Ernährung der wachsenden
Weltbevölkerung in Frage stellen können.
Die durch Überschwemmungen und Dürre verringerte Lebensmittelproduktion
und die Verdrängung der Produktion von Nahrungsmitteln durch die vermehrte Erzeugung von Biokraftstoffen führt zu erhöhten Lebensmittelpreisen und
in manchen Ländern zu Hungerrevolten, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt mancher Staaten bedrohen. Wird sich das Europäische Parlament mit
seinem entscheidenden Einfluss auf die Umweltgesetzgebung weiterhin für
wirkungsvolle Maßnahmen zum Klimaschutz und für den Erhalt der biologischen Vielfalt einsetzen und eine Agrarpolitik unterstützen, die nicht auf eine
großflächige Nutung von Ackerland für den Anbau von Pflanzen zur Energienutzung setzt, sondern die regionale Lösungen bevorzugt?
Die Menschenwürde am Arbeitsplatz sichern
Der durch die Globalisierung bedingte starke Wandel der Arbeitswelt bedroht
in seinen Auswirkungen auch die Menschenwürde. Die zunehmende Zahl von
prekären Arbeitsplätzen, der ansteigende Anteil der Schattenwirtschaft, der
wachsende Druck zu immer größerer Mobilität ist eine Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das von der EU präferierte System der Flexicurity, welches vermehrte Flexibilität mit mehr Sicherheit verbinden will, steht
aber in der Gefahr, das Sozialschutzprinzip zu schwächen und Menschen dazu
zu zwingen, gegen ihren Willen aus Lebenszusammenhängen gerissen zu
werden. Die geforderte erhöhte Flexibilität hat vor allem Konsequenzen für
den familiären Zusammenhalt, da ein gelingendes Familienleben gemeinsame
Zeit erfordert. Werden sich die europäischen Parlamentarier dafür einsetzen,
48
dass sich auch eine Flexibilisierung des Arbeitsrechtes an den Grundsätzen
„Guter Arbeit“ orientiert und damit Arbeitnehmerrechte und Teilhabe, faire
Löhne, Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit und eine familienfreundliche Arbeitsorganisation erhalten bleiben oder gestärkt werden?
Ganzheitliche Familienpolitik betreiben
Wenn auch die Familienpolitik vorrangig eine nationalstaatliche Aufgabe ist,
so hat doch auch die EU mit ihrer Gesetzgebung direkt und indirekt einen
starken Einfluss auf viele Bereiche des Familienlebens. Die Familie war und ist
für die meisten Europäer die natürliche erste Solidargemeinschaft und damit
Garant für Sicherheit, Geborgenheit und Stabilität. Es ist daher zu begrüßen,
wenn auf Anregung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses ein
langfristig angelegter Aktionsplan für die Familie entwickelt werden soll und
eine ganzheitliche Familienpolitik angestrebt wird, die auch mithelfen kann,
die demografischen Probleme in Europa zu lösen. Wird das Europäische Parlament sich auch in Zukunft dafür einsetzen, unter Respekt der Vielfalt die auf
die Ehe gegründete Familie als Grundeinheit der Gesellschaft zu unterstützen?
Soziale Dimension Europas stärken
Bei aller Unterschiedlichkeit der sozialen Sicherungssysteme in den Nationalstaaten der EU gibt es doch eine weitgehende Übereinstimmung im Hinblick
auf die Rolle des Einzelnen und des Staates bei der Absicherung der allgemeinen Lebensrisiken. Gerade angesichts weltweit anwachsender Unsicherheiten erwartet der Bürger auch von der EU erkennbare Beiträge und Impulse
zur sozialen Sicherheit. Da die Leistungen der EU bei der Sicherung des Friedens und der Stärkung der Demokratie schon weitgehend als selbstverständlich angesehen werden, ist der Beitrag der EU zur sozialen Sicherheit für die
Bürger zu einem wesentlichen Gradmesser für ihre Zufriedenheit und Zustimmung mit der EU geworden. Wird das Europäische Parlament daher zu einer
sozial ausgewogenen Wettbewerbspolitik beitragen?
