Auswirkungen fossiler Kraftstoffe: Treibhausgasemissionen

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Auswirkungen fossiler Kraftstoffe: Treibhausgasemissionen
Auswirkungen fossiler
Kraftstoffe
Treibhausgasemissionen, Umweltfolgen
Umwelt
und
sozioökonomische Effekte
Endbericht
November 2009
1
era – energy research architecture
Verfasser:
Björn Pieprzyk
Norbert Kortlüke
Paula Rojas Hilje
Grafiken:
Max Gunter Guendel Marín
Erstellt im Auftrag von:
Verband der Deutschen
Biokraftstoffindustrie e.V. (VDB)
2
Inhaltsverzeichnis:
1
Einleitung ............................................................................................................................... 9
2
Prognose der Erdölförderung bis 2030 .................................................................................. 9
2.1
Entwicklung der Erdölproduktion bis 2008 ............................................................................ 9
2.2
Entwicklung des Förderrückgangs der heutigen Erdölfelder ............................................... 10
2.3
Prognose der zukünftigen Erdölförderung .......................................................................... 13
2.4
Entwicklung der Nachfrage nach Kraftstoffen ..................................................................... 20
3
Unkonventionelle fossile Kraftstoffe ................................................................................... 21
3.1
Definition von unkonventionellen fossilen Kraftstoffen ...................................................... 21
3.2
Rohstoffvorkommen für unkonventionelle fossile Kraftstoffe ............................................ 21
3.2.1
Unkonventionelles Erdöl ...................................................................................................... 21
3.2.2
CTL und GTL (CTL-Coal to Liquid, GTL-Gas to Liquid) ........................................................... 23
3.3
Heutige Produktion von unkonventionellen fossilen Kraftstoffen ...................................... 24
3.4
Unkonventionelle fossile Kraftstoffe - Beschreibung der Technologien .............................. 24
3.4.1
Gewinnung von Kraftstoffen aus Teersand.......................................................................... 25
3.4.2
Gewinnung von Kraftstoff aus Schwerstöl ........................................................................... 34
3.4.3
Gewinnung von Kraftstoffen aus Ölschiefer ........................................................................ 35
3.4.4
Gewinnung von Kraftstoffen aus Kohle und Erdgas............................................................. 35
4
Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe ....................................................................... 38
4.1
Treibhausgasemissionen unkonventioneller fossiler Kraftstoffe......................................... 38
4.2
Treibhausgasemissionen konventioneller fossiler Kraftstoffe ............................................. 41
4.2.1
Tiefe der Erdölfelder und Wasser-Erdölverhältnis ............................................................... 41
4.2.2
Einsatz von verbesserten Fördertechnologien..................................................................... 44
4.2.3
Abfackeln von Erdölbegleitgas -Abblasen von unverbranntem Erdölbegleitgas ................. 46
4.2.4
Viskosität und Schwefelgehalt des Erdöls ............................................................................ 48
4.2.5
Auswirkungen der Ergebnisse auf den deutschen Referenzwert und die Emissionen der
globalen Erdölförderung ...................................................................................................... 49
5
Produktionskosten fossiler Kraftstoffe ................................................................................ 50
6
Vergleich der Treibhausgasemissionen und Produktionskosten fossiler Kraftstoffe .......... 55
7
Analyse der Umweltauswirkungen und der sozioökonomischen Effekte von
konventionellem und unkonventionellen fossilen Kraftstoffen .......................................... 58
7.1
Untersuchungsmethodik...................................................................................................... 58
7.2
Auswertung von Untersuchungen zu den sozioökonomischen Effekten von
konventionellem Erdöl ......................................................................................................... 59
7.2.1
Dutch Disease (Holländische Krankheit): ............................................................................. 61
7.2.2
Rentenstaaten-Effekt ........................................................................................................... 62
7.2.3
Off –Budget- Öleinnahmen .................................................................................................. 62
3
7.2.4
Auslandsverschuldung ......................................................................................................... 63
7.2.5
Militärische Konflikte/Bürgerkrieg ....................................................................................... 64
7.3
Auswertung von Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen von konventionellem und
unkonventionellem Erdöl ..................................................................................................... 64
7.3.1
Beschreibung der Abbaugebiete .......................................................................................... 64
7.3.2
Umweltauswirkungen: Luft / Atmosphäre........................................................................... 65
7.3.3
Umweltauswirkung: Zerstörung des Waldes ....................................................................... 66
7.3.4
Umweltauswirkung: Wasser / Grundwasser........................................................................ 67
7.3.5
Umweltauswirkung: Boden .................................................................................................. 69
7.3.6
Umweltauswirkung: Erhöhtes Risiko von Krankheiten-Ecuador.......................................... 71
7.4
Abschließende Bewertung der Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte der
Erdölproduktion ................................................................................................................... 72
8
Zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse und Handlungsempfehlungen ................. 73
8.1
Auswirkung der Gewinnung von unkonventionellem Erdöl auf die langfristige Entwicklung
der Treibhausgasemissionen................................................................................................ 73
8.1.1
Szenario: Wachsende Nachfrage ......................................................................................... 77
8.1.2
Szenario: Konstante Nachfrage ............................................................................................ 80
8.2
Substitutionseffekte von Marginal Oil durch Biokraftstoffe ................................................ 82
8.3
Bewertung der politischen Rahmenbedingungen für die Begrenzung von
Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe ....................................................................... 85
8.4
Handlungsempfehlungen: Sozial- und Umweltstandards für fossiles Öl ............................. 87
9
Quellenverzeichnis ............................................................................................................... 89
10
Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................... 99
11
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................ 100
12
Anhang ............................................................................................................................... 101
4
Zusammenfassung
Die vorliegende Studie untersucht die Treibhausgasemissionen, Umweltauswirkungen und
sozioökonomischen Effekte der Produktion von konventionellen und unkonventionellen
Kraftstoffen und formuliert Handlungsempfehlungen für Klimaschutzmaßnahmen im
Verkehrssektor und für Sozial- und Umweltstandards fossiler Kraftstoffe.
Grundlage für die Bewertung der Treibhausgasemissionen, Umweltauswirkungen und
sozioökonomischen Effekte ist die Auswertung von Prognosen der zukünftigen Erdölförderung.
Der Vergleich zeigt eine große Bandbreite von Prognosen bis 2030. So erwartet die
Internationale Energie Agentur (IEA) trotz des starken Förderrückgangs der heute
existierenden Felder in den nächsten zwei Jahrzehnten keine Abnahme der gesamten
Ölproduktion, da nach ihren Berechnungen noch geprüfte Erdölreserven von ca. 1,2 bis 1,3
Billionen Barrel vorhanden sind. Andere Peak- Oil Experten gehen dagegen davon aus, dass die
leicht zu fördernden Erdölreserven bald ausgebeutet sind und die Nutzung der schwer
zugänglichen Ölvorkommen und der unkonventionellen fossilen Kraftstoffe durch
technologische Probleme begrenzt ist. Daher wird von ihnen eine Abnahme der Weltförderung
von über 80 auf40 bis 76 Mio. Barrel Erdöl täglich bis 2030 prognostiziert.
Es gibt keine einheitliche Definition von unkonventionellem Erdöl. Diese Studie bezeichnet als
unkonventionelle Erdöle die Vorkommen, die aufwendig aufzubereiten sind, um die
Eigenschaften von Rohöl zu erreichen. Danach sind unkonventionelle Erdöle Bitumen oder
Rohöl aus Teersand, Schwerstöl und Schwelöl oder Rohöl aus Ölschiefer. Zudem werden die
synthetischen Kraftstoffe aus Erdgas (GTL) und Kohle (CTL) als unkonventionelle Kraftstoffe
hinzugenommen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass zur Zeit unkonventionelle
fossile Kraftstoffe ca. 5 % der gesamten Weltölproduktion ausmachen.
Es ist jedoch von einem starken Anstieg der Produktion unkonventionellen Kraftstoffs
auszugehen, da insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern mit einem starken
Anstieg der Mobilität bis zu einer Verdreifachung gerechnet wird und folglich die Nachfrage
steigen wird. Der Anteil des Verkehrs am gesamten Erdölverbrauch wird von jetzt 52 % auf 57
% bis 2030 ansteigen.
Bei den Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe ist festzuhalten, dass die CO2-Emissionen
unkonventioneller Kraftstoffe bis zu zweieinhalb Mal so hoch sind wie Kraftstoffe aus
konventionellem Öl. Am schlechtesten schneiden dabei Kraftstoffe aus Kohle und Ölschiefer
ab. Aber auch die Emissionen von konventionellem Erdöl können um bis zu 50 % steigen durch
immer aufwendigere Fördertechnologien und Verarbeitung, immer tiefere Vorkommen, hohe
Abfackelungsmengen und strengere Kraftstoffnormen.
Die Bandbreite der Treibhausgasemissionen konventioneller fossiler Kraftstoffe zeigt, dass der
EU-Referenzwert für Diesel- und Ottokraftstoffe mit 302 g CO2eq/kWh und Dieselreferenzwert
von GEMIS 4.5 mit 313 g CO2eq/kWh zu niedrig angesetzt sind. Der heutige deutsche
Durchschnittswert für Dieselkraftstoff müßte zwischen 335 und 360 g CO2eq/kWh liegen.
Für die globale Erdölproduktion und -verwendung ergeben sich durch die Bandbreite
Treibhausgasemissionen in 2008 von 13,5 bis 15 Mrd. t CO2eq. Die Emissionen von Erdöl liegen
damit ungefähr in der Größenordnung der globalen Treibhausgasemissionen der Kohlenutzung
5
von 14 bis 15 Mrd. t CO2. Der Vergleich der reinen Verbrennungsemissionen von 10,8 Mrd. t
bei Erdöl und 12,6 Mrd. t bei Kohle führt dagegen zu einer Unterschätzung der Klimabilanz des
Erdölsektors.
Der Vergleich der Treibhausgasbilanzen verschiedener fossiler Kraftstoffe mit den
Produktionskosten zeigt keine direkte Korrelation zwischen der Höhe der Treibhausgase und
den Produktionskosten. Die teuersten Kraftstoffe sind Ölschiefer, CTL und GTL, deren
Treibhausgasbilanzen sich aber sehr stark unterscheiden. Underground Coal Gasification, einer
der emissionsstärksten Kraftstoffe, weist wesentlich geringere Produktionskosten auf.
Die Analyse der sozioökonomischen Effekte zeigt, dass insbesondere Staaten, die reich an
Ressourcen sind, bezogen auf Indikatoren wie Kindersterblichkeit, Lebenserwartung oder
Durchschnittseinkommen, sehr starken negativen sozialen und ökonomischen Auswirkungen
unterliegen. Bei der Auswertung von Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen ist
festzustellen, dass alle Ölförderarten massive negative Umwelteffekte auf den Menschen und
die natürlichen Güter, Luft, Boden, Wasser usw. haben.
In den zwei beispielhaften Szenarien „Konstante Nachfrage nach Kraftstoffen“ und
„Wachsende Nachfrage nach Kraftstoffen“ wird deutlich, dass selbst bei konstanter Nachfrage
mit einem erheblichen Anstieg der Treibhausgasemissionen von 8 auf 10 Mrd. t/CO2 im
Verkehrsektor zu rechnen ist. Die wachsende Kraftstoffnachfrage würde zu einer Erhöhung der
Emissionen von etwa 5 Mrd. t CO2 führen, 60 % mehr als heute. Diese Verschlechterung ist
besonders auf die zunehmenden unkonventionellen Kraftstoffe zurückzuführen. Aber auch die
CO2-Emissionen von konventionellen Kraftstoffen steigen, obwohl deren Produktion in beiden
Szenarien von heute 79 auf 71 Mio. Barrel/Tag in 2030 sinkt.
Erfolgsversprechende politische Rahmenbedingungen für den Klimaschutz im Verkehrssektor
existieren nicht. Ein Kyoto-Nachfolgeabkommen und die teilweise nur national oder regional
getroffenen Maßnahmen zur CO2-Reduzierung werden bei weitem nicht ausreichen, den
Treibhausgasanstieg der fossilen Kraftstoffe aufzuhalten. Nur der massive Ausbau im Bereich
nachhaltiger Biokraftstoffe, eine möglichst schnelle Einführung Erneuerbarer Elektromobilität,
Effizienzsteigerungen der Motorentechnik und der Ausbau des ÖPNV und des
Schienenverkehrs können zu einer CO2 -Reduktion beitragen.
Die Potenzialberechnungen der Studie zeigen, dass die Hälfte des heutigen globalen
Kraftstoffverbrauchs mit Biokraftstoffen gedeckt werden könnte, wenn ein Viertel der
weltweiten degradierten Flächen genutzt würde. Selbst bei steigender Nachfrage reicht diese
Biokraftstoffmenge aus, um die wachsende Menge unkonventioneller Kraftstoffe vollständig
zu substituieren.
Aufgrund der massiven negativen sozioökonomischen und Umwelteffekte empfiehlt die Studie
Sozial- und Umweltstandards nicht nur auf Basis von Selbstverpflichtungen der Erdölindustrie
zu verankern, sondern auch der Erdölindustrie weltweit verbindliche, nachprüfbare Standards
aufzuerlegen.
6
Abkürzungsverzeichnis:
API: American Petroleum Institute= Spezifisches Volumen des Rohöls
ASPO: Association for the Study of Peak Oil & Gas
BGR: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
CBM: Coal-Bed-Methane- Kohleflözgas
CDM: Clean Development Mechanism
CHOPS: Cold Heavy Oil Production with Sand
CTL: Coal- to-Liquid-Verfahren zur Herstellung von flüssigem Kraftstoff aus Kohle
CSS Verfahren: Cyclic Steam Stimulation
EIA: Energy Information Administration der US-Regierung
EID: Erdöl-/Energie-Informationsdienst
EPA: Environmental Protection Agency der US-Regierung
EOR: Enhanced oil recovery: Verbesserte Entölungstechnologien
EUROPIA: European Petroleum Industry Association
EWG: Energy Watch Group
GTL: Gas – to-Liquid-Verfahren zur Herstellung von flüssigem Kraftstoff aus Erdgas oder
anderen Gasen
JI: Joint Implementation
IEA: International Energy Agency
LNG: Liquid Natural Gas – Verflüssigtes Erdgas
NETL: National Energy Technology Laboratory
NGL: Natural Gas Liquids-Flüssige Kohlenwasserstoffe aus der Erdgasproduktion
OECD: Organisation for Economic Co-operation and Development
7
OPEC: Organization of Petroleum Exporting Countries
PAH: polyaromatischen Kohlenwasserstoffen
SAGD Verfahren: Steam Assisted Gravity Drainage
TEOR: Thermal Enhanced Recovery – Verbesserte Fördermethoden mit Dampfinjektion
THAI Verfahren: Toe – to – Heel – Air-Injektion
UCG: Underground-Coal-Gasification: Untertage-Vergasung von Kohle
Vapex Verfahren: Vapor extraction
WBGU: Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen
WEO: World Energy Outlook
WEC: World Energy Council
WOR: Water to oil ratio – Verhältnis des Wasserverbrauchs zur Erdölförderung
WTW-Emissionen: Well to Wheel-Emissionen: Treibhausgasbilanz, die alle Prozesschritte und
die Kraftstoffverbrennung umfasst
WTT-Emissionen: Well to Tank-Emissionen: Treibhausgasbilanz, die alle Prozesschritte bis zum
Kraftstofftank umfasst
8
1
Einleitung
In den kommenden Jahren wird die Produktion so genannter unkonventioneller Kraftstoffe,
zum Beispiel aus Teersanden und Schwerstöl, weltweit an Bedeutung gewinnen. Deren
Förderung wird in der öffentlichen Diskussion wegen der vermuteten hohen
Treibhausgasemissionen vielfach sehr kritisch bewertet. Dabei werden in der Öffentlichkeit
bisher zwei wichtige Aspekte außer Acht gelassen:
Schon jetzt hat die Produktion konventioneller Kraftstoffe häufig eine drastische Erhöhung der
Emissionen von Treibhausgasen sowie verheerende Umweltauswirkungen zu Folge. Daneben
sind schwerwiegende soziale Folgen in den Förderländern zu beobachten, die betroffene
Staaten vor kaum lösbare Probleme stellen.
Auch bei der Förderung von unkonventionellen Kraftstoffen entstehen stark erhöhte
Treibhausgasemissionen sowie Umweltschäden, die gravierende Folgen für die jeweiligen
Ökosysteme haben.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) und der Verband der Deutschen
Biokraftstoffindustrie e.V. (VDB) nehmen dies zum Anlass, mit einer Studie
„Treibhausgasemissionen, Umweltauswirkungen und sozioökonomische Effekte von
konventionellen und unkonventionellen Kraftstoffen“ auf die Probleme der fossilen
Kraftstoffherstellung aufmerksam zu machen.
Dabei wird in der Studie zuerst sowohl die in der Wissenschaft diskutierte Frage des Peak Oil
als auch die zukünftige Produktion von Kraftstoffen aus unkonventioneller Ölgewinnung in den
Blick genommen. In einem zweiten Schritt vergleicht die Studie die Treibhausgasemissionen
und die Produktionskosten fossiler Kraftstoffe. Im dritten Schritt werden die
sozioökonomischen Effekte und die Umweltauswirkungen von unkonventionellem und
konventionellem Kraftstoff dargelegt. Im letzten Kapitel bewertet die Studie die Auswirkungen
von unkonventionellen Kraftstoffen auf die langfristige Entwicklung der
Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor und mögliche Substitutionseffekte durch
Biokraftstoffe . Abschließend werden Handlungsempfehlungen für die Begrenzung von
Treibhausgasemissionen und für Sozial- und Umweltstandards fossiler Kraftstoffe gegeben.
2
2.1
Prognose der Erdölförderung bis 2030
Entwicklung der Erdölproduktion bis 2008
Die Welterdölproduktion hat sich in den letzten 60 Jahren verzehnfacht (siehe Abbildung 1
Entwicklung der Erdölproduktion 1925-2005). Zwischen 2005 und 2008 ist die Erdölproduktion
nur noch leicht um 1 % gestiegen1.
