Auswirkungen fossiler Kraftstoffe: Treibhausgasemissionen
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Auswirkungen fossiler Kraftstoffe: Treibhausgasemissionen
Auswirkungen fossiler Kraftstoffe Treibhausgasemissionen, Umweltfolgen Umwelt und sozioökonomische Effekte Endbericht November 2009 1 era – energy research architecture Verfasser: Björn Pieprzyk Norbert Kortlüke Paula Rojas Hilje Grafiken: Max Gunter Guendel Marín Erstellt im Auftrag von: Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie e.V. (VDB) 2 Inhaltsverzeichnis: 1 Einleitung ............................................................................................................................... 9 2 Prognose der Erdölförderung bis 2030 .................................................................................. 9 2.1 Entwicklung der Erdölproduktion bis 2008 ............................................................................ 9 2.2 Entwicklung des Förderrückgangs der heutigen Erdölfelder ............................................... 10 2.3 Prognose der zukünftigen Erdölförderung .......................................................................... 13 2.4 Entwicklung der Nachfrage nach Kraftstoffen ..................................................................... 20 3 Unkonventionelle fossile Kraftstoffe ................................................................................... 21 3.1 Definition von unkonventionellen fossilen Kraftstoffen ...................................................... 21 3.2 Rohstoffvorkommen für unkonventionelle fossile Kraftstoffe ............................................ 21 3.2.1 Unkonventionelles Erdöl ...................................................................................................... 21 3.2.2 CTL und GTL (CTL-Coal to Liquid, GTL-Gas to Liquid) ........................................................... 23 3.3 Heutige Produktion von unkonventionellen fossilen Kraftstoffen ...................................... 24 3.4 Unkonventionelle fossile Kraftstoffe - Beschreibung der Technologien .............................. 24 3.4.1 Gewinnung von Kraftstoffen aus Teersand.......................................................................... 25 3.4.2 Gewinnung von Kraftstoff aus Schwerstöl ........................................................................... 34 3.4.3 Gewinnung von Kraftstoffen aus Ölschiefer ........................................................................ 35 3.4.4 Gewinnung von Kraftstoffen aus Kohle und Erdgas............................................................. 35 4 Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe ....................................................................... 38 4.1 Treibhausgasemissionen unkonventioneller fossiler Kraftstoffe......................................... 38 4.2 Treibhausgasemissionen konventioneller fossiler Kraftstoffe ............................................. 41 4.2.1 Tiefe der Erdölfelder und Wasser-Erdölverhältnis ............................................................... 41 4.2.2 Einsatz von verbesserten Fördertechnologien..................................................................... 44 4.2.3 Abfackeln von Erdölbegleitgas -Abblasen von unverbranntem Erdölbegleitgas ................. 46 4.2.4 Viskosität und Schwefelgehalt des Erdöls ............................................................................ 48 4.2.5 Auswirkungen der Ergebnisse auf den deutschen Referenzwert und die Emissionen der globalen Erdölförderung ...................................................................................................... 49 5 Produktionskosten fossiler Kraftstoffe ................................................................................ 50 6 Vergleich der Treibhausgasemissionen und Produktionskosten fossiler Kraftstoffe .......... 55 7 Analyse der Umweltauswirkungen und der sozioökonomischen Effekte von konventionellem und unkonventionellen fossilen Kraftstoffen .......................................... 58 7.1 Untersuchungsmethodik...................................................................................................... 58 7.2 Auswertung von Untersuchungen zu den sozioökonomischen Effekten von konventionellem Erdöl ......................................................................................................... 59 7.2.1 Dutch Disease (Holländische Krankheit): ............................................................................. 61 7.2.2 Rentenstaaten-Effekt ........................................................................................................... 62 7.2.3 Off –Budget- Öleinnahmen .................................................................................................. 62 3 7.2.4 Auslandsverschuldung ......................................................................................................... 63 7.2.5 Militärische Konflikte/Bürgerkrieg ....................................................................................... 64 7.3 Auswertung von Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen von konventionellem und unkonventionellem Erdöl ..................................................................................................... 64 7.3.1 Beschreibung der Abbaugebiete .......................................................................................... 64 7.3.2 Umweltauswirkungen: Luft / Atmosphäre........................................................................... 65 7.3.3 Umweltauswirkung: Zerstörung des Waldes ....................................................................... 66 7.3.4 Umweltauswirkung: Wasser / Grundwasser........................................................................ 67 7.3.5 Umweltauswirkung: Boden .................................................................................................. 69 7.3.6 Umweltauswirkung: Erhöhtes Risiko von Krankheiten-Ecuador.......................................... 71 7.4 Abschließende Bewertung der Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte der Erdölproduktion ................................................................................................................... 72 8 Zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse und Handlungsempfehlungen ................. 73 8.1 Auswirkung der Gewinnung von unkonventionellem Erdöl auf die langfristige Entwicklung der Treibhausgasemissionen................................................................................................ 73 8.1.1 Szenario: Wachsende Nachfrage ......................................................................................... 77 8.1.2 Szenario: Konstante Nachfrage ............................................................................................ 80 8.2 Substitutionseffekte von Marginal Oil durch Biokraftstoffe ................................................ 82 8.3 Bewertung der politischen Rahmenbedingungen für die Begrenzung von Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe ....................................................................... 85 8.4 Handlungsempfehlungen: Sozial- und Umweltstandards für fossiles Öl ............................. 87 9 Quellenverzeichnis ............................................................................................................... 89 10 Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................... 99 11 Tabellenverzeichnis ............................................................................................................ 100 12 Anhang ............................................................................................................................... 101 4 Zusammenfassung Die vorliegende Studie untersucht die Treibhausgasemissionen, Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte der Produktion von konventionellen und unkonventionellen Kraftstoffen und formuliert Handlungsempfehlungen für Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrssektor und für Sozial- und Umweltstandards fossiler Kraftstoffe. Grundlage für die Bewertung der Treibhausgasemissionen, Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte ist die Auswertung von Prognosen der zukünftigen Erdölförderung. Der Vergleich zeigt eine große Bandbreite von Prognosen bis 2030. So erwartet die Internationale Energie Agentur (IEA) trotz des starken Förderrückgangs der heute existierenden Felder in den nächsten zwei Jahrzehnten keine Abnahme der gesamten Ölproduktion, da nach ihren Berechnungen noch geprüfte Erdölreserven von ca. 1,2 bis 1,3 Billionen Barrel vorhanden sind. Andere Peak- Oil Experten gehen dagegen davon aus, dass die leicht zu fördernden Erdölreserven bald ausgebeutet sind und die Nutzung der schwer zugänglichen Ölvorkommen und der unkonventionellen fossilen Kraftstoffe durch technologische Probleme begrenzt ist. Daher wird von ihnen eine Abnahme der Weltförderung von über 80 auf40 bis 76 Mio. Barrel Erdöl täglich bis 2030 prognostiziert. Es gibt keine einheitliche Definition von unkonventionellem Erdöl. Diese Studie bezeichnet als unkonventionelle Erdöle die Vorkommen, die aufwendig aufzubereiten sind, um die Eigenschaften von Rohöl zu erreichen. Danach sind unkonventionelle Erdöle Bitumen oder Rohöl aus Teersand, Schwerstöl und Schwelöl oder Rohöl aus Ölschiefer. Zudem werden die synthetischen Kraftstoffe aus Erdgas (GTL) und Kohle (CTL) als unkonventionelle Kraftstoffe hinzugenommen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass zur Zeit unkonventionelle fossile Kraftstoffe ca. 5 % der gesamten Weltölproduktion ausmachen. Es ist jedoch von einem starken Anstieg der Produktion unkonventionellen Kraftstoffs auszugehen, da insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern mit einem starken Anstieg der Mobilität bis zu einer Verdreifachung gerechnet wird und folglich die Nachfrage steigen wird. Der Anteil des Verkehrs am gesamten Erdölverbrauch wird von jetzt 52 % auf 57 % bis 2030 ansteigen. Bei den Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe ist festzuhalten, dass die CO2-Emissionen unkonventioneller Kraftstoffe bis zu zweieinhalb Mal so hoch sind wie Kraftstoffe aus konventionellem Öl. Am schlechtesten schneiden dabei Kraftstoffe aus Kohle und Ölschiefer ab. Aber auch die Emissionen von konventionellem Erdöl können um bis zu 50 % steigen durch immer aufwendigere Fördertechnologien und Verarbeitung, immer tiefere Vorkommen, hohe Abfackelungsmengen und strengere Kraftstoffnormen. Die Bandbreite der Treibhausgasemissionen konventioneller fossiler Kraftstoffe zeigt, dass der EU-Referenzwert für Diesel- und Ottokraftstoffe mit 302 g CO2eq/kWh und Dieselreferenzwert von GEMIS 4.5 mit 313 g CO2eq/kWh zu niedrig angesetzt sind. Der heutige deutsche Durchschnittswert für Dieselkraftstoff müßte zwischen 335 und 360 g CO2eq/kWh liegen. Für die globale Erdölproduktion und -verwendung ergeben sich durch die Bandbreite Treibhausgasemissionen in 2008 von 13,5 bis 15 Mrd. t CO2eq. Die Emissionen von Erdöl liegen damit ungefähr in der Größenordnung der globalen Treibhausgasemissionen der Kohlenutzung 5 von 14 bis 15 Mrd. t CO2. Der Vergleich der reinen Verbrennungsemissionen von 10,8 Mrd. t bei Erdöl und 12,6 Mrd. t bei Kohle führt dagegen zu einer Unterschätzung der Klimabilanz des Erdölsektors. Der Vergleich der Treibhausgasbilanzen verschiedener fossiler Kraftstoffe mit den Produktionskosten zeigt keine direkte Korrelation zwischen der Höhe der Treibhausgase und den Produktionskosten. Die teuersten Kraftstoffe sind Ölschiefer, CTL und GTL, deren Treibhausgasbilanzen sich aber sehr stark unterscheiden. Underground Coal Gasification, einer der emissionsstärksten Kraftstoffe, weist wesentlich geringere Produktionskosten auf. Die Analyse der sozioökonomischen Effekte zeigt, dass insbesondere Staaten, die reich an Ressourcen sind, bezogen auf Indikatoren wie Kindersterblichkeit, Lebenserwartung oder Durchschnittseinkommen, sehr starken negativen sozialen und ökonomischen Auswirkungen unterliegen. Bei der Auswertung von Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen ist festzustellen, dass alle Ölförderarten massive negative Umwelteffekte auf den Menschen und die natürlichen Güter, Luft, Boden, Wasser usw. haben. In den zwei beispielhaften Szenarien „Konstante Nachfrage nach Kraftstoffen“ und „Wachsende Nachfrage nach Kraftstoffen“ wird deutlich, dass selbst bei konstanter Nachfrage mit einem erheblichen Anstieg der Treibhausgasemissionen von 8 auf 10 Mrd. t/CO2 im Verkehrsektor zu rechnen ist. Die wachsende Kraftstoffnachfrage würde zu einer Erhöhung der Emissionen von etwa 5 Mrd. t CO2 führen, 60 % mehr als heute. Diese Verschlechterung ist besonders auf die zunehmenden unkonventionellen Kraftstoffe zurückzuführen. Aber auch die CO2-Emissionen von konventionellen Kraftstoffen steigen, obwohl deren Produktion in beiden Szenarien von heute 79 auf 71 Mio. Barrel/Tag in 2030 sinkt. Erfolgsversprechende politische Rahmenbedingungen für den Klimaschutz im Verkehrssektor existieren nicht. Ein Kyoto-Nachfolgeabkommen und die teilweise nur national oder regional getroffenen Maßnahmen zur CO2-Reduzierung werden bei weitem nicht ausreichen, den Treibhausgasanstieg der fossilen Kraftstoffe aufzuhalten. Nur der massive Ausbau im Bereich nachhaltiger Biokraftstoffe, eine möglichst schnelle Einführung Erneuerbarer Elektromobilität, Effizienzsteigerungen der Motorentechnik und der Ausbau des ÖPNV und des Schienenverkehrs können zu einer CO2 -Reduktion beitragen. Die Potenzialberechnungen der Studie zeigen, dass die Hälfte des heutigen globalen Kraftstoffverbrauchs mit Biokraftstoffen gedeckt werden könnte, wenn ein Viertel der weltweiten degradierten Flächen genutzt würde. Selbst bei steigender Nachfrage reicht diese Biokraftstoffmenge aus, um die wachsende Menge unkonventioneller Kraftstoffe vollständig zu substituieren. Aufgrund der massiven negativen sozioökonomischen und Umwelteffekte empfiehlt die Studie Sozial- und Umweltstandards nicht nur auf Basis von Selbstverpflichtungen der Erdölindustrie zu verankern, sondern auch der Erdölindustrie weltweit verbindliche, nachprüfbare Standards aufzuerlegen. 6 Abkürzungsverzeichnis: API: American Petroleum Institute= Spezifisches Volumen des Rohöls ASPO: Association for the Study of Peak Oil & Gas BGR: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe CBM: Coal-Bed-Methane- Kohleflözgas CDM: Clean Development Mechanism CHOPS: Cold Heavy Oil Production with Sand CTL: Coal- to-Liquid-Verfahren zur Herstellung von flüssigem Kraftstoff aus Kohle CSS Verfahren: Cyclic Steam Stimulation EIA: Energy Information Administration der US-Regierung EID: Erdöl-/Energie-Informationsdienst EPA: Environmental Protection Agency der US-Regierung EOR: Enhanced oil recovery: Verbesserte Entölungstechnologien EUROPIA: European Petroleum Industry Association EWG: Energy Watch Group GTL: Gas – to-Liquid-Verfahren zur Herstellung von flüssigem Kraftstoff aus Erdgas oder anderen Gasen JI: Joint Implementation IEA: International Energy Agency LNG: Liquid Natural Gas – Verflüssigtes Erdgas NETL: National Energy Technology Laboratory NGL: Natural Gas Liquids-Flüssige Kohlenwasserstoffe aus der Erdgasproduktion OECD: Organisation for Economic Co-operation and Development 7 OPEC: Organization of Petroleum Exporting Countries PAH: polyaromatischen Kohlenwasserstoffen SAGD Verfahren: Steam Assisted Gravity Drainage TEOR: Thermal Enhanced Recovery – Verbesserte Fördermethoden mit Dampfinjektion THAI Verfahren: Toe – to – Heel – Air-Injektion UCG: Underground-Coal-Gasification: Untertage-Vergasung von Kohle Vapex Verfahren: Vapor extraction WBGU: Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen WEO: World Energy Outlook WEC: World Energy Council WOR: Water to oil ratio – Verhältnis des Wasserverbrauchs zur Erdölförderung WTW-Emissionen: Well to Wheel-Emissionen: Treibhausgasbilanz, die alle Prozesschritte und die Kraftstoffverbrennung umfasst WTT-Emissionen: Well to Tank-Emissionen: Treibhausgasbilanz, die alle Prozesschritte bis zum Kraftstofftank umfasst 8 1 Einleitung In den kommenden Jahren wird die Produktion so genannter unkonventioneller Kraftstoffe, zum Beispiel aus Teersanden und Schwerstöl, weltweit an Bedeutung gewinnen. Deren Förderung wird in der öffentlichen Diskussion wegen der vermuteten hohen Treibhausgasemissionen vielfach sehr kritisch bewertet. Dabei werden in der Öffentlichkeit bisher zwei wichtige Aspekte außer Acht gelassen: Schon jetzt hat die Produktion konventioneller Kraftstoffe häufig eine drastische Erhöhung der Emissionen von Treibhausgasen sowie verheerende Umweltauswirkungen zu Folge. Daneben sind schwerwiegende soziale Folgen in den Förderländern zu beobachten, die betroffene Staaten vor kaum lösbare Probleme stellen. Auch bei der Förderung von unkonventionellen Kraftstoffen entstehen stark erhöhte Treibhausgasemissionen sowie Umweltschäden, die gravierende Folgen für die jeweiligen Ökosysteme haben. Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) und der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie e.V. (VDB) nehmen dies zum Anlass, mit einer Studie „Treibhausgasemissionen, Umweltauswirkungen und sozioökonomische Effekte von konventionellen und unkonventionellen Kraftstoffen“ auf die Probleme der fossilen Kraftstoffherstellung aufmerksam zu machen. Dabei wird in der Studie zuerst sowohl die in der Wissenschaft diskutierte Frage des Peak Oil als auch die zukünftige Produktion von Kraftstoffen aus unkonventioneller Ölgewinnung in den Blick genommen. In einem zweiten Schritt vergleicht die Studie die Treibhausgasemissionen und die Produktionskosten fossiler Kraftstoffe. Im dritten Schritt werden die sozioökonomischen Effekte und die Umweltauswirkungen von unkonventionellem und konventionellem Kraftstoff dargelegt. Im letzten Kapitel bewertet die Studie die Auswirkungen von unkonventionellen Kraftstoffen auf die langfristige Entwicklung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor und mögliche Substitutionseffekte durch Biokraftstoffe . Abschließend werden Handlungsempfehlungen für die Begrenzung von Treibhausgasemissionen und für Sozial- und Umweltstandards fossiler Kraftstoffe gegeben. 2 2.1 Prognose der Erdölförderung bis 2030 Entwicklung der Erdölproduktion bis 2008 Die Welterdölproduktion hat sich in den letzten 60 Jahren verzehnfacht (siehe Abbildung 1 Entwicklung der Erdölproduktion 1925-2005). Zwischen 2005 und 2008 ist die Erdölproduktion nur noch leicht um 1 % gestiegen1. 1 EIA 2009 9 Zur Zeit werden ca. 70 Mio. Barrel konventionelles Erdöl/Tag gefördert2. Hinzu kommen ca. 10 Mio. Barrel flüssige Kohlenwasserstoffe aus der Erdgasproduktion (NGL) und ca. 1,7 Mio. Barrel unkonventionelle Kraftstoffe aus Teersanden, Erdgas (GTL) und Kohle (CTL) und chemische Additive3 (siehe Abbildung 14). Die folgende Abbildung zeigt den hohen Anteil der sehr großen Erdölfelder an der Gesamtproduktion. Abbildung 1 Entwicklung der Erdölproduktion 1925-20054 2.2 Entwicklung des Förderrückgangs der heutigen Erdölfelder Es gibt weltweit zunehmend Hinweise, dass die Produktion von konventionellem Erdöl bald ihren Höhepunkt erreicht hat. Auch die IEA warnt vor zukünftigen Versorgungsengpässen, da die Produktion der Erdölfelder, die bereits ihren Produktionshöhepunkt überschritten haben (Post-Peak-Felder), stark abnimmt5. Nach den Analysen der IEA beträgt der durchschnittliche weltweite jährliche Förderrückgang der Post-Peak-Felder 6,7%6. Die Förderrückgangsrate ist in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen, da die Förderung von jüngeren Post-Peak-Feldern viel schneller als die von älteren Vorkommen sinkt: Post-PeakFelder, die vor 1970 ihre Produktion begonnen haben, weisen nach den Analysen der IEA eine Förderrückgangsrate von unter 4 %/a auf, 2.000-Felder dagegen eine mehr als dreimal so hohe Rückgangsrate. 2 incl. Schwerstöle. Definition Schwerstöl Tabelle 2. Eigene Abschätzung nach IEA 2008a und EIA 2009. 3 z.B. MTBE 4 Höök, Hirsch und Aleklett 2009 5 IEA 2008a, Connor 2009, Birol 2009. 6 IEA 2008a. 10 Diese Entwicklung ist auf mehrere Faktoren zurückführen: Technologische Entwicklung: Es werden verstärkt Technologien angewendet, um den Entölungsgrad, d.h. die Ausbeute der Felder zu erhöhen. Je intensiver Entölungstechnologien eingesetzt werden, desto stärker sinkt die Produktion nach dem Förderhöhepunkt ab7. Zu den verbesserten Entölungstechnologien (Enhanced oil recovery-EOR) gehören thermische Verfahren wie z.B. die Dampfinjektion, das Einpressen von Gasen (Stickstoff, CO2) und die Verwendung von Chemikalien, um die Viskosität des Erdöls zu senken8. Weltweit werden zwischen 3 und 4 % des gesamten Erdöls mit EOR-Technologien gefördert9. Entölungstechnologien werden besonders stark in Offshore-Feldern eingesetzt, um sehr schnell einen hohen Entölungsgrad zu erreichen (bis zu 66 %), damit sich die hohen OffshoreInvestionen in kurzer Zeit amortisieren. Ein Beispiel für die extreme Ausbeutung ist das Canterell Offshore-Feld in Mexiko. Die intensive Anwendung von verschiedenen Entölungstechnologien hat dazu geführt, dass seit der höchsten Produktion in 2003 die Förderung innerhalb von 5 Jahren um 20 % abgenommen hat10. Der Anteil der OffshoreÖlproduktion weltweit hat in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen11. Wachsende Bedeutung von kleinen Feldern: Der Anteil von sehr großen Feldern (Super-Giant und Giant12) an der Gesamtölproduktion ist in den letzten 30 Jahren von über 70 % auf unter 60 % gesunken13. Das liegt daran, dass seit den 60er Jahren die Anzahl neuer Giant- Erdölfelder stark rückläufig ist. Z.B. beträgt die Erdölmenge von sehr großen Erdölfeldern, die in den 90er Jahren gefunden wurden, nur 1/10 des Volumens der sehr großen Neufunde der 60er Jahre14 (siehe Abbildung 2). Die Weltproduktion hängt daher sehr stark von den alten Giant- und Super-Giant-Feldern ab, die vor 1970 gefunden wurden und noch immer zu über einem Drittel der Gesamtproduktion beitragen15 (s. Abbildung 1 und Abbildung 3). Die wenigen Giant-Felder, die in diesem Jahrzehnt ihre Produktion begonnen haben, erzeugen dagegen nur ungefähr ein Prozent der Weltölproduktion. Der Förderrückgang von kleinen Post-Peak-Feldern ist höher als von großen Vorkommen, weil kleine Felder schneller als größere ausgebeutet werden können, da weniger Bohrungen erforderlich sind16. Wie stark sich die Größe auf den jährlichen Förderrückgang auswirkt, zeigt die Auswertung der IEA der Post-Peak-Felder: der durchschnittliche jährliche Rückgang der Super-Giants beträgt 3,4 %, der Rückgang der großen Felder 10,4 %. Nach Schätzungen der IEA ist die Rückgangsrate der 70.000 kleinen weltweiten Felder noch höher als die der großen Felder. 