Verantwortung für die Welt wahrnehmen
So groß die Herausforderungen in Europa sind so wenig darf sich Europa auf
sich selbst beschränken. Die Entwicklungsund Handelspolitik der EU muss
49
auch die Ärmsten im Blick behalten und sich nachhaltig für die Überwindung
vor allem der absoluten Armut einsetzen. So dürfen die regionalen Freihandelsabkommen mit den sog. AKP-Staaten deren wirtschaftliche Entwicklung
und die Existenzgrundlagen kleiner Produzenten in diesen Staaten nicht gefährden. Auch im Hinblick auf die in Europa Asyl suchenden Menschen muss
sicher gestellt bleiben, dass diesbezüglich Schutzbedürftigen der erforderliche
Schutz gewährt wird und vor allem auch besonders hilfsbedürftige Gruppen
Berücksichtigung im Rahmen der Asylsuche finden. Dabei ist besonders auch
auf die Lage der Christen hinzuweisen, da Christen weltweit die Religionsgruppe sind, die am stärksten unter Verfolgung zu leiden haben. Es stellt sich
die Frage, ob die Parlamentarier ihre Verantwortung für die Realisierung der
Millenniums-Entwicklungsziele sehen und anerkennen, dass Europa hier einen besonderen Beitrag zu leisten hat und sich auch im Hinblick auf die der
Europäischen Union zugrunde liegenden Werte für eine Asylregelungen einsetzen, welche die Ausgestaltung der Zuwanderung in einer Weise sicherstellt, dass dieIntegrationsziele erreicht werden?
Die europäische Identität stärken
Aktuelle Umfragen in den Mitgliederstaaten der Europäischen Union lassen
eine abnehmende Zustimmung zum Europäischen Integrationsprozess erkennen. Dies ist zum einem durch Unkenntnis über die europäischen Institutionen
und Entscheidungsprozesse zu erklären, zum anderen aber auch durch ein
Gefühl wachsender Ohnmacht gegenüber Entscheidungen der Organe der
Europäischen Union. Die Europäische Union bedarf einer Ordnung, in der die
reale Vielfalt der Regionen und Nationen als eigentlicher Reichtum und Quelle
der Kreativität Europas so gesichert ist wie ihre Handlungsfähigkeit. Sie muss
konsequent nach dem Subsidiaritätsprinzip ausgerichtet und demokratisch
organisiert und kontrolliert sein. Beides ist unumgänglich, um die Bürger Europas dauerhaft für den europäischen Einigungsprozess zu gewinnen. Die
Bürger Europas werden diesen Weg nur mitgehen, wenn sie die EU als eine
Ordnung erleben, die ihre Anliegen, die Anliegen ihrer Region und ihrer Nation ernsthaft vertritt. Werden die europäischen Parlamentarier für ein Europa
eintreten, das diese Elemente mitformt, sie nicht verdrängt und ihre Eigenständigkeit nicht in Frage stellt?
50
Die Grenzen Europas
Europa ist nichts Beliebiges, sondern durch Geschichte, Geografie und sein
geistig- religiöses Erbe bestimmt. Soweit es etwas Bestimmtes bleiben will,
muss es seine Grenzen definieren. Sie sind zunächst inhaltlicher Art und ergeben sich aus den untereinander geteilten Überzeugungen, gemeinsamen Werten und aus den historischen Erfahrungen, in denen sich diese Überzeugungen entwickelt haben. Die Grenzen der Europäischen Union und damit die
Zahl der Mitgliederstaaten werden auch bestimmt durch die Aufnahmefähigkeit der EU. Da diese ob ihrer Handlungsfähigkeit nicht unbegrenzt sein kann,
sind auch andere Formen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit neben einer Vollmitgliedschaft eine realistische Alternative.