1
EIA 2009
9
Zur Zeit werden ca. 70 Mio. Barrel konventionelles Erdöl/Tag gefördert2. Hinzu kommen ca. 10
Mio. Barrel flüssige Kohlenwasserstoffe aus der Erdgasproduktion (NGL) und ca. 1,7 Mio.
Barrel unkonventionelle Kraftstoffe aus Teersanden, Erdgas (GTL) und Kohle (CTL) und
chemische Additive3 (siehe Abbildung 14). Die folgende Abbildung zeigt den hohen Anteil der
sehr großen Erdölfelder an der Gesamtproduktion.
Abbildung 1 Entwicklung der Erdölproduktion 1925-20054
2.2
Entwicklung des Förderrückgangs der heutigen Erdölfelder
Es gibt weltweit zunehmend Hinweise, dass die Produktion von konventionellem Erdöl bald
ihren Höhepunkt erreicht hat. Auch die IEA warnt vor zukünftigen Versorgungsengpässen, da
die Produktion der Erdölfelder, die bereits ihren Produktionshöhepunkt überschritten haben
(Post-Peak-Felder), stark abnimmt5. Nach den Analysen der IEA beträgt der durchschnittliche
weltweite jährliche Förderrückgang der Post-Peak-Felder 6,7%6.
Die Förderrückgangsrate ist in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen, da die Förderung von
jüngeren Post-Peak-Feldern viel schneller als die von älteren Vorkommen sinkt: Post-PeakFelder, die vor 1970 ihre Produktion begonnen haben, weisen nach den Analysen der IEA eine
Förderrückgangsrate von unter 4 %/a auf, 2.000-Felder dagegen eine mehr als dreimal so hohe
Rückgangsrate.
2
incl. Schwerstöle. Definition Schwerstöl Tabelle 2. Eigene Abschätzung nach IEA 2008a und EIA 2009.
3 z.B. MTBE
4 Höök, Hirsch und Aleklett 2009
5 IEA 2008a, Connor 2009, Birol 2009.
6 IEA 2008a.
10
Diese Entwicklung ist auf mehrere Faktoren zurückführen:
Technologische Entwicklung: Es werden verstärkt Technologien angewendet, um den
Entölungsgrad, d.h. die Ausbeute der Felder zu erhöhen. Je intensiver Entölungstechnologien
eingesetzt werden, desto stärker sinkt die Produktion nach dem Förderhöhepunkt ab7. Zu den
verbesserten Entölungstechnologien (Enhanced oil recovery-EOR) gehören thermische
Verfahren wie z.B. die Dampfinjektion, das Einpressen von Gasen (Stickstoff, CO2) und die
Verwendung von Chemikalien, um die Viskosität des Erdöls zu senken8. Weltweit werden
zwischen 3 und 4 % des gesamten Erdöls mit EOR-Technologien gefördert9.
Entölungstechnologien werden besonders stark in Offshore-Feldern eingesetzt, um sehr
schnell einen hohen Entölungsgrad zu erreichen (bis zu 66 %), damit sich die hohen OffshoreInvestionen in kurzer Zeit amortisieren. Ein Beispiel für die extreme Ausbeutung ist das
Canterell Offshore-Feld in Mexiko. Die intensive Anwendung von verschiedenen
Entölungstechnologien hat dazu geführt, dass seit der höchsten Produktion in 2003 die
Förderung innerhalb von 5 Jahren um 20 % abgenommen hat10. Der Anteil der OffshoreÖlproduktion weltweit hat in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen11.
Wachsende Bedeutung von kleinen Feldern: Der Anteil von sehr großen Feldern (Super-Giant
und Giant12) an der Gesamtölproduktion ist in den letzten 30 Jahren von über 70 % auf unter
60 % gesunken13. Das liegt daran, dass seit den 60er Jahren die Anzahl neuer Giant- Erdölfelder
stark rückläufig ist. Z.B. beträgt die Erdölmenge von sehr großen Erdölfeldern, die in den 90er
Jahren gefunden wurden, nur 1/10 des Volumens der sehr großen Neufunde der 60er Jahre14
(siehe Abbildung 2). Die Weltproduktion hängt daher sehr stark von den alten Giant- und
Super-Giant-Feldern ab, die vor 1970 gefunden wurden und noch immer zu über einem Drittel
der Gesamtproduktion beitragen15 (s. Abbildung 1 und Abbildung 3). Die wenigen Giant-Felder,
die in diesem Jahrzehnt ihre Produktion begonnen haben, erzeugen dagegen nur ungefähr ein
Prozent der Weltölproduktion. Der Förderrückgang von kleinen Post-Peak-Feldern ist höher als
von großen Vorkommen, weil kleine Felder schneller als größere ausgebeutet werden können,
da weniger Bohrungen erforderlich sind16. Wie stark sich die Größe auf den jährlichen
Förderrückgang auswirkt, zeigt die Auswertung der IEA der Post-Peak-Felder: der
durchschnittliche jährliche Rückgang der Super-Giants beträgt 3,4 %, der Rückgang der großen
Felder 10,4 %. Nach Schätzungen der IEA ist die Rückgangsrate der 70.000 kleinen weltweiten
Felder noch höher als die der großen Felder.
7 Höök, Hirsch und Aleklett 2009, IEA 2008a, Schindler und Zittel 2008, Campell 2009
8 IEA 2008a.
9 BGR 2009.
10 Höök, Hirsch und Aleklett 2009, IEA 2008a,
11 IEA 2008a.
12 Nach der Klassifizierung der IEA hat ein Super-Giant Feld mehr als 5 Mrd. Barrel Ölreserven, ein Giant über 500
Mio. bis 5 Mrd., ein großes Feld über 100 Mio. Barrel und ein kleines Feld unter 100 Mio. Barrel
13 Eigene Berechnung nach Höök, Hirsch und Aleklett 2009, IEA 2008a.
14 Höök, Hirsch und Aleklett 2009
15 Eigene Berechnung nach IEA 2008a.
16 Höök, Hirsch und Aleklett 2009
11
Abbildung 2: Entwicklung sehr großer Ölfunde17
Abbildung 3: Entwicklung der Erdölproduktion sehr großer Erdölfelder18
Die Entwicklung der Förderrückgangsrate ist von großer Bedeutung für die zukünftige
Erdölgewinnung. Heute kommen bereits über 60 % der Giant-Ölproduktion von Vorkommen,
die ihren Förderhöhepunkt bereits überschritten haben. Eine Fortsetzung dieses Trends ergibt
einen Anteil von 80 % an der Gesamtproduktion der Giants (siehe Abbildung 4). Zukünftig wird
es daher immer mehr sehr große Ölfelder geben, deren Ausbeutung rückläufig ist. Diese
Entwicklung ist sehr wahrscheinlich, da heute 20 % der Weltölproduktion von Giants kommt,
17 Höök, Hirsch und Aleklett 2009, IEA 2008a,
18 IEA 2008a.
12
die über 50 Jahre alt sind, und sehr große Neufunde immer seltener werden19. Wegen der
verstärkten Anwendung von Entölungstechniken erwarten Höök, Hirsch und Aleklett eine
stärkere Produktionsabnahme der Giants, die in der Zukunft in die Post-Peak-Phase kommen20.
Die IEA sieht ebenfalls eine Zunahme der zukünftigen Produktionsrückgangsrate21.
Abbildung 4: Anteil abnehmender Erdölfelder an der gesamtem Giant-Erdölförderung22
2.3
Prognose der zukünftigen Erdölförderung
Die IEA erwartet aufgrund der Entwicklung der Förderrückgangsrate eine starke Abnahme der
Produktion aller heutigen Erdölfelder von 70 Mio. Barrel/Tag in 2007 auf 27,1 Mio. Barrel in
2030 (siehe Abbildung 5).
19 Eigene Berechnung nach IEA 2008a.
20 Höök, Hirsch und Aleklett 2009
21 IEA 2008a.
22 Höök, Hirsch und Aleklett 2009
13
Abbildung 5: Entwicklung der Erdölproduktion der heutigen Felder23
Trotz des starken Förderrückgangs der heute existierenden Felder erwartet die IEA in den
nächsten zwei Jahrzehnten keine Abnahme der gesamten Ölproduktion, da nach ihren
Berechnungen noch geprüfte Erdölreserven von ca. 1,2 bis 1,3 Billionen Barrel vorhanden sind.
Die Abnahme der heutigen Felder kann nach den Berechnungen der IEA durch folgende
Entwicklungen ausgeglichen und eine Steigerung der gesamten fossilen Kraftstoffe um ein
Viertel auf 103,8 Mio. Barrel/Tag in 2030 erreicht werden24 (siehe Abbildung 6):
Erschließung bereits entdeckter Felder: Die Produktion neuer Felder, die schon entdeckt, aber
noch nicht erschlossen worden sind, steigt bis 2020 auf 29 Mio. Barrel und sinkt dann bis 2030
auf 23 Mio. Barrel/Tag ab. OPEC-Onshore-Vorkommen und Nicht-OPEC-Offshore leisten dabei
mit maximal 20 Mio. Barrel/Tag den größten Beitrag.
Neufunde: Die Produktion neuer Felder, die noch entdeckt werden, steigt bis 2030 auf 19 Mio.
Barrel. OPEC-Onshore-Vorkommen und Nicht OPEC-Offshore leisten dabei ebenfalls mit
maximal 15 Mio. Barrel/Tag den größten Beitrag.
Flüssige Kohlenwasserstoffe aus der Erdgasproduktion (NGL): Die NGL-Produktion verdoppelt
sich bis 2030 auf 20 Mio. Barrel (15 Mio. Barrel Erdölaquivalente)25. 80 % dieses Zuwachses
kommt von den OPEC-Staaten, v.a. aus dem Mittleren Osten. Die OPEC – NGL-Produktion
verdreifacht sich bis 2030.
Verbesserte Entölungstechnologien (Enhanced oil recovery): Die Förderung mit EORTechnologien wird von heute 2,5 Mio. Barrel/Tag auf 6,4 Mio. Barrel/Tag in 2030 steigen. Die
CO2-Injektion wird davon den größten Anteil ausmachen. In 2030 wird 70 % der EORProduktion in vier Staaten stattfinden: USA, Saudi-Arabien, China und Kuwait.
23 IEA 2008a.
24 IEA 2008a.
25 Aleklett 2009.
14
Unkonventionelle fossile Kraftstoffe: Die Produktion von unkonventionellen Kraftstoffen wird
sich bis 2030 auf fast 9 Mio. Barrel/Tag verfünffachen. Kraftstoffe aus Teersanden in Kanada
werden in 2030 mit fast 6 Mio. Barrel/Tag den größten Beitrag leisten.
Abbildung 6: Welterdölproduktion im Referenzszenario des WEO 200826
Der Anstieg auf über 100 Mio. Barrel/Tag bis 2030 kann nur mit Investitionen von über 8
Billionen Dollar realisiert werden. Die IEA sieht aber große Risiken, dass die OPEC-Staaten nicht
genug investieren, um den Rückgang der heutigen Felder auszugleichen. Die Organisation
warnt daher vor Versorgungsengpässen innerhalb der nächsten Jahre, wenn die notwendigen
Investitionen zum Aufbau neuer Kapazitäten nicht getätigt werden27.
Peak-Oil Experten sehen im Gegensatz zur IEA nicht die Möglichkeit, den zukünftigen
Produktionsrückgang der heutigen Felder durch hohe Investitionen in neue Förderkapazitäten
auszugleichen28. Nach ihren Berechnungen sind die leicht zu fördernden Erdölreserven bald
ausgebeutet. Die Nutzung der schwer zugänglichen Ölvorkommen und der unkonventionellen
fossilen Kraftstoffe wird durch technologische Probleme begrenzt. Daher prognostizieren sie
eine Abnahme der Weltförderung auf 39 bis 76 Mio. Barrel fossile Kraftstoffe bis 203029.
Dadurch ergibt sich gegenüber der IEA eine Differenz von bis zu 60 Mio. Barrel. Nach den
Untersuchungen der Peak-Oil-Experten sind die Potenziale von noch nicht erschlossenen oder
gefundenen Erdölfeldern, NGL, EOR und unkonventionellen Kraftstoffen wesentlich geringer
als die Prognosen der IEA und anderen Institutionen wie z.B. der EIA oder der BGR.
Erschließung bereits entdeckter Felder: Die Peak-Oil-Experten schätzen die weltweiten
Erdölreserven wesentlich geringer als die IEA und andere Institutionen wie die OPEC, BGR und
26 IEA 2008a.
27 IEA 2008a, Connor 2009
28 Aleklett 2009, Schindler und Zittel 2008, Campell 2009, Höök, Hirsch und Aleklett 2009
29 Aleklett 2009, Schindler und Zittel 2008, Campell 2009,
15
WEC ein30. Der wichtigste Grund dafür ist die unterschiedliche Bewertung der OPEC-Reserven.
Zwischen 1985 und 1990 haben die wichtigsten OPEC-Staaten ihre Reserveangaben ungefähr
verdoppelt, ohne Neufunde in diesem Zeitraum gemeldet zu haben. Der wichtigste Grund für
die Aufwertung der Reserven war wahrscheinlich der Anreiz für die OPEC-Mitglieder, durch die
Angabe höherer Reserven höhere Förderquoten durchsetzen zu können31 (siehe Abbildung 7
und Tabelle 1).
Nach Campell und Bakhtiari sind daher die tatsächlichen Reserven der OPEC nur ungefähr halb
so groß wie die offizielle Statistik. Diese Ergebnisse werden durch Untersuchungen von
Simmons in Saudi Arabien und Kommentare von Mitarbeitern der staatlichen Ölfirmen in
Kuwait und Saudi Arabien gestützt32.
Abbildung 7: Entwicklung nachgewiesener Ölreserven in OPEC-Ländern33
30 Schindler und Zittel 2008, BGR 2009, IEA 2008a.
31 Schindler und Zittel 2008, Campell 2009
32 ASPO 2006 a,b., Schindler und Zittel 2008, Campell 2009.
33 Schindler und Zittel 2008
16
Venezuela
67
Saudi
Arabien
129
31
65
163
18
51
43
64
166
25
31
49
45
90
169
26
1987
31
49
47
92
167
25
1988
92
93
100
92
167
56
1990
92
93
100
92
258
59
2008
92
136
115
102
264
99
Mrd. Barrel
Abu Dhabi
Iran
Irak
Kuwait
1970
12
70
32
1980
28
58
1984
30
1985
14
Tabelle 1: Entwicklung der OPEC-Erdölreserven34
Neufunde: Die weltweiten Neufunde sind seit den 60er Jahren stark zurückgegangen. Da
weltweit die meisten Regionen mit Ölvorkommen sehr gut untersucht sind, ist eine
Trendfortsetzung sehr realistisch und sehr große Neufunde nicht wahrscheinlich (siehe
Abbildung 8)
Abbildung 8: Entwicklung und Prognose von Erdölfunden35
34 Campell 2009.
35 Aleklett 2009.
17
Flüssige Kohlenwasserstoffe aus der Erdgasproduktion (NGL): Nach Likvern ist die NGLPrognose der IEA unrealistisch, da die IEA-Annahmen zum NGL-Anteil an der gesamten
Erdgasmenge viel zu hoch sind36.
Verbesserte Entölungstechnologien (Enhanced oil recovery): Nach Schindler und Zittel
können verbesserte Entölungstechnologien den weltweiten Förderrückgang nicht aufhalten.
EOR-Technologien konnten trotz jahrzehntelangen Einsatzes den Förderrückgang in den USA
und den Nordsee-Feldern nicht verhindern. Verbesserte Entölungstechnologien können zwar,
wie oben bereits dargelegt, die Ausbeutungsrate auf über 60 % erhöhen. Danach fällt die
Förderung aber umso steiler ab37.
Im Webburn-Feld wird erwartet, dass mit CO2-Injektion die kumulierte Fördermenge bis 2030
um ein Drittel gesteigert werden kann38. Die aktuellen Produktionsdaten legen aber offen, dass
bereits seit 2006 die Erdölproduktion wieder stark rückläufig ist (s. Abbildung 9).
Der Einsatz von EOR im Yates-Feld zeigt, dass durch den Einsatz von heißem Dampf und
Chemikalien der Förderrückgang nur kurzzeitig aufgehalten werden konnte (s. Abbildung 10).
In den USA ist trotz steigender Verwendung von CO2 -EOR die gesamte EOR-Produktion seit
2000 rückläufig, weil der Einsatz von thermischen Verfahren sehr stark abnimmt (s. Abbildung
11)39.
Abbildung 9: Entwicklung der Erdölproduktion des Weyburn Feldes in Kanada40
36 Likvern 2008.
37 Schindler und Zittel 2008.
38 IEA 2009.
39 Demchuk 2009.
40 Demchuk 2008.
18
Abbildung 10: Entwicklung der Erdölförderung des Yates-Feldes in den USA41
Abbildung 11: Entwicklung der EOR-Produktion in den USA42
41 Schindler und Zittel 2008
42 Demchuk 2009
19
Die IEA erwartet, dass die Injektion von CO2 den größten Beitrag zur gesamten EOR-Produktion
von 6,4 Mio. Barrel/Tag in 2030 leisten wird. Dafür sind aber sehr große Mengen CO2
notwendig. Für die Förderung von 3 Mio. Barrel/Tag durch CO 2-EOR müssten z.B. über 400
Mio. t CO2 produziert werden, dass entspricht der CO2 -Abscheidung von über 50 1.000 MW
CCS-Kraftwerken. Es ist sehr unsicher, ob in den nächsten Jahren CCS-Kraftwerke in dieser
Anzahl und Größe gebaut werden. Außerdem ist die sichere Einlagerung von CO2 in
Erdölvorkommen noch nicht wissenschaftlich bewiesen. Die Kosten für die CO2-EOR-Verfahren
(CO2 -Abscheidung, Transport und Injektion) stellen eine große Hürde für den weiteren Ausbau
dieser Technologien dar43.