7 Höök, Hirsch und Aleklett 2009, IEA 2008a, Schindler und Zittel 2008, Campell 2009 8 IEA 2008a. 9 BGR 2009. 10 Höök, Hirsch und Aleklett 2009, IEA 2008a, 11 IEA 2008a. 12 Nach der Klassifizierung der IEA hat ein Super-Giant Feld mehr als 5 Mrd. Barrel Ölreserven, ein Giant über 500 Mio. bis 5 Mrd., ein großes Feld über 100 Mio. Barrel und ein kleines Feld unter 100 Mio. Barrel 13 Eigene Berechnung nach Höök, Hirsch und Aleklett 2009, IEA 2008a. 14 Höök, Hirsch und Aleklett 2009 15 Eigene Berechnung nach IEA 2008a. 16 Höök, Hirsch und Aleklett 2009 11 Abbildung 2: Entwicklung sehr großer Ölfunde17 Abbildung 3: Entwicklung der Erdölproduktion sehr großer Erdölfelder18 Die Entwicklung der Förderrückgangsrate ist von großer Bedeutung für die zukünftige Erdölgewinnung. Heute kommen bereits über 60 % der Giant-Ölproduktion von Vorkommen, die ihren Förderhöhepunkt bereits überschritten haben. Eine Fortsetzung dieses Trends ergibt einen Anteil von 80 % an der Gesamtproduktion der Giants (siehe Abbildung 4). Zukünftig wird es daher immer mehr sehr große Ölfelder geben, deren Ausbeutung rückläufig ist. Diese Entwicklung ist sehr wahrscheinlich, da heute 20 % der Weltölproduktion von Giants kommt, 17 Höök, Hirsch und Aleklett 2009, IEA 2008a, 18 IEA 2008a. 12 die über 50 Jahre alt sind, und sehr große Neufunde immer seltener werden19. Wegen der verstärkten Anwendung von Entölungstechniken erwarten Höök, Hirsch und Aleklett eine stärkere Produktionsabnahme der Giants, die in der Zukunft in die Post-Peak-Phase kommen20. Die IEA sieht ebenfalls eine Zunahme der zukünftigen Produktionsrückgangsrate21. Abbildung 4: Anteil abnehmender Erdölfelder an der gesamtem Giant-Erdölförderung22 2.3 Prognose der zukünftigen Erdölförderung Die IEA erwartet aufgrund der Entwicklung der Förderrückgangsrate eine starke Abnahme der Produktion aller heutigen Erdölfelder von 70 Mio. Barrel/Tag in 2007 auf 27,1 Mio. Barrel in 2030 (siehe Abbildung 5). 19 Eigene Berechnung nach IEA 2008a. 20 Höök, Hirsch und Aleklett 2009 21 IEA 2008a. 22 Höök, Hirsch und Aleklett 2009 13 Abbildung 5: Entwicklung der Erdölproduktion der heutigen Felder23 Trotz des starken Förderrückgangs der heute existierenden Felder erwartet die IEA in den nächsten zwei Jahrzehnten keine Abnahme der gesamten Ölproduktion, da nach ihren Berechnungen noch geprüfte Erdölreserven von ca. 1,2 bis 1,3 Billionen Barrel vorhanden sind. Die Abnahme der heutigen Felder kann nach den Berechnungen der IEA durch folgende Entwicklungen ausgeglichen und eine Steigerung der gesamten fossilen Kraftstoffe um ein Viertel auf 103,8 Mio. Barrel/Tag in 2030 erreicht werden24 (siehe Abbildung 6): Erschließung bereits entdeckter Felder: Die Produktion neuer Felder, die schon entdeckt, aber noch nicht erschlossen worden sind, steigt bis 2020 auf 29 Mio. Barrel und sinkt dann bis 2030 auf 23 Mio. Barrel/Tag ab. OPEC-Onshore-Vorkommen und Nicht-OPEC-Offshore leisten dabei mit maximal 20 Mio. Barrel/Tag den größten Beitrag. Neufunde: Die Produktion neuer Felder, die noch entdeckt werden, steigt bis 2030 auf 19 Mio. Barrel. OPEC-Onshore-Vorkommen und Nicht OPEC-Offshore leisten dabei ebenfalls mit maximal 15 Mio. Barrel/Tag den größten Beitrag. Flüssige Kohlenwasserstoffe aus der Erdgasproduktion (NGL): Die NGL-Produktion verdoppelt sich bis 2030 auf 20 Mio. Barrel (15 Mio. Barrel Erdölaquivalente)25. 80 % dieses Zuwachses kommt von den OPEC-Staaten, v.a. aus dem Mittleren Osten. Die OPEC – NGL-Produktion verdreifacht sich bis 2030. Verbesserte Entölungstechnologien (Enhanced oil recovery): Die Förderung mit EORTechnologien wird von heute 2,5 Mio. Barrel/Tag auf 6,4 Mio. Barrel/Tag in 2030 steigen. Die CO2-Injektion wird davon den größten Anteil ausmachen. In 2030 wird 70 % der EORProduktion in vier Staaten stattfinden: USA, Saudi-Arabien, China und Kuwait. 23 IEA 2008a. 24 IEA 2008a. 25 Aleklett 2009. 14 Unkonventionelle fossile Kraftstoffe: Die Produktion von unkonventionellen Kraftstoffen wird sich bis 2030 auf fast 9 Mio. Barrel/Tag verfünffachen. Kraftstoffe aus Teersanden in Kanada werden in 2030 mit fast 6 Mio. Barrel/Tag den größten Beitrag leisten. Abbildung 6: Welterdölproduktion im Referenzszenario des WEO 200826 Der Anstieg auf über 100 Mio. Barrel/Tag bis 2030 kann nur mit Investitionen von über 8 Billionen Dollar realisiert werden. Die IEA sieht aber große Risiken, dass die OPEC-Staaten nicht genug investieren, um den Rückgang der heutigen Felder auszugleichen. Die Organisation warnt daher vor Versorgungsengpässen innerhalb der nächsten Jahre, wenn die notwendigen Investitionen zum Aufbau neuer Kapazitäten nicht getätigt werden27. Peak-Oil Experten sehen im Gegensatz zur IEA nicht die Möglichkeit, den zukünftigen Produktionsrückgang der heutigen Felder durch hohe Investitionen in neue Förderkapazitäten auszugleichen28. Nach ihren Berechnungen sind die leicht zu fördernden Erdölreserven bald ausgebeutet. Die Nutzung der schwer zugänglichen Ölvorkommen und der unkonventionellen fossilen Kraftstoffe wird durch technologische Probleme begrenzt. Daher prognostizieren sie eine Abnahme der Weltförderung auf 39 bis 76 Mio. Barrel fossile Kraftstoffe bis 203029. Dadurch ergibt sich gegenüber der IEA eine Differenz von bis zu 60 Mio. Barrel. Nach den Untersuchungen der Peak-Oil-Experten sind die Potenziale von noch nicht erschlossenen oder gefundenen Erdölfeldern, NGL, EOR und unkonventionellen Kraftstoffen wesentlich geringer als die Prognosen der IEA und anderen Institutionen wie z.B. der EIA oder der BGR. Erschließung bereits entdeckter Felder: Die Peak-Oil-Experten schätzen die weltweiten Erdölreserven wesentlich geringer als die IEA und andere Institutionen wie die OPEC, BGR und 26 IEA 2008a. 27 IEA 2008a, Connor 2009 28 Aleklett 2009, Schindler und Zittel 2008, Campell 2009, Höök, Hirsch und Aleklett 2009 29 Aleklett 2009, Schindler und Zittel 2008, Campell 2009, 15 WEC ein30. Der wichtigste Grund dafür ist die unterschiedliche Bewertung der OPEC-Reserven. Zwischen 1985 und 1990 haben die wichtigsten OPEC-Staaten ihre Reserveangaben ungefähr verdoppelt, ohne Neufunde in diesem Zeitraum gemeldet zu haben. Der wichtigste Grund für die Aufwertung der Reserven war wahrscheinlich der Anreiz für die OPEC-Mitglieder, durch die Angabe höherer Reserven höhere Förderquoten durchsetzen zu können31 (siehe Abbildung 7 und Tabelle 1). Nach Campell und Bakhtiari sind daher die tatsächlichen Reserven der OPEC nur ungefähr halb so groß wie die offizielle Statistik. Diese Ergebnisse werden durch Untersuchungen von Simmons in Saudi Arabien und Kommentare von Mitarbeitern der staatlichen Ölfirmen in Kuwait und Saudi Arabien gestützt32. Abbildung 7: Entwicklung nachgewiesener Ölreserven in OPEC-Ländern33 30 Schindler und Zittel 2008, BGR 2009, IEA 2008a. 31 Schindler und Zittel 2008, Campell 2009 32 ASPO 2006 a,b., Schindler und Zittel 2008, Campell 2009. 33 Schindler und Zittel 2008 16 Venezuela 67 Saudi Arabien 129 31 65 163 18 51 43 64 166 25 31 49 45 90 169 26 1987 31 49 47 92 167 25 1988 92 93 100 92 167 56 1990 92 93 100 92 258 59 2008 92 136 115 102 264 99 Mrd. Barrel Abu Dhabi Iran Irak Kuwait 1970 12 70 32 1980 28 58 1984 30 1985 14 Tabelle 1: Entwicklung der OPEC-Erdölreserven34 Neufunde: Die weltweiten Neufunde sind seit den 60er Jahren stark zurückgegangen. Da weltweit die meisten Regionen mit Ölvorkommen sehr gut untersucht sind, ist eine Trendfortsetzung sehr realistisch und sehr große Neufunde nicht wahrscheinlich (siehe Abbildung 8) Abbildung 8: Entwicklung und Prognose von Erdölfunden35 34 Campell 2009. 35 Aleklett 2009. 17 Flüssige Kohlenwasserstoffe aus der Erdgasproduktion (NGL): Nach Likvern ist die NGLPrognose der IEA unrealistisch, da die IEA-Annahmen zum NGL-Anteil an der gesamten Erdgasmenge viel zu hoch sind36. Verbesserte Entölungstechnologien (Enhanced oil recovery): Nach Schindler und Zittel können verbesserte Entölungstechnologien den weltweiten Förderrückgang nicht aufhalten. EOR-Technologien konnten trotz jahrzehntelangen Einsatzes den Förderrückgang in den USA und den Nordsee-Feldern nicht verhindern. Verbesserte Entölungstechnologien können zwar, wie oben bereits dargelegt, die Ausbeutungsrate auf über 60 % erhöhen. Danach fällt die Förderung aber umso steiler ab37. Im Webburn-Feld wird erwartet, dass mit CO2-Injektion die kumulierte Fördermenge bis 2030 um ein Drittel gesteigert werden kann38. Die aktuellen Produktionsdaten legen aber offen, dass bereits seit 2006 die Erdölproduktion wieder stark rückläufig ist (s. Abbildung 9). Der Einsatz von EOR im Yates-Feld zeigt, dass durch den Einsatz von heißem Dampf und Chemikalien der Förderrückgang nur kurzzeitig aufgehalten werden konnte (s. Abbildung 10). In den USA ist trotz steigender Verwendung von CO2 -EOR die gesamte EOR-Produktion seit 2000 rückläufig, weil der Einsatz von thermischen Verfahren sehr stark abnimmt (s. Abbildung 11)39. Abbildung 9: Entwicklung der Erdölproduktion des Weyburn Feldes in Kanada40 36 Likvern 2008. 37 Schindler und Zittel 2008. 38 IEA 2009. 39 Demchuk 2009. 40 Demchuk 2008. 18 Abbildung 10: Entwicklung der Erdölförderung des Yates-Feldes in den USA41 Abbildung 11: Entwicklung der EOR-Produktion in den USA42 41 Schindler und Zittel 2008 42 Demchuk 2009 19 Die IEA erwartet, dass die Injektion von CO2 den größten Beitrag zur gesamten EOR-Produktion von 6,4 Mio. Barrel/Tag in 2030 leisten wird. Dafür sind aber sehr große Mengen CO2 notwendig. Für die Förderung von 3 Mio. Barrel/Tag durch CO 2-EOR müssten z.B. über 400 Mio. t CO2 produziert werden, dass entspricht der CO2 -Abscheidung von über 50 1.000 MW CCS-Kraftwerken. Es ist sehr unsicher, ob in den nächsten Jahren CCS-Kraftwerke in dieser Anzahl und Größe gebaut werden. Außerdem ist die sichere Einlagerung von CO2 in Erdölvorkommen noch nicht wissenschaftlich bewiesen. Die Kosten für die CO2-EOR-Verfahren (CO2 -Abscheidung, Transport und Injektion) stellen eine große Hürde für den weiteren Ausbau dieser Technologien dar43. 2.4 Entwicklung der Nachfrage nach Kraftstoffen Weltweit wird, besonders in den Entwicklungs- und Schwellenländern, mit einem starken Anstieg der Mobilität gerechnet. Nach Angaben des World Business Council for Sustainable Development wird sich bis 2050 der Mobilitätsbedarf weltweit verdreifachen44. Heute wird bereits 52 % der gesamten Erdölproduktion im Verkehr eingesetzt. Bis 2030 wird ein Anstieg des Anteils auf 57 % erwartet45. 43 Cohen 2006, Statoil Hydro 2008. Demchuk 2009. 44 World Business Council for Sustainable Development 2004 45 IEA 2008a. 20 3 3.1 Unkonventionelle fossile Kraftstoffe Definition von unkonventionellen fossilen Kraftstoffen Es gibt keine einheitliche Definition für unkonventionelles Erdöl als Rohstoff. Eine weite Auslegung des Begriffes unkonventioneller Erdöle umfasst alle Vorkommen, die nur mit besonderem Aufwand gefördert werden können. Neben Teersanden, Schwerstöl und Ölschiefer gehören zu dieser Defintion auch Erdölvorkommen der Tiefsee und der Arktis. Diese Studie verwendet wie die BGR und Meyer-Renschhausen eine engere Definition und bezeichnet als unkonventionelles Erdöl nur die Vorkommen, die aufwendig aufzubereiten sind, um die Eigenschaften von Rohöl zu erreichen. Nach dieser Definition gehören zu unkonventionellem Erdöl Bitumen oder Rohöl aus Teersand, Schwerstöl und Schwelöl oder Rohöl aus Ölschiefer. Schwerstöl hat eine Dichte von über 1 g/cm³ (oder weniger als 10° API)46. Diese Studie bezeichnet außerdem synthetische Kraftstoffe aus Erdgas (GTL) und Kohle (CTL) als unkonventionelle fossile Kraftstoffe. Im Kapitel 3.4 werden die Gewinnungstechnologien der verschiedenen unkonventionellen fossilen Kraftstoffe erläutert. 3.2 Rohstoffvorkommen für unkonventionelle fossile Kraftstoffe Im folgenden Kapitel werden die Rohstoffquellen für unkonventionelle fossile Kraftsstoffe beschrieben. 3.2.1 Unkonventionelles Erdöl Die gesamte Erdölmenge der Teersand-, Schwerstöl und Ölschieferlagerstätten (In-PlaceMenge) beträgt nach Schätzungen zwischen 6,6 und 9 Bill. Barrel (siehe Abbildung 12). Davon kann ein Viertel technisch gewonnen werden47. Die zukünftig gewinnbaren unkonventionellen Erdölressourcen sind mehr als doppelt so hoch wie die konventionellen Erdölreserven. Die maximalen Schätzwerte der In-Place-Mengen der Teersand-, Schwerstöl- und Ölschiefervorkommen sind mit jeweils ca. 3 Bill. Barrel ungefähr gleich groß48. Die gewinnbaren Mengen sind aber wegen der unterschiedlich hohen Ausbeutefaktoren sehr verschieden. Mit 400 Mrd. Barrel kann nur halb so viel Schwerstöl wie Teersand gefördert werden. Mehr als 60 % der weltweiten Vorkommen an unkonventionellem Erdöl befinden sich in Nordund Südamerika: Teersand in Kanada, Schwerstöl in Venezuela und Ölschiefer in den USA. Weitere sehr große Vorkommen befinden sich in Russland (Ölsande und Ölschiefer), Kasachstan (Ölschiefer) und im Mittleren Osten (Schwerstöl). Einige große 46 Meyer-Renschausen 2007, BGR 2009. 47 IEA 2008a. 48 IEA 2008a, BGR 2009, Meyer-Renschhausen 2007. Die Angaben zu der Verteilung der globalen Ölsandvorkommen schwanken sehr stark. Meyer und Attanasi bewerten die In-Place-Ölsandmengen in Nigeria mit über 400 Mrd. Barrel fast um den Faktor 100 höher als die BGR. Zitiert in Meyer-Renschhausen. 21 Ölschieferlagerstätten gibt es außerdem noch noch in der Republik Kongo, in Brasilien, Italien, Marokko, Jordanien, Australien, Estland, China, Israel, Thailand und Kanada49. Abbildung 12:: Weltweite Vorkommen unkonventioneller Erdöle50 49 BGR 2009. 50 Eigene Berechnung nach IEA 2008a, BGR 2009, Meyer-Renschhausen Meyer 2007 22 3.2.2 CTL und GTL (CTL-Coal Coal to Liquid, GTL-Gas to Liquid) Neben Ölsanden, Schwerstölen und Ölschiefer sind Kohle und Erdgas weitere wichtige Rohstoffe für die Produktion fossiler Kraftstoffe. Kohle hat einen Anteil von über 75 % an den globalen fossilen Energievorkommen. orkommen. Die BGR schätzt die Gesamtkohleressourcen samtkohleressourcen auf rund 21 Bill. t, davon 16,4 Bill. t Hartkohle und 4,4 Bill. t Weichbraunkohle51. Erdgas hat einen Anteil von über 20 % an den globalen fossilen Vorkommen. An den gesamten Erdgasressourcen von 3.000 Bill. m³ hat konventionelles Erdgas aber nur einen Anteil von 8 % (siehe Abbildung 13). ). Die größten unkonventionellen Ergasmengen stellen Gashydrat mit 1.000 52 Bill. m³ und Erdgas in Aquiferen mit 800 Bill. m³ dar, da , deren Gewinnung aber noch sehr 53 ungewiss ist . Die Förderung von Erdgas aus dichten Speichern und Kohlevorkommen wird weltweit immer bedeutender und ist in den USA bereits stark verbreitet. Der Anteil von unkonventionellem Erdgas an der gesamten Förderung in den USA ist in den letzten 10 Jahren von 28% auf 46% gestiegen54. Die Gewinnung Gewi von Erdgas in Tonsteinen (Shale Gas)) in den USA hat sich in diesem Zeitraum sogar verdreifacht. Abbildung 13:: Weltweite konventionelle und unkonventionelle Erdgasvorkommen55 51 BGR 2009. 52 Die weltweiten Angaben zu gespeicherten Erdgasmengen in Gashydraten weisen mit Schätzungen zwischen 1.000 und 120.000 Bill. m³ eine sehr große Bandbreite auf. BGR 2009. 53 BGR 2009. 54 Davon sind 68 % Tight Gas (Gas aus Sandstein), 21 % Coal Bed Methan und 11 % Shale Gas (Gas aus Tongesteinen) NCI 2008. 55 BGR 2009 23 3.3 Heutige Produktion von unkonventionellen fossilen fossi Kraftstoffen Unkonventionelle fossile Kraftstoffe tragen zur Zeit zu ca. 5 % der gesamten Weltkraftstoffproduktion produktion bei. Die gesamte g Produktion unkonventioneller fossiler Kraftstoffe betrug 2007 182,5 Mio. t, davon hatte die Kraftstoffproduktion von 93 Mio. t aus Schwerstölen Schwerstöle und 77 Mio. t von Bitumen aus Teersand den größten Anteil (siehe Abbildung 14). Die Jahresproduktion von CTL mit 8,7 Mio. t, GTL mit 2,9 Mio. t und Kraftstoff aus Ölschiefer mit 0,9 Mio. t sind bisher wesentlich geringer56. Gegenüber 2000 hat sich die Produktion unkonventioneller fossiler Kraftstoffe verdreifacht57. Der Teersandabbau findet ausschließlich in Kanada, die Schwerstölgewinnung winnung vor allem in Venezuela, Großbritannien und 58 Aserbaidschan statt . CTL wurde außerhalb Deutschlands bisher nur in Südafrika produziert. produziert 59 GTL wird zur Zeit in Südafrika, Malaysia und Quatar erzeugt . Ölschiefer wird in Estland, China und Brasilien zu Kraftstoffen verarbeitet60. Gesamte Produktion in 2007: 182,5 Mio. t Abbildung 14: Produktion unkonventioneller fossiler Kraftstoffe in Mio. t in 200761 3.4 Unkonventionelle fossile Kraftstoffe - Beschreibung der Technologien n Im folgenden Kapitel werden die verschiedenen Technologien zur Gewinnung von unkonventionellen Kraftstoffen beschrieben. Die Produktion von Teersanden wird dabei ausführlicher als die anderen Kraftstoffsparten erläutert, weil sie zusammen mit Schwerstöl zur Zeit und auch in Zukunft die wichtigsten unkonventionellen Kraftstoffe darstellen. Die 56 Bitumen, Schwerstöle, CTL und Ölschiefer nach BGR 2009, GTL nach IEA 2008a. 57 Eigene Berechnung nach BGR 2009. 58 BGR 2009. 59 BGR 2009. 60 IEA 2008a. 61 BGR 2009. 24 Verfahren der Teersandgewinnung haben sich mittlerweile auch bei der Schwerstölförderung durchgesetzt. Die Beschreibung der Teersandtechnologien basiert auf den Ausführungen von Meyer-Renschhausen und dem Rohstoffbericht der BGR62. 3.4.1 Gewinnung von Kraftstoffen aus Teersand 3.4.1.1 Eigenschaften von Teersand Ölsande sind Gemische aus Bitumen63, Wasser, Sand und Ton. Der Gewichtsanteil des Bitumens im Ölsand schwankt zwischen 1 und 18 %, der Durchschnitt beträgt 12 %. Bitumen ist eine hochviskose Form des Erdöls mit einem API64 von unter 10° (siehe Tabelle 2). Bitumen ist wie Schwerst- und Schweröl eine degradierte Ölform. Bei Bitumen ist der Degradierungsgrad, d.h. die Verringerung der flüchtigen Bestandteile, sehr weit fortgeschritten65. Leichtöl 30°-40° API Mittelschweres Öl 20°-30° API Schweröl 10°-20° API Extra-Schweröl (Schwerstöl) und natürliches Bitumen (Teersand) unter 10° API Tabelle 2: Klassifizierung nach Schwere des Rohöls66 3.4.1.2 Teersandförderung im Tagebau Die Gewinnung von Kraftstoffen aus Teersand findet derzeit nur in Kanada statt. In der kanadischen Provinz Alberta befinden sich etwa 60 % der weltweiten Teersandressourcen (siehe Abbildung 15). Zur Zeit überwiegt die Förderung des Teersandes im Tagebau, der bis zu 75 m Tiefe möglich ist. In der Zukunft wird aber der Anteil der In-situ-Verfahren zunehmen, da 93 % der Teersandreserven Kanadas tiefer als 75 m liegen67. 62 Meyer-Renschhausen 2007, BGR 2009 63 Bitumen besteht hauptsächlich aus langkettigen Kohlenwasserstoffen. Bitumen gehört zu den thermoplastischen Stoffen, das heißt, seine Viskosität ist temperaturabhängig: Bei Abkühlung wird es spröde, bei Erwärmung durchläuft es stufenlos alle Zustände von fest (glasartig) über zähflüssig bis dünnflüssig. 64 API: American Petroleum Institute= Spezifisches Volumen des Rohöls 65 Meyer-Renschhausen 2007, BGR 2009. 66 API American Petroleum Institute= Spezifisches Volumen des Rohöls 67 Woynillowicz et al. 2005 und Greenpeace 2008. 25 Abbildung 15: Lage der Teersandvorkommen in Kanada. Eigene Darstellung, Quelle: The University of British Columbia.68 Verfahrensschritte des Tagebauverfahrens: Die Gewinnung von Teersand im Tagebau besteht aus den folgenden Prozessschritten (siehe Abbildung 16): 68 • Der Mutterboden wird abgetragen und auf Halden gelagert. • Eine 40 - 60 m dicke Teersandschicht wird mit Hilfe von Schaufelbaggern abgebaut und per Kipplastwagen zur Brechanlage transportiert. • In der Brechanlage wird das Material zerkleinert und für den Weitertransport zur Extraktionsanlage konditioniert. www.forestry.ubc.ca 26 • Die Teersande werden in heißem Wasser gewaschen. Daraus resultiert eine schaumige Mischung aus Wasser, Bitumen und Feinstoffen. Es werden verstärkt Kaltwasserverfahren eingesetzt, um die Betriebskosten zu senken. • Ein Lösungsmittel wird hinzugefügt, um die Trennung des Bitumens zu fördern. • Die Abfallmischung aus Wasser und Sand wird zu Absetzteichen geleitet. • Das Klärwasser wird recycled, und der abgetrennte Sand wird benutzt, um die Abbaugrube am Ende des Abbauprozesses - manchmal 30 Jahre nach Beginn der Produktion - wieder zu füllen. • Der gelagerte Mutterboden wird am Ende des Abbauprozesses wieder aufgetragen und bepflanzt. Abbildung 16: Schema der Teersandgewinnung im Tagebau. Eigene Darstellung, Quelle: Total.69 Vorteile des Tagebauverfahrens: • Hoher Entölungsgrad (91%) • Niedriger Energieverbrauch Nachteile des Tagebauverfahrens: • 69 Intensiver Landschaftseingriff Total 2007. 27 • Große boreale Nadelwaldflächen werden gerodet und große Erdmassen bewegt. Da sich in borealem Nadelwald Kanadas 22 % des weltweit gespeicherten Kohlenstoffs in Landökosystemen befindet (borealer Nadelwald speichert doppelt so viel Kohlenstoff wie Regenwald), können durch den Teersandabbau große Mengen Kohlenstoff freigesetzt werden70. • Methanemissionen können in den Schlammabsetzbecken der Teersandverarbeitung entstehen. • Für die Herstellung eines Liter Kraftstoffs aus Teersand werden bis zu 4,5 Liter Wasser verbraucht, und es entstehen bis zu 6 Liter giftige Schlämme, die in Absetzbecken gelagert werden. Die Gesamtfläche der Absetzbecken des heutigen Teersandabbaus in Kanada beträgt ca. 50 km2. Alle Prozessschritte der Teersandverarbeitung verursachen schwere Eingriffe und Umweltverschmutzungen der Gewässer (Flüsse, Grundwasser, Seen und Moore).71 • Neben den CO2-Emisionen werden noch große Mengen anderer Luftschadstoffe durch die vielen Prozessschritte der Teersandherstellung emittiert. 