Europäisches Bürgerbewusstsein braucht eine europäische Zivilgesellschaft
Die europäische Integration kann auf Dauer nur dann erfolgreich sein, wenn
sie nicht allein eine Initiative der Eliten ist, sondern von den Bürgern mitgetragen wird und sich ein europäisches Bürgerbewusstsein entwickelt. Dazu ist
gewiss auch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit erforderlich. Vor allem aber
sind bürgergesellschaftliche Institutionen und Organisationen unverzichtbar,
die sich über Ländergrenzen hinweg der Mitgestaltung der europäischen Gesellschaft stellen. Diese zivilgesellschaftlichen Organisationen vor allem im
Jugendbereich brauchen nicht nur Unterstützung bei einzelnen, am Gemeinwohl orientierten Initiativen, sondern eine Stärkung ihres strukturellen Unterbaus durch eine institutionelle Förderung. Wird sich das Europäische Parlament für eine Stärkung der Zivilgesellschaft und seiner Institutionen einsetzen?
Das Kolpingwerk Europa als katholischer Sozialverband mit 300.000 Mitgliedern in 13 Staaten der Europäischen Union setzt sich seit Ende des Zweiten
Weltkrieges verstärkt für die Europäische Integration ein und hat aktiv den
Europäischen Integrationsprozess begleitet. Mit seiner 1970 erhobenen Forderung nach Direktwahlen zum Europäischen Parlament hat es sich eingesetzt für eine Stärkung der demokratischen Kontrolle der Europäischen Kommission und des Europäischen Rates und nach 1989 in den Ländern Mittelund Osteuropas durch den Aufbau zivilgesellschaftlicher Gruppen und eine
verstärkte Bildungsarbeit das demokratische Bürgerbewusstsein gefördert.
51
Als katholischer Sozialverband engagiert sich der Verband in allen Ländern, in
denen er vertreten ist, für die Lösung sozialer Probleme, setzt Initiativen im
Bereich der beruflichen Bildung und im Jugendaustausch, befähigt und ermutigt vor allem jugendliche Mitglieder zu politischem Engagement und beschäftigt sich in seiner Bildungsarbeit kontinuierlich mit Themen der Europäischen
Integration. Als Teil eines internationalen Verbandes pflegen das Kolpingwerk
Europa und seine ihm angeschlossenen Nationalverbände Kontakte zu anderen Kontinenten und stellen sich damit auch ihrer globalen Verantwortung.
Bei seinen Initiativen lässt sich das Kolpingwerk vom christlichen Menschenbild leiten, indem es immer wieder die Würde der menschlichen Person betont, sich für ihre Rechte einsetzt und den Einzelnen aber gleichzeitig auch
auf seine soziale Verantwortung hinweist. Durch seine Bildungsarbeit befähigt es den Einzelnen zur Entfaltung seiner Persönlichkeit und nimmt als Gemeinschaft am Gemeinwohl ausgerichtete gesellschaftliche Aufgaben wahr.
Das Kolpingwerk Europa sieht in Ehe und Familie eine der Grundzellen der
Gesellschaft, in einer gerechten Gestaltung der Arbeitswelt einen Lösungsansatz der Sozialen Frage und in seinem Einsatz für die Internationale Solidarität
einen Beitrag zur Förderung und Sicherung des Friedens. Die weitere Mitarbeit an der Ausgestaltung der Europäischen Integration und die Herausarbeitung der gemeinsamen Werte als Grundlage für das europäische Bewusstsein
bleiben eine ständige Aufgabe für das Kolpingwerk Europa und seine Mitglieder.
Beschlossen durch die Kontinentalversammlung des Kolpingwerkes Europa
am 16.11.2008 in Brno, Tschechische Republik.