2.4
Entwicklung der Nachfrage nach Kraftstoffen
Weltweit wird, besonders in den Entwicklungs- und Schwellenländern, mit einem starken
Anstieg der Mobilität gerechnet. Nach Angaben des World Business Council for Sustainable
Development wird sich bis 2050 der Mobilitätsbedarf weltweit verdreifachen44.
Heute wird bereits 52 % der gesamten Erdölproduktion im Verkehr eingesetzt. Bis 2030 wird
ein Anstieg des Anteils auf 57 % erwartet45.
43 Cohen 2006, Statoil Hydro 2008. Demchuk 2009.
44 World Business Council for Sustainable Development 2004
45 IEA 2008a.
20
3
3.1
Unkonventionelle fossile Kraftstoffe
Definition von unkonventionellen fossilen Kraftstoffen
Es gibt keine einheitliche Definition für unkonventionelles Erdöl als Rohstoff. Eine weite
Auslegung des Begriffes unkonventioneller Erdöle umfasst alle Vorkommen, die nur mit
besonderem Aufwand gefördert werden können. Neben Teersanden, Schwerstöl und
Ölschiefer gehören zu dieser Defintion auch Erdölvorkommen der Tiefsee und der Arktis. Diese
Studie verwendet wie die BGR und Meyer-Renschhausen eine engere Definition und
bezeichnet als unkonventionelles Erdöl nur die Vorkommen, die aufwendig aufzubereiten sind,
um die Eigenschaften von Rohöl zu erreichen. Nach dieser Definition gehören zu
unkonventionellem Erdöl Bitumen oder Rohöl aus Teersand, Schwerstöl und Schwelöl oder
Rohöl aus Ölschiefer. Schwerstöl hat eine Dichte von über 1 g/cm³ (oder weniger als 10° API)46.
Diese Studie bezeichnet außerdem synthetische Kraftstoffe aus Erdgas (GTL) und Kohle (CTL)
als unkonventionelle fossile Kraftstoffe. Im Kapitel 3.4 werden die Gewinnungstechnologien
der verschiedenen unkonventionellen fossilen Kraftstoffe erläutert.
3.2
Rohstoffvorkommen für unkonventionelle fossile Kraftstoffe
Im folgenden Kapitel werden die Rohstoffquellen für unkonventionelle fossile Kraftsstoffe
beschrieben.
3.2.1 Unkonventionelles Erdöl
Die gesamte Erdölmenge der Teersand-, Schwerstöl und Ölschieferlagerstätten (In-PlaceMenge) beträgt nach Schätzungen zwischen 6,6 und 9 Bill. Barrel (siehe Abbildung 12). Davon
kann ein Viertel technisch gewonnen werden47. Die zukünftig gewinnbaren unkonventionellen
Erdölressourcen sind mehr als doppelt so hoch wie die konventionellen Erdölreserven.
Die maximalen Schätzwerte der In-Place-Mengen der Teersand-, Schwerstöl- und
Ölschiefervorkommen sind mit jeweils ca. 3 Bill. Barrel ungefähr gleich groß48. Die
gewinnbaren Mengen sind aber wegen der unterschiedlich hohen Ausbeutefaktoren sehr
verschieden. Mit 400 Mrd. Barrel kann nur halb so viel Schwerstöl wie Teersand gefördert
werden.
Mehr als 60 % der weltweiten Vorkommen an unkonventionellem Erdöl befinden sich in Nordund Südamerika: Teersand in Kanada, Schwerstöl in Venezuela und Ölschiefer in den USA.
Weitere sehr große Vorkommen befinden sich in Russland (Ölsande und Ölschiefer),
Kasachstan (Ölschiefer) und im Mittleren Osten (Schwerstöl). Einige große
46 Meyer-Renschausen 2007, BGR 2009.
47 IEA 2008a.
48 IEA 2008a, BGR 2009, Meyer-Renschhausen 2007. Die Angaben zu der Verteilung der globalen
Ölsandvorkommen schwanken sehr stark. Meyer und Attanasi bewerten die In-Place-Ölsandmengen in Nigeria mit
über 400 Mrd. Barrel fast um den Faktor 100 höher als die BGR. Zitiert in Meyer-Renschhausen.
21
Ölschieferlagerstätten gibt es außerdem noch
noch in der Republik Kongo, in Brasilien, Italien,
Marokko, Jordanien, Australien, Estland, China, Israel, Thailand und Kanada49.
Abbildung 12:: Weltweite Vorkommen unkonventioneller Erdöle50
49 BGR 2009.
50 Eigene Berechnung nach IEA 2008a, BGR 2009, Meyer-Renschhausen
Meyer
2007
22
3.2.2 CTL und GTL (CTL-Coal
Coal to Liquid, GTL-Gas to Liquid)
Neben Ölsanden, Schwerstölen und Ölschiefer sind Kohle und Erdgas weitere wichtige
Rohstoffe für die Produktion fossiler Kraftstoffe.
Kohle hat einen Anteil von über 75 % an den globalen fossilen Energievorkommen.
orkommen. Die BGR
schätzt die Gesamtkohleressourcen
samtkohleressourcen auf rund 21 Bill. t, davon 16,4 Bill. t Hartkohle und 4,4 Bill.
t Weichbraunkohle51.
Erdgas hat einen Anteil von über 20 % an den globalen fossilen Vorkommen. An den gesamten
Erdgasressourcen von 3.000 Bill. m³ hat konventionelles Erdgas aber nur einen Anteil von 8 %
(siehe Abbildung 13).
). Die größten unkonventionellen Ergasmengen stellen Gashydrat mit 1.000
52
Bill. m³ und Erdgas in Aquiferen mit 800 Bill. m³ dar,
da , deren Gewinnung aber noch sehr
53
ungewiss ist . Die Förderung von Erdgas aus dichten Speichern und Kohlevorkommen wird
weltweit immer bedeutender und ist in den USA bereits stark verbreitet. Der Anteil von
unkonventionellem Erdgas an der gesamten Förderung in den USA ist in den letzten 10 Jahren
von 28% auf 46% gestiegen54. Die Gewinnung
Gewi
von Erdgas in Tonsteinen (Shale Gas)) in den USA
hat sich in diesem Zeitraum sogar verdreifacht.
Abbildung 13:: Weltweite konventionelle und unkonventionelle Erdgasvorkommen55
51 BGR 2009.
52 Die weltweiten Angaben zu gespeicherten Erdgasmengen in Gashydraten weisen mit Schätzungen zwischen
1.000 und 120.000 Bill. m³ eine sehr große Bandbreite auf. BGR 2009.
53 BGR 2009.
54 Davon sind 68 % Tight Gas (Gas aus Sandstein), 21 % Coal Bed Methan und 11 % Shale Gas (Gas aus
Tongesteinen) NCI 2008.
55 BGR 2009
23
3.3
Heutige Produktion von unkonventionellen fossilen
fossi Kraftstoffen
Unkonventionelle fossile Kraftstoffe tragen zur Zeit zu ca. 5 % der gesamten
Weltkraftstoffproduktion
produktion bei. Die gesamte
g
Produktion unkonventioneller fossiler Kraftstoffe
betrug 2007 182,5 Mio. t, davon hatte die Kraftstoffproduktion von 93 Mio. t aus Schwerstölen
Schwerstöle
und 77 Mio. t von Bitumen aus Teersand den größten Anteil (siehe Abbildung 14). Die
Jahresproduktion von CTL mit 8,7 Mio. t, GTL mit 2,9 Mio. t und Kraftstoff aus Ölschiefer mit
0,9 Mio. t sind bisher wesentlich geringer56. Gegenüber 2000 hat sich die Produktion
unkonventioneller fossiler Kraftstoffe verdreifacht57. Der Teersandabbau findet ausschließlich
in Kanada, die Schwerstölgewinnung
winnung vor allem in Venezuela, Großbritannien und
58
Aserbaidschan statt . CTL wurde außerhalb Deutschlands bisher nur in Südafrika produziert.
produziert
59
GTL wird zur Zeit in Südafrika, Malaysia und Quatar erzeugt . Ölschiefer wird in Estland, China
und Brasilien zu Kraftstoffen verarbeitet60.
Gesamte Produktion in 2007: 182,5 Mio. t
Abbildung 14: Produktion unkonventioneller fossiler Kraftstoffe in Mio. t in 200761
3.4
Unkonventionelle fossile Kraftstoffe - Beschreibung der Technologien
n
Im folgenden Kapitel werden die verschiedenen Technologien zur Gewinnung von
unkonventionellen Kraftstoffen beschrieben. Die Produktion von Teersanden wird dabei
ausführlicher als die anderen Kraftstoffsparten erläutert, weil sie zusammen mit Schwerstöl
zur Zeit und auch in Zukunft die wichtigsten unkonventionellen Kraftstoffe darstellen. Die
56 Bitumen, Schwerstöle, CTL und Ölschiefer nach BGR 2009, GTL nach IEA 2008a.
57 Eigene Berechnung nach BGR 2009.
58 BGR 2009.
59 BGR 2009.
60 IEA 2008a.
61 BGR 2009.
24
Verfahren der Teersandgewinnung haben sich mittlerweile auch bei der Schwerstölförderung
durchgesetzt. Die Beschreibung der Teersandtechnologien basiert auf den Ausführungen von
Meyer-Renschhausen und dem Rohstoffbericht der BGR62.
3.4.1 Gewinnung von Kraftstoffen aus Teersand
3.4.1.1
Eigenschaften von Teersand
Ölsande sind Gemische aus Bitumen63, Wasser, Sand und Ton. Der Gewichtsanteil des
Bitumens im Ölsand schwankt zwischen 1 und 18 %, der Durchschnitt beträgt 12 %.
Bitumen ist eine hochviskose Form des Erdöls mit einem API64 von unter 10° (siehe Tabelle 2).
Bitumen ist wie Schwerst- und Schweröl eine degradierte Ölform. Bei Bitumen ist der
Degradierungsgrad, d.h. die Verringerung der flüchtigen Bestandteile, sehr weit
fortgeschritten65.
Leichtöl
30°-40° API
Mittelschweres Öl
20°-30° API
Schweröl
10°-20° API
Extra-Schweröl (Schwerstöl) und natürliches
Bitumen (Teersand)
unter 10° API
Tabelle 2: Klassifizierung nach Schwere des Rohöls66
3.4.1.2
Teersandförderung im Tagebau
Die Gewinnung von Kraftstoffen aus Teersand findet derzeit nur in Kanada statt. In der
kanadischen Provinz Alberta befinden sich etwa 60 % der weltweiten Teersandressourcen
(siehe Abbildung 15). Zur Zeit überwiegt die Förderung des Teersandes im Tagebau, der bis zu
75 m Tiefe möglich ist. In der Zukunft wird aber der Anteil der In-situ-Verfahren zunehmen, da
93 % der Teersandreserven Kanadas tiefer als 75 m liegen67.
62 Meyer-Renschhausen 2007, BGR 2009
63 Bitumen besteht hauptsächlich aus langkettigen Kohlenwasserstoffen. Bitumen gehört zu den thermoplastischen
Stoffen, das heißt, seine Viskosität ist temperaturabhängig: Bei Abkühlung wird es spröde, bei Erwärmung
durchläuft es stufenlos alle Zustände von fest (glasartig) über zähflüssig bis dünnflüssig.
64 API: American Petroleum Institute= Spezifisches Volumen des Rohöls
65 Meyer-Renschhausen 2007, BGR 2009.
66 API American Petroleum Institute= Spezifisches Volumen des Rohöls
67 Woynillowicz et al. 2005 und Greenpeace 2008.
25
Abbildung 15: Lage der Teersandvorkommen in Kanada. Eigene Darstellung, Quelle: The
University of British Columbia.68
Verfahrensschritte des Tagebauverfahrens:
Die Gewinnung von Teersand im Tagebau besteht aus den folgenden Prozessschritten (siehe
Abbildung 16):
68
•
Der Mutterboden wird abgetragen und auf Halden gelagert.
•
Eine 40 - 60 m dicke Teersandschicht wird mit Hilfe von Schaufelbaggern abgebaut und
per Kipplastwagen zur Brechanlage transportiert.
•
In der Brechanlage wird das Material zerkleinert und für den Weitertransport zur
Extraktionsanlage konditioniert.
www.forestry.ubc.ca
26
•
Die Teersande werden in heißem Wasser gewaschen. Daraus resultiert eine schaumige
Mischung aus Wasser, Bitumen und Feinstoffen. Es werden verstärkt
Kaltwasserverfahren eingesetzt, um die Betriebskosten zu senken.
•
Ein Lösungsmittel wird hinzugefügt, um die Trennung des Bitumens zu fördern.
•
Die Abfallmischung aus Wasser und Sand wird zu Absetzteichen geleitet.
•
Das Klärwasser wird recycled, und der abgetrennte Sand wird benutzt, um die
Abbaugrube am Ende des Abbauprozesses - manchmal 30 Jahre nach Beginn der
Produktion - wieder zu füllen.
•
Der gelagerte Mutterboden wird am Ende des Abbauprozesses wieder aufgetragen
und bepflanzt.
Abbildung 16: Schema der Teersandgewinnung im Tagebau. Eigene Darstellung, Quelle:
Total.69
Vorteile des Tagebauverfahrens:
•
Hoher Entölungsgrad (91%)
•
Niedriger Energieverbrauch
Nachteile des Tagebauverfahrens:
•
69
Intensiver Landschaftseingriff
Total 2007.
27
•
Große boreale Nadelwaldflächen werden gerodet und große Erdmassen bewegt. Da
sich in borealem Nadelwald Kanadas 22 % des weltweit gespeicherten Kohlenstoffs in
Landökosystemen befindet (borealer Nadelwald speichert doppelt so viel Kohlenstoff
wie Regenwald), können durch den Teersandabbau große Mengen Kohlenstoff
freigesetzt werden70.
•
Methanemissionen können in den Schlammabsetzbecken der Teersandverarbeitung
entstehen.
•
Für die Herstellung eines Liter Kraftstoffs aus Teersand werden bis zu 4,5 Liter Wasser
verbraucht, und es entstehen bis zu 6 Liter giftige Schlämme, die in Absetzbecken
gelagert werden. Die Gesamtfläche der Absetzbecken des heutigen Teersandabbaus in
Kanada beträgt ca. 50 km2. Alle Prozessschritte der Teersandverarbeitung verursachen
schwere Eingriffe und Umweltverschmutzungen der Gewässer (Flüsse, Grundwasser,
Seen und Moore).71
•
Neben den CO2-Emisionen werden noch große Mengen anderer Luftschadstoffe durch
die vielen Prozessschritte der Teersandherstellung emittiert.
3.4.1.3
In-situ-Teersandgewinnung
Ca. 90% der Teersandabkommen liegen deutlich tiefer als 75 m und müssen deswegen durch
In-situ Verfahren abgebaut werden72. Es gibt thermische, nichtthermische, chemische und
physikalische In-situ-Verfahren (siehe Tabelle 3)
Thermische In-situVerfahren
Nichthermische, chemische und physikalische
Verfahren
CSS
VAPEX
SAGD
CHOPS
THAI
Tabelle 3: Übersicht der In-situ-Verfahren der Teersandförderung
70 International Boreal Conservation Campaign 2008 und 2009. Woods Hole Research Center, 2007.
71 Pembina Institute 2009
72 Woynillowicz et al. 2005 und Greenpeace 2008.
28
3.4.1.3.1 CSS Verfahren (Cyclic Steam Stimulation
Mit dem CCS-Verfahren (Cyclic Steam Stimulation) kann tief liegender Teersand gefördert
werden. Das Verfahren vermindert durch das Einpressen von heißen Dampf (300°C) die
Viskosität des Bitumens. Durch wochenlangen hohen Dampfdruck von bis zu 11.000 Kilopascal
werden störende Gesteinsschichten zerbrochen, so dass ein ungehinderter Fluss des Bitumens
erreicht wird. Das verflüssigte Bitumen wird zusammen mit Wasser nach oben gepumpt.
Vorteile des CSS-Verfahrens:
•
Gewinnung tief liegender Teersandvorkommen
•
Aufbrechen störender Gesteinsschichten
•
Geringere Rodung von Waldflächen und Landschaftsbelastung als beim Tagebau
Nachteile des CSS-Verfahrens:
•
Geringer Entölungsgrad: bis 40%
•
Dampfinjektion mit hohem Druck und hohe Temperatur bedeuten einen hohen
Energie- und Wasserverbrauch.
•
SOR (Steam–to-oil Ratio), wie viele Barrel Wasser zur Produktion eines Barrels Bitumen
aufgewendet werden, je höher der SOR desto höher der Verbrauch) eines typischen
CSS-Projekts: 3,5 (3,5 l Wasser für 1 l Öl).
•
Hohe CO2-Emissionen wegen großem Erdgasverbrauch
3.4.1.3.2 SAGD-Verfahren (Steam Assisted Gravity Drainage)
Das SAGD-Verfahren (Steam Assisted Gravity Drainage) ermöglicht eine kontinuierliche In-situ
Bitumenförderung. Es werden zwei horizontale parallele Rohre verwendet (siehe Abbildung
17). Das obere Rohr führt Dampf in die Teersandschicht und löst das Bitumen vom
umgebenden Sand. Der Bitumen fließt wegen seines höheren spezifischen Gewichts nach
unten und wird durch das Produktionsrohr abgepumpt.
29
Abbildung 17: Schema des SAGD-Verfahrens. Eigene Darstellung, Quelle: National Energy
Board Canada.73
Vorteile des SAGD-Verfahrens:
•
Gewinnung tief liegender Teersandvorkommen
•
Kontinuierliche Bitumenförderung
•
Geringere Rodung von Waldflächen und geringere Landschaftsbelastung als beim
Tagebau.
Nachteile des SAGD-Verfahrens:
•
Da der Dampf mit geringerem Druck eingebracht wird, reicht er nicht aus, um
überdeckende Gesteinformationen zu brechen. Bestimmte Ölvorkommen werden
daher nicht erreicht.
•
Der Entölungsgrad ist mit 40-60% geringer als im Tagebau.
•
Der Wasserverbrauch ist sehr hoch (SOR: 3-8).