3.4.1.3 In-situ-Teersandgewinnung Ca. 90% der Teersandabkommen liegen deutlich tiefer als 75 m und müssen deswegen durch In-situ Verfahren abgebaut werden72. Es gibt thermische, nichtthermische, chemische und physikalische In-situ-Verfahren (siehe Tabelle 3) Thermische In-situVerfahren Nichthermische, chemische und physikalische Verfahren CSS VAPEX SAGD CHOPS THAI Tabelle 3: Übersicht der In-situ-Verfahren der Teersandförderung 70 International Boreal Conservation Campaign 2008 und 2009. Woods Hole Research Center, 2007. 71 Pembina Institute 2009 72 Woynillowicz et al. 2005 und Greenpeace 2008. 28 3.4.1.3.1 CSS Verfahren (Cyclic Steam Stimulation Mit dem CCS-Verfahren (Cyclic Steam Stimulation) kann tief liegender Teersand gefördert werden. Das Verfahren vermindert durch das Einpressen von heißen Dampf (300°C) die Viskosität des Bitumens. Durch wochenlangen hohen Dampfdruck von bis zu 11.000 Kilopascal werden störende Gesteinsschichten zerbrochen, so dass ein ungehinderter Fluss des Bitumens erreicht wird. Das verflüssigte Bitumen wird zusammen mit Wasser nach oben gepumpt. Vorteile des CSS-Verfahrens: • Gewinnung tief liegender Teersandvorkommen • Aufbrechen störender Gesteinsschichten • Geringere Rodung von Waldflächen und Landschaftsbelastung als beim Tagebau Nachteile des CSS-Verfahrens: • Geringer Entölungsgrad: bis 40% • Dampfinjektion mit hohem Druck und hohe Temperatur bedeuten einen hohen Energie- und Wasserverbrauch. • SOR (Steam–to-oil Ratio), wie viele Barrel Wasser zur Produktion eines Barrels Bitumen aufgewendet werden, je höher der SOR desto höher der Verbrauch) eines typischen CSS-Projekts: 3,5 (3,5 l Wasser für 1 l Öl). • Hohe CO2-Emissionen wegen großem Erdgasverbrauch 3.4.1.3.2 SAGD-Verfahren (Steam Assisted Gravity Drainage) Das SAGD-Verfahren (Steam Assisted Gravity Drainage) ermöglicht eine kontinuierliche In-situ Bitumenförderung. Es werden zwei horizontale parallele Rohre verwendet (siehe Abbildung 17). Das obere Rohr führt Dampf in die Teersandschicht und löst das Bitumen vom umgebenden Sand. Der Bitumen fließt wegen seines höheren spezifischen Gewichts nach unten und wird durch das Produktionsrohr abgepumpt. 29 Abbildung 17: Schema des SAGD-Verfahrens. Eigene Darstellung, Quelle: National Energy Board Canada.73 Vorteile des SAGD-Verfahrens: • Gewinnung tief liegender Teersandvorkommen • Kontinuierliche Bitumenförderung • Geringere Rodung von Waldflächen und geringere Landschaftsbelastung als beim Tagebau. Nachteile des SAGD-Verfahrens: • Da der Dampf mit geringerem Druck eingebracht wird, reicht er nicht aus, um überdeckende Gesteinformationen zu brechen. Bestimmte Ölvorkommen werden daher nicht erreicht. • Der Entölungsgrad ist mit 40-60% geringer als im Tagebau. • Der Wasserverbrauch ist sehr hoch (SOR: 3-8). • Hohe CO2-Emissionen wegen großen Erdgasverbrauchs 73 www.neb.gc.ca. 30 • Erdgas kann zwar durch MSAR (Multiphase Superfine Atomized residue) zu einem niedrig-kalorigen Heizgas des Upgrading-Prozesses substituiert werden. Der Primärenergieeinsatz verringert sich aber nicht, da für die MSAR-Produktion 15 - 18% des gewonnenen Bitumens verbraucht werden. Die MSAR-Verbrennung ist mit hohen Schadstoffemissionen (Schwefelverbindungen, Partikel und Stickoxide) verbunden. 3.4.1.3.3 THAI-Verfahren (Toe-to-Heel-Air-Injektion) Beim THAI-Verfahren (Toe-to-Heel-Air-Injektion) wird ein Teil des Teersandes unterirdisch verbrannt, um das Bitumen zu verflüssigen. Die THAI-Technologie befindet sich noch in der Erprobungsphase. Durch ein vertikales Injektionsrohr wird Luft in die Teersandlagerstätte eingeblasen und eine Verbrennungsfront geschaffen, bei der ein Teil des Bitumens verkokt wird. Der Verkokungsprozess bildet Gase mit einer Temperatur von 300-600°C, die die Viskosität des Bitumens verringern. Durch die Schwerkraft fließt das Bitumen zum Produktionsrohr, das unter der Verbrennungsfront liegt, und wird zusammen mit den anfallenden Gasen an die Oberfläche gepumpt. Abbildung 18: Schema des THAI-Verfahrens. Eigene Darstellung, Quelle: Greaves74. Vorteile des THAI-Verfahrens: • 74 Der Entölungsgrad ist mit ca. 80% deutlich höher als andere In-situ-Verfahren. Greaves 2006. 31 • Geringerer Wasser- und Erdgaseinsatz. • Die Verkokung schafft ein partielles Upgrading des Bitumens, da schwere Bestandteile in der Lagerstätte verbleiben. • Höhere Wirtschaftlichkeit durch den verminderten Erdgaseinsatz. Nachteile des THAI-Verfahrens: Vergleichsweise hohe CO2 -Emissionen durch die partielle Verbrennung des Bitumens in der Lagerstätte 3.4.1.3.4 Vapex-Verfahren Das Vapex-Verfahren (Vapor extraction) verwendet wie die SAGD-Technologie zwei parallele horizontale Rohre, pumpt aber anstelle von heißem Dampf gasförmige Lösungsmittel (Propan, Äthan oder Buthan) in die Teersandlagerstätte. Das Bitumen wird durch die Lösungsmittel ohne Wärmezufuhr flüssig. Das Verfahren befindet sich noch im Entwicklungsstadium. Vorteile des Vapex-Verfahrens: • Durch Substitution des heißen Dampfes durch Lösungsmittel können Energieeinsatz und Abhängigkeit von Erdgaspreisen deutlich reduziert werden • Die Kapitalkosten sind niedriger als bei thermischen In-situ Verfahren, da keine Dampferzeugungs- und Wasseraufbereitungsanlagen notwendig sind. • Durch den verminderten Energie- und Wassereinsatz sind die Betriebskosten nur halb so hoch wie die des SAGD Verfahrens • Die leichten Kohlenwasserstoffverbindungen werden durch den Einsatz der Lösungsmittel erhöht. Dadurch findet ein Upgrading75 des Bitumens bereits in der Lagerstätte statt. • Das Verfahren kann auch für gering-mächtige Ölsandvorkommen sowie andere Vorkommen, die für thermische Verfahren nicht geeignet sind, genutzt werden76. 75 „Upgrading“ ist der Prozess, um Bitumen zu synthetischem Rohöl umzuwandeln. Dabei werden langkettige Kohlenwasserstoffe durch Temperatur, Katalysatoren und Wasserstoff-Zugabe (zur Erhöhung des Wasserstoff-zuKohlenstoff-Verhältnisses) aufgespalten. Das Bitumen wird während des „Upgrading“ außerdem vom Schwefel befreit. 76 Ölsandvorkommen können z.B. aufgrund der hohen Wassersättigung, geringer Porosität oder geringer thermischer Leitfähigkeit nicht für thermische Verfahren geeignet sein. 32 Nachteile des Vapex-Verfahrens: • Der Entölungsgrad ist im Vergleich zum thermischen In-situ-Verfahren geringer • Der Ertrag pro Produktionsanlage ist geringer als bei dem thermischen In-situVerfahren • Das Verfahren ist noch nicht technisch ausgereift 3.4.1.3.5 CHOPS-Verfahren (Cold Heavy Oil Production with Sand) Teersandvorkommen mit geringerer Viskosität können auch mit dem CHOPS-Verfahren gefördert werden. Bei dieser Technologie wird ohne Wärmezufuhr das Öl zusammen mit dem Sand gefördert und erst oberirdisch vom Sand gelöst. Vorteile des CHOPS-Verfahrens: • Geringerer Energieeinsatz, dadurch geringere Förderkosten und CO2 -Emissionen • Der Untergrund wird durch die Sand-Ölförderung durchlässiger und damit der Ertrag anschließender thermischer Entölungsverfahren erhöht. Nachteile des CHOPS-Verfahrens: • Kann nur bei Teersandvorkommen mit geringerer Viskosität und nicht bei reinen Bitumenvorkommen angewendet werden • Der geförderte Sand muss zusammen mit den anfallenden Schadstoffen umweltfreundlich entsorgt werden 3.4.1.4 Abschließende Bewertung aller In-situ Verfahren im Vergleich zum Tagebau Die Flächenzerstörung durch In-situ ist geringer als durch den Tagebau. Für die Infrastruktur der Bohrarbeiten, des Öltransport und –weiterverarbeitung werden aber ebenfalls große boreale Nadelwaldflächen gerodet. Konservative Schätzungen erwarten eine Abholzung von ca. 10 % der Teersandfläche durch den zukünftigen In-situ-Abbau77. 3.4.1.5 Upgrading des Bitumens (Veredelung) Aus dem Bitumen werden zwei dem konventionellen Erdöl ähnliche Produkte hergestellt 1. Verdünntes natürliches Bitumen („blended bitumen“): 77 Schneider & Dyer 2006. 33 Das Bitumen wird mit leichten Kohlenwasserstoffverbindungen verdünnt. Das Endprodukt hat aber einen verringerten Marktwert, da nur wenige Raffinerien es weiterverarbeiten können. 2. Synthetisches Bitumen Die im Bitumen enthaltenen Schwefelverbindungen, Schwermetalle und die schweren kohlenstoffreichen Verbindungen werden abgeschieden. Ein Hydrotreating-Verfahren reichert das Öl mit Wasserstoff an. Das Endprodukt hat einen höheren Marktwert, weil es für Raffinerien besser geeignet ist. Für den Veredelungsprozess, vor allem die Erzeugung des Wasserstoffs, wird aber viel Energie benötigt. 3.4.2 Gewinnung von Kraftstoff aus Schwerstöl Für die Gewinnung von Schwerstöl78werden mittlerweile dieselben In-situ-Verfahren wie im Teersandabbau angewendet. Schwerstöl weist gegenüber Bitumen eine geringere Viskosität auf und ist daher leichter zu fördern79. In Venezuela, dem Land mit den größten Schwerstölvorkommen weltweit (ca. 50 %), erhöhen außerdem die höheren ReservoirTemperaturen (Durchschnitt 50°C) die Fließfähigkeit des Schwerstöls. In Venezuela werden deswegen auch Verfahren der sogenannten kalten Produktion verwendet. Die Ausbeutungsrate der kalten Produktion ist mit ca. 8 - 12% aber sehr gering. Die heutige Schwerstölproduktion Venezuelas von ca. 0,6 Mio Barrel pro Tag (220 Mio. Barrel Jährlich) ist im Vergleich zu den insgesamt förderbaren Erdölresourcen des Landes von über 300 Mrd. Barrel sehr klein80. In den nächsten 10 Jahren wird die Schwerstölförderung Venezuelas aber stark ausgeweitet werden. Durch chinesische und russische Investitionen wird die Förderung bis 2012 um 0,9 Mio. Barrel/Tag gesteigert81. Außerdem hat die venezulanische Regierung drei Projekte im Carabobo-Feld mit je 0,4 Mio. Barrel pro Tag ausgeschrieben, die nach Schätzungen von Analysten in 5 Jahren mit der Produktion beginnen82. Durch die geplanten Projekte wird sich die Schwerstölproduktion Venzuelas auf 2,7 Mio. Barrel vervierfachen. Diese Entwicklung steht im starken Gegensatz zu der Prognose der EWG, dass die Schwerstölproduktion Venezuelas bis 2030 nicht ausgeweitet wird83. 78 Definition von Schwerstöl sieheTabelle 2 79 BGR 2009. 80 Technisch förderbare Erdölmenge der gesamten Schwerstölressourcen (ca. 20 % der In-Place-Menge) 81 AFP 2009a. 82 Reuters 2009. 83 Vgl. Schindler und Zittel 2008. 34 3.4.3 Gewinnung von Kraftstoffen aus Ölschiefer Ölschiefer ist ein unreifes Erdölmuttergestein, das noch nicht die geologische Entwicklung durchlaufen hat, um Erdöl zu bilden. Das im Ölschiefer enthaltene organische Material, so genanntes Kerogen, unterscheidet sich von konventionellem Erdöl durch den höheren Gehalt an Sauerstoffverbindungen84. Die Gewinnung von Kraftstoffen aus Ölschiefer ist sehr aufwendig, da das organische Material in fein verteilter Form in Poren des Gesteins eingeschlossen ist und nur durch thermische Behandlung extrahiert werden kann. Ölschiefer wird zwar seit mehr als 160 Jahren abgebaut und verarbeitet. Die wirtschaftliche Nutzung war aber nur durch finanzielle und politische Unterstützung möglich85. Heute wird nur noch in Estland, im Leningrader Becken, in Südchina und Brasilien Ölschiefer in größeren Mengen gefördert. Kraftstoffe aus Ölschiefer werden in diesen Ländern aber nur in geringen Mengen produziert86. Experten erwarten, dass mehr als 10 Jahre Entwicklungszeit bis zur ersten großindustriellen Kraftstoffproduktion aus Ölschiefer notwendig sind87. Ölschiefer wird bislang nur im Tage- und Untertagebau abgebaut. In-situVerfahren befinden sich noch in der Forschungs- und Pilotphase. Bei den Bergbauverfahren wird das ölschieferhaltige Gestein gesprengt, abgetragen und zerkleinert. Danach kann das Material entweder direkt, wie in Estland, zur Stromerzeugung verbrannt oder durch Verkokung oder Verschwelung zu höherwertigen Kohlenwasserstoffen weiterverarbeitet werden. Dafür werden Schwelreaktoren, sogenannte Retorten, mit nachgeschalteten Destillationsanlagen eingesetzt. Durch die Verschwelung wird der Ölschiefer auf 300 bis 500 °C erhitzt und das Kerogen in ein Gasgemisch umgewandelt, das durch Abkühlung zu einem Schwelöl kondensiert88. Bei den In-Situ-Verfahren werden der Ölschiefer in der Lagerstätte verschwelt und die Schwelgase abgepumpt. Es gibt verschiedene Verfahren zur In-Situ-Verschwelung, u.a. Versuche in den USA mit der elektrischen Aufheizung des Gesteins. 3.4.4 Gewinnung von Kraftstoffen aus Kohle und Erdgas (CTL-Coal to Liquid, GTLGas to Liquid) Kohle kann genauso wie Teersand und Ölschiefer mit Bergbau- und In-situ -Verfahren abgebaut und zu Kraftstoffen verarbeitet werden. Bei den Bergbauverfahren wird Kohle im Tage- oder Untertagebau abgebaut und dann in mehreren Verfahrensschritten zu flüssigen Kraftstoffen umgewandelt. Bereits seit mehr als 80 Jahren wird die Vergasung von Kohle und die Verflüssigung mit dem Fischer-Tropsch-Verfahren (FT-Verfahren) angewendet. 84 BGR 2009. 85 Porath 1999. 86 BGR 2009. 87 Bartis 2006. 88 BGR 2009. 35 Die CTL-Technologie wurde vor allem in Südafrika weiterentwickelt, und 1955 wurde die Kraftstofferzeugung aus Kohle begonnen. Die heutige Produktion beträgt 150.000 Barrel/Tag89. Eine weitere Möglichkeit, aus Kohle Kraftstoffe herzustellen, ist die Direktverflüssigung. Ein Beispiel dafür ist das Bergius-Pier-Verfahren. Nach diesem Verfahren wird Kohle mit hohem Druck und Katalysatoren zu Kraftstoffen hydriert90. Die Treibhausgasemissionen der gesamten Verfahrenskette der Direktverflüssigung entsprechen ungefähr der Bilanz der Vergasungs- und Fischer-Tropsch-Verfahren91. In China wurde Ende 2008 die weltweit erste nach dem 2. Weltkrieg gebaute Direktverflüssigungsanlage eingeweiht92. Kohle kann auch ohne Bergbauverfahren abgebaut werden, indem die Kohle In-situ, d.h. in der Lagerstätte vergast wird (Underground-Coal-Gasification-UCG). Das UCG-Verfahren funktioniert ähnlich wie das THAI-In-situ-Verfahren zur Produktion von Teersand. Die Kohle wird durch ein Gemisch aus Sauerstoff und Wasserdampf entzündet, das in den Kohleflöz durch Bohrungen gepumpt wird (siehe Abbildung 19 und Abbildung 20). Durch das mit 80 bar einströmende Gemisch wird eine kontrollierte Vergasung der Kohle in dem Flöz erreicht. Das unter Tage entstehende Gas wird durch eine vertikale Bohrung an die Erdoberfläche transportiert. Das Gas mit einem Heizwert von ungefähr 3 kWh/m³ enthält ca. 32 % Wasserstoff, 17 % Methan, 16 % Kohlenmonoxid und 35 % Kohlendioxid93. Das UCG-Verfahren ist keine neue Technologie, sondern wurde in der ehemaligen Sowjetunion über 50 Jahre lang angewendet94. Eine Anlage ist immer noch in Betrieb. In den letzten Jahren hat das Interesse am UCG-Verfahren weltweit zugenommen95. Mehrere Pilotprojekte gibt es in Australien, China, Südafrika, Russland und Kanada. In Indien, USA, Vietnam und Neuseeland sind weitere Projekte geplant96. Die Projekte sind vor allem für die Stromerzeugung vorgesehen. Pläne für die Kraftstofferzeugung aus UCG-Gas gibt es bisher nur von Linc Energy in Australien (GTL) und der Hebei Xin’ao Group in China (Methanol)97. In Deutschland hat die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen 2008 ein UCG-Forschungsprojekt begonnen, um geologische und technologische Aspekte des Verfahrens und die CO2Speicherfähigkeit der ausgebrannten Flöze zu untersuchen98. 89 BGR 2009. 90 Behrendt, F. et al. 2006 91 America's Energy Future Panel on Alternative Liquid Transportation Fuels, National Academy of Sciences, National Academy of Engineering und National Research Council 2009. 92 IEA 2008a. 93 Courtney 2008. 94 Shafirovich et al. 2008. Kempka et al. 2009. 95 Lawrence Livermore National Laboratory 2007. 96 Shafirovich et al. 2008. UCG Partnership 2009. http://www.ucgp.com/ 97 Linc Energy 2009. Shafirovich et al. 2008 98 Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen 2008. 36 Abbildung 19: Prozessschema der In-situ-Kohlevergasung. Eigene Darstellung nach Kempka et al. 200999. Abbildung 20: Verlauf der Injektions- und Produktionsbohrungen der In-situ-Kohlevergasung. Eigene Darstellung nach Kempka et al. 2009100 99 Kempka et al. 2009. Kempka et al. 2009. 100 37 Die In–Situ-Verfahren wie UCG profitieren von der Weiterentwicklung der Bohrtechnologie für die Gewinnung von unkonventionellem Erdgas, die vor allem in den USA stattfindet101 (siehe Kapitel 3.2.2). Durch diese Erfahrungen und technologischen Fortschritte kann die UntertageVergasung von Kohle verbessert und Kohle in Tiefen von über 1000 m erreicht werden102. Auch für die Verflüssigung von Erdgas wird das Fischer-Tropsch-Verfahren (FT-Verfahren) angewendet. Die Welt-GTL-Produktion von 50.000 Barrel/Tag findet vor allen in drei Anlagen statt: Sasol in Südafrika, Shell in Malaysia und Oryx in Qatar103. 4 Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe 4.1 Treibhausgasemissionen unkonventioneller fossiler Kraftstoffe Der Vergleich der Treibhausgasbilanzen verschiedener fossiler Kraftstoffe zeigt, dass die Emissionen unkonventioneller Kraftstoffe bis zu zweieinhalb Mal so hoch wie konventionelle Kraftstoffe sind (s. Abbildung 21 und Tabelle 4)104. Am schlechtesten schneiden Kraftstoffe aus Kohle ab. GTL aus Synthesegas der Untertage-Kohlevergasung (Underground Coal Gasification) hat die schlechteste Klimabilanz mit fast 830 g CO2eq/kWh. Die Produktion von Kraftstoffen aus Ölschiefer führt im Vergleich zu konventionellen Kraftstoffen zu Treibhausgasemissionen, die um 30 bis 75 % höher liegen105. Die Treibhausbilanz von In-situ-Verfahren, die mit geringen Temperaturen Kraftstoffe aus Ölschiefer erzeugen, ist mit der Teersandgewinnung vergleichbar. Wegen der fehlenden großtechnischen Anwendung ist die Datenverfügbarkeit für die Berechnung der Treibhausgasbilanzen der Ölschieferverarbeitung aber noch schlecht. Die Emissionen werden sehr stark vom Ölgehalt des Sedimentgesteins abhängen, der weltweit zwischen 2,5 und 41 % schwankt106. Außerdem beeinflußt die Zusammensetzung der Carbonate des Begleitgesteins die CO2 -Emissionen107. Nach einer Untersuchung von Sundquist und Miller können Prozesstemperaturen bei der Kraftstoffherstellung aus Ölschiefer zwischen 700 und 1.100 Grad das carbonatische Begleitgestein komplett zersetzen und zu sehr hohen CO2Emissionswerten zwischen 880 und 1.400 g CO2eq/kWh Kraftstoff führen108. Die Ölschiefernutzung zur Stromerzeugung in Estland belegt die Probleme des hohen Carbonatabbaus. Im Vergleich mit Strom aus Kohle führt die heutige Schieferverbrennung in Estland zu 60 % höheren CO2-Emissionen (1.600 g CO2eq/kWh)109. Die Ölschieferverarbeitung führt aber auch mit modernsten Technologien zu Emissionen, die bis zu 75 % höher als bei konventionellem Erdöl sind. 101 vgl. BGR 2009. Nucoal 2009 http://www.nucoalenergy.ca/news/109/ 103 IEA 2008a. 104 Als Vergleichswert dient der deutsche Dieselreferenzwert von GEMIS 4.5. 105 Brandt 2007a,b,c. 106 Porath 1999. 102 107 Sato & Enomoto 1998. 108 Sundquist & Miller 1980. Das Begleitgestein ist reich an kohlenstoffhaltigen Mineralien wie Calciumcarbonat. 109 European Academies Science Advisory Council 2007. 38 Der Vergleich des GTL-Kraftstoffs Kraftstoffs aus konventionellem Erdgas mit GTL aus Erdgas in den USA zeigt, wie stark die Treibhausgasbilanz von GTL von den Vorketten abhängt.. Durch den hohen Anteil von unkonventionellem Erdgas in den USA (Tight Gas, Shale Gas, Coal Bed Methane) verschlechtert sich die Treibhausgasbilanz um 33 % gegenüber konventionellem Erdöl. GTL– Kraftstoff aus konventionellem Erdgas führt dagegen nur zu 13 % höheren Emissionen. Dieselreferenzwert Deutschland Kraftstoff aus: Bandbreite GTL Underground Coal Gasification UCG Coal-to-Liquid Liquid (CTL) Ölschiefer (Tagebau Green River USA) Ölschiefer Shell In In-Situ Teersand GTL Erdgasmix USA 2002 Schwerstöl Enhanced oil recovery Erdöl Nigeria GTL Erdgas konventionell Europa Erdöl Mexico Erdöl Malaysia Offshore 6000 m Tiefe Onshore 6000 m Tiefe Diesel Deutscher Importmix 0 200 400 600 800 CO2eq/kWh Abbildung 21: Treibhausgasemissionen emissionen fossiler Kraftstoffe (WTW). (WTW). Quelle: Eigene Berechnung. 39 Differenz zu Dieselreferenzwert Deutschland (GEMIS 4.5) min. max. (g CO2eq/kWh) min. max. Kraftstoffe aus: GTL Underground Coal Gasification UCG110 Coal-to-Liquid (CTL)111 775 827 +132% +164% 734 802 +134% +156% Ölschiefer (Tagebau Green River USA)112 449 554 +43% +77% 404 388 488 428 421 411 405 +29% +24% +29% +18% +11% +56% +37% +34% +31% +29% 358 383 368 +11% +17% +11% +14% 22 % +14% 465 +5% +49% 424 +6 % +345% 449 +20% +43% Ölschiefer Shell In-situ113 Teersand114 GTL Erdgasmix USA 2002115 Schwerstöl116 Enhanced oil recovery117 GTL Erdgas konventionell Europa118 Erdöl Nigeria119 Erdöl Mexiko120 Erdöl Malaysia121 Onshore 6.000 m Tiefe122 405 371 346 346 367 348 328 332 123 Offshore 6.000 m Tiefe 374 Vergleichswert: Diesel 313 deutscher Importmix 124 Tabelle 4: Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe (Well to Wheel – WTW-Emissionen). Quelle: Eigene Berechnung. 110 Eigene Berechnung nach CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008, Courtney 2008, Armendariz 2009. 111 CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008 112 Brandt 2007b,c. 113 Brandt 2007a,b 2008c. 114 Farrel & Brandt 2006. 115 Eigene Berechnung nach CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008, NETL 2008. 116 NETL 2009b. 117 Farrel & Brandt 2006. 118 CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008 119 NETL 2009b 120 NETL 2009b 121 Eigene Berechnung nach Talisman 2008 und NETL-Baseline. Die Treibhausgasemissionen der Erdölförderung von Talisman in Malaysia sind durch den hohen Anteil von CO2 im Erdölbegleitgas mit 159 g CO2eq/kWh mehr als fünfmal so hoch wie die UK-Emissionen von Talisman. 122 Keesom et al. 2009. Annahme Wasser-Erdölverhältnis (Water to oil ratio-WOR) 25:1. 123 Keesom et al. 2009. Annahme WOR 25:1. 