Für KOLPING INTERNATIONAL:
Anton Salesny Ottmar Dillenburg Barbara Breher Hubert Tintelott
Europabeauftragter
Europapräses
Vorsitzende
Generalsekretär
Internat. Kolpingwerk Kolpingwerk Europa Kolpingwerk Europa Internat. Kolpingwerk
52
Impressionen aus der Veranstaltung in Blansko
Europavorsitzende Barbara Breher
Referent Joachim Herudek
Europapräzes Ottmar Dillenburg
53
ERKLÄRUNG VON „KOLPING INTERNATIONAL“
ZUR INTEGRATION EUROPAS UND ZUM EINSATZ DES
EUROPARATES FÜR DIE MENSCHENRECHTE
(Europaratserklärung 2008 von Brno / Tschechische Republik)
Die Menschenrechte weltweit zu verwirklichen ist eine der wichtigsten politischen Aufgabe unserer Zeit. Alle Menschen, die an der Entwicklung eines
demokratischen, friedlichen und gerechten Zusammenlebens interessiert sind,
stehen in der Verantwortung, an der Erfüllung dieser Aufgabe mitzuwirken.
Auch das Kolpingwerk und seine Mitglieder stellen sich dieser Aufgabe, zu
der es in den gesellschaftspolitischen Leitlinien von KOLPINGINTERNATIONAL heißt: „Die jeweilige Würde des Menschen als Person kann und darf
durch keinerlei Maßnahmen des Gesetzgebers aufgehoben werden. Die unveräußerlichen und unverletzlichen Menschenrechte, im Besonderen Glaubens-, Religions- und Gewissensfreiheit sowie das Recht auf Leben müssen
von nationalen wie internationalen Gesetzgebergremien unbedingt beachtet
bleiben. Je mehr verantwortete Freiheit des Menschen, umso geringer sind
seine Nöte in Gesellschaft.“
KOLPING INTERNATIONAL als NGO des EUROPARATES
- erinnert daran, dass vor 60 Jahren im Mai 1948 der Haager Europakongress
mit seinen Resolutionen die Grundlagen für die Erarbeitung der Europäischen
Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Errichtung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) geschaffen hat;
- unterstreicht, dass die ebenfalls vor 60 Jahren im Dezember 1948 angenommene „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen“ einen wichtigen Impuls für die Menschenrechtsaktivitäten des
EUROPARATES gegeben hat;
- begrüßt, dass das Ministerkomitee des EUROPARATES die Garantie der
langfristigen Effizienz des von der EMRK geschaffenen Systems als Hauptpriorität für das laufende Jahr festgelegt hat;
- unterstützt die entsprechenden Aktivitäten des EUROPARATES und unterbreitet im Hinblick darauf die folgenden Vorschläge:
54
1. Allgemeines
- unterstreicht, dass, wenn auch nach Meinung der früheren irischen Präsidentin und UN – Menschenrechtskommissarin, Mary Robinson, Europa der
Teil der Welt ist, wo die Menschenrechte am meisten beachtet werden, die
Möglichkeiten für eine Verbesserung des Schutzniveaus bei weitem nicht erschöpft sind;
- bemerkt, dass das auf der EMRK basierende Menschenrechts-Schutzsystem
mit rechtlich bindenden Entscheidungen durch den Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte das wirksamste in Europa ist;
- begrüßt, dass die Parlamentarische Versammlung des EUROPARATES am
18.4.2007 erstmalig eine Debatte über den Stand der Menschenrechte und
der Demokratie in Europa abgehalten hat und dabei alle wichtigen Akteure
der Schutz- und Monitoringsysteme des EUROPARATES für die Menschenrechte zusammenbrachte;
- stellt mit Genugtuung fest, dass außer dem Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte und dem Menschenrechtskommissar des EUROPARATES seit
März 2008 auch das Ministerkomitee des Europarates einen Jahresbericht
über seine Aktivitäten - betreffend die EMRK - vorlegt, der auf der Website
des Ministerkomitees abrufbar ist;
- begrüßt, dass der Bericht des Ministerkomitees über die Überwachung der
Durchführung der Urteile des EGMR im Jahr 2007 die Transparenz dieses Verfahrens entscheidend verbessert;
2. Beachtung der Menschenrechte im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus
- nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass der EUROPARAT seit dem 11.