•
Hohe CO2-Emissionen wegen großen Erdgasverbrauchs
73 www.neb.gc.ca.
30
•
Erdgas kann zwar durch MSAR (Multiphase Superfine Atomized residue) zu einem
niedrig-kalorigen Heizgas des Upgrading-Prozesses substituiert werden. Der
Primärenergieeinsatz verringert sich aber nicht, da für die MSAR-Produktion 15 - 18%
des gewonnenen Bitumens verbraucht werden. Die MSAR-Verbrennung ist mit hohen
Schadstoffemissionen (Schwefelverbindungen, Partikel und Stickoxide) verbunden.
3.4.1.3.3 THAI-Verfahren (Toe-to-Heel-Air-Injektion)
Beim THAI-Verfahren (Toe-to-Heel-Air-Injektion) wird ein Teil des Teersandes unterirdisch
verbrannt, um das Bitumen zu verflüssigen. Die THAI-Technologie befindet sich noch in der
Erprobungsphase. Durch ein vertikales Injektionsrohr wird Luft in die Teersandlagerstätte
eingeblasen und eine Verbrennungsfront geschaffen, bei der ein Teil des Bitumens verkokt
wird. Der Verkokungsprozess bildet Gase mit einer Temperatur von 300-600°C, die die
Viskosität des Bitumens verringern. Durch die Schwerkraft fließt das Bitumen zum
Produktionsrohr, das unter der Verbrennungsfront liegt, und wird zusammen mit den
anfallenden Gasen an die Oberfläche gepumpt.
Abbildung 18: Schema des THAI-Verfahrens. Eigene Darstellung, Quelle: Greaves74.
Vorteile des THAI-Verfahrens:
•
74
Der Entölungsgrad ist mit ca. 80% deutlich höher als andere In-situ-Verfahren.
Greaves 2006.
31
•
Geringerer Wasser- und Erdgaseinsatz.
•
Die Verkokung schafft ein partielles Upgrading des Bitumens, da schwere Bestandteile
in der Lagerstätte verbleiben.
•
Höhere Wirtschaftlichkeit durch den verminderten Erdgaseinsatz.
Nachteile des THAI-Verfahrens:
Vergleichsweise hohe CO2 -Emissionen durch die partielle Verbrennung des Bitumens in
der Lagerstätte
3.4.1.3.4 Vapex-Verfahren
Das Vapex-Verfahren (Vapor extraction) verwendet wie die SAGD-Technologie zwei parallele
horizontale Rohre, pumpt aber anstelle von heißem Dampf gasförmige Lösungsmittel (Propan,
Äthan oder Buthan) in die Teersandlagerstätte. Das Bitumen wird durch die Lösungsmittel
ohne Wärmezufuhr flüssig. Das Verfahren befindet sich noch im Entwicklungsstadium.
Vorteile des Vapex-Verfahrens:
•
Durch Substitution des heißen Dampfes durch Lösungsmittel können Energieeinsatz
und Abhängigkeit von Erdgaspreisen deutlich reduziert werden
•
Die Kapitalkosten sind niedriger als bei thermischen In-situ Verfahren, da keine
Dampferzeugungs- und Wasseraufbereitungsanlagen notwendig sind.
•
Durch den verminderten Energie- und Wassereinsatz sind die Betriebskosten nur halb
so hoch wie die des SAGD Verfahrens
•
Die leichten Kohlenwasserstoffverbindungen werden durch den Einsatz der
Lösungsmittel erhöht. Dadurch findet ein Upgrading75 des Bitumens bereits in der
Lagerstätte statt.
•
Das Verfahren kann auch für gering-mächtige Ölsandvorkommen sowie andere
Vorkommen, die für thermische Verfahren nicht geeignet sind, genutzt werden76.
75 „Upgrading“ ist der Prozess, um Bitumen zu synthetischem Rohöl umzuwandeln. Dabei werden langkettige
Kohlenwasserstoffe durch Temperatur, Katalysatoren und Wasserstoff-Zugabe (zur Erhöhung des Wasserstoff-zuKohlenstoff-Verhältnisses) aufgespalten. Das Bitumen wird während des „Upgrading“ außerdem vom Schwefel
befreit.
76 Ölsandvorkommen können z.B. aufgrund der hohen Wassersättigung, geringer Porosität oder geringer
thermischer Leitfähigkeit nicht für thermische Verfahren geeignet sein.
32
Nachteile des Vapex-Verfahrens:
•
Der Entölungsgrad ist im Vergleich zum thermischen In-situ-Verfahren geringer
•
Der Ertrag pro Produktionsanlage ist geringer als bei dem thermischen In-situVerfahren
•
Das Verfahren ist noch nicht technisch ausgereift
3.4.1.3.5 CHOPS-Verfahren (Cold Heavy Oil Production with Sand)
Teersandvorkommen mit geringerer Viskosität können auch mit dem CHOPS-Verfahren
gefördert werden. Bei dieser Technologie wird ohne Wärmezufuhr das Öl zusammen mit dem
Sand gefördert und erst oberirdisch vom Sand gelöst.
Vorteile des CHOPS-Verfahrens:
•
Geringerer Energieeinsatz, dadurch geringere Förderkosten und CO2 -Emissionen
•
Der Untergrund wird durch die Sand-Ölförderung durchlässiger und damit der Ertrag
anschließender thermischer Entölungsverfahren erhöht.
Nachteile des CHOPS-Verfahrens:
•
Kann nur bei Teersandvorkommen mit geringerer Viskosität und nicht bei reinen
Bitumenvorkommen angewendet werden
•
Der geförderte Sand muss zusammen mit den anfallenden Schadstoffen
umweltfreundlich entsorgt werden
3.4.1.4
Abschließende Bewertung aller In-situ Verfahren im Vergleich zum Tagebau
Die Flächenzerstörung durch In-situ ist geringer als durch den Tagebau. Für die Infrastruktur
der Bohrarbeiten, des Öltransport und –weiterverarbeitung werden aber ebenfalls große
boreale Nadelwaldflächen gerodet. Konservative Schätzungen erwarten eine Abholzung von
ca. 10 % der Teersandfläche durch den zukünftigen In-situ-Abbau77.
3.4.1.5 Upgrading des Bitumens (Veredelung)
Aus dem Bitumen werden zwei dem konventionellen Erdöl ähnliche Produkte hergestellt
1. Verdünntes natürliches Bitumen („blended bitumen“):
77 Schneider & Dyer 2006.
33
Das Bitumen wird mit leichten Kohlenwasserstoffverbindungen verdünnt. Das
Endprodukt hat aber einen verringerten Marktwert, da nur wenige Raffinerien
es weiterverarbeiten können.
2. Synthetisches Bitumen
Die im Bitumen enthaltenen Schwefelverbindungen, Schwermetalle und die
schweren kohlenstoffreichen Verbindungen werden abgeschieden. Ein
Hydrotreating-Verfahren reichert das Öl mit Wasserstoff an. Das Endprodukt
hat einen höheren Marktwert, weil es für Raffinerien besser geeignet ist. Für
den Veredelungsprozess, vor allem die Erzeugung des Wasserstoffs, wird aber
viel Energie benötigt.
3.4.2 Gewinnung von Kraftstoff aus Schwerstöl
Für die Gewinnung von Schwerstöl78werden mittlerweile dieselben In-situ-Verfahren wie im
Teersandabbau angewendet. Schwerstöl weist gegenüber Bitumen eine geringere Viskosität
auf und ist daher leichter zu fördern79. In Venezuela, dem Land mit den größten
Schwerstölvorkommen weltweit (ca. 50 %), erhöhen außerdem die höheren ReservoirTemperaturen (Durchschnitt 50°C) die Fließfähigkeit des Schwerstöls. In Venezuela werden
deswegen auch Verfahren der sogenannten kalten Produktion verwendet. Die
Ausbeutungsrate der kalten Produktion ist mit ca. 8 - 12% aber sehr gering.
Die heutige Schwerstölproduktion Venezuelas von ca. 0,6 Mio Barrel pro Tag (220 Mio. Barrel
Jährlich) ist im Vergleich zu den insgesamt förderbaren Erdölresourcen des Landes von über
300 Mrd. Barrel sehr klein80. In den nächsten 10 Jahren wird die Schwerstölförderung
Venezuelas aber stark ausgeweitet werden. Durch chinesische und russische Investitionen wird
die Förderung bis 2012 um 0,9 Mio. Barrel/Tag gesteigert81. Außerdem hat die venezulanische
Regierung drei Projekte im Carabobo-Feld mit je 0,4 Mio. Barrel pro Tag ausgeschrieben, die
nach Schätzungen von Analysten in 5 Jahren mit der Produktion beginnen82. Durch die
geplanten Projekte wird sich die Schwerstölproduktion Venzuelas auf 2,7 Mio. Barrel
vervierfachen. Diese Entwicklung steht im starken Gegensatz zu der Prognose der EWG, dass
die Schwerstölproduktion Venezuelas bis 2030 nicht ausgeweitet wird83.
78 Definition von Schwerstöl sieheTabelle 2
79 BGR 2009.
80 Technisch förderbare Erdölmenge der gesamten Schwerstölressourcen (ca. 20 % der In-Place-Menge)
81 AFP 2009a.
82 Reuters 2009.
83 Vgl. Schindler und Zittel 2008.
34
3.4.3 Gewinnung von Kraftstoffen aus Ölschiefer
Ölschiefer ist ein unreifes Erdölmuttergestein, das noch nicht die geologische Entwicklung
durchlaufen hat, um Erdöl zu bilden. Das im Ölschiefer enthaltene organische Material, so
genanntes Kerogen, unterscheidet sich von konventionellem Erdöl durch den höheren Gehalt
an Sauerstoffverbindungen84.
Die Gewinnung von Kraftstoffen aus Ölschiefer ist sehr aufwendig, da das organische Material
in fein verteilter Form in Poren des Gesteins eingeschlossen ist und nur durch thermische
Behandlung extrahiert werden kann. Ölschiefer wird zwar seit mehr als 160 Jahren abgebaut
und verarbeitet. Die wirtschaftliche Nutzung war aber nur durch finanzielle und politische
Unterstützung möglich85. Heute wird nur noch in Estland, im Leningrader Becken, in Südchina
und Brasilien Ölschiefer in größeren Mengen gefördert. Kraftstoffe aus Ölschiefer werden in
diesen Ländern aber nur in geringen Mengen produziert86. Experten erwarten, dass mehr als
10 Jahre Entwicklungszeit bis zur ersten großindustriellen Kraftstoffproduktion aus Ölschiefer
notwendig sind87. Ölschiefer wird bislang nur im Tage- und Untertagebau abgebaut. In-situVerfahren befinden sich noch in der Forschungs- und Pilotphase.
Bei den Bergbauverfahren wird das ölschieferhaltige Gestein gesprengt, abgetragen und
zerkleinert. Danach kann das Material entweder direkt, wie in Estland, zur Stromerzeugung
verbrannt oder durch Verkokung oder Verschwelung zu höherwertigen Kohlenwasserstoffen
weiterverarbeitet werden. Dafür werden Schwelreaktoren, sogenannte Retorten, mit
nachgeschalteten Destillationsanlagen eingesetzt. Durch die Verschwelung wird der Ölschiefer
auf 300 bis 500 °C erhitzt und das Kerogen in ein Gasgemisch umgewandelt, das durch
Abkühlung zu einem Schwelöl kondensiert88.
Bei den In-Situ-Verfahren werden der Ölschiefer in der Lagerstätte verschwelt und die
Schwelgase abgepumpt. Es gibt verschiedene Verfahren zur In-Situ-Verschwelung, u.a.
Versuche in den USA mit der elektrischen Aufheizung des Gesteins.
3.4.4 Gewinnung von Kraftstoffen aus Kohle und Erdgas (CTL-Coal to Liquid, GTLGas to Liquid)
Kohle kann genauso wie Teersand und Ölschiefer mit Bergbau- und In-situ -Verfahren
abgebaut und zu Kraftstoffen verarbeitet werden. Bei den Bergbauverfahren wird Kohle im
Tage- oder Untertagebau abgebaut und dann in mehreren Verfahrensschritten zu flüssigen
Kraftstoffen umgewandelt. Bereits seit mehr als 80 Jahren wird die Vergasung von Kohle und
die Verflüssigung mit dem Fischer-Tropsch-Verfahren (FT-Verfahren) angewendet.
84 BGR 2009.
85 Porath 1999.
86 BGR 2009.
87 Bartis 2006.
88 BGR 2009.
35
Die CTL-Technologie wurde vor allem in Südafrika weiterentwickelt, und 1955 wurde die
Kraftstofferzeugung aus Kohle begonnen. Die heutige Produktion beträgt 150.000 Barrel/Tag89.
Eine weitere Möglichkeit, aus Kohle Kraftstoffe herzustellen, ist die Direktverflüssigung. Ein
Beispiel dafür ist das Bergius-Pier-Verfahren. Nach diesem Verfahren wird Kohle mit hohem
Druck und Katalysatoren zu Kraftstoffen hydriert90. Die Treibhausgasemissionen der gesamten
Verfahrenskette der Direktverflüssigung entsprechen ungefähr der Bilanz der Vergasungs- und
Fischer-Tropsch-Verfahren91.
In China wurde Ende 2008 die weltweit erste nach dem 2. Weltkrieg gebaute
Direktverflüssigungsanlage eingeweiht92.
Kohle kann auch ohne Bergbauverfahren abgebaut werden, indem die Kohle In-situ, d.h. in der
Lagerstätte vergast wird (Underground-Coal-Gasification-UCG). Das UCG-Verfahren
funktioniert ähnlich wie das THAI-In-situ-Verfahren zur Produktion von Teersand. Die Kohle
wird durch ein Gemisch aus Sauerstoff und Wasserdampf entzündet, das in den Kohleflöz
durch Bohrungen gepumpt wird (siehe Abbildung 19 und Abbildung 20). Durch das mit 80 bar
einströmende Gemisch wird eine kontrollierte Vergasung der Kohle in dem Flöz erreicht. Das
unter Tage entstehende Gas wird durch eine vertikale Bohrung an die Erdoberfläche
transportiert. Das Gas mit einem Heizwert von ungefähr 3 kWh/m³ enthält ca. 32 %
Wasserstoff, 17 % Methan, 16 % Kohlenmonoxid und 35 % Kohlendioxid93.
Das UCG-Verfahren ist keine neue Technologie, sondern wurde in der ehemaligen Sowjetunion
über 50 Jahre lang angewendet94. Eine Anlage ist immer noch in Betrieb. In den letzten Jahren
hat das Interesse am UCG-Verfahren weltweit zugenommen95. Mehrere Pilotprojekte gibt es in
Australien, China, Südafrika, Russland und Kanada. In Indien, USA, Vietnam und Neuseeland
sind weitere Projekte geplant96. Die Projekte sind vor allem für die Stromerzeugung
vorgesehen. Pläne für die Kraftstofferzeugung aus UCG-Gas gibt es bisher nur von Linc Energy
in Australien (GTL) und der Hebei Xin’ao Group in China (Methanol)97. In Deutschland hat die
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen 2008 ein UCG-Forschungsprojekt
begonnen, um geologische und technologische Aspekte des Verfahrens und die CO2Speicherfähigkeit der ausgebrannten Flöze zu untersuchen98.
89
BGR 2009.
90 Behrendt, F. et al. 2006
91 America's Energy Future Panel on Alternative Liquid Transportation Fuels, National Academy of Sciences,
National Academy of Engineering und National Research Council 2009.
92 IEA 2008a.
93 Courtney 2008.
94 Shafirovich et al. 2008. Kempka et al. 2009.
95 Lawrence Livermore National Laboratory 2007.
96 Shafirovich et al. 2008. UCG Partnership 2009. http://www.ucgp.com/
97 Linc Energy 2009. Shafirovich et al. 2008
98 Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen 2008.
36
Abbildung 19: Prozessschema der In-situ-Kohlevergasung. Eigene Darstellung nach Kempka et
al. 200999.
Abbildung 20: Verlauf der Injektions- und Produktionsbohrungen der In-situ-Kohlevergasung.
Eigene Darstellung nach Kempka et al. 2009100
99
Kempka et al. 2009.
Kempka et al. 2009.
100
37
Die In–Situ-Verfahren wie UCG profitieren von der Weiterentwicklung der Bohrtechnologie für
die Gewinnung von unkonventionellem Erdgas, die vor allem in den USA stattfindet101 (siehe
Kapitel 3.2.2). Durch diese Erfahrungen und technologischen Fortschritte kann die UntertageVergasung von Kohle verbessert und Kohle in Tiefen von über 1000 m erreicht werden102.
Auch für die Verflüssigung von Erdgas wird das Fischer-Tropsch-Verfahren (FT-Verfahren)
angewendet. Die Welt-GTL-Produktion von 50.000 Barrel/Tag findet vor allen in drei Anlagen
statt: Sasol in Südafrika, Shell in Malaysia und Oryx in Qatar103.
4
Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe
4.1
Treibhausgasemissionen unkonventioneller fossiler Kraftstoffe
Der Vergleich der Treibhausgasbilanzen verschiedener fossiler Kraftstoffe zeigt, dass die
Emissionen unkonventioneller Kraftstoffe bis zu zweieinhalb Mal so hoch wie konventionelle
Kraftstoffe sind (s. Abbildung 21 und Tabelle 4)104. Am schlechtesten schneiden Kraftstoffe aus
Kohle ab. GTL aus Synthesegas der Untertage-Kohlevergasung (Underground Coal Gasification)
hat die schlechteste Klimabilanz mit fast 830 g CO2eq/kWh.