124 GEMIS 4.5 40 4.2 Treibhausgasemissionen konventioneller fossiler Kraftstoffe Der Vergleich der verschiedenen Bilanzen zeigt, dass die Bandbreite der Treibhausgasbilanzen konventioneller Kraftstoffe sehr groß ist und von folgenden Parametern beeinflußt wird: • Tiefe der Erdölfelder • Wasser-Erdölverhältnis (Water-to-oil-ratio-WOR): Wasseranteil im geförderten Erdöl • Einsatz von verbesserten Fördertechnologien • Abfackeln von Erdölbegleitgas (Flaring) • Abblasen von unverbrannten Erdölbegleitgas (Venting) • Viskosität des Erdöls • Schwefelgehalt des Erdöls 4.2.1 Tiefe der Erdölfelder und Wasser-Erdölverhältnis Mit zunehmender Tiefe der Erdölfelder und größerem Wasser-Erdölverhältnis steigen die Treibhausgasemissionen der Erdölförderung. Jacobs Consultancy hat in einer 2009 veröffentlichten Studie die Auswirkungen verschiedener Parameter der Erdölförderung auf die Emissionsbilanz untersucht125. Die Ergebnisse der Analyse der Parameter Tiefe und WasserErdölverhältnis sind in Abbildung 22 und Abbildung 23 dargestellt. Abbildung 22 zeigt, dass bei einem Wassergehalt von 0 % (WOR 0:1) sich die größere Tiefe der Erdölvorkommen noch nicht sehr stark auf die Emissionen auswirkt. Mit steigendem Wassergehalt des geförderten Erdöls zeigen sich aber deutliche Unterschiede. Bei einem Wasser-Erdölverhältnis von 10:1 sind die Treibhausgasemissionen der Erdölförderung eines 6.000 m tiefen Feldes zum Beispiel fast doppelt so hoch wie die eines 1.500 m tiefen Feldes. Im gleichen Verhältnis wirkt sich der WOR-Anstieg aus: • Bei dem 1.500 m tiefen Feld verdoppeln sich die Emissionen durch einen Anstieg des Wasser-Erdölverhältnis von 0:1 zu 10:1. • Bei dem 6.000 m tiefen Feld vervierfachen sich die Emissionen bei der gleichen Verschlechterung des Wasser-Erdölverhältnisses. Abbildung 23 zeigt, wie sich die Emissionen der Pumparbeit, der Wasserinjektion, der Wasseraufbereitung und des sonstigen Energieverbrauchs durch die steigende Tiefe und das steigende Wasser-Erdölverhältnis erhöhen. Für den Vergleich der Treibhausgasbilanzen verschiedener fossiler Kraftstoffe (Abbildung 21 und Tabelle 4) ist ein Onshore- und ein Offshorefeld mit einer Tiefe von 6.000 m und einem 125Keesom et al. 2009 41 Wasser-Erdölverhältnis von 25:1 dargestellt. Die Emissionen der beiden Beispiele sind bis zu 34 % bzw. 42 % höher als der deutsche Dieselreferenzwert von GEMIS. Die Treibhausgasemissionen von Onshore- und Offshorefeldern können aber noch höher steigen, da die Beispielfelder nicht die extremsten Parameter aufweisen. Das Tahiti-Feld von Chevron im Golf vom Mexiko ist mit über 10.000 m Tiefe das zur Zeit am tiefsten erschlossene Offshorevorkommen. Der neueste Fund von BP im Golf von Mexiko, das Tiber-Feld, ist sogar 10.700 m tief126. Das Tupi-Feld vor der Küste Brasiliens befindet sich in 7.000 m Tiefe. Das Wasser-Erdölverhältnis kann bis zu 50:1 steigen.127 Viele ältere Erdölfelder können einen WOR größer als 20:1 aufweisen128. Bei der Berechnung der beiden Beispielfelder berücksichtigt diese Studie außerdem nicht die Veränderung weiterer Parameter, wie z.B. den Anstieg der Erdölbegleitgasmenge und den Anteil von CO2 im Erdölbegleitgas129. g CO2eq/kWh 180 160 9.000 m 140 120 6.000 m 100 80 3.000 m 60 40 1.500 m 20 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10111213141516171819202122232425 Wasser-Erdöl-Verhältnis Barrel Wasser/Barrel Erdöl Abbildung 22: Auswirkungen des Wasser-Erdölverhältnisses und der Tiefe des Erdölfeldes auf die CO2-Intensität der Erdölförderung. Eigene Berechnung nach Keesom et al.130 126 BP 2009c. 127 Maersk Oil 2008. 128 Keesom et al. 2008 129 Ebd. 2008, Talisman 2008. Die Treibhausgasemissionen der Erdölförderung von Talisman in Malaysia sind durch den Anteil von CO2 im Erdölbegleitgas mit 159 g CO2eq/kWh mehr als fünfmal so hoch wie ihre UK-Emissionen. 130 Keesom et al. 2008 42 Abbildung 23: Spezifische Treibhausgasemissionen der Erdölförderung bei unterschiedlichen Wasser-Erdölverhältnissen und Tiefen der Erdölfelder. Eigene Darstellung nach Keesom et al.131. Zukünftig werden Tiefseevorkommen an Bedeutung gewinnen, wie die jüngsten Erdölfunde im Golf von Mexiko und vor den Küsten Brasiliens und Afrikas zeigen. Offshoreerdölfelder tragen bereits zu einem Drittel zur Weltölproduktion bei132. Nach Llewelyn sind davon 15 % Tiefseevorkommen133. Mit der Ausbeutung der Tiefseefelder sind sehr große technische Herausforderungen verbunden, wie z.B. die Durchdringung einer fast 2.000 m dicken Salzschicht beim Tupi-Feld. Aber auch Onshore wird immer tiefer gebohrt. In Russland hat sich z.B. die durchschnittliche Bohrtiefe seit 1960 auf heute 3.000 bis 4.000 m verdoppelt. Zukünftig werden Tiefen von 5.000 bis 6000 m erwartet134. Nach IHS und Credit Suisse liegen etwa 30 % der weltweiten verbleibenden Erdölreserven tiefer als 3.000 m135. Auch das Wasser-Erdölverhältnis wird sich weltweit weiter verschlechtern, weil mit zunehmendem Alter der Felder der Erdölanteil der Fördermenge abnimmt und der Wasseranteil steigt136. In Kanada ist z.B. der WOR der Erdölproduktion in der Provinz Alberta in den letzten Jahren stark gestiegen und alleine zwischen 2000 und 2003 von 11,6 auf 14,8 gewachsen137. 131 Keesom et al. 2008. 132 IEA 2008a. 133 Llewelyn zitiert in Chang 2007. David Llewelyn ist Ölexperte von Crondall Energy Consultants 134 Matveichuk 2005. 135 Sandrea & Sandrea 2007 136 Maersk Oil 2008. 137 Hawkins und Singhal 2004. 43 4.2.2 Einsatz von verbesserten Fördertechnologien Wie bereits im Kapitel 2.2 beschrieben, werden verbesserte Fördermethoden (Enhanced oil recovery –EOR) eingesetzt, um die Ausbeutungsrate der Erdölfelder zu erhöhen. Die folgende Tabelle zeigt, dass sich durch Wasser- und Gasinjektion die Emissionen der Erdölförderung verdreifachen und durch Dampfinjektion sogar mehr als vervierfachen. Auf die WTWEmissionen bezogen ergibt nach den Werten von Farrel & Brandt 2006 eine Steigerung um bis 30 % gegenüber dem deutschen Dieselreferenzwert (s. Abbildung 21 und Tabelle 4138). Treibhausgasemissionen Primäre Fördermethoden Wasserinjektion Gasinjektion Dampfinjektion (TEOR) g CO2eq/kWh 15,52 20,45 46,3 68,00 Tabelle 5: Vergleich der Treibhausgasemissonen verschiedener Fördermethoden. Eigene Berechnung nach CARB 139 Zukünftig wird die Bedeutung von verbesserten Fördertechnologien zunehmen, weil der Anteil abnehmender Erdölfelder an der Gesamtproduktion weiter steigen wird (s. Kapitel 2.3). Damit wird auch der Energiebedarf für die Erdölförderung weiter wachsen. CERA (Cambridge Energy Research Associates) nennt daher die Erdölförderung von Feldern, die bereits ihren Förderhöhepunkt überschritten haben, ein „Energy Intensity Dilemma“140. Ein Beispiel, wie sich die spezifischen Treibhausgasemissionen der Erdölförderung von abnehmenden Feldern zukünftig entwickeln, ist die Prognose der Universität von Calgary für Kanada. Die Energieexperten der Universität erwarten bis 2020 eine Verdreifachung der Kohlenstoffintensität der Förderung leichter und mittelschwerer Erdölsorten in Kanada gegenüber dem durchschnittlichen Emissionswert von 2000141. Der Anstieg der Treibhausgasintensität alter Erdölfelder ist bereits sehr deutlich in der Nordsee zu beobachten. Die Treibhausgasemissionen der Talisman-Erdölförderung in Großbritannien sind in den letzten 5 Jahren um 60 % auf 30 g CO2eq/kWh gestiegen142. Die Entwicklung bei BP in der Nordsee ist sehr ähnlich: Die Treibhausgasintensität der BP-Nordseefelder hat von 2004 bis 2008 ebenfalls um fast 60 % zugenommen (Abbildung 24 und Abbildung 25)143. Werden zusätzlich indirekte Effekte berücksichtigt, ist sogar ein Anstieg der spezifischen Emissionen von Nordseeerdöl von 80 % in den letzten 4-5 Jahren festzustellen144: Mit der Annahme, dass ein Großteil der Treibhausgasemissionen auf die Nutzung von Erdgas zur Energieversorgung der Erdölplattformen zurückzuführen ist, müssen Substitutionseffekte in die Berechnung einfließen. Das auf den Plattformen verbrauchte Erdgas kann nämlich nicht mehr in das britische Erdgasnetz einfließen und muss durch importiertes verflüssigtes Erdgas (LNG) ersetzt werden. Dadurch müssen bei der Treibhausgasberechnung von Erdöl nicht nur 138 Farrel & Brandt 2006. Zum Energieverbrauch von EOR siehe auch Petroleum Economist 2009, IEA 2008a. BGR 2009. 139 CARB 2009. 140 Markwell 2009. 141 Timilsina 2006. 142 Talisman 2009. 143Eigene Berechnung nach BP North Sea 2009, BP 2009b und European Comission 2009. 144 Eigene Berechnung nach BP North Sea 2009,BP 2009b und European Commission 2009. 44 die reinen Verbrennungsemissionen von Erdgas, sondern auch die Vorkettenemissionen der LNG-Nutzung Nutzung berücksichtigt werden. BP Abbildung 24:: Entwicklung der Erdölproduktion und der Treibhausgasemissionen der BPErdölproduktion in der Nordsee145 Abbildung 25:: Entwicklung der CO2-Intensität der BP-Erdölproduktion Erdölproduktion in der Nordsee146 145 Eigene Berechnung nach BP North Sea 2009, BP 2009b und European Comission 2009. 146 Eigene Berechnung nach BP North Sea 2009, BP 2009b und European Comission 2009. 45 4.2.3 Abfackeln von Erdölbegleitgas (Flaring)-Abblasen von unverbranntem Erdölbegleitgas (Venting) Das Abfackeln von Erdölbegleitgas (Flaring) und das Abblasen von unverbranntem Erdölbegleitgas (Venting) führt global zu sehr hohen Treibhausgasemissionen. Weltweit werden nach einer Studie der Weltbank etwa 150 Mrd. m³ Erdölbegleitgas verbrannt, die zu 400 Mio. t CO2-Emissionen führen147. Die globalen Abfackelungsmengen haben sich nach Angaben der Weltbank in den letzten 15 Jahren kaum verändert148. Es wurden zwar in einigen Ländern Fortschritte erzielt, in anderen Ländern wie Russland sind aber die Flaring-Mengen stark gewachsen. Auch in anderen Regionen sind Zuwächse zu beobachten. So haben z.B. die spezifischen Abfackelungsmengen von BP in den letzten 4 Jahren in der Nordsee um etwa 70 % zugenommen149. Weltweit sind die gesamten BP-Abfackelungsmengen in den letzten 4 Jahren um 25 % gestiegen150. Nigeria fackelt mit 16,8 Mrd. m³ die zweitgrößte Menge an Erdölbegleitgas nach Russland ab151. Die Menge entspricht 15% des jährlichen Erdgasverbrauchs Deutschlands. Die Abfackelungsmengen in Nigeria führen zu 20 % höheren Emissionen im Vergleich zum deutschen Dieselreferenzwert (s. Abbildung 21 und Tabelle 4). Zu den Abfackelungsmengen kommen noch weltweit große Mengen unverbrannt abgeblasenes Erdgas, die nach Schätzungen der EPA globale Treibhausgasemissionen von etwa 60 Mio. t CO2eq verursachen152. Nach BGR und Jacobs Consultancy sind die weltweiten VentingMengen aber kaum erfasst. Beim Erdölbegleitgas muss zum Beispiel die unterschiedliche Zusammensetzung berücksichtig werden153. So führt der hohe Anteil von CO2 im Erdölbegleitgas zu sehr hohen Emissionen, wie z.B. bei dem Talisman-Erdölfeld in Malaysia, das eine noch schlechtere Treibhausgasbilanz als Teersand aufweist (s. Abbildung 21 und Tabelle 4) 154 . Neben Malaysia haben auch Erdölvorkommen in Thailand, Indonesien, Vietnam and China hohe CO2-Mengen, die normalerweise abgeblasen werden155. Außerdem müssen bei der Berechnung der Methanemissionen die Vorketten des Erdgases berücksichtigt werden, das für die Erdölförderung und –verarbeitung eingesetzt wird. Dadurch ergeben sich mit dem CH4-Baselinewert der USA für Dieselkraftstoff auf die globale Erdölproduktion hochgerechnet jährliche Treibhausgasemissionen von etwa 400 Mio. t CO2eq156. Die folgende Tabelle zeigt, wie sich unterschiedliche Venting-Annahmen und Berechnungmethodiken (NETL-Baseline und Jacobs Consultancy) auf die Bilanz von Diesel aus Russland im Vergleich zu verschiedenen Referenzwerten in Deutschland, der EU und der USA auswirken. 147 BGR 2009. 148 Elvidge et al. 2007. 149 BP North Sea 2009. 150 BP 2009e. 151 BGR 2009. 152 EPA 2006. 153 Keesom et al. 2008 154 Talisman 2009 155 Ebd. 2009 156 NETL 2009b. 46 Quelle WTWTreibhausgasemissionen g CO2eq/kWh Kraftstoff EU Default-Wert Diesel-/Ottokraftstoff EU-Kommission-EU-EE-Richtlinie 301,68 Deutschland Dieselkraftstoff GEMIS 4.5 313,02 NETL 328,44 Eigene Berechnung nach NETL-Baseline, Weltbank (Flaring), Öko-Institut (Venting) 347,63 Eigene Berechnung nach NETL-Baseline, Weltbank (Flaring), NETL (Venting) 363,39 USA Baseline Dieselkraftstoff Russland Dieselkraftstoff: Mittlere VentingMengen Russland Dieselkraftstoff: Hohe VentingMengen Russland Diesel Eigene Berechnung nach Jacobs (Arab kraftstoff: Mittlere Medium), Weltbank (Flaring), Ökoinstitut Venting-Mengen (Venting) Russland Dieselkraftstoff: Eigene Berechnung nach Jacobs (Arab Hohe VentingMedium), Weltbank (Flaring), NETL Mengen (Venting) Tabelle 6: Vergleich der Treibhausgasemissionen von Dieselkraftstoff aus Russland mit unterschiedlichen Referenzwerten157 375,95 391,71 157 GEMIS 4.5,UBA 2009, NETL 2009b. Keesom et al. 2009. Methodik für die Berechnung der WTW-Emissionen von Diesel aus Russland: Für die Berechnung aller WTW-Emissionen ohne Flaring und Venting wurden die Werte des USReferenzwertes von NETL und die Werte für Arab Medium von Jacobs Consultancy verwendet. Die API- und Schwefelwerte des durchschnittlichen Rohölinputs der USA-Raffinerien und von Arab Medium stimmen ungefähr mit den Eigenschaften von REBCO-Erdöl (Russian Export Blend Crude Oil) überein. USA-Durchschnitt: 30,2 API, 1,5 % Schwefel, Arab Medium: 31,1 API, 2,6 % Schwefel, REBCO: 31-32 API, 1,2 % Schwefel. Für die Flaring-Mengen werden die Werte von der Weltbank 2007 verwendet. Die Rechnungsgrundlage für die mittleren Venting-Mengen (CH4-Verluste durch Leckagen und Abfackeln) sind die Annahmen des Öko-Instituts mit einem Verhältnis der Venting- zur Flaring-Menge von etwa 1:30. Die Rechnungsgrundlage für die hohen Venting-Mengen sind die Annahmen von NETL für Nigeria mit einem Verhältnis der Venting- zur Flaring-Menge von etwa 1:10. 47 4.2.4 Viskosität und Schwefelgehalt des Erdöls Die folgende Abbildung zeigt, wie stark sich die Treibhausgasemessionen durch zunehmende Schwere (d.h. abnehmender API-Werte siehe Kapitel 3.4.1.1) und steigendem Schwefelgehalt erhöhen. Abbildung 26: Auswirkungen der Schwere und des Schwefelgehaltes von Erdöl: Prozentuale Abweichung von den durchschnittlichen Treibhausgasemissionen von Dieselkraftstoff in den USA. 158 Die Treibhausgasbilanz von Erdöl aus Mexiko zeigt, dass die Schwerölförderung und – verarbeitung zu Emissionssteigerungen von bis zu 16 % im Vergleich zum deutschen Dieselreferenzwert führt (s. Abbildung 21 und Tabelle 4). Die Treibhausgasemissionen durch die Förderung und Verarbeitung von schweren Ölen wird in Zukunft weiter steigen: • An der Weltölförderung wächst der Anteil schwerer, schwefelhaltiger Rohöle und sinkt der leichter schwefelarmer Sorten159, die schon jetzt nur noch 20 % der Welterdölproduktion ausmachen160. • Durch höhere globale Anforderungen an die Kraftstoffqualität (z.B. Reduktion von Schwefel und polyaromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK)) steigen Energieaufwand und die CO2 -Emissionen für die Raffinierung des Erdöls161. Nach EUROPIA wird der CO2 -Ausstoß der europäischen Raffinerien um 50 % steigen, um den Schwefel-Gehalt von Diesel zu reduzieren und die wachsende europäische Nachfrage nach Diesel zu decken.162 Auch in anderen Regionen führen strengere Kraftstoffrichtlinien zu erhöhten Treibhausgasemissionen. Szklo und Schaeffer163 erwarten z.B. einen 30 % Anstieg des CO2-Ausstoßes der brasilianischen Raffinerien, um die neuen Schwefelgrenzwerte einzuhalten. 158 Keesom et al. 2009. WT: Schwefelgehalt. 159 EID 2006, Greaves 2006. 160 Wood 2007 161 Szklo und Schaeffer 2006. 162 Euractiv 2008. 163 Szklo und Schaeffer2006. 48 • • Der wachsende Anteil schwerer und schwefelhaltiger Rohöle wird die steigende Tendenz des Wasserstoffverbrauchs zur Erdölverarbeitung weiter erhöhen. Der weltweit größte Anteil des Wasserstoffs wird derzeit durch Reformierung von Kohlenwasserstoffen, insbesondere aus Erdgas, hergestellt. Eine höhere Erdgasnachfrage durch den Erdölsektor wird die Treibhausgasemissionen der Erdgasproduktion erhöhen: o Die Produktion von unkonventionellem Erdgas wird sich verstärken. o Die Produktion von LNG bekommt weitere Anreize. Durch die Verflüssigung, den Transport und Wiederverdampfung steigen die CO2-Emissionen von LNG von 220 auf bis zu 340 CO2eq/kWh164. o Die Methan-Leckagen der Erdgasproduktion werden durch die steigende Erdgasproduktion weiter zunehmen. Nach Schätzungen der EPA führt der Erdgassektor bereits heute zu Methanemissionen von fast einer Milliarde Tonnen CO2eq. Durch die steigende Erdgasnachfrage erwartet EPA bis 2020 einen Anstieg der jährlichen Emissionen um 54 % auf 1,5 Mrd. t CO2eq165. Die Substitution von schwefelreichem Schweröl zur Stromerzeugung durch andere Energieträger wie Erdgas oder Erneuerbare Energien wird das Angebot der schweren und sauren Erdöle für den Gebrauch im Verkehrssektor weiter steigern166. 4.2.5 Auswirkungen der Ergebnisse auf den deutschen Referenzwert und die Emissionen der globalen Erdölförderung Die Bandbreite der Treibhausgasemissionen konventioneller fossiler Kraftstoffe im Kapitel 4.2 zeigt, dass der EU-Referenzwert für Diesel- und Ottokraftstoff mit 302 g CO2eq/kWh und der Dieselreferenzwert von GEMIS 4.5 mit 313 g CO2eq/kWh zu niedrig angesetzt sind. In Deutschland kommen fast 50 % der Erdölmengen aus Ländern mit den weltweit höchsten Abfackelungsmengen wie Russland, Kachsachstan, Nigeria und Angola. Außerdem kommen 25 % aus der Nordsee mit kontinuierlich steigenden Treibhausgasemissionen. Daher müßte der heutige deutsche Durchschnittswert für Dieselkraftstoff zwischen 335 und 360 g CO2eq/kWh liegen167. Für die globale Erdölproduktion und -verwendung ergeben sich durch die in Kapitel 4.2 dargestellte Bandbreite Treibhausgasemissionen in 2008 von 13,5 bis 15 Mrd. t CO2eq168. Die Emissionen von Erdöl liegen damit ungefähr in der Größenordnung der globalen Treibhausgasemissionen der Kohlenutzung von 14 bis 15 Mrd. t CO2169. Der Vergleich der 164 Bezogen auf den gesamten Lebenszyklus der Gasnutzung von der Förderung bis hin zu Verbrennung. 165 EPA 2006. 166 Gtai 2009 167 Unterer Wert mit NETL-Angaben und obererer Wert mit Jacobs Consultancy-Ergebnissen gerechnet. GEMIS 4.5,UBA 2009, NETL 2009b. Keesom et al. 2009. 168 Unterer Wert mit NETL-Angaben und obererer Wert mit Jacobs Consultancy-Ergebnissen gerechnet. GEMIS 4.5,UBA 2009, NETL 2009b. Keesom et al. 2009 169 Eigene Berechnung nach Ökoinstitut 2007 und IEA 2008b 49 reinen Verbrennungsemissionen von 10,8 Mrd. t bei Erdöl und 12,6 Mrd. t bei Kohle führt dagegen zu einer Unterschätzung der Klimabilanz des Erdölsektors170. 5 Produktionskosten fossiler Kraftstoffe Die Produktionskosten fossiler Kraftstoffe sind in den letzten 10 Jahren sehr stark gestiegen. Im 2008-Bericht der IEA haben sich gegenüber dem World Energy Outlook von 1998 z.B. die Kosten für Erdöl aus Teersand mehr als vervierfacht und für Tiefseeöl mehr als versiebenfacht171. Die EIA (Energy Information Administration) der USA hat in ihrem International Energy Outlook von 1998 einen Ölpreis von 30 Dollar/Barrel als ausreichend angesehen, um in 2020 2 Billionen Barrel unkonventionelles Erdöl wirtschaftlich zu fördern172. Die IEA gibt dagegen in 2008 Produktionskosten von bis zu 120 Dollar/Barrel für unkonventionelles Erdöl an173. Die Bandbreite der Produktionskosten konventioneller und unkonventioneller fossiler Kraftstoffe ist sehr groß. Die Abbildung 27 zeigt, dass CTL, GTL aus Erdgas und Kraftstoffe aus Ölschiefer mit Produktionskosten von bis zu 120 Dollar/Barrel die teuersten fossilen Kraftstoffe sind. Kraftstoff aus Teersand, Bitumen aus Venezuela und GTL aus UCG-Synthesegas haben dagegen geringere maximale Produktionskosten von bis zu 70 Dollar/Barrel. Die Produktion dieser unkonventionellen Kraftstoffe liegen unterhalb der höchsten Kosten für die verbesserte Ölausbeute bestehender Ölfelder (Enhanced Oil Recovery) und für Öl aus der Arktis. Die maximalen Produktionskosten von Tiefseeöl sind ungefähr so hoch wie die von GTL aus UCGSynthesegas. 170 IEA 2009. BP 2009f. 171 IEA 1998, IEA 2008a 172 EIA 1998 173 IEA 2008a 50 Abbildung 27: Produktionskosten fossiler Kraftstoffe174 174 Quellen: IEA 2008a, Bartis et al. 2008, Department of the Interior 2008, FEV & WI 2008, Courtney 2008, Rahman 2008, Linc Energy 2009, BGR 2009. 51 Die folgenden Faktoren verursachen den starken Anstieg der Produktionskosten in den letzten 10 Jahren und die große Bandbreite: • Die geologischen, geographischen und chemischen Eigenschaften der Ressourcenvorkommen beeinflussen in hohem Maße den Material- und Energieaufwand für die Gewinnung und Verarbeitung der Rohstoffe: o die Tiefe und Lage der Ressourcen (Off- oder Onshore, Infrastruktur: Verkehrsund Pipelinenetze) o der geologische Aufbau der Rohstofflagerstätten o die Eigenschaften des Begleitgesteins o die chemische Struktur der Kohlenwasserstoffe • Die Höhe der angenommenen Rendite beeinflußt sehr stark die gesamten Investitionskosten. Nach einer Studie von RAND ist z.B. CTL mit einem internen Zinssatz von 10 % schon ab 55 Dollar/Barrel wirtschaftlich, mit einem internen Zinssatz von 14 % aber erst ab 70 Dollar/Barrel175. • Die Produktionskosten erhöhen sich stetig176: • o Die Anzahl der Bohrtürme pro Erdölmenge ist in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen177 o Es muss immer tiefer gebohrt werden o Die durchschnittliche Erdölmenge pro Feld sinkt. Daher müssen immer mehr Felder für die gleiche Rohstoffmenge erschlossen werden o Für die Herstellung von unkonventionellen fossilen Kraftstoffen sind aufwendige Technologien notwendig. Der Aufwand für die Verarbeitung von Kohle und Ölschiefer zu Kraftstoffen ist noch größer als die Ölgewinnung aus Teersanden178. Die Materialkosten sind in den letzten 10 Jahren rapide gestiegen. Die Kosten pro Bohrturm sind zum Beispiel zwischen 2000 und 2008 um 120% gestiegen179. 175 Bartis et al. 2008: Reference-case CTL plant costs. High CTL plant cost case: 10 % interner Zinssatz: 65 Dollar/Barrel. 14 % interner Zinssatz: 90 Dollar/Barrel 176 Vgl. IEA 2008a 177 IEA 2008a 178 CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008, Brandt 2007b, Meyer-Renschhausen 2007. Teersande enthalten Bitumen, das ein degradiertes Erdöl ist. Der in Ölschiefern enthaltene flüssige Kohlenwasserstoff, sogenanntes Kerogen, ist eine Vorstufe des Erdöls. Daher ist der Aufwand, aus Kerogen Kraftstoffe herzustellen, höher als aus Bitumen. 