September 2001 seine Arbeiten zur Bekämpfung des Terrorismus intensiviert
hat und stets darauf achtet, dass dabei ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Schutz der individuellen Freiheiten und den Erfordernissen der kollektiven Sicherheit in Anbetracht der neuen Formen des Terrorismus
hergestellt wird;
55
3. Schutz einzelner Rechte
a. Religionsfreiheit
- bedauert, dass auch in Europarats-Mitgliedsstaaten nach wie vor keine Religionsfreiheit i.S.d. Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention
gegeben ist;
b. Folterverbot
- begrüßt, dass die Bemühungen des EUROPARATES zur Schaffung eines folterfreien Europas einen neuen Impuls durch das Europäische Parlament erhalten haben. In einer am 8. Mai 2008 angenommenen Resolution des Europäischen Parlaments heißt es: „fordert den EU-Ministerrat und die EUKommission auf, die Zusammenarbeit mit dem EUROPARAT zu intensivieren
im Hinblick auf die Schaffung einer europaweiten Zone, die frei von Folter
und anderen Misshandlungen ist, als ein klares Signal dafür, dass sich die europäischen Länder fest dafür engagieren, solche Praktiken innerhalb ihrer
Grenzen zu beenden“;
- ersucht den EUROPARAT, seine entsprechenden Aktionen gegen die Folter
zu verstärken, auch im Hinblick darauf, dass in Urteilen des EGMR immer
wieder Verletzungen der EMRK wegen unmenschlicher und entwürdigender
Behandlung oder sogar Folter festgestellt werden;
c. Minderheitenschutz
- stellt fest, dass der Minderheitenschutz und insbesondere die Rechte der
Roma beim EUROPARAT große Priorität haben; bedauert dass nach der Aussage des slowakischen Außenministers Jan Kubis die Roma, die in fast allen
Staaten des EUROPARATES als Minderheiten leben, nach wie vor diskriminiert
werden, sowie Vorurteilen und feindlichen Haltungen ausgesetzt bleiben;
- stellt mit Genugtuung fest, dass die Versammlung auch Berichte über die
Minderheiten in einzelnen Mitgliedstaaten (Serbien, Griechenland, Türkei)
und über „best practices“ aber auch Defizite bei der Durchführung der Standards für den Minderheitenschutz in Europa in Ausarbeitung hat;
56
d. Kinderrechte
- vermerkt als positiv, dass die Kinderrechte unter dem Titel „Ein Europa für
und mit Kindern aufbauen“ einen bedeutenden Stellenwert auf der Tagesordnung des EUROPARATES haben;
- begrüßt, dass für die Jahre 2009 bis 2011 eine neue Strategie „Schutz, Fürsorge und Mitbestimmung von Kindern in Europa“ ausgearbeitet wird und
unter anderem weniger Gewalt gegen Kinder, eine bessere Mitwirkung von
Kindern in der Gesellschaft sowie eine kinderfreundlichere Justiz angestrebt
werden sollen;
4. Untersuchung von gravierenden Menschenrechtsverstößen durch
die Parlamentarische Versammlung
- vermerkt mit Genugtuung, dass die Parlamentarische Versammlung des
EUROPARATES verstärkt Untersuchungen über schwere Menschenrechtsverletzungen durchführt; nach den CIA-Fällen (geheime Gefängnisse und illegale
Gefangenentransfers in Europa) ging es unter anderem um den missbräuchlichen Rückgriff auf die Strafjustiz in Weißrussland, die sog. Schwarzen Listen
des UN-Sicherheitsrats und der EU, sowie um die von hohen Verantwortlichen
in der Ukraine während der Präsidentschaft von Leonid Kutschma begangenen Verbrechen;
5. Reform des Verfahrens nach der EMRK und Arbeitslast des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
- bedauert, dass vier Jahre nach seiner Auflage zur Zeichnung das Protokoll
Nr. 14 zur EMRK, mit dem das Verfahren für die Behandlung von Menschenrechtsbeschwerden reformiert wird, wegen der fehlenden russischen Ratifizierung immer noch nicht in Kraft getreten ist; das Protokoll Nr.14 würde die
Effizienz des Gerichtshof erheblich steigern und ihm ermöglichen, bedeutend
mehr Entscheidungen zu treffen;
- hofft, dass falls Russland nicht doch noch ratifiziert, die Außenminister der
Europaratsstaaten spätestens bis Mai 2009 über die Konsequenzen der Situation und Alternativlösungen beraten;
- vermerkt, dass jedes Jahr etwa 40.000 Bürger in den Mitgliedstaaten des
EUROPARATES der Meinung sind, dass Ihre Menschenrechte von den natio57
nalen Gerichten nicht ausreichend gewährt werden und hoffen beim EGMR
ihr Recht zu bekommen; obwohl der Gerichtshof so effizient wie möglich arbeitet, ist die Zahl der anhängigen Beschwerden gravierend gestiegen.