Die Produktion von Kraftstoffen aus Ölschiefer führt im Vergleich zu konventionellen
Kraftstoffen zu Treibhausgasemissionen, die um 30 bis 75 % höher liegen105. Die
Treibhausbilanz von In-situ-Verfahren, die mit geringen Temperaturen Kraftstoffe aus
Ölschiefer erzeugen, ist mit der Teersandgewinnung vergleichbar. Wegen der fehlenden
großtechnischen Anwendung ist die Datenverfügbarkeit für die Berechnung der
Treibhausgasbilanzen der Ölschieferverarbeitung aber noch schlecht. Die Emissionen werden
sehr stark vom Ölgehalt des Sedimentgesteins abhängen, der weltweit zwischen 2,5 und 41 %
schwankt106. Außerdem beeinflußt die Zusammensetzung der Carbonate des Begleitgesteins
die CO2 -Emissionen107. Nach einer Untersuchung von Sundquist und Miller können
Prozesstemperaturen bei der Kraftstoffherstellung aus Ölschiefer zwischen 700 und 1.100
Grad das carbonatische Begleitgestein komplett zersetzen und zu sehr hohen CO2Emissionswerten zwischen 880 und 1.400 g CO2eq/kWh Kraftstoff führen108.
Die Ölschiefernutzung zur Stromerzeugung in Estland belegt die Probleme des hohen
Carbonatabbaus. Im Vergleich mit Strom aus Kohle führt die heutige Schieferverbrennung in
Estland zu 60 % höheren CO2-Emissionen (1.600 g CO2eq/kWh)109. Die Ölschieferverarbeitung
führt aber auch mit modernsten Technologien zu Emissionen, die bis zu 75 % höher als bei
konventionellem Erdöl sind.
101
vgl. BGR 2009.
Nucoal 2009 http://www.nucoalenergy.ca/news/109/
103
IEA 2008a.
104
Als Vergleichswert dient der deutsche Dieselreferenzwert von GEMIS 4.5.
105
Brandt 2007a,b,c.
106
Porath 1999.
102
107
Sato & Enomoto 1998.
108
Sundquist & Miller 1980. Das Begleitgestein ist reich an kohlenstoffhaltigen Mineralien wie Calciumcarbonat.
109
European Academies Science Advisory Council 2007.
38
Der Vergleich des GTL-Kraftstoffs
Kraftstoffs aus konventionellem Erdgas mit GTL aus Erdgas in den USA
zeigt, wie stark die Treibhausgasbilanz von GTL von den Vorketten abhängt.. Durch den hohen
Anteil von unkonventionellem Erdgas in den USA (Tight Gas, Shale Gas, Coal Bed Methane)
verschlechtert sich die Treibhausgasbilanz um 33 % gegenüber konventionellem Erdöl. GTL–
Kraftstoff aus konventionellem Erdgas führt dagegen nur zu 13 % höheren Emissionen.
Dieselreferenzwert Deutschland
Kraftstoff aus:
Bandbreite
GTL Underground Coal Gasification UCG
Coal-to-Liquid
Liquid (CTL)
Ölschiefer (Tagebau Green River USA)
Ölschiefer Shell In
In-Situ
Teersand
GTL Erdgasmix USA 2002
Schwerstöl
Enhanced oil recovery
Erdöl Nigeria
GTL Erdgas konventionell Europa
Erdöl Mexico
Erdöl Malaysia
Offshore 6000 m Tiefe
Onshore 6000 m Tiefe
Diesel Deutscher Importmix
0
200
400
600
800
CO2eq/kWh
Abbildung 21: Treibhausgasemissionen
emissionen fossiler Kraftstoffe (WTW).
(WTW). Quelle: Eigene Berechnung.
39
Differenz zu
Dieselreferenzwert
Deutschland (GEMIS 4.5)
min.
max.
(g CO2eq/kWh)
min.
max.
Kraftstoffe aus:
GTL Underground Coal
Gasification UCG110
Coal-to-Liquid (CTL)111
775
827
+132%
+164%
734
802
+134%
+156%
Ölschiefer (Tagebau Green
River USA)112
449
554
+43%
+77%
404
388
488
428
421
411
405
+29%
+24%
+29%
+18%
+11%
+56%
+37%
+34%
+31%
+29%
358
383
368
+11%
+17%
+11%
+14%
22 %
+14%
465
+5%
+49%
424
+6 %
+345%
449
+20%
+43%
Ölschiefer Shell In-situ113
Teersand114
GTL Erdgasmix USA 2002115
Schwerstöl116
Enhanced oil recovery117
GTL Erdgas konventionell
Europa118
Erdöl Nigeria119
Erdöl Mexiko120
Erdöl Malaysia121
Onshore 6.000 m Tiefe122
405
371
346
346
367
348
328
332
123
Offshore 6.000 m Tiefe
374
Vergleichswert: Diesel
313
deutscher Importmix 124
Tabelle 4: Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe (Well to Wheel – WTW-Emissionen).
Quelle: Eigene Berechnung.
110 Eigene Berechnung nach CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008, Courtney
2008, Armendariz 2009.
111 CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008
112 Brandt 2007b,c.
113 Brandt 2007a,b 2008c.
114 Farrel & Brandt 2006.
115 Eigene Berechnung nach CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008, NETL 2008.
116 NETL 2009b.
117 Farrel & Brandt 2006.
118 CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008
119 NETL 2009b
120 NETL 2009b
121 Eigene Berechnung nach Talisman 2008 und NETL-Baseline. Die Treibhausgasemissionen der Erdölförderung
von Talisman in Malaysia sind durch den hohen Anteil von CO2 im Erdölbegleitgas mit 159 g CO2eq/kWh mehr als
fünfmal so hoch wie die UK-Emissionen von Talisman.
122 Keesom et al. 2009. Annahme Wasser-Erdölverhältnis (Water to oil ratio-WOR) 25:1.
123 Keesom et al. 2009. Annahme WOR 25:1.
124 GEMIS 4.5
40
4.2
Treibhausgasemissionen konventioneller fossiler Kraftstoffe
Der Vergleich der verschiedenen Bilanzen zeigt, dass die Bandbreite der Treibhausgasbilanzen
konventioneller Kraftstoffe sehr groß ist und von folgenden Parametern beeinflußt wird:
•
Tiefe der Erdölfelder
•
Wasser-Erdölverhältnis (Water-to-oil-ratio-WOR): Wasseranteil im geförderten Erdöl
•
Einsatz von verbesserten Fördertechnologien
•
Abfackeln von Erdölbegleitgas (Flaring)
•
Abblasen von unverbrannten Erdölbegleitgas (Venting)
•
Viskosität des Erdöls
•
Schwefelgehalt des Erdöls
4.2.1 Tiefe der Erdölfelder und Wasser-Erdölverhältnis
Mit zunehmender Tiefe der Erdölfelder und größerem Wasser-Erdölverhältnis steigen die
Treibhausgasemissionen der Erdölförderung. Jacobs Consultancy hat in einer 2009
veröffentlichten Studie die Auswirkungen verschiedener Parameter der Erdölförderung auf die
Emissionsbilanz untersucht125. Die Ergebnisse der Analyse der Parameter Tiefe und WasserErdölverhältnis sind in Abbildung 22 und Abbildung 23 dargestellt. Abbildung 22 zeigt, dass bei
einem Wassergehalt von 0 % (WOR 0:1) sich die größere Tiefe der Erdölvorkommen noch nicht
sehr stark auf die Emissionen auswirkt. Mit steigendem Wassergehalt des geförderten Erdöls
zeigen sich aber deutliche Unterschiede. Bei einem Wasser-Erdölverhältnis von 10:1 sind die
Treibhausgasemissionen der Erdölförderung eines 6.000 m tiefen Feldes zum Beispiel fast
doppelt so hoch wie die eines 1.500 m tiefen Feldes. Im gleichen Verhältnis wirkt sich der
WOR-Anstieg aus:
•
Bei dem 1.500 m tiefen Feld verdoppeln sich die Emissionen durch einen Anstieg des
Wasser-Erdölverhältnis von 0:1 zu 10:1.
•
Bei dem 6.000 m tiefen Feld vervierfachen sich die Emissionen bei der gleichen
Verschlechterung des Wasser-Erdölverhältnisses.
Abbildung 23 zeigt, wie sich die Emissionen der Pumparbeit, der Wasserinjektion, der
Wasseraufbereitung und des sonstigen Energieverbrauchs durch die steigende Tiefe und das
steigende Wasser-Erdölverhältnis erhöhen.
Für den Vergleich der Treibhausgasbilanzen verschiedener fossiler Kraftstoffe (Abbildung 21
und Tabelle 4) ist ein Onshore- und ein Offshorefeld mit einer Tiefe von 6.000 m und einem
125Keesom et al. 2009
41
Wasser-Erdölverhältnis von 25:1 dargestellt. Die Emissionen der beiden Beispiele sind bis zu 34
% bzw. 42 % höher als der deutsche Dieselreferenzwert von GEMIS.
Die Treibhausgasemissionen von Onshore- und Offshorefeldern können aber noch höher
steigen, da die Beispielfelder nicht die extremsten Parameter aufweisen. Das Tahiti-Feld von
Chevron im Golf vom Mexiko ist mit über 10.000 m Tiefe das zur Zeit am tiefsten erschlossene
Offshorevorkommen. Der neueste Fund von BP im Golf von Mexiko, das Tiber-Feld, ist sogar
10.700 m tief126. Das Tupi-Feld vor der Küste Brasiliens befindet sich in 7.000 m Tiefe.
Das Wasser-Erdölverhältnis kann bis zu 50:1 steigen.127 Viele ältere Erdölfelder können einen
WOR größer als 20:1 aufweisen128. Bei der Berechnung der beiden Beispielfelder berücksichtigt
diese Studie außerdem nicht die Veränderung weiterer Parameter, wie z.B. den Anstieg der
Erdölbegleitgasmenge und den Anteil von CO2 im Erdölbegleitgas129.
g CO2eq/kWh
180
160
9.000 m
140
120
6.000 m
100
80
3.000 m
60
40
1.500 m
20
0
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10111213141516171819202122232425
Wasser-Erdöl-Verhältnis
Barrel Wasser/Barrel Erdöl
Abbildung 22: Auswirkungen des Wasser-Erdölverhältnisses und der Tiefe des Erdölfeldes auf
die CO2-Intensität der Erdölförderung. Eigene Berechnung nach Keesom et al.130
126 BP 2009c.
127 Maersk Oil 2008.
128 Keesom et al. 2008
129 Ebd. 2008, Talisman 2008. Die Treibhausgasemissionen der Erdölförderung von Talisman in Malaysia sind durch
den Anteil von CO2 im Erdölbegleitgas mit 159 g CO2eq/kWh mehr als fünfmal so hoch wie ihre UK-Emissionen.
130 Keesom et al. 2008
42
Abbildung 23: Spezifische Treibhausgasemissionen der Erdölförderung bei unterschiedlichen
Wasser-Erdölverhältnissen und Tiefen der Erdölfelder. Eigene Darstellung nach Keesom et
al.131.
Zukünftig werden Tiefseevorkommen an Bedeutung gewinnen, wie die jüngsten Erdölfunde im
Golf von Mexiko und vor den Küsten Brasiliens und Afrikas zeigen. Offshoreerdölfelder tragen
bereits zu einem Drittel zur Weltölproduktion bei132. Nach Llewelyn sind davon 15 %
Tiefseevorkommen133. Mit der Ausbeutung der Tiefseefelder sind sehr große technische
Herausforderungen verbunden, wie z.B. die Durchdringung einer fast 2.000 m dicken
Salzschicht beim Tupi-Feld.
Aber auch Onshore wird immer tiefer gebohrt. In Russland hat sich z.B. die durchschnittliche
Bohrtiefe seit 1960 auf heute 3.000 bis 4.000 m verdoppelt. Zukünftig werden Tiefen von 5.000
bis 6000 m erwartet134. Nach IHS und Credit Suisse liegen etwa 30 % der weltweiten
verbleibenden Erdölreserven tiefer als 3.000 m135.
Auch das Wasser-Erdölverhältnis wird sich weltweit weiter verschlechtern, weil mit
zunehmendem Alter der Felder der Erdölanteil der Fördermenge abnimmt und der
Wasseranteil steigt136. In Kanada ist z.B. der WOR der Erdölproduktion in der Provinz Alberta in
den letzten Jahren stark gestiegen und alleine zwischen 2000 und 2003 von 11,6 auf 14,8
gewachsen137.
131 Keesom et al. 2008.
132 IEA 2008a.
133 Llewelyn zitiert in Chang 2007. David Llewelyn ist Ölexperte von Crondall Energy Consultants
134 Matveichuk 2005.
135 Sandrea & Sandrea 2007
136 Maersk Oil 2008.
137 Hawkins und Singhal 2004.
43
4.2.2 Einsatz von verbesserten Fördertechnologien
Wie bereits im Kapitel 2.2 beschrieben, werden verbesserte Fördermethoden (Enhanced oil
recovery –EOR) eingesetzt, um die Ausbeutungsrate der Erdölfelder zu erhöhen. Die folgende
Tabelle zeigt, dass sich durch Wasser- und Gasinjektion die Emissionen der Erdölförderung
verdreifachen und durch Dampfinjektion sogar mehr als vervierfachen. Auf die WTWEmissionen bezogen ergibt nach den Werten von Farrel & Brandt 2006 eine Steigerung um bis
30 % gegenüber dem deutschen Dieselreferenzwert (s. Abbildung 21 und Tabelle 4138).
Treibhausgasemissionen
Primäre
Fördermethoden
Wasserinjektion
Gasinjektion
Dampfinjektion (TEOR)
g CO2eq/kWh
15,52
20,45
46,3
68,00
Tabelle 5: Vergleich der Treibhausgasemissonen verschiedener Fördermethoden. Eigene
Berechnung nach CARB 139
Zukünftig wird die Bedeutung von verbesserten Fördertechnologien zunehmen, weil der Anteil
abnehmender Erdölfelder an der Gesamtproduktion weiter steigen wird (s. Kapitel 2.3). Damit
wird auch der Energiebedarf für die Erdölförderung weiter wachsen. CERA (Cambridge Energy
Research Associates) nennt daher die Erdölförderung von Feldern, die bereits ihren
Förderhöhepunkt überschritten haben, ein „Energy Intensity Dilemma“140. Ein Beispiel, wie sich
die spezifischen Treibhausgasemissionen der Erdölförderung von abnehmenden Feldern
zukünftig entwickeln, ist die Prognose der Universität von Calgary für Kanada. Die
Energieexperten der Universität erwarten bis 2020 eine Verdreifachung der
Kohlenstoffintensität der Förderung leichter und mittelschwerer Erdölsorten in Kanada
gegenüber dem durchschnittlichen Emissionswert von 2000141.
Der Anstieg der Treibhausgasintensität alter Erdölfelder ist bereits sehr deutlich in der Nordsee
zu beobachten. Die Treibhausgasemissionen der Talisman-Erdölförderung in Großbritannien
sind in den letzten 5 Jahren um 60 % auf 30 g CO2eq/kWh gestiegen142. Die Entwicklung bei BP
in der Nordsee ist sehr ähnlich: Die Treibhausgasintensität der BP-Nordseefelder hat von 2004
bis 2008 ebenfalls um fast 60 % zugenommen (Abbildung 24 und Abbildung 25)143.
Werden zusätzlich indirekte Effekte berücksichtigt, ist sogar ein Anstieg der spezifischen
Emissionen von Nordseeerdöl von 80 % in den letzten 4-5 Jahren festzustellen144: Mit der
Annahme, dass ein Großteil der Treibhausgasemissionen auf die Nutzung von Erdgas zur
Energieversorgung der Erdölplattformen zurückzuführen ist, müssen Substitutionseffekte in
die Berechnung einfließen. Das auf den Plattformen verbrauchte Erdgas kann nämlich nicht
mehr in das britische Erdgasnetz einfließen und muss durch importiertes verflüssigtes Erdgas
(LNG) ersetzt werden. Dadurch müssen bei der Treibhausgasberechnung von Erdöl nicht nur
138 Farrel & Brandt 2006. Zum Energieverbrauch von EOR siehe auch Petroleum Economist 2009, IEA 2008a. BGR
2009.
139 CARB 2009.
140 Markwell 2009.
141 Timilsina 2006.
142 Talisman 2009.
143Eigene Berechnung nach BP North Sea 2009, BP 2009b und European Comission 2009.
144 Eigene Berechnung nach BP North Sea 2009,BP 2009b und European Commission 2009.
44
die reinen Verbrennungsemissionen von Erdgas, sondern auch die Vorkettenemissionen der
LNG-Nutzung
Nutzung berücksichtigt werden.
BP
Abbildung 24:: Entwicklung der Erdölproduktion und der Treibhausgasemissionen der BPErdölproduktion in der Nordsee145
Abbildung 25:: Entwicklung der CO2-Intensität der BP-Erdölproduktion
Erdölproduktion in der Nordsee146
145 Eigene Berechnung nach BP North Sea 2009, BP 2009b und European Comission 2009.
146 Eigene Berechnung nach BP North Sea 2009, BP 2009b und European Comission 2009.
45
4.2.3 Abfackeln von Erdölbegleitgas (Flaring)-Abblasen von unverbranntem
Erdölbegleitgas (Venting)
Das Abfackeln von Erdölbegleitgas (Flaring) und das Abblasen von unverbranntem
Erdölbegleitgas (Venting) führt global zu sehr hohen Treibhausgasemissionen. Weltweit
werden nach einer Studie der Weltbank etwa 150 Mrd. m³ Erdölbegleitgas verbrannt, die zu
400 Mio. t CO2-Emissionen führen147. Die globalen Abfackelungsmengen haben sich nach
Angaben der Weltbank in den letzten 15 Jahren kaum verändert148. Es wurden zwar in einigen
Ländern Fortschritte erzielt, in anderen Ländern wie Russland sind aber die Flaring-Mengen
stark gewachsen. Auch in anderen Regionen sind Zuwächse zu beobachten. So haben z.B. die
spezifischen Abfackelungsmengen von BP in den letzten 4 Jahren in der Nordsee um etwa 70 %
zugenommen149. Weltweit sind die gesamten BP-Abfackelungsmengen in den letzten 4 Jahren
um 25 % gestiegen150.
Nigeria fackelt mit 16,8 Mrd. m³ die zweitgrößte Menge an Erdölbegleitgas nach Russland
ab151. Die Menge entspricht 15% des jährlichen Erdgasverbrauchs Deutschlands. Die
Abfackelungsmengen in Nigeria führen zu 20 % höheren Emissionen im Vergleich zum
deutschen Dieselreferenzwert (s. Abbildung 21 und Tabelle 4).