179 IEA 2008a. 52 • Die Energiekosten beeinflussen vor allem die Kosten bei Kraftstoffen mit großem Energieinput für die Konversionsprozesse wie CTL, GTL und Kraftstoffe aus Ölschiefer und Teersand. Die folgenden Faktoren müssen dabei berücksichtigt werden: o Die Gewinnungs- und Abbaukosten des Rohstoffs variieren sehr stark : Die Gewinnung von Sweet Gas in Abu Dhabi kostet z.B. zwischen 0,3 und 0,5 $ct/kWh, die von Sour Gas dagegen 1,7 $ct/kWh. Die durchschnittlichen Gasgewinnungskosten in den USA betragen 1 $ct/kWh180, die Shale Gasproduktion kostet zwischen 1,4 und 1,7 $ct/kWh. o Der Marktpreis des Rohstoffs: Wenn die Energierohstoffe für die Kraftstofferzeugung auch in anderen Sektoren (Strom- und Wärmeerzeugung, chemische Industrie) eingesetzt werden können, muss neben den Rohstoffgewinnungskosten auch der Marktpreis des Rohstoffs berücksichtigt werden. Am Beispiel von GTL und CTL wird besonders deutlich, wie sich der Marktpreis des Energieträgers auf die Gesamtkosten auswirkt. o GTL: Mit den reinen Produktionskosten berechnet kostet GTL z.B. in Abu Dhabi nur 30 Dollar/Barrel181. Mit den durchschnittlichen Importkosten182 für Gas in Deutschland in 2008 sind dagegen die GTL-Produktionskosten mehr als dreimal so hoch (95 Dollar/Barrel). o Im Erdgasmarkt erschwert die wachsende Bedeutung von verflüssigtem Erdgas (LNG) die Realiserung von GTL-Projekten. Die LNG-Kapazität hat sich zwischen 2003 und 2009 auf über 300 Mrd. m³ versechsfacht183. Die Kapazität der Anladeterminals beträgt sogar fast das doppelte der Verflüssigungsanlagen184. o Weltweit ist bereits ein Viertel des grenzüberschreitend gehandelten Erdgases LNG185. Die IEA erwartet bis 2013 einen weiteren Zuwachs der weltweiten LNG-Kapazität um 50 %186. Im Gegensatz zu LNG ist die heutige GTL-Produktion sehr gering. Nur ca. 5 Mrd. m³ Erdgas wurden 2008 zu GTL verarbeitet, das sind weniger als 2 % der heutigen LNG-Menge187. Bis 2030 wird sich zwar die Erdgasmenge für GTL nach Schätzungen der IEA verzehnfachen. Die Menge bleibt aber im Vergleich zu LNG weiterhin sehr gering. Als Gründe nennt die IEA den höheren Investitionsbedarf, den größeren technologischen Aufwand und den größeren Energieinput188 im Vergleich zu LNG189. 180 CERA 2004 181 Eigene Berechnung nach CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008 und FEV & WI 2008. 182 Grenzübergangskosten 183 Eigene Berechnung nach BGR 2009, IEA 2008a, IEA 2003 184 Platts 2008 185 BGR 2009 186 IEA 2009 187 IEA 2008a 188 GTL: 1,4-1,7:1; LNG: 1,25:1 189 Vgl. Rahman 2008. 53 GTL aus UCG-Synthesegas (Underground Coal Gasification-UntertageVergasung) ist der günstigste unkonventionelle Kraftstoff, wenn nur die Gewinnungskosten in die Berechnung einfließen (vgl. Abbildung 2). 190 CTL: Die Rohstoffkosten für CTL liegen z.B. mit dem durchschnittlichen Kohlepreis der USA von 26 Dollar/Tonne in 2007 bei 12 Dollar/Barrel und mit dem durchschnittlichen deutschen Importpreis von 150 Dollar/Tonne in 2008 bei 60 Dollar/Barrel. Mit den hohen Rohstoffkosten in Deutschland würden die CTL-Kosten auf über 115 Dollar/Barrel steigen191. Der Marktpreis hängt neben den alternativen Nutzungsmöglichkeiten auch stark von der Transportfähigkeit des Rohstoffs ab. Nur Anthrazit, die Kohleform mit dem höchsten Kohlenstoffgehalt, und bituminöse Kohle werden über längere Strecken transportiert. Der Transport von Braunkohle und subbituminöser Kohle ist dagegen wegen des geringen Energiegehaltes dieser Kohlearten nicht wirtschaftlich192. o Die Verwendung großer Mengen extern erzeugter Energie: Zum Beispiel verteuern sich In-situ-Verfahren, die mit heißem Dampf das Bitumen der Teersände gewinnen, um 50 %, wenn der Gaspreis sich verdreifacht193. (Annahme: US-Gaspreis steigt vom heutigen Niveau - Sommer 2009: 1,37 $ct/kWh - wieder auf das Niveau vom Sommer 2008, 4,8 $ct/kWh). Die Kosten von energieintensiven Konversionsprozessen können durch Verfahren reduziert werden, die mit interner Wärmezufuhr arbeiten, d.h. die Energie desselben Rohstoffs nutzen. Ein Beispiel dafür ist das Toe-to- Heel- Air –Injection-Verfahren (THAI), das einen Teil des Teersandes unterirdisch verbrennt, um das Bitumen zu verflüssigen194 (siehe Kapitel 3.4.1.3). 190 Eigentlich müßte auch der Marktpreis des wasserstoffreichen Synthesegases (über 30 % Wasserstoff, über 15 % Methan) berücksichtigt werden, da es auch zur Strom- und Wärmeerzeugung und für die Herstellung chemischer Produkte (z.B. Dünger) verwendet werden kann. 191 Eigene Berechnung nach Bartis et al. 2008 - bei einem internen Zinssatz von 10 % 192 Nach der International Classification of in-Seam Coals (UN-ECE 1998) wird Kohle in die folgenden Kategorien eingeteilt: Weichbraunkohlen, Subbituminöse Kohlen, Bituminöse Kohlen, Anthrazit. Quelle: BGR 2009. Der Inkohlungsgrad nimmt von den Weichbraunkohlen bis zum Anthrazit zu. Der Inkohlungsgrad ist der Grad der Umwandlung von pflanzlichen Stoffen in Kohle. Mit zunehmender Inkohlung wird die Kohle reicher an Kohlenstoff und ärmer an flüchtigen Bestandteilen. Der Inkohlungsgrad hängt ab vom Alter der Kohle und den äußeren Entstehungsbedingungen (Druck, Temperatur). Quelle: http://www.steinkohle-portal.de. 193 Eigene Berechnung nach Bartis et al. 2008. 194 Meyer-Renschhausen 2007. 54 6 Vergleich der Treibhausgasemissionen und Produktionskosten fossiler Kraftstoffe Der Vergleich der Treibhausgasbilanzen verschiedener fossiler Kraftstoffe mit den Produktionskosten zeigt, dass es keine direkte Korrelation zwischen der Höhe der Treibhausgaseemissionen und den Produktionskosten gibt. Zu den teuersten unkonventionellen Kraftstoffen gehören zwar Kraftstoffe aus Kohle und Ölschiefer, die auch über die höchsten Emissionen verfügen. Die maximalen Produktionskosten von GTL, dem unkonventionellen Kraftstoff mit der besten Klimabilanz, liegen aber in der gleichen Größenordnung. GTL aus Synthesegas der Untertage-Vergasung hat dagegen fast die höchsten Emissionen, ist aber der unkonventionelle Kraftstoff mit den geringsten Produktionskosten. Das UCG-GTL-Verfahren hat zwar wie CTL und GTL den höchsten Energieinput der unkonventionellen Kraftstoffe. Seine Rohstoff- und Investitionskosten sind aber geringer: • Der Marktpreis des Synthesegases aus der Untertage-Vergasung ist in abgelegenen Regionen ohne alternative Nutzungsmöglichkeiten im Strom-, Wärme- und Chemiesektor gering. Für den Transport per Pipeline oder Schiff müßte das Synthesegas erst zu Methan umgewandelt werden, um die bestehende Infrastruktur nutzen zu können, oder eine neue Pipelineinfrastruktur für den Wasserstofftransport geschaffen werden. Ohne alternative Nutzungsmöglichkeiten können daher für das UCG-GTL-Verfahren als Rohstoffkosten die Produktionskosten des Synthesegases von 0,6 bis 1,5 ct/kWh angenommen werden195. • Die Investitionskosten des UCG-GTL-Verfahren sind wesentlich geringer als von CTL, da die Vergasung untertage stattfindet und daher keine aufwendige Kohlevergasungsanlagen gebaut werden müssen. Nach Angaben der australischen Firma Linc Energy betragen die Investitionskosten für eine UCG – GTL-Anlage pro Barrel/Tag weniger als 25.000 Dollar und damit nur ein Drittel einer CTL-Anlage196. Auch bei Teersand könnte die Reduktion der Energiekosten zu höheren Treibhausgasemissionen führen: • Reduktion von extern erzeugter Wärme mit Erdgas durch das Toe-to-Heel-AirInjection-Verfahren (THAI), in dem einen Teil des Teersandes unterirdisch verbrennt, um das Bitumen zu verflüssigen197. • Substitution des Erdgases für die Strom-, Dampf- und Wasserstofferzeugung durch Bitumen, das in ein niedrig-kalorisches synthetisches Heizgas umgewandelt wird. (Upgrading mit integrierter Heizgaserzeugung von Nexen und Opti)198. 195 Courtney 2008 196 Linc Energy 2008. www.lincenergy.com.au/pdf/analyst-10.pdf. CTL-Kosten: IEA 2008a. 197 Meyer-Renschhausen 2007 198 Meyer-Renschhausen 2007. 55 • Substitution des Erdgases für die Strom-, Dampf- und Wasserstofferzeugung durch unkonventionelle Erdgase oder Synthesegas. Die Firma Ergo Exergy plant zum Beispiel ein Untertage-Vergasungsprojekt in Kanada, um die Teersandgewinnung und verarbeitung mit Strom, Dampf und Wasserstoff zu versorgen199. Die Verwendung von USG-Synthesegas statt Erdgas würde die WTW-Emissionen von Kraftstoff aus Teersand um 20 % erhöhen200. Für die nächsten Jahre wird mit einer Verlangsamung der Entwicklung des Teersandabbaus gerechnet wegen gestiegener Rohstoff- und Investionskosten und anderer hemmender Faktoren. Im Folgenden wird die Entwicklung der verschiedenen Verfahren unkonventioneller Kraftstoffe abgeschätzt: • Teersande: Die Energie-, Material- und Personalkosten für den Teersandabbau sind in den letzten Jahren sehr stark gestiegen. Die Teersandgewinnung und –verarbeitung in Kanada verbrauchte 2007 ca. 10 Mrd. m³ Erdgas. Der Erdgasbedarf wird bis 2017 voraussichtlich auf 26 Mrd. m³ steigen201. In – Situ-Verfahren werden für die Teersandgewinnung an Bedeutung gewinnen, da das Potenzial für die bergbauliche Gewinnung begrenzt ist. In-situ ist aber mit einem höheren Energieinput verbunden202. Um den Erdgasverbrauch zu senken, ist daher der Einsatz von Verfahren wie der THAITechnologie notwendig. Wegen der gestiegenen Kosten, des niedrigen Ölpreises und wachsenden Widerstands in der Bevölkerung wird bis 2015 eine etwas geringere Steigerung der kanadischen Teersandproduktion als bislang prognostiziert erwartet (80 % statt 110 % Zuwachs gegenüber 2007). Andere Staaten mit großen Teersandvorkommen wie Russland, Kasachstan und die USA haben bislang nur Pilotprojekte realisiert und haben keine konkreten großindustriellen Abbaupläne. In der Republik Kongo hat sich die italienische Firma ENI Abbaurechte gesichert, aber noch nicht mit der Produktion begonnen203. • Schwerstöl: Venezuela verfügt über ca. 240 Mrd. t Schwerstöl und damit über unkonventionelle Ölvorkommen in einer vergleichbaren Größenordnung wie Kanada. Dennoch erwarten Experten wegen staatlicher Restriktionen nur einen langsamen Ausbau der Schwerstölförderung in Venezuela204. Die EIA sieht z.B. nur eine Steigerung der venezolanischen Schwerstölförderung von heute 25 Mio. t (0,6 Mio. Barrel/Tag) auf 50 Mio. t (1,2 Mio. Barrel/Tag) in 2030205. 199 http://www.cigionline.org/articles/2009/05/clean-coal-go-underground-alberta 200 Eigene Berechnung nach Meyer-Renschhausen 2007, CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008, Courtney 2008, Armendariz 2009. 201 BGR 2009. 202 Meyer-Renschhausen 2007. 203 BGR 2009. 204 EWG 2008. EIA 2009. 205 EIA 2009. 56 • GTL- und CTL: Die GTL- und CTL- Erzeugung ist zwar technologisch nahezu ausgreift, ihr Ausbau wird aber durch die hohen Rohstoffkosten erschwert. Bei CTL kommen außerdem noch die wesentlich höheren Investionskosten im Vergleich zu GTL hinzu. • Ölschiefer: Die Gewinnung von Kraftstoffen aus Ölschiefer ist wie in Kapitel 3.4.3 beschrieben sehr aufwendig. Experten erwarten daher, dass mehr als 10 Jahre Entwicklungszeit bis zur ersten großindustriellen Kraftstoffproduktion aus Ölschiefer notwendig sind206. In- Situ-Verfahren sind für den Ölschieferabbau wegen der hohen Investitions- und Energiekosten und der geringen Ausbeute sehr teuer. Brandt sieht daher den Tagebau für großtechnische Ölschieferprojekte als wahrscheinlicher207. Die Tagebauverfahren werden zu höheren Treibhausgasemissionen als In-situTechnologien führen208. • GTL aus UCG-Synthesegas: GTL aus Synthesegas der Untertage-Vergasung (UCG) von Kohle hat die niedrigsten Produktionskosten der unkonventionellen Kraftstoffe wegen geringerer Rohstoff- und Investionskosten. Wenn die großtechnische Produktion von GTL aus UCG-Gas gelingt, steht eine Technologie zur Verfügung, die zusammen mit der Nutzung von Teersand die Produktion großer Mengen unkonventioneller fossiler Kraftstoffe mit geringeren Kosten als EOR, Tiefsee- und Arktis-Öl ermöglicht. Die WTWEmissionen werden dadurch aber immens steigen. Die UCG-Produzenten werben zwar mit der CCS-Option. In wieweit aber die sichere Sequestrierung sehr großer Mengen CO2 möglich ist, ist noch nicht bewiesen. Ohne CCS führt GTL aus UCG zu 2,5 fach so hohen Emissionen wie konventioneller fossiler Kraftstoff. Die Untergrundvergasung wird in den nächsten Jahren vor allem für die Stromerzeugung genutzt. Aufgrund der großen Kohlevorkommen weltweit, die sich für UCG eignen, sind aber keine Rohstoffengpässe zu erwarten, die zu einer Nutzungskonkurrenz zwischen Strom-, Wärme- und Kraftstofferzeugung wie bei der Erdgasproduktion führen könnten. • Coal-Bed Methane (CBM) ist auch ein alternatives Gas für den GTL-Prozess. Mit dem UCG-Verfahren kann aber 300 bis 400-mal soviel Energie aus einer Tonne Kohle mittels CBM gewonnen werden, da der Methangehalt pro kg Kohle sehr gering ist209. Aufgrund der wesentlich geringen Gasausbeute im Vergleich zum UCG-Verfahren wird erwartet, dass CBM in Zukunft weiterhin vor allem im Strom- und Wärmemarkt und nicht zur GTL-Erzeugung verwendet wird. Der Vergleich der Treibhausgasemissionen und der Produktionskosten zeigt damit auch, dass der Zeitpunkt des Peak-Oil für die Entwicklung der unkonventionellen Kraftstoffe nur bedingt eine Rolle spielt. Sehr wichtig ist dagegen die Einschätzung der IEA im aktuellsten World Energy Outlook, dass die Zeit des billigen Öls endgültig vorbei ist. Um den rasanten Förderrückgang der Post-Peak-Felder aufzufangen, müssen sehr großen Summen investiert 206 Bartis 2006. 207 Brandt 2007b. NCI 2008 208 Brandt 2007b,c. vgl. Abbildung und Tabelle 1. 209 Homer-Dixon & Friedmann 2009. Methan ist in sehr geringen Konzentrationen in Kohlevorkommen enthalten. 57 werden, damit neue Felder gefunden und die Ausbeute der alten erhöht werden. Der jüngste Ölpreissturz zeigt, dass unterhalb von 80-100 Dollar/Barrel viele Projekte im Erdölsektor wieder gestoppt worden sind210. Durch die technologischen Fortschritte der unkonventionellen fossilen Kraftstoffe wird es daher mittelfristig günstiger sein, Kraftstoffe aus Teersand, Kohle oder Ölschiefer zu produzieren, als Öl aus 8.000 m Tiefe oder der Arktis zu fördern oder mit sehr aufwendigen Methoden die Ausbeutungsrate der alten Felder zu erhöhen. 7 Analyse der Umweltauswirkungen und der sozioökonomischen Effekte von konventionellem und unkonventionellen fossilen Kraftstoffen 7.1 Untersuchungsmethodik Im Gegensatz zu den Treibhausgasemissionen gibt es wenige Studien mit wissenschaftlichem Anspruch, die die Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte von konventionellen und unkonventionellen fossilen Kraftstoffen analysieren. Vor allem Nichtregierungsorganisationen haben Untersuchungen zu regionalen Konflikten durchgeführt. Berichte, die die Auswirkungen auf globaler Ebene erfassen, gibt es dagegen kaum. Diese Studie kann daher nur selektiv die Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte mit Hilfe einzelner Länderbeispiele beschreiben. Die Auswahl der Länder erfolgt anhand folgender Kriterien: • Verfügbarkeit von Informationen • Folgen der beschriebenen Auswirkungen und Effekte • Zukünftige Bedeutung der Länder für die Produktion fossiler Kraftstoffe Aufgrund der Kriterien werden schwerpunktmäßig die Auswirkungen der Produktion fossiler Kraftstoffe in Nigeria, Angola, Ecuador und Kanada dargestellt. Dadurch werden die Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte der Erdölindustrie in drei sehr wichtigen Regionen abgebildet: • Afrika: Die Erdölförderung ist auf dem afrikanischen Kontinent besonders konfliktreich. Für die weltweite Erdölversorgung ist Afrika in den letzten 10 Jahren immer wichtiger geworden. Das derzeitige große Interesse vieler Länder und internationaler Konzerne zeigt die wachsende Bedeutung Afrikas im globalen Erdölmarkt. • Amazonas: Die Erdölförderung im Amazonasbecken ist aufgrund der hohen Biodiversität und der Konflikte mit der indigenen Bevölkerung besonders problematisch. Durch die immer knapper werdenden weltweiten Erdölvorkommen steigt der Druck, die Erdölfelder im Amazonas weiter auszubeuten. 210 Petroleum Economist 2008. 58 • Kanada: Die Auswirkungen des Teersandabbaus in Kanada zeigen exemplarisch die Folgen der Produktion unkonventioneller Kraftstoffe. • Die beschriebenen Effekte und Auswirkungen gelten nicht nur in den hier betrachteten Ländern, sondern zeigen beispielhaft, welche Folgen die Förderung von fossilem Öl auf die Entwicklung von Staaten hat. Aufgrund der Komplexität können die Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte in vielen anderen Regionen weltweit im Rahmen dieser Studie nicht bearbeitet werden, wie z.B. Russland und Alaska. Auch die Arktis wird nicht betrachtet, obwohl die Umweltgefährdungen durch die zukünftige Erdölförderung in dieser Region besonders groß sind. Außerdem werden die Umweltauswirkungen der Erdölproduktion von vielen Einzelemittenten wie z.B. Erdölplattformen und Erdölraffinerien oder katastrophaler Ereignisse, wie z.B. Tankerunfälle nicht erfasst. Die komplexen Auswirkungen der Erdölförderung auf militärische Konflikte können im Rahmen dieser Studie ebenfalls nur sehr kurz dargestellt werden. Die Auflistung der nicht analysierten Folgen zeigt den großen Untersuchungsbedarf für Folgeprojekte. 7.2 Auswertung von Untersuchungen zu den sozioökonomischen Effekten von konventionellem Erdöl Staaten, die reich an natürlichen Ressourcen sind, gelten oft als auch finanziell reiche Staaten. So auch die Länder, die vom Erdölexport profitieren. Bewertet man diese Länder aber nach bestimmten Indikatoren, so sind negative soziale und ökonomische Auswirkungen der Erdölproduktion in vielen der Länder unverkennbar. In der Wissenschaft wird dafür oft der Begriff resource curse (Ressourcenfluch - Fluch der Ressourcen),211 oder Ölfluch212 verwendet. Untersuchungen haben ergeben, dass ölreiche Länder langsamer wachsen im Vergleich zu nicht-Öl produzierenden Ländern, autoritärer und konfliktreicher sind und dass sie die untersten Plätze des Korruptions-Index von Transparency International belegen213. Länder, die abhängig von Ölexporten sind, gehören heute zu den Staaten, die ökonomisch die meisten Probleme haben214. Der Ölboom der 70er Jahre hat den Öl produzierenden Entwicklungsländern viel Reichtum und schnelles ökonomische Wachstum gebracht, trotzdem haben viele dieser Länder in den folgenden 30 Jahren unter riesiger Auslandsverschuldung, hoher Arbeitslosigkeit und stagnierender oder rückgängiger Wirtschaft gelitten. Mindestens die Hälfte der OPECMitglieder waren 2005 ärmer, als sie es vor 30 Jahren waren215.Tabelle 7 bewertet Öl exportierende Entwicklungsländer nach den Indikatoren des Human-Development-Index (HDI) 211 Sachs und Warner 1995 212 Ross 2008 213 Shaxson 2007, Karl 2007 214 Catholic Relief Services 2003 215 Ross 2008 59 der UNO, dem Korruptions-Index von Transparency International, nach der Kindersterblichkeit je Tausend Geburten, der Lebenserwartung sowie dem Anteil der Bevölkerung mit weniger als 1 USD pro Tag Einkommen. Es ist unschwer zu erkennen, dass viele der Staaten sehr negativ in der Bewertung abschneiden. Zwei Beispiele: Angola: Obwohl Angola das zweitgrößte Ölförderland südlich der Sahara ist, wird die Kindersterblichkeit in diesem Land weltweit nur noch von Sierra Leone übertroffen216. Äquatorial Guinea: Trotz einer täglichen Produktion von 420.000 Barrel Öl und einem durchschnittlichen jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 8 .510 USD befindet sich das Land im HDI Ranking im unteren Drittel. Zwischen 1990 und 2000 ist das Land sogar um 10 Stufen im Index gefallen217. Es gilt als eines der korruptesten Länder der Welt und hat eine der höchsten Kindersterblichkeitsraten. Land Ölförderung HDI (in Barrel je EntwicklungsTag) 2008 Index (von 218 177 Ländern) 2007 219 KorruptionsIndex (von 180 Ländern) 2008 220 KinderSterblichkeit (je T. LebendGeburten) 2006 221 LebensErwartung in Jahren 2006 222 Prozentsatz Bevölkerung mit weniger als 1 USD pro Tag 223 Russland 9.886.000 67 147 16 66 unter 2 224 Iran 4.325.000 94 141 34 71 unter 2 Nigeria 2.170.000 158 121 191 47 70,8225 Angola 1.875.000 162 158 260 42 54,3226 Kasachstan 1.554.000 73 145 29 66 3,1227 Aserbaidschan 914.000 98 158 88 72 3,7 228 Kolumbien 618.000 75 70 21 73 7 229 Ecuador 514.000 89 151 24 75 17,7 230 Sudan 480.000 147 175 89 58 90 216 Fischer Almanach 2009. 217 Shaxson 2007 218 BP 2009a 219 Fischer Weltalmanach 2009 220 Transparency International 2008 221 Fischer Weltalmanach 2009 222 Fischer Weltalmanach 2009 223 UNDP 2009 224 mit weniger als 2 USD pro Tag= 12,1 %, weniger als 4 USD = 56,7 % 225 mit weniger als 2 USD pro Tag= 92.4 % 226 mit weniger als 2 USD pro Tag= 70,2 % 227 mit weniger als 2 USD pro Tag= 16,%, weniger als 4 USD = 56,7 % 228 mit weniger als 2 USD pro Tag= 33,4 %, weniger als 4 USD = 85,9 % 229 mit weniger als 2 USD pro Tag = 17,8 %. Prozentsatz unter nationalen Armutsgrenze = 64 % 230 mit weniger als 2 USD pro Tag = 40,8 % 60 Land Ölförderung HDI (in Barrel je EntwicklungsTag) 2008 Index (von 218 177 Ländern) 2007 219 KorruptionsIndex (von 180 Ländern) 2008 220 KinderSterblichkeit (je T. LebendGeburten) 2006 221 LebensErwartung in Jahren 2006 222 Prozentsatz Bevölkerung mit weniger als 1 USD pro Tag 223 Äquatorial Guinea 361.000 127 171 206 51 k.A. Kongo Rep. 249.000 139 158 126 55 54,1 Gabun 235.000 119 96 91 57 4,8 231 Turkmenistan 205.000 109 166 51 63 24,8 232 Zum Vergleich: USA 7.760.000 12 20 8 78 Deutschland 75.000 22 14 4 79 Tabelle 7: Entwicklungsindikatoren von erdölexportierenden Entwicklungsländern Doch was sind die Ursachen dieses Paradoxon, einerseits riesige Einnahmen durch die Ölexporte, andererseits ein sozialer und ökonomischer Niedergang? Mehrere Effekte spielen eine Rolle: 7.2.1 Dutch Disease (Holländische Krankheit)233: Das als Dutch Disease benannte ökonomische Syndrom wurde in den 60er Jahren offenbar, als in den Niederlanden große Gasvorkommen in der Nordsee entdeckt wurden. Es handelt sich dabei um einen Effekt, in dem erfolgreich Rohstoff exportierende Volkswirtschaften durch Wechselkursentwicklungen zu einem ökonomischen Niedergang kommen können. Die Handlungskette folgt folgendem Verlauf: Durch die Erdölexporte fließt viel Geld in die Volkswirtschaft, die Währung wird überbewertet, die Preise steigen. Lokale Produkte wie Landwirtschafts- und Industriegüter werden teurer und damit weniger konkurrenzfähig im Vergleich zu importierten Gütern. Die lokale Produktion dieser Güter ist nicht mehr wirtschaftlich. Die Exportzahlen der Produkte gehen zurück, dem Land wird die landwirtschaftliche und industrielle Grundlage entzogen. Es wird abhängig vom Erdölsektor und ist so den Preisschwankungen der internationalen Märkte ausgesetzt. Folge dieses Prozesses ist es, dass eine kleine Gruppe von Menschen reich wird, die Mehrheit aber von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen ist234. 