6. EU und EUROPARAT: Menschenrechtsfragen
- begrüßt, dass das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und
dem Europarat - betreffend die Zusammenarbeit zwischen der Grundrechtsagentur der EU und dem EUROPARAT - unterzeichnet worden ist und hofft,
dass damit die Weichen für eine konstruktive und komplementäre Kooperation zwischen den beiden Institutionen gestellt worden sind.
KOLPING INTERNATIONAL möchte mit dieser Erklärung nicht nur die herausragende Rolle des EUROPARATES beim Schutz und bei der Durchsetzung
würdigen, sondern setzt sich dafür ein, dass der EUROPARAT auch weiterhin
eine Pionierrolle bei der Weiterentwicklung und Umsetzung der Menschenrechte behält. Dies tun wir nicht allein durch den Versand dieser Erklärung an
ca. 1.750 Personen des öffentlichen Lebens in Europa, sondern auch durch
das Aufgreifen dieses Themas in der Bildungsarbeit des Verbandes.
Beschlossen durch die Kontinentalversammlung des Kolpingwerkes
Europa am 16.11.2008 in Brno, Tschechische Republik.
Köln / Brno, 16. November 2008
Für KOLPING INTERNATIONAL:
Anton Salesny Ottmar Dillenburg Barbara Breher
Hubert Tintelott
Europabeauftragter
Europapräses
Vorsitzende
Generalsekretär
IKW
Kolpingwerk Europa
Kolpingwerk Europa
IKW
58
Protokoll der Sitzungen der Arbeitsgruppen während der
Kontinentalversammlung des Kolpingwerkes Europa in
Blansko, Tschechien, am 15. November 2008
Thema: Was erwarten wir als Nationalverbände vom Kontinentalverband Europa?
Arbeitsgruppe 1
Leitung: Barbara Breher
Aus der Arbeitsgruppe 1 wurde berichtet, dass verstärkte Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Kommunikationsstrukturen zu verbessern. Hier seien zukünftig auch in höherem Maße als bisher die modernen
Kommunikationsmittel zu nutzen und es wurde angeregt, möglicherweise
durch Präsentationen im Internet Best-Practice-Beispiele von gelungenen Aktionen und Initiativen der Nationalverbände als Anregung auch den anderen
Verbänden zu vermitteln.
Ein weiteres wichtiges Aufgabenfeld für den Kontinentalverband liege im Bereich der Vermittlung politischeuropäischer Entwicklungen an die Nationalverbände und Kolpingsfamilien. Der Kontinentalverband müsse sich geeignete
Informationswege überlegen, wie wichtige politische Entscheidungen auf europäischer Ebene so an die anderen verbandlichen Ebenen weiter gegeben
werden könnten, dass diese auch in dem gesellschafts-politischen Engagement der Nationalverbände ihren Widerhall finden können. Im Hinblick auf
die Kontinentalversammlung selbst wurde darauf verwiesen, dass neben den
rein formellen Teilen der Versammlung auch die Pausen von großer Bedeutung seien, da es dort einen intensiven informellen Austausch zwischen den
Delegierten der einzelnen Nationalverbände gebe und dabei auch sehr viele
Erfahrungen aus der konkreten Kolpingarbeit weiter gegeben würden.