Zu den Abfackelungsmengen kommen noch weltweit große Mengen unverbrannt
abgeblasenes Erdgas, die nach Schätzungen der EPA globale Treibhausgasemissionen von etwa
60 Mio. t CO2eq verursachen152. Nach BGR und Jacobs Consultancy sind die weltweiten VentingMengen aber kaum erfasst. Beim Erdölbegleitgas muss zum Beispiel die unterschiedliche
Zusammensetzung berücksichtig werden153. So führt der hohe Anteil von CO2 im
Erdölbegleitgas zu sehr hohen Emissionen, wie z.B. bei dem Talisman-Erdölfeld in Malaysia, das
eine noch schlechtere Treibhausgasbilanz als Teersand aufweist (s. Abbildung 21 und Tabelle 4)
154
. Neben Malaysia haben auch Erdölvorkommen in Thailand, Indonesien, Vietnam and China
hohe CO2-Mengen, die normalerweise abgeblasen werden155.
Außerdem müssen bei der Berechnung der Methanemissionen die Vorketten des Erdgases
berücksichtigt werden, das für die Erdölförderung und –verarbeitung eingesetzt wird. Dadurch
ergeben sich mit dem CH4-Baselinewert der USA für Dieselkraftstoff auf die globale
Erdölproduktion hochgerechnet jährliche Treibhausgasemissionen von etwa 400 Mio. t
CO2eq156.
Die folgende Tabelle zeigt, wie sich unterschiedliche Venting-Annahmen und
Berechnungmethodiken (NETL-Baseline und Jacobs Consultancy) auf die Bilanz von Diesel aus
Russland im Vergleich zu verschiedenen Referenzwerten in Deutschland, der EU und der USA
auswirken.
147 BGR 2009.
148 Elvidge et al. 2007.
149 BP North Sea 2009.
150 BP 2009e.
151 BGR 2009.
152 EPA 2006.
153 Keesom et al. 2008
154 Talisman 2009
155 Ebd. 2009
156 NETL 2009b.
46
Quelle
WTWTreibhausgasemissionen
g CO2eq/kWh Kraftstoff
EU Default-Wert
Diesel-/Ottokraftstoff
EU-Kommission-EU-EE-Richtlinie
301,68
Deutschland
Dieselkraftstoff
GEMIS 4.5
313,02
NETL
328,44
Eigene Berechnung nach NETL-Baseline,
Weltbank (Flaring), Öko-Institut (Venting)
347,63
Eigene Berechnung nach NETL-Baseline,
Weltbank (Flaring), NETL (Venting)
363,39
USA Baseline
Dieselkraftstoff
Russland
Dieselkraftstoff:
Mittlere VentingMengen
Russland
Dieselkraftstoff:
Hohe VentingMengen
Russland Diesel
Eigene Berechnung nach Jacobs (Arab
kraftstoff: Mittlere
Medium), Weltbank (Flaring), Ökoinstitut
Venting-Mengen
(Venting)
Russland
Dieselkraftstoff:
Eigene Berechnung nach Jacobs (Arab
Hohe VentingMedium), Weltbank (Flaring), NETL
Mengen
(Venting)
Tabelle 6: Vergleich der Treibhausgasemissionen von Dieselkraftstoff aus Russland mit
unterschiedlichen Referenzwerten157
375,95
391,71
157 GEMIS 4.5,UBA 2009, NETL 2009b. Keesom et al. 2009. Methodik für die Berechnung der WTW-Emissionen von
Diesel aus Russland: Für die Berechnung aller WTW-Emissionen ohne Flaring und Venting wurden die Werte des USReferenzwertes von NETL und die Werte für Arab Medium von Jacobs Consultancy verwendet. Die API- und
Schwefelwerte des durchschnittlichen Rohölinputs der USA-Raffinerien und von Arab Medium stimmen ungefähr
mit den Eigenschaften von REBCO-Erdöl (Russian Export Blend Crude Oil) überein. USA-Durchschnitt: 30,2 API, 1,5
% Schwefel, Arab Medium: 31,1 API, 2,6 % Schwefel, REBCO: 31-32 API, 1,2 % Schwefel. Für die Flaring-Mengen
werden die Werte von der Weltbank 2007 verwendet. Die Rechnungsgrundlage für die mittleren Venting-Mengen
(CH4-Verluste durch Leckagen und Abfackeln) sind die Annahmen des Öko-Instituts mit einem Verhältnis der
Venting- zur Flaring-Menge von etwa 1:30. Die Rechnungsgrundlage für die hohen Venting-Mengen sind die
Annahmen von NETL für Nigeria mit einem Verhältnis der Venting- zur Flaring-Menge von etwa 1:10.
47
4.2.4 Viskosität und Schwefelgehalt des Erdöls
Die folgende Abbildung zeigt, wie stark sich die Treibhausgasemessionen durch zunehmende
Schwere (d.h. abnehmender API-Werte siehe Kapitel 3.4.1.1) und steigendem Schwefelgehalt
erhöhen.
Abbildung 26: Auswirkungen der Schwere und des Schwefelgehaltes von Erdöl: Prozentuale
Abweichung von den durchschnittlichen Treibhausgasemissionen von Dieselkraftstoff in den
USA. 158
Die Treibhausgasbilanz von Erdöl aus Mexiko zeigt, dass die Schwerölförderung und –
verarbeitung zu Emissionssteigerungen von bis zu 16 % im Vergleich zum deutschen
Dieselreferenzwert führt (s. Abbildung 21 und Tabelle 4). Die Treibhausgasemissionen durch
die Förderung und Verarbeitung von schweren Ölen wird in Zukunft weiter steigen:
•
An der Weltölförderung wächst der Anteil schwerer, schwefelhaltiger Rohöle und sinkt
der leichter schwefelarmer Sorten159, die schon jetzt nur noch 20 % der
Welterdölproduktion ausmachen160.
•
Durch höhere globale Anforderungen an die Kraftstoffqualität (z.B. Reduktion von
Schwefel und polyaromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK)) steigen Energieaufwand
und die CO2 -Emissionen für die Raffinierung des Erdöls161. Nach EUROPIA wird der CO2
-Ausstoß der europäischen Raffinerien um 50 % steigen, um den Schwefel-Gehalt von
Diesel zu reduzieren und die wachsende europäische Nachfrage nach Diesel zu
decken.162 Auch in anderen Regionen führen strengere Kraftstoffrichtlinien zu
erhöhten Treibhausgasemissionen. Szklo und Schaeffer163 erwarten z.B. einen 30 %
Anstieg des CO2-Ausstoßes der brasilianischen Raffinerien, um die neuen
Schwefelgrenzwerte einzuhalten.
158 Keesom et al. 2009. WT: Schwefelgehalt.
159 EID 2006, Greaves 2006.
160 Wood 2007
161 Szklo und Schaeffer 2006.
162 Euractiv 2008.
163 Szklo und Schaeffer2006.
48
•
•
Der wachsende Anteil schwerer und schwefelhaltiger Rohöle wird die steigende
Tendenz des Wasserstoffverbrauchs zur Erdölverarbeitung weiter erhöhen. Der
weltweit größte Anteil des Wasserstoffs wird derzeit durch Reformierung von
Kohlenwasserstoffen, insbesondere aus Erdgas, hergestellt. Eine höhere
Erdgasnachfrage durch den Erdölsektor wird die Treibhausgasemissionen der
Erdgasproduktion erhöhen:
o
Die Produktion von unkonventionellem Erdgas wird sich verstärken.
o
Die Produktion von LNG bekommt weitere Anreize. Durch die Verflüssigung, den
Transport und Wiederverdampfung steigen die CO2-Emissionen von LNG von 220
auf bis zu 340 CO2eq/kWh164.
o
Die Methan-Leckagen der Erdgasproduktion werden durch die steigende
Erdgasproduktion weiter zunehmen. Nach Schätzungen der EPA führt der
Erdgassektor bereits heute zu Methanemissionen von fast einer Milliarde Tonnen
CO2eq. Durch die steigende Erdgasnachfrage erwartet EPA bis 2020 einen Anstieg
der jährlichen Emissionen um 54 % auf 1,5 Mrd. t CO2eq165.
Die Substitution von schwefelreichem Schweröl zur Stromerzeugung durch andere
Energieträger wie Erdgas oder Erneuerbare Energien wird das Angebot der schweren und
sauren Erdöle für den Gebrauch im Verkehrssektor weiter steigern166.
4.2.5 Auswirkungen der Ergebnisse auf den deutschen Referenzwert und die
Emissionen der globalen Erdölförderung
Die Bandbreite der Treibhausgasemissionen konventioneller fossiler Kraftstoffe im Kapitel 4.2
zeigt, dass der EU-Referenzwert für Diesel- und Ottokraftstoff mit 302 g CO2eq/kWh und der
Dieselreferenzwert von GEMIS 4.5 mit 313 g CO2eq/kWh zu niedrig angesetzt sind. In
Deutschland kommen fast 50 % der Erdölmengen aus Ländern mit den weltweit höchsten
Abfackelungsmengen wie Russland, Kachsachstan, Nigeria und Angola. Außerdem kommen 25
% aus der Nordsee mit kontinuierlich steigenden Treibhausgasemissionen. Daher müßte der
heutige deutsche Durchschnittswert für Dieselkraftstoff zwischen 335 und 360 g CO2eq/kWh
liegen167.
Für die globale Erdölproduktion und -verwendung ergeben sich durch die in Kapitel 4.2
dargestellte Bandbreite Treibhausgasemissionen in 2008 von 13,5 bis 15 Mrd. t CO2eq168. Die
Emissionen von Erdöl liegen damit ungefähr in der Größenordnung der globalen
Treibhausgasemissionen der Kohlenutzung von 14 bis 15 Mrd. t CO2169. Der Vergleich der
164 Bezogen auf den gesamten Lebenszyklus der Gasnutzung von der Förderung bis hin zu Verbrennung.
165 EPA 2006.
166 Gtai 2009
167 Unterer Wert mit NETL-Angaben und obererer Wert mit Jacobs Consultancy-Ergebnissen gerechnet. GEMIS
4.5,UBA 2009, NETL 2009b. Keesom et al. 2009.
168 Unterer Wert mit NETL-Angaben und obererer Wert mit Jacobs Consultancy-Ergebnissen gerechnet. GEMIS
4.5,UBA 2009, NETL 2009b. Keesom et al. 2009
169 Eigene Berechnung nach Ökoinstitut 2007 und IEA 2008b
49
reinen Verbrennungsemissionen von 10,8 Mrd. t bei Erdöl und 12,6 Mrd. t bei Kohle führt
dagegen zu einer Unterschätzung der Klimabilanz des Erdölsektors170.
5
Produktionskosten fossiler Kraftstoffe
Die Produktionskosten fossiler Kraftstoffe sind in den letzten 10 Jahren sehr stark gestiegen.
Im 2008-Bericht der IEA haben sich gegenüber dem World Energy Outlook von 1998 z.B. die
Kosten für Erdöl aus Teersand mehr als vervierfacht und für Tiefseeöl mehr als
versiebenfacht171. Die EIA (Energy Information Administration) der USA hat in ihrem
International Energy Outlook von 1998 einen Ölpreis von 30 Dollar/Barrel als ausreichend
angesehen, um in 2020 2 Billionen Barrel unkonventionelles Erdöl wirtschaftlich zu fördern172.
Die IEA gibt dagegen in 2008 Produktionskosten von bis zu 120 Dollar/Barrel für
unkonventionelles Erdöl an173.
Die Bandbreite der Produktionskosten konventioneller und unkonventioneller fossiler
Kraftstoffe ist sehr groß. Die Abbildung 27 zeigt, dass CTL, GTL aus Erdgas und Kraftstoffe aus
Ölschiefer mit Produktionskosten von bis zu 120 Dollar/Barrel die teuersten fossilen Kraftstoffe
sind. Kraftstoff aus Teersand, Bitumen aus Venezuela und GTL aus UCG-Synthesegas haben
dagegen geringere maximale Produktionskosten von bis zu 70 Dollar/Barrel. Die Produktion
dieser unkonventionellen Kraftstoffe liegen unterhalb der höchsten Kosten für die verbesserte
Ölausbeute bestehender Ölfelder (Enhanced Oil Recovery) und für Öl aus der Arktis. Die
maximalen Produktionskosten von Tiefseeöl sind ungefähr so hoch wie die von GTL aus UCGSynthesegas.
170
IEA 2009. BP 2009f.
171 IEA 1998, IEA 2008a
172 EIA 1998
173 IEA 2008a
50
Abbildung 27: Produktionskosten fossiler Kraftstoffe174
174
Quellen: IEA 2008a, Bartis et al. 2008, Department of the Interior 2008, FEV & WI 2008,
Courtney 2008, Rahman 2008, Linc Energy 2009, BGR 2009.
51
Die folgenden Faktoren verursachen den starken Anstieg der Produktionskosten in den letzten
10 Jahren und die große Bandbreite:
• Die geologischen, geographischen und chemischen Eigenschaften der
Ressourcenvorkommen beeinflussen in hohem Maße den Material- und
Energieaufwand für die Gewinnung und Verarbeitung der Rohstoffe:
o
die Tiefe und Lage der Ressourcen (Off- oder Onshore, Infrastruktur: Verkehrsund Pipelinenetze)
o
der geologische Aufbau der Rohstofflagerstätten
o
die Eigenschaften des Begleitgesteins
o
die chemische Struktur der Kohlenwasserstoffe
•
Die Höhe der angenommenen Rendite beeinflußt sehr stark die gesamten
Investitionskosten. Nach einer Studie von RAND ist z.B. CTL mit einem internen
Zinssatz von 10 % schon ab 55 Dollar/Barrel wirtschaftlich, mit einem internen Zinssatz
von 14 % aber erst ab 70 Dollar/Barrel175.
•
Die Produktionskosten erhöhen sich stetig176:
•
o
Die Anzahl der Bohrtürme pro Erdölmenge ist in den letzten Jahrzehnten stark
gestiegen177
o
Es muss immer tiefer gebohrt werden
o
Die durchschnittliche Erdölmenge pro Feld sinkt. Daher müssen immer mehr
Felder für die gleiche Rohstoffmenge erschlossen werden
o
Für die Herstellung von unkonventionellen fossilen Kraftstoffen sind
aufwendige Technologien notwendig. Der Aufwand für die Verarbeitung von
Kohle und Ölschiefer zu Kraftstoffen ist noch größer als die Ölgewinnung aus
Teersanden178.
Die Materialkosten sind in den letzten 10 Jahren rapide gestiegen. Die Kosten pro
Bohrturm sind zum Beispiel zwischen 2000 und 2008 um 120% gestiegen179.
175 Bartis et al. 2008: Reference-case CTL plant costs. High CTL plant cost case: 10 % interner Zinssatz: 65
Dollar/Barrel. 14 % interner Zinssatz: 90 Dollar/Barrel
176 Vgl. IEA 2008a
177 IEA 2008a
178 CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008, Brandt 2007b, Meyer-Renschhausen
2007. Teersande enthalten Bitumen, das ein degradiertes Erdöl ist. Der in Ölschiefern enthaltene flüssige
Kohlenwasserstoff, sogenanntes Kerogen, ist eine Vorstufe des Erdöls. Daher ist der Aufwand, aus Kerogen
Kraftstoffe herzustellen, höher als aus Bitumen.
179 IEA 2008a.
52
•
Die Energiekosten beeinflussen vor allem die Kosten bei Kraftstoffen mit großem
Energieinput für die Konversionsprozesse wie CTL, GTL und Kraftstoffe aus
Ölschiefer und Teersand. Die folgenden Faktoren müssen dabei berücksichtigt
werden:
o
Die Gewinnungs- und Abbaukosten des Rohstoffs variieren sehr stark : Die
Gewinnung von Sweet Gas in Abu Dhabi kostet z.B. zwischen 0,3 und 0,5
$ct/kWh, die von Sour Gas dagegen 1,7 $ct/kWh. Die durchschnittlichen
Gasgewinnungskosten in den USA betragen 1 $ct/kWh180, die Shale
Gasproduktion kostet zwischen 1,4 und 1,7 $ct/kWh.
o
Der Marktpreis des Rohstoffs: Wenn die Energierohstoffe für die
Kraftstofferzeugung auch in anderen Sektoren (Strom- und Wärmeerzeugung,
chemische Industrie) eingesetzt werden können, muss neben den
Rohstoffgewinnungskosten auch der Marktpreis des Rohstoffs berücksichtigt
werden. Am Beispiel von GTL und CTL wird besonders deutlich, wie sich der
Marktpreis des Energieträgers auf die Gesamtkosten auswirkt.
o
GTL: Mit den reinen Produktionskosten berechnet kostet GTL z.B. in Abu Dhabi
nur 30 Dollar/Barrel181. Mit den durchschnittlichen Importkosten182 für Gas in
Deutschland in 2008 sind dagegen die GTL-Produktionskosten mehr als
dreimal so hoch (95 Dollar/Barrel).
o
Im Erdgasmarkt erschwert die wachsende Bedeutung von verflüssigtem Erdgas
(LNG) die Realiserung von GTL-Projekten. Die LNG-Kapazität hat sich zwischen
2003 und 2009 auf über 300 Mrd. m³ versechsfacht183. Die Kapazität der
Anladeterminals beträgt sogar fast das doppelte der Verflüssigungsanlagen184.
o
Weltweit ist bereits ein Viertel des grenzüberschreitend gehandelten Erdgases
LNG185. Die IEA erwartet bis 2013 einen weiteren Zuwachs der weltweiten
LNG-Kapazität um 50 %186. Im Gegensatz zu LNG ist die heutige GTL-Produktion
sehr gering. Nur ca. 5 Mrd. m³ Erdgas wurden 2008 zu GTL verarbeitet, das
sind weniger als 2 % der heutigen LNG-Menge187. Bis 2030 wird sich zwar die
Erdgasmenge für GTL nach Schätzungen der IEA verzehnfachen. Die Menge
bleibt aber im Vergleich zu LNG weiterhin sehr gering. Als Gründe nennt die
IEA den höheren Investitionsbedarf, den größeren technologischen Aufwand
und den größeren Energieinput188 im Vergleich zu LNG189.