231 mit weniger als 2 USD pro Tag= 19,6 % 232 mit weniger als 4 USD pro Tag= 79,4 % 233 Dichtl und Issing 1993 234 Shaxson 2007 61 Beispiel: Nigeria: Vor dem Ölboom der 70 er Jahre war Nigeria der zweitgrößte Kakaoproduzent der Welt, die Landwirtschaft machte ca. 75 % der Exporte aus. Allein in den Jahren 1975-1978 verringerte sich die bearbeitete landwirtschaftliche Fläche um 60 %. Millionen Nigerianer verloren ihre Existenzgrundlage. 1970 lebten 19 Millionen Nigerianer unterhalb der Armutsgrenze. Heute macht Erdöl 97 % der Exporte Nigerias aus. Trotz bisher ca. 400 Mrd. USD Öleinnahmen leben 90 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze235. Die Anzahl der Armen ist in den letzten drei Jahrzehnten fast doppelt so schnell wie die Bevölkerung gewachsen. Die Armut in Nigeria resultiert vor allem aus der Abkoppelung der Erdölindustrie von der lokalen Wirtschaft. 95 % der staatlichen Eröleinnahmen fließen in die Kassen der nigerianischen Regierung, während die lokale Bevölkerung in der Erdölförderregion an den Einnahmen nicht partizipiert. Die Erdölindustrie schafft kaum Arbeitsplätze, die wenigen entstehenden Arbeitsplätze werden durch hoch qualifizierte Ausländer besetzt236. 7.2.2 Rentenstaaten-Effekt Staaten, deren Einnahmen zum größten Teil auf Grundlage vorhandener Rohstoffe von außen einfließen, ohne dass ihnen einen nennenswerte Produktions- und Investitionstätigkeit im Inneren gegenübersteht, werden als Rentenstaaten bezeichnet. Sie sind weitgehend unabhängig von inländischen Steuereinnahmen. Beispiele: Während in Deutschland Steuern und Abgaben 36,4 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ausmachen (OECD Staaten 37,4 %), sind es in Kuwait nur 3,4 % des BIP, in den Vereinigten Arabischen Emiraten nur 1,8 %. In arabischen Staaten ohne Ölvorkommen lag 2002 der durchschnittliche Steuersatz bei 17 %, in arabischen Öl-Förderländern bei 5 %. Seifert und Werner führen in ihrem „Schwarzbuch Öl“ aus, dass „die geringen Steuersätze den arabischen Bürgern keinen Anreiz geben zu hinterfragen, was ihre Regierungen mit ihrem Geld anstellen“. Gleichzeitig wird durch die Verteilung der Gelder Patronage und Klientelismus gefördert und damit der Zwang verringert, den Staatsbürgern demokratische Rechte einzuräumen237. 7.2.3 Off –Budget- Öleinnahmen Gleichzeitig fließen diese Renten oftmals nicht in den staatlichen Haushalt ein, sondern sind Off-Budget-Einnahmen, die über illegale Konten parallel in das Land fließen. Die Kontrolle der Finanzströme durch den zentralen Staatshaushalt wird erschwert und die Möglichkeiten für Korruption erhöht238. 235 Sala-i-Martin und Subramanian 2003 236 Adams, Osho u. Coleman 2008 237 Seifert und Werner 2007, Karl 2007 238 Heilbrunn 2004 62 Beispiel: Das U.S. State Department schreibt, dass der Reichtum Angolas in den Händen einer kleinen Elite ist, die Staatsposten oft ausnutzt, um sich selber zu bereichern, und dass Korruption auf allen Ebenen stattfindet239. Laut einem Bericht von Human Rights Watch sind allein im Zeitraum 1997 bis 2002 umgerechnet 4,2 Mrd. USD der Öleinnahmen verschwunden240. Da zudem keine Daten über die staatlichen Öleinnahmen veröffentlicht werden, gibt es keine Informationsgrundlage für die angolanische Bevölkerung, die Verwendung der Mittel nach zu verfolgen und eine Erklärung über den Missbrauch der Mittel einzufordern. Als BP im Jahr 2001 dem Anspruch einer transparenten Unternehmenspolitik folgen und die Zahlungen an die Regierung veröffentlichen wollte, drohte Angola dem Erdölkonzern mit einem Landesverweis. BP unterließ daraufhin die Offenlegung der Zahlen241. Viele Erdölförderländer insbesondere Afrikas sind zudem Diktaturen. Unter den in den letzten Jahren erfolgreich in eine Demokratie transformierten Ländern befindet sich kein einziges Ölexportland242. 7.2.4 Auslandsverschuldung Trotz der Einnahmen aus den Ölexporten sind viele der Länder hoch verschuldet. Einer der Gründe sind die volatilen Ölpreise. In Zeiten hoher Ölpreise wurden die Öl produzierenden Länder kreditwürdig, sie nahmen Geld auf und finanzierten daraus oft Prestigeobjekte, anstatt die Gelder in Bildung und Gesundheit zu investieren. Beispiel: Ecuador: Seit dem Jahr 1967 wird in Ecuador Erdöl gefördert. Schon 1981 erreichte die Auslandsverschuldung den 22-fachen Wert der Auslandsverschuldung des Jahres 1971. In Zahlen waren dies 5.870 Mio. USD bzw. 42 % des Bruttoinlandsproduktes243. Der Schuldendienst war erstmals höher als die Exporterlöse. In den 90er Jahren erreichte der Schuldenberg die Höhe des Bruttosozialproduktes. Gleichzeitig sank aber in der Zeit von 1986 bis 1996 der Anteil der Ausgaben für Bildung im Staatshaushalt von 21,3 % auf 13 %, während im gleichen Zeitraum der Index der Militärausgaben um ein Drittel stieg. 1999 erklärte der Internationale Währungsfond Ecuador für kreditunwürdig244. Gegenwärtig beträgt der Schuldendienst fast die Hälfte der Staatseinnahmen und damit mehr als die Erlöse aus dem Export von Erdöl245. 239 Catholic Relief Services 2003 240 Human Rights Watch 2004 241 Misereor 2006 242 Heilbrunn 2004 243 Acosta 2003 244 Acosta 2003 245 Mierkes 63 7.2.5 Militärische Konflikte/Bürgerkrieg Collier und Hoeffler stellen in einer Studie246 aus dem Jahr 2000 fest, dass von Öl- und Rohstoffexporten abhängige Staaten eine viel höhere Wahrscheinlichkeit (23 %) des Ausbruches eines Bürgerkrieges haben als Staaten, die keine Rohstoffe exportieren (0,5 % Wahrscheinlichkeit). Die Zahlen beziehen sich auf eine 5-Jahresperiode. Dieselben Autoren stellten zudem fest, dass in einem durchschnittlichen Entwicklungsland das Risiko eines Bürgerkrieges bei 14 % liegt. Hat ein Entwicklungsland einen hohen Anteil an Rohstoffexporten (über 30 %), erhöht sich das Bürgerkriegsrisiko auf 22 %. Wenn Öl das Hauptexportgut ist, steigt das Bürgerkriegsrisiko um 40 %247. 7.3 Auswertung von Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen von konventionellem und unkonventionellem Erdöl Die Umweltauswirkungen von konventionellem und unkonventionellem Erdöl werden in dieser Studie am Beispiel der Erdölförderung in Ecuador und Nigeria und des Teersandabbaus in Kanada dargestellt. 7.3.1 Beschreibung der Abbaugebiete Ecuador: Im Amazonasgebiet von Ecuador werden täglich mehr als 300.000 Barrel aus über 300 Bohrungen gefördert. Gleichzeitig zählt das Gebiet zu den artenreichsten Regionen der Welt. Der Gesamtumfang der Konzessionsgebiete umfasst 10 Millionen Hektar, direkt oder indirekt ist der überwiegende Teil des ecuadorianischen Amazonas von Erdölförderaktivitäten betroffen. Die Aktivitäten von Erdölunternehmen betreffen hauptsächlich indianisches Territorium, da sich dort 90 Prozent der erteilten Konzessionen befinden. Die dort lebende indianische Bevölkerung wird unmittelbar mit einer hochtechnologischen Industrialisierung konfrontiert, die für sie ein radikaler Bruch mit den traditionellen Lebens- und Wirtschaftsweisen darstellt248. Nigeria: Wie das Amazonasgebiet in Ecuador ist das Niger-Delta ein einzigartiges Ökosystem: es ist eines der größten Feuchtgebiete der Welt, mit einer Fläche von 26.000 km2, einem Wassereinzugsgebiet von 2,23 Mio. km2 und einem jährlichen Abfluss von 180 Milliarden m3. Hauptmerkmal des Niger-Delta-Ökosystem ist das dynamische Gleichgewicht zwischen Hochwasser, Erosion und Sedimentierungsablagerungen, welches das Delta während seiner Existenz gebildet und umgebildet und es mit fruchtbarem Boden für die landwirtschaftliche Produktion versorgt hat. Das Delta besteht aus küstenparallelen Sandinseln, Mangroven, Frischwasser-Sumpfwäldern und Tiefland-Regenwäldern249. 246 Collier und Hoeffler 2000 247 Seifert und Werner 2008 248 Feldt 2001 249 Steyn 2003 64 Kanada Die Teersandvorkommen Kanadas liegen unter einer Fläche von 15 Mio. ha borealem Nadelwald. Der boreale Nadelwald ist ein Ökosystem von großer globaler Bedeutung: 22 % des weltweit gespeicherten Kohlenstoffs in Landökosystemen befindet sich im borealen Nadelwald250. Pro Hektar enthält borealer Nadelwald mit bis zu 460 t doppelt soviel Kohlenstoff wie tropischer Regenwald251. Davon ist 84 % im Boden gespeichert252. Die Waldund Bodenfläche über den Teersandvorkommen in Kanada speichert bis zu 7 Mrd. t Kohlenstoff253. Kanadas borealer Nadelwald ist außerdem eines der größten noch zusammenhängenden Waldgebiete weltweit und wichtiger Lebensraum für viele bedrohte Tierarten254. Alleine im borealen Nadelwald der Teersandvorkommen brüten jährlich zwischen 20 und 170 Millionen Vögel255. 7.3.2 Umweltauswirkungen: Luft / Atmosphäre Ecuador: Eines der großen Probleme ist die Gas-Abfacklung von nicht kommerziell genutztem Erdölbegleitgas, das meist an Ort und Stelle verbrannt wird. Lediglich 12 bis 15% der anfallenden Gasmenge wird in der Pipeline von Shushufindi nach Quito geleitet, der Rest wird verbrannt. Bei der Verbrennung werden CO2, Stickstoff- und Schwefelverbindungen sowie Schwermetalle, Kohlenwasserstoffe und Ruß freigesetzt. Nach vorsichtigen Schätzungen werden täglich 2 Mio. m3 Gas verbrannt256. Von Biologen wird immer wieder darauf hingewiesen, dass diese Gasverbrennung außer der Verschmutzung der Luft und des Regenwassers die Vernichtung von unzähligen seltenen Insekten zur Folge hat. Nigeria: Nigeria fackelt mit 16,8 Mrd. m³ die weltweit zweitgrößte Menge an Erdölbegleitgas nach Russland ab257. Die Menge entspricht 15 % des jährlichen Erdgasverbrauchs Deutschlands. Obwohl Ölfirmen in Nigeria das Erdgas auch für kommerzielle Zwecke nutzen, ziehen sie die Erdgasextraktion von Lagerstätten, wo es sich isoliert befindet, vor. Der Grund dafür sind die hohen Kosten für Aufbereitung und Transport des Erdölbegleitgases. Die Gasabfackelung in Nigeria ist außerdem extrem unvollständig und emittiert große Mengen Methan258. Kanada: Der Teersandabbau ist die am schnellsten wachsende Quelle von Treibhausgasen in Kanada. Die Emissionen des Abbaus und der Verarbeitung werden auf ca. 40 Mio. Tonnen für 2007 geschätzt. Diese Emissionen sind vor allem auf den hohen Erdgasverbrauch für die 250 International Boreal Conservation Campaign 2008 und 2009. 251 Woods Hole Research Center 2007. 252 Greenpeace 2008 253 Eigene Berechnung nach Woods Hole Research Center 2007, International Boreal Conservation Campaign 2008. 254 International Boreal Conservation Campaign 2008 255 Wells et al. 2008. 256 Feldt 2001 257 BGR 2009 258 NETL 2009b 65 Förderung und -verarbeitung zurückzuführen. Es wird geschätzt, dass für 2012 die Teersandindustrie so viel Erdgas wie alle kanadischen Haushalte verbrauchen wird. Für den zusätzlichen Gasbedarf sind neue Pipelines und Bohrungen in Naturschutzgebieten, wie dem Mackenzie Tal notwendig259. Der Teersandabbau hat auch Einfluss auf die Politik Kanadas, eine nationale Begrenzung der Treibhausgasemissionen zu beschließen. Da die Regierung keine reale Obergrenze für Treibhausgase aus dem Teersandabbau festlegt, fällt es ihr schwer, dies bei dem Rest der kanadischen Industrie durchzusetzen. Neben den Treibhausgasemissionen gibt es weitere gravierende Luftschadstoffemissionen. Das kanadische Umweltministerium schätzt, dass die Teersandproduktion jährlich 158.000 t Schwefeloxide und 76.000 t Stickstoffoxide emittiert260. Eigene Studien der Teersandindustrie zeigen, dass die Emissionsverschmutzungsrichtlinien der kanadischen Bundesländer nicht eingehalten werden261. Die Luftschadstoffemissionen der Teersandverarbeitung verursachen überregionale Schäden, da sie bis zu mehrere tausend Kilometer weit verbreitet werden können. In einem Ort in Saskatchewan, 200 Kilometer von den Teersandprojekten entfernt, ist zum Beispiel der Niederschlag in den letzten 12 Jahren deutlich sauerer geworden: von einem pH-Wert 5.3 zu einem Wert von 4.1. Normaler Niederschlag hat einen pH-Wert von 5,6. Die Umweltbehörde der Provinz Saskatchewan hat 2005 ein Netz von 10 Monitoring-Stationen im Nordwesten des Bundeslandes angrenzend an das Teersandabbaugebiet installiert und eine Stickstofferhöhung der Luft durch die Teersandproduktion festgestellt. Der saure Regen betrifft alle Ökosysteme und die menschliche Gesundheit. In Flüssen und Seen fördert die Versauerung die Umwandlung von Quecksilber zu der gefährlicheren Form von MethylQuecksilber, die von Fischen aufgenommen werden kann und dadurch in die Nahrungskette gelangt262. Außerdem werden durch die Teersandindustrie, wie z.B. durch die Suncor Energy Raffinerie, große Mengen von Schadstoffen emittiert, die Reproduktions- und Entwicklungstoxizität verursachen263. 7.3.3 Umweltauswirkung: Zerstörung des Waldes Ecuador: Die Erschließung der Fördergebiete für die Versorgung und den Transport schwerer Maschinen führt zu großen Waldrodungen. Der Neubau und Ausbau der Straßen hat dabei die größten negativen Auswirkungen. Der Streckenverlauf muss entwaldet sowie zusätzliches Holz zur Befestigung der Straßen geschlagen werden. Aber auch der Aufbau der Camps, die Plattformen der Probebohrungen, die Bohrtürme und Pipelines sowie die neu angelegten Landeplätze für Hubschrauber führen zu zusätzlichen Flächenverbrauch zu Lasten des Waldes. 259 Canadian National Energy Board 2007 260 Wilderness Committee 2008 261 ebd. 2008. 262 Maqsood et al, 2008 263 Ecojustice 2007 66 Gleichzeitig führt die Erschließung des Fördergebietes dazu, dass als indirekte Folge eine Besiedlung des Gebietes erfolgt. Seit 1972, dem Beginn des Erdölbooms in Ecuador, sind über 1. Mio. Bauern aus dem Hochland in die Tieflandregionen eingewandert. Dies führt zu zusätzlichem Holzeinschlag und Inanspruchnahme von Fläche264. Auch Unterschutzstellungen führen nicht unbedingt zum Stopp der Abholzungen. Trotz des Eingreifens des Umweltministeriums in Ecuador sind große Teile des Nationalparks Yasuni sowie des Reservates Cuyabeno für die Erdölförderung freigegeben. Kanada: Die Entwicklung beim Teersandabbau in Kanada hat einen verheerenden Einfluss auf Albertas borealen Nadelwald, einen der größten Kohlenstoffspeicher der Welt und Habitat des kanadischen Karibu, des Luchs und von Milliarden von Singvögel. Das kanadische Karibu, eine bedrohte Tierart, ist ein Hauptindikator der Gesundheit borealer Ökosysteme, da es sehr große Flächen unberührten Waldes zum Überleben braucht. Im Gebiet „East Side Athabasca Range“, das über 3,6 Mio. ha Waldfläche umfasst, ist der Karibubestand durch den Teersandabbau und andere industrielle Aktivitäten in den letzten 10 Jahren um 50% zurückgegangen265. Regierungs- und Industriestudien erwarten, dass das Vorkommen der Karibu bei einem Business-as-usual Szenario des Teersandabbaus weiter zurückgehen wird. Ohne Maßnahmen, die den borealen Nadelwald schützen, wird das kanadische Karibu im Gebiet komplett aussterben266. Vögel, Marder und Luchs sind auch negativ vom Teersandabbau beeinflusst. Die Population einiger Vogelarten ist schon um 80% in bestimmten Gebieten zurückgegangen. Außerdem können Vogelarten, die auf ältere Wälder angewiesen sind, wie der Grünwaldsänger, in den kommenden Jahren um 60% zurückgehen267. Obwohl beim In-situ Abbau der Wald nicht in dem Maßstab wie beim offenen Tagebergbau kahlgeschlagen wird, fragmentiert das Netz von Wegen, Bohrungen und Pipelines die natürlichen Habitate und schädigt die Wasserökosysteme268. 7.3.4 Umweltauswirkung: Wasser / Grundwasser Ecuador: Zusammen mit Öl und Gas kommt bei der Erdölförderung auch sogenanntes Formationswasser zu Tage, das Schwermetalle und giftige Salze enthält. Eine umweltschonende Entsorgung würde bedeuten, dieses Wasser zurück in das Bohrloch zu pumpen. Aus Kostengründen wird das oftmals nicht praktiziert, sondern das Formationswasser in Auffangbecken gelagert. Die Firma Texaco wird zum Beispiel beschuldigt, zwischen 1964 und 1990 rund 70 Millionen m³ toxische Abwässer unbehandelt in über 900 Auffangbecken eingeleitet und dadurch die 264 Feldt 2001 265 Athabasca Landscape Team 2008. 266 Schneider & Dyer 2006 267 Wilderness Committee 2008 268 Schneider & Dyer 2006 67 Verschmutzung von Flüssen und Grundwasser verursacht zu haben269. Eine bei einem USGericht in New York seit 1993 anhängige Klage von Siedlern und Angehörigen indianischer Gemeinschaften auf Kompensations- und Reparationszahlungen ist bis heute nicht entschieden. Grund ist der immer wieder durch Texaco erfolgte Versuch durch außergerichtliche Absprachen und Zahlungen dem Gerichtsverfahren zu entgehen270. Texaco behauptet, die Umweltschäden beseitigt zu haben. Unabhängige Untersuchungen im Auftrag des New Yorker Gerichts von 45 angeblich sanierten Flächen haben aber ergeben, dass alle diese Flächen mehrere tausendfach höhere Werte von TPHs (Total Petroleum Hydrocarbons) als normalerweise üblich aufweisen271. Experten schätzen, dass die Firma Chevron, die 2001 Texaco übernommen hat, für Umwelt- und Gesundheitsschäden von bis zu 27 Milliarden verantwortlich gemacht werden könnte. Diese Summe wäre dann um ein vielfaches höher als die Entschädigungszahlung von Exxon Mobil von 4 Milliarden Dollar für den Tankerunfall in Alaska im Jahr 1989272. Kanada: Zwei Drittel des aus dem Athabasca Fluss entnommenen Wassers wird für den Teersandabbau genutzt. Die heutigen Projekte haben Lizenzen, um mehr als 550 Mio. m3 Frischwasser des Athabascabeckens jährlich zu nutzen. Das ist genug Wasser, um eine 3 Millionen-Stadt für ein Jahr zu versorgen. Im Jahr 2007 hat die Ölsandindustrie in Kanada 129 Mio. m3 Wasser benutzt273. Da es keine Begrenzung für die Wassernutzung des Lower Athabasca Flusses gibt, führt der Teersandabbau im Sommer zu sehr niedrigen Pegeln sowie zu zurückgehenden Fischpopulationen274. Teersand Bergbau-Verfahren: Während des Teersandabbaus verschmutzen toxische Abwässer, die in offenen Teichen oder tiefe Brunnen gelassen werden, das Oberflächen- und Grundwasser. Es wurden hohe Konzentrationen von Arsen und anderen Metallen im Delta des Athabasca Flusses gefunden. Das Delta gehört zum Wood Buffalo Nationalpark und zu den wichtigsten Feuchtgebieten der Welt. Ca. 1,8 Mio. m3 toxische Schlämme fallen täglich an. Im Juni 2008 waren 720 Mio. m3 Schlämme in Auffangbecken (tailing ponds) enthalten275. Die Abwasserauffangbecken des Teersandabbaus bedecken bereits eine Fläche von mehr als 130 km2. Die toxischen Inhalte der Becken sind eine ständige Gefahr für die Einwohner in den Gebieten und für Flora und Fauna. Vögel müssen ständig mit Abschreckvorrichtungen und Vogelscheuchen vor den Auffangbecken ferngehalten werden, da sie sonst in den Becken verenden würden276. Nach einer neuen Untersuchung treten 11 Mio. Liter verseuchtes Wasser jeden Tag aus den Auffangbecken aus. Zudem sind viele Auffangbecken direkt neben dem Athabasca Fluss gebaut. Ein Wandbruch der Auffangbecken würde eine noch größere Auswirkung auf das 269 Smith und Gullo 2008. Palmer 2009. 270 Feldt 2001 271 Palmer 2009. 272 AFP 2009b; Smith und Gullo 2008. Palmer 2009. 273 Pembina Institute 2009 274 ebd. 275 ebd. 276 ebd. 68 Ökosystem haben als die Exxon Valdez Katastrophe in 1989, in der 40,9 Mio. Liter Öl vor den Küsten Alaskas ausgelaufen sind, 1.100 Kilometer Küstenlinie verseucht und 36.000 Zugvögel getötet wurden277. Durch das Bergbau -Verfahren bei der Ölsandgewinnung werden 2 - 4,5 Liter Wasser gebraucht, um einen Liter Öl zu produzieren. Der Teersandtagebau schädigt nicht nur die Feuchtgebiete des Abbaugebietes, sondern auch die umliegenden Ökosysteme sehr stark, da das Grundwasser in einer großen Umgebung abgesenkt wird. Feuchtgebiete spielen eine zentrale ökologische Rolle im borealen Nadelwald, sowohl als Wasserfiltrationssystem als auch als Kohlenstoffspeicher278. Die Wiederherstellung dieser Ökosysteme ist unmöglich. Ein großer Teil der unberührten Landschaft im Teersandgebiet von Alberta ist von Feuchtgebieten bedeckt. Teersand In-situ-Verfahren: Die meisten In-situ-Projekte im Athabasca Fluss Becken nutzen Grundwasser. Einige Projekte recyceln bis zu 90% des Wassers. Wenn recyceltes oder Salzwasser (aus tieferen Aquiferen) benutzt wird, muss es entsalzt werden, bevor es für die Dampferzeugung verwendet werden kann. Die Abfälle der Entsalzung und anderer Behandlungsprozesse dürfen in Versenkbohrungen in tiefe Formationen oder in den Boden gepumpt werden279. Salze und andere Abfälle können in die umgebenden Aquiferen gelangen. Außerdem erhöhen Stickstoffoxid- und Schwefeldioxidemissionen den Säuregrad von Boden und Wasser im Teersandabbaugebiet und den umliegenden Regionen280. Für das Ende der Ölsandprojekte planen die Ölsandunternehmen den Bau von Endlagerseen (end pit lakes), um die Reste der Abwässer zu deponieren. Endlagerseen sind bis jetzt nicht als Langzeitlagerstätten für Teersandabwässer getestet. Es gibt keine Beweise dafür, dass diese Seen geeignet sein werden, die Ökosysteme dauerhaft vor Schadstoffeinträgen zu schützen281. 