Arbeitsgruppe 2
Leitung: Hubert Tintelott
Die Arbeitsgruppe 2 verwies darauf, dass die Kontinentalversammlung ein
wichtiges Kommunikationsinstrument im Rahmen des Kolpingwerkes Europa
darstellt und zukünftig jedoch überlegt werden sollte, ob im Rahmen solcher
Versammlungen nicht einzelne Nationalverbände sich mit ihrer Arbeit verstärkt vorstellen könnten. Zwar sei es möglicherweise nicht sinnvoll, dass je59
der einzelne Nationalverband sich bei jeder Kontinentalversammlung vorstellt,
jedoch wäre es denkbar, dass auf der Versammlung für den jeweiligen
Schwerpunkt einzelne Nationalverbände mit Best-Practice-Beispielen zu Wort
kämen. Auch sei ggf. darüber nachzudenken, dies durch Ausstellungen oder
kleine Filme zu tun. Daneben sieht man die Aufgabe, dass das Kolpingwerk
Europa vor allen Dingen die folgenden Aufgabenbereiche über übernehmensollte:
Schulungen zum Thema Katholische Soziallehre: Hier sollte die Schulungsmaßnahme von Soest aufgegriffen werden und es sei zu überlegen, ob die
dort ausgebildeten Multiplikatoren nicht dauerhaft in ein Netzwerk eingebunden und sich regelmäßig zu Weiterbildungstreffen zusammen finden
könnten. Auch die Verabschiedung politischer Erklärungen zu europäischpolitischen Aufgabenfeldern wurde weiterhin für wichtig erachtet und darüber
hinaus die Organisation von partnerschaftlichen Begegnungen auch zwischen
einzelnen Nationalverbänden. Das Kolpingwerk Europa müsse auch bei den
Treffen zwischen einzelnen Nationalverbänden immer wieder initiativ mitwirken und diese ggf. auch begleiten.
Arbeitsgruppe 3
Leitung: Margita Marková
Im Hinblick auf die Erwartungen an das Kolpingwerk Europa äußerte diese
Arbeitsgruppe die Erwartung, dass auch zukünftig politische Entwicklungen
auf europäischer Ebene so aufgearbeitet werden, dass sie für die einzelnen
Nationalverbände aufgegriffen und umgesetzt werden können. Vor allen Dingen sei man an Entwicklungen auf sozialer Ebene interessiert. Im Hinblick auf
die Vernetzung zwischen den einzelnen Nationalverbänden sei es wünschenswert, wenn auf der Internetseite des Kolpingwerkes Europa möglicherweise auch Jahresberichte der einzelnen Nationalverbände präsentiert
werden könnten oder zumindest Best-Practice-Beispiele aus den einzelnen
Nationalverbänden. Angeregt wurde auch, dass möglicherweise interessante
Arbeitsstellen im europäischen Bereich auf der Internetseite präsentiert werden könnten, auch als Serviceangebot für die Kolpingmitglieder. Damit die
Kommunikation zwischen den einzelnen Nationalverbänden und der kontinentalen Ebene optimiert wird, hält der Arbeitskreis es für erforderlich, dass
in jedem Nationalverband eine Person für Kommunikation benannt wird. Im
Hinblick auf die Verbesserung der Arbeitsweise der Kontinentalversammlung
wurde angeregt, Referate, die bereits vor der Kontinentalversammlung schrift60
lich vorliegen, den Nationalverbänden zuzuleiten, damit diese ggf. bereits im
Vorfeld übersetzt und ihren Delegierten mitgegeben werden können, was zu
einer Verlebendigung der Diskussion im Anschluss an die Referate beitragen
könnte.
Diskussionen in den Arbeitskreisen
61
Teilnehmer
62
63
64