180 CERA 2004
181 Eigene Berechnung nach CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint Research Centre 2008 und FEV &
WI 2008.
182 Grenzübergangskosten
183 Eigene Berechnung nach BGR 2009, IEA 2008a, IEA 2003
184 Platts 2008
185 BGR 2009
186 IEA 2009
187 IEA 2008a
188 GTL: 1,4-1,7:1; LNG: 1,25:1
189 Vgl. Rahman 2008.
53
GTL aus UCG-Synthesegas (Underground Coal Gasification-UntertageVergasung) ist der günstigste unkonventionelle Kraftstoff, wenn nur die
Gewinnungskosten in die Berechnung einfließen (vgl. Abbildung 2). 190
CTL: Die Rohstoffkosten für CTL liegen z.B. mit dem durchschnittlichen
Kohlepreis der USA von 26 Dollar/Tonne in 2007 bei 12 Dollar/Barrel und mit
dem durchschnittlichen deutschen Importpreis von 150 Dollar/Tonne in 2008
bei 60 Dollar/Barrel. Mit den hohen Rohstoffkosten in Deutschland würden die
CTL-Kosten auf über 115 Dollar/Barrel steigen191.
Der Marktpreis hängt neben den alternativen Nutzungsmöglichkeiten auch
stark von der Transportfähigkeit des Rohstoffs ab. Nur Anthrazit, die
Kohleform mit dem höchsten Kohlenstoffgehalt, und bituminöse Kohle werden
über längere Strecken transportiert. Der Transport von Braunkohle und
subbituminöser Kohle ist dagegen wegen des geringen Energiegehaltes dieser
Kohlearten nicht wirtschaftlich192.
o
Die Verwendung großer Mengen extern erzeugter Energie: Zum Beispiel
verteuern sich In-situ-Verfahren, die mit heißem Dampf das Bitumen der
Teersände gewinnen, um 50 %, wenn der Gaspreis sich verdreifacht193.
(Annahme: US-Gaspreis steigt vom heutigen Niveau - Sommer 2009: 1,37
$ct/kWh - wieder auf das Niveau vom Sommer 2008, 4,8 $ct/kWh).
Die Kosten von energieintensiven Konversionsprozessen können durch
Verfahren reduziert werden, die mit interner Wärmezufuhr arbeiten, d.h. die
Energie desselben Rohstoffs nutzen. Ein Beispiel dafür ist das Toe-to- Heel- Air
–Injection-Verfahren (THAI), das einen Teil des Teersandes unterirdisch
verbrennt, um das Bitumen zu verflüssigen194 (siehe Kapitel 3.4.1.3).
190
Eigentlich müßte auch der Marktpreis des wasserstoffreichen Synthesegases (über 30 % Wasserstoff, über 15 %
Methan) berücksichtigt werden, da es auch zur Strom- und Wärmeerzeugung und für die Herstellung chemischer
Produkte (z.B. Dünger) verwendet werden kann.
191
Eigene Berechnung nach Bartis et al. 2008 - bei einem internen Zinssatz von 10 %
192
Nach der International Classification of in-Seam Coals (UN-ECE 1998) wird Kohle in die folgenden Kategorien
eingeteilt: Weichbraunkohlen, Subbituminöse Kohlen, Bituminöse Kohlen, Anthrazit. Quelle: BGR 2009. Der
Inkohlungsgrad nimmt von den Weichbraunkohlen bis zum Anthrazit zu. Der Inkohlungsgrad ist der Grad der
Umwandlung von pflanzlichen Stoffen in Kohle. Mit zunehmender Inkohlung wird die Kohle reicher an Kohlenstoff
und ärmer an flüchtigen Bestandteilen. Der Inkohlungsgrad hängt ab vom Alter der Kohle und den äußeren
Entstehungsbedingungen (Druck, Temperatur). Quelle: http://www.steinkohle-portal.de.
193
Eigene Berechnung nach Bartis et al. 2008.
194
Meyer-Renschhausen 2007.
54
6
Vergleich der Treibhausgasemissionen und Produktionskosten
fossiler Kraftstoffe
Der Vergleich der Treibhausgasbilanzen verschiedener fossiler Kraftstoffe mit den
Produktionskosten zeigt, dass es keine direkte Korrelation zwischen der Höhe der
Treibhausgaseemissionen und den Produktionskosten gibt. Zu den teuersten
unkonventionellen Kraftstoffen gehören zwar Kraftstoffe aus Kohle und Ölschiefer, die auch
über die höchsten Emissionen verfügen. Die maximalen Produktionskosten von GTL, dem
unkonventionellen Kraftstoff mit der besten Klimabilanz, liegen aber in der gleichen
Größenordnung. GTL aus Synthesegas der Untertage-Vergasung hat dagegen fast die höchsten
Emissionen, ist aber der unkonventionelle Kraftstoff mit den geringsten Produktionskosten.
Das UCG-GTL-Verfahren hat zwar wie CTL und GTL den höchsten Energieinput der
unkonventionellen Kraftstoffe. Seine Rohstoff- und Investitionskosten sind aber geringer:
•
Der Marktpreis des Synthesegases aus der Untertage-Vergasung ist in abgelegenen
Regionen ohne alternative Nutzungsmöglichkeiten im Strom-, Wärme- und
Chemiesektor gering. Für den Transport per Pipeline oder Schiff müßte das
Synthesegas erst zu Methan umgewandelt werden, um die bestehende Infrastruktur
nutzen zu können, oder eine neue Pipelineinfrastruktur für den Wasserstofftransport
geschaffen werden. Ohne alternative Nutzungsmöglichkeiten können daher für das
UCG-GTL-Verfahren als Rohstoffkosten die Produktionskosten des Synthesegases von
0,6 bis 1,5 ct/kWh angenommen werden195.
•
Die Investitionskosten des UCG-GTL-Verfahren sind wesentlich geringer als von CTL, da
die Vergasung untertage stattfindet und daher keine aufwendige
Kohlevergasungsanlagen gebaut werden müssen. Nach Angaben der australischen
Firma Linc Energy betragen die Investitionskosten für eine UCG – GTL-Anlage pro
Barrel/Tag weniger als 25.000 Dollar und damit nur ein Drittel einer CTL-Anlage196.
Auch bei Teersand könnte die Reduktion der Energiekosten zu höheren
Treibhausgasemissionen führen:
•
Reduktion von extern erzeugter Wärme mit Erdgas durch das Toe-to-Heel-AirInjection-Verfahren (THAI), in dem einen Teil des Teersandes unterirdisch verbrennt,
um das Bitumen zu verflüssigen197.
•
Substitution des Erdgases für die Strom-, Dampf- und Wasserstofferzeugung durch
Bitumen, das in ein niedrig-kalorisches synthetisches Heizgas umgewandelt wird.
(Upgrading mit integrierter Heizgaserzeugung von Nexen und Opti)198.
195 Courtney 2008
196 Linc Energy 2008. www.lincenergy.com.au/pdf/analyst-10.pdf. CTL-Kosten: IEA 2008a.
197 Meyer-Renschhausen 2007
198 Meyer-Renschhausen 2007.
55
•
Substitution des Erdgases für die Strom-, Dampf- und Wasserstofferzeugung durch
unkonventionelle Erdgase oder Synthesegas. Die Firma Ergo Exergy plant zum Beispiel
ein Untertage-Vergasungsprojekt in Kanada, um die Teersandgewinnung und verarbeitung mit Strom, Dampf und Wasserstoff zu versorgen199. Die Verwendung von
USG-Synthesegas statt Erdgas würde die WTW-Emissionen von Kraftstoff aus Teersand
um 20 % erhöhen200.
Für die nächsten Jahre wird mit einer Verlangsamung der Entwicklung des Teersandabbaus
gerechnet wegen gestiegener Rohstoff- und Investionskosten und anderer hemmender
Faktoren. Im Folgenden wird die Entwicklung der verschiedenen Verfahren unkonventioneller
Kraftstoffe abgeschätzt:
•
Teersande: Die Energie-, Material- und Personalkosten für den Teersandabbau sind in
den letzten Jahren sehr stark gestiegen. Die Teersandgewinnung und –verarbeitung in
Kanada verbrauchte 2007 ca. 10 Mrd. m³ Erdgas. Der Erdgasbedarf wird bis 2017
voraussichtlich auf 26 Mrd. m³ steigen201. In – Situ-Verfahren werden für die
Teersandgewinnung an Bedeutung gewinnen, da das Potenzial für die bergbauliche
Gewinnung begrenzt ist. In-situ ist aber mit einem höheren Energieinput verbunden202.
Um den Erdgasverbrauch zu senken, ist daher der Einsatz von Verfahren wie der THAITechnologie notwendig.
Wegen der gestiegenen Kosten, des niedrigen Ölpreises und wachsenden Widerstands
in der Bevölkerung wird bis 2015 eine etwas geringere Steigerung der kanadischen
Teersandproduktion als bislang prognostiziert erwartet (80 % statt 110 % Zuwachs
gegenüber 2007). Andere Staaten mit großen Teersandvorkommen wie Russland,
Kasachstan und die USA haben bislang nur Pilotprojekte realisiert und haben keine
konkreten großindustriellen Abbaupläne. In der Republik Kongo hat sich die
italienische Firma ENI Abbaurechte gesichert, aber noch nicht mit der Produktion
begonnen203.
•
Schwerstöl: Venezuela verfügt über ca. 240 Mrd. t Schwerstöl und damit über
unkonventionelle Ölvorkommen in einer vergleichbaren Größenordnung wie Kanada.
Dennoch erwarten Experten wegen staatlicher Restriktionen nur einen langsamen
Ausbau der Schwerstölförderung in Venezuela204. Die EIA sieht z.B. nur eine Steigerung
der venezolanischen Schwerstölförderung von heute 25 Mio. t (0,6 Mio. Barrel/Tag)
auf 50 Mio. t (1,2 Mio. Barrel/Tag) in 2030205.
199 http://www.cigionline.org/articles/2009/05/clean-coal-go-underground-alberta
200 Eigene Berechnung nach Meyer-Renschhausen 2007, CONCAWE, EUCAR und European Commission Joint
Research Centre 2008, Courtney 2008, Armendariz 2009.
201 BGR 2009.
202 Meyer-Renschhausen 2007.
203 BGR 2009.
204 EWG 2008. EIA 2009.
205 EIA 2009.
56
•
GTL- und CTL: Die GTL- und CTL- Erzeugung ist zwar technologisch nahezu ausgreift, ihr
Ausbau wird aber durch die hohen Rohstoffkosten erschwert. Bei CTL kommen
außerdem noch die wesentlich höheren Investionskosten im Vergleich zu GTL hinzu.
•
Ölschiefer: Die Gewinnung von Kraftstoffen aus Ölschiefer ist wie in Kapitel 3.4.3
beschrieben sehr aufwendig. Experten erwarten daher, dass mehr als 10 Jahre
Entwicklungszeit bis zur ersten großindustriellen Kraftstoffproduktion aus Ölschiefer
notwendig sind206. In- Situ-Verfahren sind für den Ölschieferabbau wegen der hohen
Investitions- und Energiekosten und der geringen Ausbeute sehr teuer. Brandt sieht
daher den Tagebau für großtechnische Ölschieferprojekte als wahrscheinlicher207. Die
Tagebauverfahren werden zu höheren Treibhausgasemissionen als In-situTechnologien führen208.
•
GTL aus UCG-Synthesegas: GTL aus Synthesegas der Untertage-Vergasung (UCG) von
Kohle hat die niedrigsten Produktionskosten der unkonventionellen Kraftstoffe wegen
geringerer Rohstoff- und Investionskosten. Wenn die großtechnische Produktion von
GTL aus UCG-Gas gelingt, steht eine Technologie zur Verfügung, die zusammen mit der
Nutzung von Teersand die Produktion großer Mengen unkonventioneller fossiler
Kraftstoffe mit geringeren Kosten als EOR, Tiefsee- und Arktis-Öl ermöglicht. Die WTWEmissionen werden dadurch aber immens steigen. Die UCG-Produzenten werben zwar
mit der CCS-Option. In wieweit aber die sichere Sequestrierung sehr großer Mengen
CO2 möglich ist, ist noch nicht bewiesen. Ohne CCS führt GTL aus UCG zu 2,5 fach so
hohen Emissionen wie konventioneller fossiler Kraftstoff.
Die Untergrundvergasung wird in den nächsten Jahren vor allem für die
Stromerzeugung genutzt. Aufgrund der großen Kohlevorkommen weltweit, die sich für
UCG eignen, sind aber keine Rohstoffengpässe zu erwarten, die zu einer
Nutzungskonkurrenz zwischen Strom-, Wärme- und Kraftstofferzeugung wie bei der
Erdgasproduktion führen könnten.
•
Coal-Bed Methane (CBM) ist auch ein alternatives Gas für den GTL-Prozess. Mit dem
UCG-Verfahren kann aber 300 bis 400-mal soviel Energie aus einer Tonne Kohle mittels
CBM gewonnen werden, da der Methangehalt pro kg Kohle sehr gering ist209.
Aufgrund der wesentlich geringen Gasausbeute im Vergleich zum UCG-Verfahren wird
erwartet, dass CBM in Zukunft weiterhin vor allem im Strom- und Wärmemarkt und
nicht zur GTL-Erzeugung verwendet wird.
Der Vergleich der Treibhausgasemissionen und der Produktionskosten zeigt damit auch, dass
der Zeitpunkt des Peak-Oil für die Entwicklung der unkonventionellen Kraftstoffe nur bedingt
eine Rolle spielt. Sehr wichtig ist dagegen die Einschätzung der IEA im aktuellsten World
Energy Outlook, dass die Zeit des billigen Öls endgültig vorbei ist. Um den rasanten
Förderrückgang der Post-Peak-Felder aufzufangen, müssen sehr großen Summen investiert
206 Bartis 2006.
207 Brandt 2007b. NCI 2008
208 Brandt 2007b,c. vgl. Abbildung und Tabelle 1.
209 Homer-Dixon & Friedmann 2009. Methan ist in sehr geringen Konzentrationen in Kohlevorkommen enthalten.
57
werden, damit neue Felder gefunden und die Ausbeute der alten erhöht werden. Der jüngste
Ölpreissturz zeigt, dass unterhalb von 80-100 Dollar/Barrel viele Projekte im Erdölsektor
wieder gestoppt worden sind210. Durch die technologischen Fortschritte der unkonventionellen
fossilen Kraftstoffe wird es daher mittelfristig günstiger sein, Kraftstoffe aus Teersand, Kohle
oder Ölschiefer zu produzieren, als Öl aus 8.000 m Tiefe oder der Arktis zu fördern oder mit
sehr aufwendigen Methoden die Ausbeutungsrate der alten Felder zu erhöhen.
7
Analyse der Umweltauswirkungen und der sozioökonomischen
Effekte von konventionellem und unkonventionellen fossilen
Kraftstoffen
7.1
Untersuchungsmethodik
Im Gegensatz zu den Treibhausgasemissionen gibt es wenige Studien mit wissenschaftlichem
Anspruch, die die Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte von konventionellen
und unkonventionellen fossilen Kraftstoffen analysieren. Vor allem
Nichtregierungsorganisationen haben Untersuchungen zu regionalen Konflikten durchgeführt.
Berichte, die die Auswirkungen auf globaler Ebene erfassen, gibt es dagegen kaum. Diese
Studie kann daher nur selektiv die Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte mit
Hilfe einzelner Länderbeispiele beschreiben. Die Auswahl der Länder erfolgt anhand folgender
Kriterien:
•
Verfügbarkeit von Informationen
•
Folgen der beschriebenen Auswirkungen und Effekte
•
Zukünftige Bedeutung der Länder für die Produktion fossiler Kraftstoffe
Aufgrund der Kriterien werden schwerpunktmäßig die Auswirkungen der Produktion fossiler
Kraftstoffe in Nigeria, Angola, Ecuador und Kanada dargestellt. Dadurch werden die
Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte der Erdölindustrie in drei sehr wichtigen
Regionen abgebildet:
•
Afrika: Die Erdölförderung ist auf dem afrikanischen Kontinent besonders konfliktreich.
Für die weltweite Erdölversorgung ist Afrika in den letzten 10 Jahren immer wichtiger
geworden. Das derzeitige große Interesse vieler Länder und internationaler Konzerne
zeigt die wachsende Bedeutung Afrikas im globalen Erdölmarkt.
•
Amazonas: Die Erdölförderung im Amazonasbecken ist aufgrund der hohen
Biodiversität und der Konflikte mit der indigenen Bevölkerung besonders
problematisch. Durch die immer knapper werdenden weltweiten Erdölvorkommen
steigt der Druck, die Erdölfelder im Amazonas weiter auszubeuten.
210 Petroleum Economist 2008.
58
•
Kanada: Die Auswirkungen des Teersandabbaus in Kanada zeigen exemplarisch die
Folgen der Produktion unkonventioneller Kraftstoffe.
•
Die beschriebenen Effekte und Auswirkungen gelten nicht nur in den hier
betrachteten Ländern, sondern zeigen beispielhaft, welche Folgen die Förderung
von fossilem Öl auf die Entwicklung von Staaten hat.
Aufgrund der Komplexität können die Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte in
vielen anderen Regionen weltweit im Rahmen dieser Studie nicht bearbeitet werden, wie z.B.
Russland und Alaska. Auch die Arktis wird nicht betrachtet, obwohl die Umweltgefährdungen
durch die zukünftige Erdölförderung in dieser Region besonders groß sind. Außerdem werden
die Umweltauswirkungen der Erdölproduktion von vielen Einzelemittenten wie z.B.
Erdölplattformen und Erdölraffinerien oder katastrophaler Ereignisse, wie z.B. Tankerunfälle
nicht erfasst.