7.3.5 Umweltauswirkung: Boden Ecuador: 97 % des ecuadorianischen Öls stammt aus dem Amazonasgebiet und wird über eine 500 km lange Pipeline, der SOTE zum Pazifikhafen Esmeraldas gepumpt. Die SOTE, die von der Firma Texaco gebaut worden ist, überwindet auf ihrem Weg zum Pazifik die beiden Bergketten der Kordilleren. Aufgrund aktiver Vulkane, bis zu 4000 m hohen Steilhängen und starken Niederschlägen sind die Kordilleren sehr stark erosionsgefährdet. Die SOTE wird ständig durch Erdrutsche beschädigt und muss permanent repariert werden. Durch die häufigen Lecks gelangen bis zu 160.000 Liter Öl monatlich in die Oberflächengewässer und versickern. Der 277 ebd. 278 ebd. 279 Pembina 2006.,S. 104 280 Pembina 2009. S. 25 281 Pembina 2009. S. 41 69 Grund ist die ungenügende Kontrolle der Pipelines. Daher werden Lecks oft erst sehr spät erkannt282. Eine neue Pipeline, die vom Amazonas zur Pazifiküste gebaut wurde, ist die OCP (Oleoducto de crudos pesados, Pipeline für Schweröle), die in Ecuador von Umweltschützern auch Oleoducto de Contaminación y Pobreza, Pipeline für Verschmutzung und Armut, genannt wird. Die OCP wird von einem Konsortium internationaler Erdölfirmen betrieben, zu den EnCana (Kanada) Repsol-YPF (Spanien), Pecom Energia (Argentien), Occidental Petroleum (USA), ENI-AGIP (Italien), Techint (Argentinien) und Perenco (Großbritanien) gehören. Kreditgeber der Pipeline sind 16 europäische und US-amerikanische Finanzinstitutionen, darunter die Westdeutsche Landesbank283. Die OCP, die zu einer Verdoppelung der Ölförderung im Amazonas führen soll und von der sich der Staat Ecuador einen Anstieg der Öleinnahmen und einen Abbau seiner Schulden erhofft, führt wie die SOTE zu erheblichen Umweltschäden284. Die OCP wurde sehr schnell in nur 2 Jahren gebaut und ist seit 2003 in Betrieb. Sie erstreckt sich über eine Länge von 500 km zwischen Lago Agrio (Amazonien) und dem Hafen Esmeralda im Pazifik und muss deswegen die Anden-Bergkette überqueren. Die OCP läuft über 94 tektonische Gräben und instabile Paramos, entlang 6 aktiver Vulkane und durch Regenwälder und 11 Naturschutzgebiete, Wälder und Nationalparks. 2008 sind 2.500 Barrel Rohöl der OCP im National Park Yasuní ausgelaufen. Am 25.02.2009 gab es eine neue Leckage - diesmal von 14.000 Barrel Rohöl - in Naturschutzgebiet Cayambe-Coca, dem größten Schutzgebiet (400.000 ha) mit der größten Biodiversität des Landes (über 1.300 Tierarten)285. Die Ölleckage hat zur Verschmutzung mehrer Flüsse auf über 500 km Länge und den angrenzenden Wäldern geführt und außerdem die Wasserquellen der 30.000 Einwohner-Stadt Coca verseucht286. Das ecuadorianische Umweltministerium (MAE) berichtet von Umweltschäden in vier Naturschutzgebieten, darunter der Nationalpark Sumaco-Napo-Galeras und das Naturreservat Cayambe-Coca. Nach Angaben der Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador (Conaie) wurden sogar in Aguarico in der Provinz Orellana, 500 km von der Leckage entfernt, tote Fische und Schlangen gefunden. Das ecuadorianische Umweltministerium hat die OCP Ecuador S.A., Betreiber der OCP-Pipeline, wegen vorsätzlich oder fahrlässig begangener Straftaten angezeigt287. Das Ministerium wirft den Betreibern u.a. vor, dass der Kontrollmechanismus der Pipeline erst 7 Minuten nach der Leckage reagiert hat und die Mitarbeiter nur unzureichend über Notfallmaßnahmen informiert waren. Außerdem gibt es nach Ansicht des Ministeriums zu wenig Rückhaltesperren. Die Anklage vom 28.02.2009, die zusammen mit dem Umweltamt des Erdöl- und Bergbauministeriums eingereicht wurde, hat die Abgabe von Notfallplänen für die sofortige Rohölrückgewinnung, die gesamte Säuberung des betroffenen Gebietes und die Entschädigung der betroffenen Einwohner gefordert. Trotzdem hatte die OCP Ecuador zwei Wochen nach dem Unfall noch keine Notfallpläne vorgelegt. 282 Mirkes 2003. 283 Kneidinger 2003. 284 Acción Ecológica 2003 285 Prensa Indígena 22.03.2009 286 El Comercio.2009 287 El Universario 2009. 70 7.3.6 Umweltauswirkung: Erhöhtes Risiko von Krankheiten-Ecuador In der Nähe der heute durch die staatliche Gesellschaft Petroecuador weitergeführten und früher von Texcao betriebenen Ölfeldern wurde festgestellt, dass die dort ansässige Bevölkerung einem hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt ist. So hat eine Erhebung des „Centro de Derechos Económicos y Sociales“ ergeben, dass sich die Gefahr von Krebs, einer Schädigung des Nervensystems als auch Beeinträchtigungen bei den Geburten erhöht hat288 Das Instituto de Epidemiología y Salud Comunitaria “Manuel Amunarriz” hat zusammen mit anderen internationalen Instituten in mehreren Studien ein starkes Risiko von Krebserkrankungen, darunter Kinder-Leukämie, Gebärmutter- und Brustkrebs bei Frauen, Magen-, Haut-, Lymphknoten-, Prostatakrebs bei Männern sowie von spontanen Fehlgeburten und Kindesmissbildungen festgestellt289. Es wird geschätzt, dass wegen unsachgemäßer Handhabung pro Bohrloch ca. 4.200 m³ Schlamm, Spülwasser usw. anfallen. Genaue Daten über die chemische Zusammensetzung dieser Bohrabfälle liegen für Ecuador nicht vor. Sie variieren auch von Bohrloch zu Bohrloch, enthalten aber fast immer toxische Verbindungen aus Aluminium, Antimon, Nickel, Zink, Benzol, Naphthalin, Phenathren sowie Natrium- und Chlorsalze. Diese Abfallprodukte werden in Auffangbecken zwischengelagert. Werden diese nicht wirksam vor Niederschlägen geschützt, laufen sie nach tropischen Regenfällen über, wie es in der Vergangenheit häufig passiert ist und tragen maßgeblich zur Verseuchung von Grundund Oberflächenwasser sowie der Böden bei. Nigeria: Die Gasabfackelung findet oft sehr nah zur lokalen Bevölkerung statt, häufig fehlt es an geeigneter Einzäunung zum Schutz der Einwohner, die ständig der hohen Hitze ausgesetzt sind, wenn sie ihren normalen Aktivitäten nachgehen.290 Durch die Abfackelung wird eine große Menge giftiger Chemikalien freigesetzt, u.a. Stickstoffdioxid, Schwefeldioxid, flüchtige organische Verbindungen wie Benzol, Toluol, Xylol und Hydrogensulfid sowie krebserregende Substanzen wie Benzo[a]pyren und Dioxin. Menschen, die solchen Substanzen ausgesetzt sind, können unter einer Vielzahl von Atembeschwerden leiden, die bei vielen Kindern im Niger-Delta vorkommen, ohne dass es Untersuchungen darüber gegeben hat. Diese Chemikalien können Asthma verschärfen, Atmungsschwierigkeiten, Schmerzen und chronische Bronchitis verursachen. Speziell ist Benzen zu nennen, das Leukämie und Blutkrankheiten hervorruft291. Kanada: Die Teersandnutzung führt zu erhöhten Raten von seltenen Krebsarten sowie Schilddrüsenprobleme und Immunkrankheiten bei der lokalen Bevölkerung in den Abbaugebieten. Toxische Stoffe wurden im Wasser der naheliegenden Flüsse und Seen gefunden: hohe Konzentrationen von Arsen, Quecksilber und polyzyklischen aromatischen Kohlenstoffenwasserstoffen (PAKs)292. 288 IESR 1994, zitiert in Feldt, 2001 289 Instituto de Epidemiología y Salud Comunitaria “Manuel Amunarriz” 2000, 2002; Hurtig u. San Sebastián; San Sebastián, Armstrong u. Stephens 2001 290 FOE 2004. 291 Environmental Rights Action, Friends of the Earth Nigeria, 2005, S. 24 292 Timoney 2007 71 Außerdem gefährden die plötzlichen Dampffreisetzungen von In-situ Projekten, sogenannte Blowouts, die Gesundheit der Bevölkerung. Im Fall eines Blowout-Unfalls müssen die Bewohner der betroffenen Gebiete evakuiert werden oder sich in Räumen aufhalten, deren Türen und Fenster abgeklebt sind oder mit feuchten Tüchern abgedichtet werden, bis die Chemikalien sich in der Luft auflösen293. 7.4 Abschließende Bewertung der Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte der Erdölproduktion In Kapitel 7.2 und 7.3 wurden die Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte der Erdölproduktion schwerpunktmäßig anhand von Länderbeispielen dargestellt. Es stellt sich die Frage, ob die Ergebnisse dieser Länderanalyse repräsentativ für die gesamte Erdölproduktion sind. Die im Rahmen dieser Studie untersuchten Länder haben einen nur relativ geringen Anteil an der weltweiten Erdölförderung. Die Auflistung der nicht analysierten Auswirkungen zeigt außerdem, dass die Folgen der Erdölförderung weit über die Ergebnisse dieser Studie hinausgehen. Es ist zudem zu erwarten, dass die negativen Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte der konventionellen und unkonventionellen fossilen Kraftstoffe in Zukunft weiter zunehmen werden: • Die Bedeutung Afrikas für die weltweite Erdölförderung steigt, während die Probleme der bestehenden Erdöl produzierenden Länder nicht gelöst sind und weitere politisch instabile Erdölförderländer hinzukommen. • Der Teersandabbau und die Förderung von Schwerstöl werden weiter steigen. Ohne die Schaffung von Alternativen werden Kraftstoffe aus Ölschiefer und Kohle mit erheblichen Umwelteffekten hinzukommen. • Die Erdölförderung wird immer schwieriger: Immer tiefere Vorkommen und Erdölfelder in abgelegenen Regionen wie der Arktis müssen erschlossen werden. Mit höherem technischen Aufwand steigen auch die Umweltrisiken, wie der jüngste Vorfall, ein Leck einer Tiefseebohrung vor der Küste Australiens, zeigt294. Ein Tanker oder Pipelineunfall in der ökologisch sehr empfindlichen Arktis würde zu einer Umweltkatastrophe mit irreparablen Schäden führen. Eine im Juni 2009 veröffentlichte Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers und der oekom research AG295, einer der führenden Rating Agenturen im Bereich von nachhaltigem Investment, belegt, dass die Ergebnisse der Länderanalyse dieser Studie keine Einzelbeispiele sind, sondern auf die globale Situation der Öl- und Gaswirtschaft übertragbar sind. PricewaterhouseCoopers und die oekom research AG haben in ihrer Studie die Berücksichtigung sozialer und umweltbezogener Aspekte in 293 Wilderness Committee 2008 294 The Australian 2009. Bislang ist sind, 2 Monate nach dem Unfall, alle Versuche gescheitert, das Leck abzudichten. 295 oekom research AG, PricewaterHouseCooper, 2009 72 Unternehmen untersucht. Dabei wurde analysiert, ob Unternehmen entsprechende Standards formuliert und Maßnahmen zur Umsetzung dieser Standards implementiert haben. Zudem wurde die tatsächliche Einhaltung der Standards überprüft. Grundlage der Analyse waren 825 Unternehmen aus 38 Staaten, dabei wurden die weltweit wichtigsten Aktienindizes komplett oder zu großen Teilen abgedeckt, so z.B. 100 % der DAX 30 Unternehmen oder 75 % der im MSCI World gelisteten Unternehmen. Dabei wurden u.a. die Themenblöcke Menschenrechte, Umweltstandards sowie Transparenz und Korruption betrachtet. So wurde im Bereich Menschenrechte festgestellt, dass die von Unternehmen formulierte Menschenrechtspolitik und die tatsächliche Umsetzung voneinander abweichen. Zwei Branchen fallen als besonders problematisch auf: die Öl- und Gaswirtschaft, aber auch der Bergbau. So wurde die formulierte Menschenrechtspolitik der Öl- und Gasbranche am besten bewertet, gleichzeitig sind 21,1 % der Unternehmen durch Verstöße im Bereich der Menschenrechte aufgefallen. Dabei ging es häufig um Landnutzungskonflikte wie Vertreibung und Enteignung sowie um Gewaltanwendung des Sicherheitspersonals. Auch bei der Kategorie Umweltstandards wurden massive Umweltverstöße durch Öl- und Gasunternehmen festgestellt, z.B. im Bereich der Ölförderung und des Öltransports durch Pipelines und Schiffe. Dabei werden die Leckagen der von Shell betriebenen Pipelines im NigerDelta als Beispiel benannt. Im Bereich Transparenz und Korruption wurde die allgemeine Transparenz über Zahlungen an Regierungen bewertet. Auf einer Skala von 0 (sehr geringe Transparenz) bis 100 (sehr hohe Transparenz) schnitt die Öl- und Gasbranche zwar am besten ab, mit einem Wert von 34,33 % aber sehr bescheiden. Im Bereich Korruption wurde bei den von oekom research analysierten Unternehmen der Ölbranche in 18,2 % eine weite Verbreitung von Korruption festgestellt. Die von PricewaterhouseCoopers und der oekom research AG belegten Untersuchungsergebnisse dieser Studie zeigen den sehr großen Handlungsbedarf, der im Kapitel 8.4 näher erläutert wird. 8 8.1 Zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse und Handlungsempfehlungen Auswirkung der Gewinnung von unkonventionellem Erdöl auf die langfristige Entwicklung der Treibhausgasemissionen Voraussagen für die Entwicklung der Treibhausgasemissionen von unkonventionellen fossilen Kraftstoffen sind auf Grund der Komplexität der technischen Probleme, der Umweltprobleme als auch der beschriebenen sozioökonomischen Effekte nur schwer zu treffen (siehe Kapitel 6 und 7)296. Um aber eine Tendenz darstellen zu können, beschreiben wir zwei Entwicklungsszenarien. Die Ergebnisse dienen uns dabei als Voraussage, wie sich die CO2296 Die Umweltauswirkungen des Teersandabbaus können z.B. die Konflikte mit der lokalen Bevölkerung und Umweltgruppen weiter verschärfen und dadurch die weitere Nutzung des Teersandes erschweren. 73 Emissionen entwickeln können, wenn der Rückgang der konventionellen Kraftstoffe durch unkonventionelle fossile Kraftstoffe ausgeglichen wird. Wir berücksichtigen hier nur die Emissionen des Erdöls, das im Verkehrssektor verbraucht wird und etwa die Hälfte des Gesamtölverbrauchs ausmacht297. Für die weitere Verkehrsentwicklung übernehmen wir die Schätzung der IEA, dass der Anteil des Erdöls im Verkehrssektor auf 60 % des Gesamtverbrauchs im Jahr 2030 ansteigt298. Nicht nur Prognosen der Entwicklung unkonventioneller Kraftstoffe sind sehr schwierig. Auch die Abschätzung der zukünftigen Produktion konventionellen Erdöls ist mit großen Unsicherheiten verbunden. Kapitel 2.3 zeigt, wie unterschiedlich die Prognosen der verschiedenen Institutionen sind. Die unterschiedlichen Schätzungen für die Ölproduktion im Jahr 2030 weichen um mehr als 30 Mio. Barrel/Tag voneinander ab299. Die Prognose der Treibhausgasbilanzen der verschiedenen Kraftstoffarten ist ebenfalls schwierig, da die Bandbreite der Bilanzen sehr groß ist (siehe Tabelle 8). Die zukünftigen CO2-Emissionen konventioneller fossiler Kraftstoffe werden durch viele Faktoren beeinflusst wie z.B. den Förderaufwand, die Tiefe der Vorkommen, den Anteil des Schweröls, den Schwefelgehalt, die Abfackelung von Erdölbegleitgas, die EOR-Technologien und die Entwicklung der Kraftstoffgrenzwerte für Schwefel und andere Schadstoffe. Die Szenarien sind daher eine theoretische Betrachtung, die aber dazu dient, die sich verschärfende CO2-Problematik im Verkehrssektor zu verdeutlichen. Folgende Annahmen liegen den Szenarien zu Grunde: • In beiden Szenarien wird die Gesamtproduktion konventioneller Kraftstoffe von 79 Mio. Barrel / Tag im Jahr 2007 auf 71 Mio. Barrel / Tag 2030 zurückgehen300. Diese Werte basieren auf der Prognose der Universität von Uppsala (siehe Tabelle 10 und Tabelle 11 im Anhang). Die Zahlen von Uppsala stellen ein mittleres Szenario der zukünftigen Ölproduktion dar und sind um mehr als 30 Mio. Barrel/Tag höher als die EWG-Prognose301. • In dem Szenario „Konstante Nachfrage“ gehen wir davon aus, dass die Gesamtproduktion bis 2030 gleich bleibt. • Im Szenario „Wachsende Nachfrage“ wird dagegen die Gesamtproduktion von 84,4 Mio. Barrel / Tag auf eine Gesamtproduktion von 105 Mio. Barrel / Tag ansteigen302. Grundlage dieser Zahlen sind Angaben der IEA 2008a sowie neue Schätzungen der IEA für 2009/2010.303 297 IEA 2008a 298 IEA 2008a 299 Prognose für konventionelles Erdöl in 2030: EWG: ca. 34 Mio. Barrel/Tag. Uppsala World Energy Outlook 2008: 66,7 Mio. Barrel/Tag. EWG 2008, Aleklett 2009 300 Aleklett 2009 inkl. NGL. NGL-Menge wird wie IEA 2008a berechnet, d.h. das Volumen und nicht den Energiegehalt wie bei Aleklett berücksichtigt. NGL hat einen etwa 75 % geringeren Energiegehalt pro Volumen als Erdöl. 301 Sorell et al. 2009. 302 Inkl. NGL und Produktionsgewinne. 303 IEA 2008a, IEA 2009 74 • In beiden Szenarien wird der Rückgang der konventionellen durch unkonventionelle fossile Kraftstoffe ausgeglichen (siehe Abbildung 28 und Abbildung 30). Bei den unkonventionellen Ölen beruhen unsere Zahlen auf eigenen Schätzungen, die Ressourcenmengen und die Technologieentwicklung berücksichtigen und davon ausgehen, dass es große staatliche Förder- und Forschungsprogramme gibt. Für die Szenarien nehmen wir an, dass durch technologischen Fortschritt hemmende Faktoren, wie z.B. hohe Energiekosten, abgebaut werden. Insbesondere die Weiterentwicklung der In-situ-Verfahren, wie z.B. das Thai-Verfahren für den Teersandabbau und die Untergrundvergasung für die CTL-Produktion, werden zukünftig die Produktion sehr großer Mengen unkonventioneller Kraftstoffe ermöglichen. Von der In-situ-Entwicklung wird auch die Ölschiefergewinnung profitieren. • Bei den unkonventionellen Kraftstoffen wachsen Teersande aus Kanada und Schwerstöl aus Venezuela am stärksten, weil dafür die technischen Verfahren bereits ausgereift sind. Die jüngsten Investitionen Chinas und Russland in die venezolanische Schwerstölproduktion zeigen, wie schnell die Förderung in Venezuela ausgeweitet werden kann. • Für die Entwicklung der Treibhausgasbilanzen unkonventioneller fossiler Kraftstoffe nehmen wir mittlere Emissionswerte an (siehe Tabelle 8). Sehr optimistische Werte verwenden wir für den Abbau und die Verarbeitung von Ölschiefer. Die Emissionen durch die Kraftstofferzeugung aus Ölschiefer können viel höher ausfallen, wenn hohe Prozesstemperaturen das carbonatische Begleitgestein zersetzen (siehe Kapitel 4). Die Teersandbilanzwerte enthalten keine Treibhausgasemissionen durch indirekte Landnutzungseffekte. • Wir nehmen an, dass die Treibhausgasbilanzen konventioneller fossiler Kraftstoffe sich zunehmend verschlechtern, da der Förderaufwand und die Verarbeitung durch folgende Faktoren wie in Kapitel 4 beschrieben steigt (siehe Tabelle 8): o die zunehmende Tiefe der Vorkommen o den zunehmenden Anteil von Schweröl bzw. abnehmendem durchschnittlichen API-Wert o den zunehmenden Schwefelgehalt o die strengeren Kraftstoffgrenzwerte für Schwefel und andere Schadstoffe und den dadurch entstehenden höheren Aufwand bei der Raffination o die zunehmende Anwendung von EOR-Technologien, um die Ausbeute der Erdölfelder zu erhöhen Wir erwarten, dass zukünftige Effizienzsteigerungen durch die strengeren Kraftstoffgrenzwerte für Schwefel und andere Schadstoffe kompensiert werden. Außerdem werden zukünftige geringere Flaringraten durch Vorkettenemissionen des steigenden Erdgasverbrauchs (Methanleckagen) im Erdölsektor ausgeglichen. 75 Wir verwenden für die THG-Emissionen konventioneller fossiler Kraftstoffe wie bei den unkonventionellen Kraftstoffen die gemittelten Werte der Tabelle 4 (siehe Tabelle 4 und Tabelle 8). Emissionen g CO2eq /kWh 2007 2020 2030 Teersande 408 408 408 Schwerstöl 391 391 391 CTL 802 802 802 GTL 358 358 358 Kraftstoff aus Ölschiefer 877 521 521 Alte Ölfelder 329 350 370 Onshore Entwicklung 350 370 Offshore Entwicklung 360 380 Onshore Neufunde 360 380 Offshore Neufunde 370 390 EOR 375 375 NGL 325 333 341 Tabelle 8: Entwicklung der spezifischen Treibhausgasemissionen konventioneller und unkonventioneller Kraftstoffe bis 2030 (Eigene Berechnung) 76 8.1.1 Szenario: Wachsende Nachfrage Mio. Barrel Teersande 120 Schwerstöl 100 CTL GTL 80 Ölschiefer NGL 60 EOR Offshore Neufunde 40 Onshore Neufunde Offshore Entwicklung 20 Onshore Entwicklung Alte Ölfelder 0 2007 2020 2030 Abbildung 28: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Wachsende Nachfrage" vgl. Tabelle 10 im Anhang. In Abbildung 28 stellen wir die Entwicklung der Kraftstoffproduktion anhand der von uns getroffenen Annahmen dar. Die Abbildung 29 macht deutlich, wie sich in einem „worst-caseSzenario“ die Anteile konventioneller und unkonventioneller Kraftstoffe in den nächsten Jahren verschieben können. Für die CO2-Bilanzierung von Kraftstoffen hat das erhebliche Auswirkungen. Der gesamte CO2 -Ausstoss wächst im Verkehrssektor von 8 Mrd. t CO2 im Jahr 2007 auf 13,2 Mrd. t CO2 im Jahr 2030 an. Dieser enorme Anstieg von mehr als 5 Mrd. t CO2 ist fast komplett auf das Wachstum der unkonventionellen Kraftstoffe zurückzuführen. Am meisten daran beteiligt sind CTL und der Abbau von Teersanden. Aber auch GTL, Schwerstöl und Kraftstoffe aus Ölschiefer haben einen erheblichen Anteil an den CO2-Emissionen. Trotz des Produktionsrückgangs nehmen auch die Treibhausgasemissionen konventioneller Kraftstoffe von 7,6 auf 8,2 Mrd. t CO2 bis 2030 zu. Die durchschnittlichen WTW-(Well to Wheel)-Emissionen (inkl. Verbrennung im Fahrzeug) konventioneller Kraftstoffe steigen um 12 % von 328 auf 368 g CO2eq/kWh aufgrund der oben genannten Faktoren. Die WTT-(Well to Tank)-Emissionen (ohne Verbrenunng im Fahrzeug) erhöhen sich um 64 % auf 103 g CO2eq/kWh. 77 Die durchschnittlichen WTW-Emissionen aller fossilen Kraftstoffe steigen im Szenario „Wachsende Nachfrage“ um 23 % auf 407 g CO2/kWh. Dadurch erhöhen sich die WTTEmissionen um 100 % auf 142 g CO2eq/kWh. 78 Teersande Mrd. Tonnen CO2eq g CO2eq/kWh 450 14 Schwerstöl 400 CTL 12 GTL 350 Ölschiefer 10 300 NGL 8 250 EOR Offshore Neufunde 200 6 Onshore Neufunde 150 Offshore Entwicklung 4 100 Onshore Entwicklung Alte Ölfelder 2 50 Durchschnittliche WTWEmissionen aller Kraftstoffe g CO2eq/kWh 0 2007 2020 2030 Durchschnittliche WTWEmissionen konventioneller Kraftstoffe g CO2eq/kWh Abbildung 29: Entwicklung der Treibhausgasemissionen aller konventionellen und unkonventionellen Kraftstoffe im Szenario "Wachsende Nachfrage" 79 8.1.2 Szenario: Konstante Nachfrage Mio. Barrel/Tag 90 Teersande Schwerstöl 80 CTL 70 GTL 60 Ölschiefer 50 NGL 40 EOR Offshore Neufunde 30 Onshore Neufunde 20 Offshore Entwicklung 10 Onshore Entwicklung Alte Ölfelder 0 2007 2020 2030 Abbildung 30: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Konstante Nachfrage" vgl. Tabelle 11 im Anhang Das Szenario „Konstante Nachfrage“ wird in Abbildung 30 und Abbildung 31 dargestellt. Auch in diesem Szenario kommt es zu einem Anstieg der CO2-Emissionen um 2 Mrd. t CO2 durch die verstärkte Nutzung unkonventioneller Kraftsstoffe, vor allem durch den Teersandabbau, die CTL- und Schwerstölproduktion (siehe Abbildung 31). Die Treibhausgasemissionen konventioneller Kraftstoffe entwickeln sich wie im Szenario „Wachsende Nachfrage“, da wir bei beiden Szenarien von der gleichgroßen Produktion konventioneller Kraftstoffe ausgehen. Die durchschnittlichen WTW-Emissionen aller fossilen Kraftstoffe steigen im Szenario „Konstante Nachfrage“ um 16 % auf 384 g CO2/kWh. Dadurch erhöhen sich die WTTEmissionen um 80 % auf 119 g CO2/kWh. 80 Teersande Mrd. t CO2eq g CO2eq/kWh 12 450 Schwerstöl 400 CTL 10 GTL 350 Ölschiefer 8 300 NGL EOR 250 6 Offshore Neufunde 200 Onshore Neufunde 4 150 Offshore Entwicklung Onshore Entwicklung 100 Alte Ölfelder 2 50 0 2007 2020 2030 Durchschnittliche WTWEmissionen aller Kraftstoffe g CO2eq/kWh Durchschnittliche WTWEmissionen konventioneller Kraftstoffe g CO2eq/kWh Abbildung 31: Entwicklung der Treibhausgasemissionen aller konventionellen und unkonventionellen Kraftstoffe im Szenario "Konstante Nachfrage" 81 8.2 Substitutionseffekte von Marginal Oil durch Biokraftstoffe Im folgenden Kapitel wird beschrieben, welche Biokraftstoffpotenziale es weltweit gibt, um fossile Kraftstoffe zu ersetzen. Weltweit gibt es sehr große Potenziale für die Biokraftstofferzeugung auf degradierten Flächen. Nach Erhebungen der FAO sind über 3,5 Mrd. ha weltweit degradiert Fläche304. Das sind 40 % der weltweiten Acker-, Weide und Waldfläche (vgl. Abbildung 32). Abbildung 32: Weltweite Landnutzung in Mrd. ha305 Ein Großteil der degradierten Flächen könnte für die Biokraftstoffproduktion genutzt werden, da die weltweiten Ertragssteigerungspotenziale zeigen, dass eine zusätzliche Ausweitung der landwirtschaftlichen Flächen nicht erforderlich ist, um den zukünftigen weltweiten Bedarf an Nahrungsmitteln zu decken: • Die Steigerung der Getreideproduktion um 50 % bis 100 % bis 2030 auf der bestehenden Agrarfläche ist realistisch, da der heutige globale Durchschnittsertrag mit 3 t/ha weniger als die Hälfte des Ertrages in Deutschland und anderen europäischen Ländern beträgt306. Forschungsprojekte wie z.B. das SAFE-World Research Project zeigen, dass in den Tropen durch verbesserte und nachhaltige Anbaumethoden ohne den intensiven Einsatz von synthetischen Düngern und Pestiziden große Ertragszuwächse möglich sind307. 304 Zitiert in: Metzger & Hüttermann 2008. 305 Metzger & Hüttermann 2008 306 Heutige Getreideerträge nach USDA 2008. 307 Pretty und Hine 2001 82 • Die Ertragssteigerungspotenziale sind besonders in den Tropen sehr hoch. Die durchschnittliche landwirtschaftliche Produktion pro Hektar beträgt z.B. in Afrika nur ein Drittel des durchschnittlichen Weltniveaus308. Forschungsprojekte zeigen, dass insbesondere durch Steigerung des Kohlenstoffanteils im Boden (durch Humus oder Holzkohle) die Erträge stark gesteigert werden können309. Diese Ergebnisse widerlegen die Befürchtung des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), dass eine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion immer zu erhöhten Treibhausgasemissionen und negativen Umwelteffekten führt. Das folgende Rechenbeispiel zeigt, dass Bioenergie einen sehr großen Beitrag zur weltweiten Energieversorgung leisten kann, wenn die Hälfte der degradierten Böden (1,75 Mrd. ha) für den Energiepflanzenanbau genutzt würde: • Auf einem Viertel der Fläche (0,9 Mrd. ha) könnte mit einem durchschnittlichen Pflanzenöl- bzw. Ethanolertrag von 1,2 t Rohöläquivalent/ha die Hälfte des heutigen globalen Kraftstoffverbrauchs gedeckt werden. • Auf dem anderen Viertel könnte mit schnell wachsenden Baumarten mit einem durchschnittlichen Zuwachs von 10 t Trockenmasse mehr als ein Drittel des heutigen Primärenergieverbrauchs für Strom- und Wärmeproduktion gedeckt werden. Diese Berechnung stellt eine sehr konservative Abschätzung der Biomasseerträge dar, da die heutigen maximalen Pflanzenölerträge über 5 t Rohöläquivalent (s. Tabelle 9), die Ethanolerträge über 4 t Rohöläquivalent und die Zuwachsraten von schnellwüchsigen Baumarten in den gemäßigten Breiten bis zu 20 t Trockenmasse und in tropischen Trockenwäldern bis über 30 t Trockenmasse/ha betragen310. Auch Forschungsarbeiten in Mexiko zeigen, dass sehr hohe Bioenergieträge nicht auf die feuchten Tropen begrenzt sind. Anbauversuche mit Agaven mit sehr hohem Zuckergehalt haben unter semiariden Bedingungen Ethanolerträge von über 7.000 Liter/ha (d.h. über 3,5 t Rohöläquivalent) ergeben311. 308 Lahl 2008. vgl. USDA 2008. 309 Lal 2001, 2006, 2009. Woolf 2008. Lehmann et al. 2003, 2006, Lehmann 2006. Der Forschungsbedarf für die Nutzung von Holzkohle (Biochar) ist noch sehr groß. Es gibt aber bereits weltweit viele Forschungs- und Pilotprojekte, um die Erträge mit Biochar und anderen Techniken zu erhöhen. Bislang ist es aber noch nicht gelungen, mit diesen Maßnahmen die Eigenschaften der Terra Preta-Böden im Amazonasgebiet zu erreichen, die seit mehreren tausend Jahren trotz der intensiven Auswaschungsprozesse in den Tropen eine sehr hohe Fruchtbarkeit behalten haben und ein intensive landwirtschaftliche Nutzung mit hohen Erträgen ermöglichen. 310 Worldwatch Institute 2006. Metzger & Hüttermann 2008. 311 Vélez 2008, Burger 2008. 83 Ölpflanze/Ölsaat Leindotter (in Mischanbau mit Getreide) Ertrag t Rohöläquivalent /ha/a 0,4 Soja 0,4 Haselnuss 0,4 Senf 0,4 Sesam 0,5 Öldistel 0,6 Tungölbaum Kakaobaum 0,7 Erdnuss 0,8 Olivenbaum 0,9 Moringa-Baum 0,9 Piassava-Palme 1 Wolfsmilchpflanze 1 0,8 Rhizinus 1,1 Bacuri-Baum 1,1 Raps 1,2 Pekannussbaum 1,3 Babassu-Palme 1,4 Jatropha 1,4 Sonnenblumen 1,6 Jojoba-Baum 1,8 Paranussbaum 1,8 Avocado 2 Oiticia-Baum 2,2 Buriti-Palme 2,4 Pequi-Baum 2,8 Macauba-Palme 3,4 Pongamia-Baum 3,7 Ölpalme 4,4 Kokusnuss 5,3 312 Tabelle 9: Ölpflanzenerträge . Außerdem gilt es noch, große Potenziale salzhaltiger Flächen mit salztoleranten Pflanzen (Halophyten) für die Bioenergieerzeugung zu nutzen. Nach Lahl eignen sich etwa 50 Mio. ha Küstengebiete für die saline Landwirtschaft mit Meerwasserbewässerung313. 312 NCAT (National Center for Appropriate Technology) 2002, Pingel 2008, Bundesverband Pflanzenöle 2009. Die Werte stellen die Erträge auf guten Standorten dar 313 Lahl 2008 84 8.3 Bewertung der politischen Rahmenbedingungen für die Begrenzung von Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe Wie im Kapitel 8.1.2 aufgezeigt, wird auch bei einer konstanten Nachfrage nach Kraftstoffen in einem „business as usual“ Szenario ein Anstieg der Treibhausgase fossiler Kraftstoffe stattfinden. Allein um den Anstieg von 8 auf 10 Mrd t/CO2 bis 2030 zu vermeiden, müsste massiv umgesteuert werden. Die politischen Randbedingungen dafür gestalten sich schwierig: Auf der internationalen Ebene im Rahmen der internationalen Klimakonferenzen ist derzeit Stillstand eingekehrt. Die Verhandlungen um ein Post-Kyoto-Protokoll sind ins Stocken geraten. Eine Einigung zwischen den Industrieländern und den Schwellen- und Entwicklungsländern über CO2-Reduktionsziele und deren Verteilung ist noch nicht erzielt. In einer Pressemitteilung von Germanwatch vom 14.08.09314 wird daher von einer gefährlichen Situation für ein ambitioniertes Klimaabkommen gesprochen. Laut Germanwatch sind es insbesondere die erdölexportierenden Länder, die versuchen, den gesamten Verhandlungsprozess zu untergraben. Aber auch unter den derzeit gültigen Reduktionszielen des Kyoto-Protokolls spielt der Verkehrssektor kaum eine Rolle. So wird im EU-Emissionshandelssystem der Verkehrssektor nicht erfasst, erst ab 2012 ist nach neuer EU-Emissionshandelsrichtlinie vorgesehen, den Flugverkehr mit einzubeziehen. Dies bezieht sich aber nur auf die Betreiber, deren Luftfahrzeuge in der Europäischen Union starten und landen. Die Einführung einer Steuer auf den Kerosinverbrauch wird zwar immer wieder in der politischen Diskussion befürwortet, ist aber derzeit nicht in Sicht. Eine Ausweitung des Emissionshandels auf den Schiffsverkehr wird bisher ohne Ergebnis diskutiert. Erschwerend kommt im Schiffsverkehr hinzu, dass der im April 2008 von der International Maritime Organisation (IMO) gefasste Beschluss, Schwefel aus dem Schiffsverkehr zu verbannen, zu einer erheblichen Erhöhung des CO2 -Ausstosses führen wird. Hindergrund: Die Umwandlung von bisher genutztem schwefelhaltigem Schweröl in Raffinerien in leichtere Fraktionen benötigt sehr viel Energie. Das Forschungszentrum der europäischen Mineralölindustrie Concawe315 geht davon aus, dass sich der Treibhausgasausstoß der Raffinerien dadurch um ein Drittel erhöhen wird. Im Rahmen der flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls, Clean Development Mechanism (CDM) und Joint Implementation (JI), sind Projekte im Verkehrssektor stark unterrepräsentiert316. Grund sind die sehr große Komplexität, die hohen Kosten und die lange Implementierungsphase solcher Projekte. Besondere Schwierigkeiten treten in der Berechnung der CO2-Reduktion auf. 314 Germanwatch, 14.08.2009 315 Schlandt 2009 316 Grütter 2008 85 Im EU-Energiepaket vom Frühjahr 2007 wird neben den 20 % Zielen für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz auch ein separates Ausbauziel von 10 % Erneuerbarer Energien im Transportsektor vorgesehen. Die durch die EU-Kommission ursprünglich vorgesehenen Pläne der Einführung eines Flottengrenzwertes für Neufahrzeuge von 120/130 g bis 2012 sind inzwischen auf eine schrittweise Einführung bis 2015 abgeschwächt worden, noch wird aber daran festgehalten, bis 2020 ein Ziel von 95 g CO2 zu erreichen zu wollen. Eine CO2-basierte Kraftfahrzeugsteuer wird auf der EU-Ebene diskutiert und von den EU Umweltministern befürwortet, die schwedische derzeitige EU-Ratspräsidentschaft hat sich für eine Einführung ausgesprochen und möchte dies in ihrer Ratsperiode umsetzen. Auf nationaler Ebene in Deutschland gibt es seit dem 01. Juli 2009 eine CO2-basierte Kraftfahrzeugsteuer für Neufahrzeuge. Danach sind bis 2011 Autos bis 120g, ab 2014 bis 95 g CO2 Emissionen pro km steuerbefreit. Im Juni 2009 wurde in Deutschland ein neues Gesetz zur Änderung der Förderung von Biokraftstoffen erlassen. Danach sinkt der Anteil von Biokraftstoffen am gesamten Kraftstoffmarkt rückwirkend zum 1. Januar 2009 von 6,25% auf 5,25% und wird von 2010 bis 2014 auf 6,25% eingefroren. Das ursprüngliche Gesetz hatte vorgesehen, die einzuhaltende Quote jährlich zu steigern und 2015 einen Wert von 8 Prozent zu erreichen. Durch die Änderung werden die ursprünglich gesetzten Klimaschutzziele im Kraftstoffbereich stark abgeschwächt. Mit dem Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität möchte die Bundesregierung das Thema Elektromobilität stärker anstoßen. Doch befindet sich hier die politische Diskussion noch in der Anfangsphase. Ziel ist es, bis 2020 eine Millionen Elektroautos auf dem deutschen Markt zu haben. Auch in Japan oder den USA wird das Thema Elektromobilität immer stärker diskutiert. Bei den Autobauern sind die japanischen Hersteller am weitesten bei der Entwicklung von Fahrzeugen mit elektrischem Antrieb fortgeschritten, aber auch deutsche Unternehmen (BMW, Daimler) haben angekündigt, elektrisch betriebene Stadtfahrzeuge auf den Markt zu bringen. Fazit: Eine auf internationaler Ebene abgesprochene Strategie, CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu reduzieren, ist nicht zu erkennen. Einzelne Maßnahmen, wie sie auf der europäischen Ebene angestoßen und in einigen Nationalstaaten eingeführt werden, sind vollkommen unzureichend, eine effektive CO2-Minderung bei fossilen Kraftstoffen zu erreichen. Zudem besteht die Gefahr, dass national oder europäisch getroffene Maßnahmen nicht die Menge des CO2-Ausstoßes weltweit verringern, sondern nur zu Verdrängungseffekten führen, indem dann in Europa CO2 – ärmere, leichtere Kraftstoffe eingesetzt werden und in den anderen Ländern die Kraftstoffe aus Schweröl, Ölschiefer, Teersand und Kohle genutzt werden 86 müssen317. Daher müssen weltweite internationale CO2-Minderungsziele im Verkehrssektor analog der CO2_Minderungsziele im Strom- oder Wärmebereich implementiert werden. 8.4 Handlungsempfehlungen: Sozial- und Umweltstandards für fossiles Öl Seit einigen Wochen liegt der Entwurf einer Biokraftstoff -Nachhaltigkeitsverordnung vor, die zum 01. Januar 2010 in Kraft treten soll. Hindergrund ist die nationale Umsetzung der europäischen Nachhaltigkeitsanforderungen, wie sie in den Richtlinien zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (RED) und der Einführung von Nachhaltigkeitskriterien für die Produktion und den Einsatz von Biomasse definiert werden. Bemühungen, gesetzliche Nachhaltigkeitskriterien für die Produktion von fossilen Kraftstoffen zu formulieren, existieren nicht. Alles, was bisher in diesem Bereich vorliegt, sind freiwillige Prinzipien oder freiwillige Initiativen ohne rechtsverbindlichen Charakter. Beispielhaft seien hier vier Initiativen318 vorgestellt: Voluntary Principles on Security and Human Rights: Diese freiwilligen Prinzipien wurden im Jahr 2000 nach einem Treffen von Repräsentanten der Außenministerien der USA und Großbritannien, Erdöl-, Bergbau- und Energieunternehmen sowie verschiedener Nichtregierungsorganisationen aufgestellt, als Exxon und BP wegen Menschenrechtsverletzungen durch ihre Sicherheitskräfte in Kolumbien und Indonesien angeklagt wurden. Die Prinzipien sollen Sicherheit und Schutz beim Abbau von Rohstoffen garantieren und dafür sorgen, dass die Menschenrechte und die Freiheitsrechte respektiert werden. Laut Memorandum der Heinrich Böll Stiftung gibt es kaum Informationen darüber, wie wirksam die Initiative ist, da es keine Kriterien für eine Mitgliedschaft und kein Verfahren gibt, wie überprüft werden kann, ob die Prinzipien auch eingehalten werden. Inzwischen haben mehrere NGOs angedroht, diese Initiative wieder zu verlassen. UN Global Compact: Der Global Compact geht auf eine Initiative des ehemaligen Generalsekretärs der UN, Kofi Annan, aus dem Jahr 1999 zurück. Grundbestandteil sind zehn Grundsätze aus dem Bereich der Menschenrechte, Arbeit, Umwelt und Korruptionsbekämpfung. Der Global Compact bietet Unternehmen eine Lernplattform, Beispiele optimaler Verhaltensweisen kennen zu lernen und anzuwenden. Er versagt aber, wenn sich Unternehmen nicht an die 10 Prinzipien halten, da es keine Verbindlichkeit gibt. OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen: Diese Leitsätze enthalten Prinzipien zu Sozialund Umweltstandards, zur Einhaltung von Gesetzen und Steuerbestimmungen des Gastgeberlandes sowie zu Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung. Diese Leitsätze sind freiwillig, beinhalten aber formal eine Beschwerdemöglichkeit. Zudem verpflichten sich die Mitglieder der OECD, Anlaufstellen einzurichten, wo Klagen vorgebracht werden können. So hat z.B. das UN-Expertengremium zur „illegalen Ausbeutung natürlicher Ressourcen und anderer Vermögensarten der DR Kongo“ diese Leitsätze zur Grundlage ihres Berichtes gemacht, um in der Öffentlichkeit zu publizieren, wenn Unternehmen internationales Recht 317 vgl. Reilly 2007. 318 Heinrich Böll Stiftung 2007 87 verletzen und sich nicht an die OECD Leitsätze halten. Der Bericht wurde sehr kontrovers diskutiert, weil er keinen klaren Beweis für die Beteiligung der Unternehmen an den Verstößen gegen die Leitsätze enthielt. Dies zeigte, dass die Indikatoren und Verfahren der OECDLeitsätze nicht klar genug sind, um die Teilnahme an Unternehmen, die an den Konflikten beteiligt sind, eindeutig nachzuweisen. Extractive Industries Transparency Initiative (EITI): Ziel der Initiative ist die Transparenz der Einnahmen aus der Rohstoffindustrie. EITI ist eine rein freiwillige Selbstverpflichtung. Weitergehend ist die von internationalen NGOs getragene Kampagne „Publish What You Pay“, die die Initiative EITI zwar unterstützt, aber darüber hinaus fordert, dass es eine verpflichtende Offenlegung der Steuern, Abgaben, Lizenzgebühren und anderer Zahlungen geben muss. Diese Initiativen müssen in den nächsten Jahren erst noch zeigen, ob sie zum Erfolg führen. Auch die Studie von PricewaterhouseCoopers und der oekom research AG zeigt (s. Kapitel 7.4), dass die von Unternehmen formulierten Standards und die tatsächliche Umsetzung von einander abweichen, wie z.B. in den Bereichen Menschenrechtspolitik und Umweltauswirkungen. Fazit: Nachhaltigkeitsstandards sollten auch für fossile Kraftstoffe implementiert werden. So gibt es erste Initiativen des Europäischen Parlaments, Unternehmen, deren Aktivitäten im Ausland zu Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen führen, stärker in die Haftung zu nehmen. Ein möglicher Bündnispartner könnte die European Coalition of Corporate Justice (ECCJ) sein, ein Netzwerk von 250 europäischen NGOs, die die Einführung der Direkthaftung von Unternehmen fordern. 88 9 Quellenverzeichnis Acción Ecológica 2003: II Declaración de Lago Agrio. www.accionecologica.org Acosta, A. 2003: Ecuador: Entre la ilusión y la maldición del petróleo. In: Ecuador Debate, Nr. 58. CAAP, Centro Andino de Acción Popular, Quito, Ecuador, April 2003 AFP 2009a: Venezuela, China sign 16 bln dlr oil deal. 17.9.2009. AFP 2009b: Chevron tried to taint Ecuador toxic waste trial: lawyer- 29.10.2009 Adams, M.; Osho, G. u. Coleman, Q. 2008: The Politics And Political Implications Of Oil And Gas Exploration In Africa: An Analysis Of American Oil Corporations In Nigeria. In: International Business & Economics Research Journal, Volume 7, Number 12, Dezember 2008 Aleklett, K. 2009: Energy – the challenge to sustainability. Vortrag am 5. 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Eigene Darstellung,. ......................... 26 Abbildung 16: Schema der Teersandgewinnung im Tagebau ..................................................... 27 Abbildung 17: Schema des SAGD-Verfahrens. ............................................................................ 30 Abbildung 18: Schema des THAI-Verfahrens.. ............................................................................. 31 Abbildung 19: Prozessschema der In-situ-Kohlevergasung......................................................... 37 Abbildung 20: Verlauf der Injektions- und Produktionsbohrungen der In-situ-Kohlevergasung. Eigene Darstellung nach Kempka et al. 2009 .............................................................................. 37 Abbildung 21: Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe (WTW). .......................................... 39 Abbildung 22: Auswirkungen des Wasser-Erdölverhältnisses und der Tiefe des Erdölfeldes auf die CO2-Intensität der Erdölförderung. ....................................................................................... 42 Abbildung 23: Spezifische Treibhausgasemissionen der Erdölförderung bei unterschiedlichen Wasser-Erdölverhältnissen und Tiefen der Erdölfelder... ........................................................... 43 Abbildung 24: Entwicklung der Erdölproduktion und der Treibhausgasemissionen der BPErdölproduktion in der Nordsee .................................................................................................. 45 Abbildung 25: Entwicklung der CO2-Intensität der BP-Erdölproduktion in der Nordsee ............ 45 Abbildung 26: Auswirkungen der Schwere und des Schwefelgehaltes von Erdöl: Prozentuale Abweichung von den durchschnittlichen Treibhausgasemissionen von Dieselkraftstoff in den USA. ............................................................................................................................................ 48 Abbildung 27: Produktionskosten fossiler Kraftstoffe ................................................................ 51 99 Abbildung 28: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Wachsende Nachfrage" . ... 77 Abbildung 29: Entwicklung der Treibhausgasemissionen aller konventionellen und unkonventionellen Kraftstoffe im Szenario "Wachsende Nachfrage" ........................................ 79 Abbildung 30: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Konstante Nachfrage" ....... 80 Abbildung 31: Entwicklung der Treibhausgasemissionen aller konventionellen und unkonventionellen Kraftstoffe im Szenario "Konstante Nachfrage"........................................... 81 Abbildung 32: Weltweite Landnutzung in Mrd. ha ..................................................................... 82 11 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Entwicklung der OPEC-Erdölreserven ......................................................................... 17 Tabelle 2: Klassifizierung nach Schwere des Rohöls .................................................................... 25 Tabelle 3: Übersicht der In-situ-Verfahren der Teersandförderung ........................................... 28 Tabelle 4: Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe (Well to Wheel – WTW-Emissionen). Quelle: Eigene Berechnung. ........................................................................................................ 40 Tabelle 5: Vergleich der Treibhausgasemissonen verschiedener Fördermethoden. .................. 44 Tabelle 6: Vergleich der Treibhausgasemissionen von Dieselkraftstoff aus Russland mit unterschiedlichen Referenzwerten ............................................................................................. 47 Tabelle 7: Entwicklungsindikatoren von erdölexportierenden Entwicklungsländern................. 61 Tabelle 8: Entwicklung der spezifischen Treibhausgasemissionen konventioneller und unkonventioneller Kraftstoffe bis 2030....................................................................................... 76 Tabelle 9: Ölpflanzenerträge. ...................................................................................................... 84 Tabelle 10: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Wachsende Nachfrage" ........ 101 Tabelle 11: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Konstante Nachfrage" .......... 102 100 12 Anhang Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Wachsende Nachfrage" Millionen Barrel/Tag 2007 2020 2030 Teersande 1,20 6,00 9,50 Schwerstöl 1,46 6 9,5 CTL 0,14 3 6 GTL 0,05 2 2 Ölschiefer 0,01 1 4 Unkonventionell Gesamt 2,85 18,00 31,00 69,448 40,00 27,1 Onshore Entwicklung 8,50 6,8 Offshore Entwicklung 8,50 6,8 Onshore Neufunde 1,00 4,35 Offshore Neufunde 1,00 4,35 EOR 1,00 6,40 Alte Ölfelder NGL 10,00 13,5 15,33 Gesamte Förderung 82,30 91,50 102,13 Produktionsgewinne 2,1 2,4 2,6 Gesamte Produktion 84,40 94 105 Tabelle 10: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Wachsende Nachfrage" 101 Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Konstante Nachfrage" Millionen Barrel/Tag 2007 1,2 1,46 0,14 0,05 0,01 2020 3,50 3,3 1 0,5 0,5 2030 4,00 4 1,7 0,8 0,7 2,85 69,45 8,80 40,00 11,20 27,1 Onshore Entwicklung 8,50 6,8 Offshore Entwicklung 8,50 6,8 Onshore Neufunde 1,00 4,35 Offshore Neufunde EOR NGL 10 1,00 1 13,5 4,35 6,4 15,33 Gesamte Förderung 82,3 82,30 82,33 Produktionsgewinne 2,1 2,1 2,1 Teersande Schwerstöl CTL GTL Ölschiefer Unkonventionelle Gesamt Alte Ölfelder Gesamte Produktion 84,40 84,40 84,43 Gesamt Konventionell 79 74 71 Tabelle 11: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Konstante Nachfrage" 102