Die komplexen Auswirkungen der Erdölförderung auf militärische Konflikte können im Rahmen
dieser Studie ebenfalls nur sehr kurz dargestellt werden.
Die Auflistung der nicht analysierten Folgen zeigt den großen Untersuchungsbedarf für
Folgeprojekte.
7.2
Auswertung von Untersuchungen zu den sozioökonomischen Effekten von
konventionellem Erdöl
Staaten, die reich an natürlichen Ressourcen sind, gelten oft als auch finanziell reiche Staaten.
So auch die Länder, die vom Erdölexport profitieren. Bewertet man diese Länder aber nach
bestimmten Indikatoren, so sind negative soziale und ökonomische Auswirkungen der
Erdölproduktion in vielen der Länder unverkennbar. In der Wissenschaft wird dafür oft der
Begriff resource curse (Ressourcenfluch - Fluch der Ressourcen),211 oder Ölfluch212 verwendet.
Untersuchungen haben ergeben, dass ölreiche Länder langsamer wachsen im Vergleich zu
nicht-Öl produzierenden Ländern, autoritärer und konfliktreicher sind und dass sie die
untersten Plätze des Korruptions-Index von Transparency International belegen213. Länder, die
abhängig von Ölexporten sind, gehören heute zu den Staaten, die ökonomisch die meisten
Probleme haben214.
Der Ölboom der 70er Jahre hat den Öl produzierenden Entwicklungsländern viel Reichtum und
schnelles ökonomische Wachstum gebracht, trotzdem haben viele dieser Länder in den
folgenden 30 Jahren unter riesiger Auslandsverschuldung, hoher Arbeitslosigkeit und
stagnierender oder rückgängiger Wirtschaft gelitten. Mindestens die Hälfte der OPECMitglieder waren 2005 ärmer, als sie es vor 30 Jahren waren215.Tabelle 7 bewertet Öl
exportierende Entwicklungsländer nach den Indikatoren des Human-Development-Index (HDI)
211 Sachs und Warner 1995
212 Ross 2008
213 Shaxson 2007, Karl 2007
214 Catholic Relief Services 2003
215 Ross 2008
59
der UNO, dem Korruptions-Index von Transparency International, nach der Kindersterblichkeit
je Tausend Geburten, der Lebenserwartung sowie dem Anteil der Bevölkerung mit weniger als
1 USD pro Tag Einkommen.
Es ist unschwer zu erkennen, dass viele der Staaten sehr negativ in der Bewertung
abschneiden.
Zwei Beispiele:
Angola: Obwohl Angola das zweitgrößte Ölförderland südlich der Sahara ist, wird die
Kindersterblichkeit in diesem Land weltweit nur noch von Sierra Leone übertroffen216.
Äquatorial Guinea: Trotz einer täglichen Produktion von 420.000 Barrel Öl und einem
durchschnittlichen jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 8 .510 USD befindet sich das Land im
HDI Ranking im unteren Drittel. Zwischen 1990 und 2000 ist das Land sogar um 10 Stufen im
Index gefallen217. Es gilt als eines der korruptesten Länder der Welt und hat eine der höchsten
Kindersterblichkeitsraten.
Land
Ölförderung HDI
(in Barrel je EntwicklungsTag) 2008
Index (von
218
177 Ländern)
2007 219
KorruptionsIndex (von
180
Ländern)
2008 220
KinderSterblichkeit
(je T.
LebendGeburten)
2006 221
LebensErwartung
in Jahren
2006 222
Prozentsatz
Bevölkerung
mit weniger
als 1 USD
pro Tag 223
Russland
9.886.000
67
147
16
66
unter 2 224
Iran
4.325.000
94
141
34
71
unter 2
Nigeria
2.170.000
158
121
191
47
70,8225
Angola
1.875.000
162
158
260
42
54,3226
Kasachstan
1.554.000
73
145
29
66
3,1227
Aserbaidschan 914.000
98
158
88
72
3,7 228
Kolumbien
618.000
75
70
21
73
7 229
Ecuador
514.000
89
151
24
75
17,7 230
Sudan
480.000
147
175
89
58
90
216 Fischer Almanach 2009.
217 Shaxson 2007
218 BP 2009a
219 Fischer Weltalmanach 2009
220 Transparency International 2008
221 Fischer Weltalmanach 2009
222 Fischer Weltalmanach 2009
223 UNDP 2009
224 mit weniger als 2 USD pro Tag= 12,1 %, weniger als 4 USD = 56,7 %
225 mit weniger als 2 USD pro Tag= 92.4 %
226 mit weniger als 2 USD pro Tag= 70,2 %
227 mit weniger als 2 USD pro Tag= 16,%, weniger als 4 USD = 56,7 %
228 mit weniger als 2 USD pro Tag= 33,4 %, weniger als 4 USD = 85,9 %
229 mit weniger als 2 USD pro Tag = 17,8 %. Prozentsatz unter nationalen Armutsgrenze = 64 %
230 mit weniger als 2 USD pro Tag = 40,8 %
60
Land
Ölförderung HDI
(in Barrel je EntwicklungsTag) 2008
Index (von
218
177 Ländern)
2007 219
KorruptionsIndex (von
180
Ländern)
2008 220
KinderSterblichkeit
(je T.
LebendGeburten)
2006 221
LebensErwartung
in Jahren
2006 222
Prozentsatz
Bevölkerung
mit weniger
als 1 USD
pro Tag 223
Äquatorial
Guinea
361.000
127
171
206
51
k.A.
Kongo Rep.
249.000
139
158
126
55
54,1
Gabun
235.000
119
96
91
57
4,8 231
Turkmenistan
205.000
109
166
51
63
24,8 232
Zum
Vergleich:
USA
7.760.000
12
20
8
78
Deutschland
75.000
22
14
4
79
Tabelle 7: Entwicklungsindikatoren von erdölexportierenden Entwicklungsländern
Doch was sind die Ursachen dieses Paradoxon, einerseits riesige Einnahmen durch die
Ölexporte, andererseits ein sozialer und ökonomischer Niedergang? Mehrere Effekte spielen
eine Rolle:
7.2.1 Dutch Disease (Holländische Krankheit)233:
Das als Dutch Disease benannte ökonomische Syndrom wurde in den 60er Jahren offenbar, als
in den Niederlanden große Gasvorkommen in der Nordsee entdeckt wurden. Es handelt sich
dabei um einen Effekt, in dem erfolgreich Rohstoff exportierende Volkswirtschaften durch
Wechselkursentwicklungen zu einem ökonomischen Niedergang kommen können. Die
Handlungskette folgt folgendem Verlauf: Durch die Erdölexporte fließt viel Geld in die
Volkswirtschaft, die Währung wird überbewertet, die Preise steigen. Lokale Produkte wie
Landwirtschafts- und Industriegüter werden teurer und damit weniger konkurrenzfähig im
Vergleich zu importierten Gütern. Die lokale Produktion dieser Güter ist nicht mehr
wirtschaftlich. Die Exportzahlen der Produkte gehen zurück, dem Land wird die
landwirtschaftliche und industrielle Grundlage entzogen. Es wird abhängig vom Erdölsektor
und ist so den Preisschwankungen der internationalen Märkte ausgesetzt. Folge dieses
Prozesses ist es, dass eine kleine Gruppe von Menschen reich wird, die Mehrheit aber von
Arbeitslosigkeit und Armut betroffen ist234.
231 mit weniger als 2 USD pro Tag= 19,6 %
232 mit weniger als 4 USD pro Tag= 79,4 %
233 Dichtl und Issing 1993
234 Shaxson 2007
61
Beispiel:
Nigeria: Vor dem Ölboom der 70 er Jahre war Nigeria der zweitgrößte Kakaoproduzent der
Welt, die Landwirtschaft machte ca. 75 % der Exporte aus. Allein in den Jahren 1975-1978
verringerte sich die bearbeitete landwirtschaftliche Fläche um 60 %. Millionen Nigerianer
verloren ihre Existenzgrundlage. 1970 lebten 19 Millionen Nigerianer unterhalb der
Armutsgrenze. Heute macht Erdöl 97 % der Exporte Nigerias aus. Trotz bisher ca. 400 Mrd.
USD Öleinnahmen leben 90 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze235. Die Anzahl der
Armen ist in den letzten drei Jahrzehnten fast doppelt so schnell wie die Bevölkerung
gewachsen. Die Armut in Nigeria resultiert vor allem aus der Abkoppelung der Erdölindustrie
von der lokalen Wirtschaft. 95 % der staatlichen Eröleinnahmen fließen in die Kassen der
nigerianischen Regierung, während die lokale Bevölkerung in der Erdölförderregion an den
Einnahmen nicht partizipiert. Die Erdölindustrie schafft kaum Arbeitsplätze, die wenigen
entstehenden Arbeitsplätze werden durch hoch qualifizierte Ausländer besetzt236.
7.2.2 Rentenstaaten-Effekt
Staaten, deren Einnahmen zum größten Teil auf Grundlage vorhandener Rohstoffe von außen
einfließen, ohne dass ihnen einen nennenswerte Produktions- und Investitionstätigkeit im
Inneren gegenübersteht, werden als Rentenstaaten bezeichnet. Sie sind weitgehend
unabhängig von inländischen Steuereinnahmen.
Beispiele:
Während in Deutschland Steuern und Abgaben 36,4 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP)
ausmachen (OECD Staaten 37,4 %), sind es in Kuwait nur 3,4 % des BIP, in den Vereinigten
Arabischen Emiraten nur 1,8 %. In arabischen Staaten ohne Ölvorkommen lag 2002 der
durchschnittliche Steuersatz bei 17 %, in arabischen Öl-Förderländern bei 5 %. Seifert und
Werner führen in ihrem „Schwarzbuch Öl“ aus, dass „die geringen Steuersätze den arabischen
Bürgern keinen Anreiz geben zu hinterfragen, was ihre Regierungen mit ihrem Geld anstellen“.
Gleichzeitig wird durch die Verteilung der Gelder Patronage und Klientelismus gefördert und
damit der Zwang verringert, den Staatsbürgern demokratische Rechte einzuräumen237.
7.2.3 Off –Budget- Öleinnahmen
Gleichzeitig fließen diese Renten oftmals nicht in den staatlichen Haushalt ein, sondern sind
Off-Budget-Einnahmen, die über illegale Konten parallel in das Land fließen. Die Kontrolle der
Finanzströme durch den zentralen Staatshaushalt wird erschwert und die Möglichkeiten für
Korruption erhöht238.
235 Sala-i-Martin und Subramanian 2003
236 Adams, Osho u. Coleman 2008
237 Seifert und Werner 2007, Karl 2007
238 Heilbrunn 2004
62
Beispiel:
Das U.S. State Department schreibt, dass der Reichtum Angolas in den Händen einer kleinen
Elite ist, die Staatsposten oft ausnutzt, um sich selber zu bereichern, und dass Korruption auf
allen Ebenen stattfindet239. Laut einem Bericht von Human Rights Watch sind allein im
Zeitraum 1997 bis 2002 umgerechnet 4,2 Mrd. USD der Öleinnahmen verschwunden240. Da
zudem keine Daten über die staatlichen Öleinnahmen veröffentlicht werden, gibt es keine
Informationsgrundlage für die angolanische Bevölkerung, die Verwendung der Mittel nach zu
verfolgen und eine Erklärung über den Missbrauch der Mittel einzufordern. Als BP im Jahr
2001 dem Anspruch einer transparenten Unternehmenspolitik folgen und die Zahlungen an die
Regierung veröffentlichen wollte, drohte Angola dem Erdölkonzern mit einem Landesverweis.
BP unterließ daraufhin die Offenlegung der Zahlen241.
Viele Erdölförderländer insbesondere Afrikas sind zudem Diktaturen. Unter den in den letzten
Jahren erfolgreich in eine Demokratie transformierten Ländern befindet sich kein einziges
Ölexportland242.
7.2.4 Auslandsverschuldung
Trotz der Einnahmen aus den Ölexporten sind viele der Länder hoch verschuldet. Einer der
Gründe sind die volatilen Ölpreise. In Zeiten hoher Ölpreise wurden die Öl produzierenden
Länder kreditwürdig, sie nahmen Geld auf und finanzierten daraus oft Prestigeobjekte, anstatt
die Gelder in Bildung und Gesundheit zu investieren.
Beispiel:
Ecuador: Seit dem Jahr 1967 wird in Ecuador Erdöl gefördert. Schon 1981 erreichte die
Auslandsverschuldung den 22-fachen Wert der Auslandsverschuldung des Jahres 1971. In
Zahlen waren dies 5.870 Mio. USD bzw. 42 % des Bruttoinlandsproduktes243. Der
Schuldendienst war erstmals höher als die Exporterlöse. In den 90er Jahren erreichte der
Schuldenberg die Höhe des Bruttosozialproduktes. Gleichzeitig sank aber in der Zeit von 1986
bis 1996 der Anteil der Ausgaben für Bildung im Staatshaushalt von 21,3 % auf 13 %, während
im gleichen Zeitraum der Index der Militärausgaben um ein Drittel stieg. 1999 erklärte der
Internationale Währungsfond Ecuador für kreditunwürdig244. Gegenwärtig beträgt der
Schuldendienst fast die Hälfte der Staatseinnahmen und damit mehr als die Erlöse aus dem
Export von Erdöl245.
239 Catholic Relief Services 2003
240 Human Rights Watch 2004
241 Misereor 2006
242 Heilbrunn 2004
243 Acosta 2003
244 Acosta 2003
245 Mierkes
63
7.2.5 Militärische Konflikte/Bürgerkrieg
Collier und Hoeffler stellen in einer Studie246 aus dem Jahr 2000 fest, dass von Öl- und
Rohstoffexporten abhängige Staaten eine viel höhere Wahrscheinlichkeit (23 %) des
Ausbruches eines Bürgerkrieges haben als Staaten, die keine Rohstoffe exportieren (0,5 %
Wahrscheinlichkeit). Die Zahlen beziehen sich auf eine 5-Jahresperiode.
Dieselben Autoren stellten zudem fest, dass in einem durchschnittlichen Entwicklungsland das
Risiko eines Bürgerkrieges bei 14 % liegt. Hat ein Entwicklungsland einen hohen Anteil an
Rohstoffexporten (über 30 %), erhöht sich das Bürgerkriegsrisiko auf 22 %. Wenn Öl das
Hauptexportgut ist, steigt das Bürgerkriegsrisiko um 40 %247.
7.3
Auswertung von Untersuchungen zu den Umweltauswirkungen von
konventionellem und unkonventionellem Erdöl
Die Umweltauswirkungen von konventionellem und unkonventionellem Erdöl werden in dieser
Studie am Beispiel der Erdölförderung in Ecuador und Nigeria und des Teersandabbaus in
Kanada dargestellt.
7.3.1 Beschreibung der Abbaugebiete
Ecuador: Im Amazonasgebiet von Ecuador werden täglich mehr als 300.000 Barrel aus über
300 Bohrungen gefördert. Gleichzeitig zählt das Gebiet zu den artenreichsten Regionen der
Welt. Der Gesamtumfang der Konzessionsgebiete umfasst 10 Millionen Hektar, direkt oder
indirekt ist der überwiegende Teil des ecuadorianischen Amazonas von Erdölförderaktivitäten
betroffen. Die Aktivitäten von Erdölunternehmen betreffen hauptsächlich indianisches
Territorium, da sich dort 90 Prozent der erteilten Konzessionen befinden. Die dort lebende
indianische Bevölkerung wird unmittelbar mit einer hochtechnologischen Industrialisierung
konfrontiert, die für sie ein radikaler Bruch mit den traditionellen Lebens- und
Wirtschaftsweisen darstellt248.
Nigeria: Wie das Amazonasgebiet in Ecuador ist das Niger-Delta ein einzigartiges Ökosystem:
es ist eines der größten Feuchtgebiete der Welt, mit einer Fläche von 26.000 km2, einem
Wassereinzugsgebiet von 2,23 Mio. km2 und einem jährlichen Abfluss von 180 Milliarden m3.
Hauptmerkmal des Niger-Delta-Ökosystem ist das dynamische Gleichgewicht zwischen
Hochwasser, Erosion und Sedimentierungsablagerungen, welches das Delta während seiner
Existenz gebildet und umgebildet und es mit fruchtbarem Boden für die landwirtschaftliche
Produktion versorgt hat. Das Delta besteht aus küstenparallelen Sandinseln, Mangroven,
Frischwasser-Sumpfwäldern und Tiefland-Regenwäldern249.
246 Collier und Hoeffler 2000
247 Seifert und Werner 2008
248 Feldt 2001
249 Steyn 2003
64
Kanada
Die Teersandvorkommen Kanadas liegen unter einer Fläche von 15 Mio. ha borealem
Nadelwald. Der boreale Nadelwald ist ein Ökosystem von großer globaler Bedeutung:
22 % des weltweit gespeicherten Kohlenstoffs in Landökosystemen befindet sich im borealen
Nadelwald250. Pro Hektar enthält borealer Nadelwald mit bis zu 460 t doppelt soviel
Kohlenstoff wie tropischer Regenwald251. Davon ist 84 % im Boden gespeichert252. Die Waldund Bodenfläche über den Teersandvorkommen in Kanada speichert bis zu 7 Mrd. t
Kohlenstoff253. Kanadas borealer Nadelwald ist außerdem eines der größten noch
zusammenhängenden Waldgebiete weltweit und wichtiger Lebensraum für viele bedrohte
Tierarten254. Alleine im borealen Nadelwald der Teersandvorkommen brüten jährlich zwischen
20 und 170 Millionen Vögel255.
7.3.2 Umweltauswirkungen: Luft / Atmosphäre
Ecuador: Eines der großen Probleme ist die Gas-Abfacklung von nicht kommerziell genutztem
Erdölbegleitgas, das meist an Ort und Stelle verbrannt wird. Lediglich 12 bis 15% der
anfallenden Gasmenge wird in der Pipeline von Shushufindi nach Quito geleitet, der Rest wird
verbrannt. Bei der Verbrennung werden CO2, Stickstoff- und Schwefelverbindungen sowie
Schwermetalle, Kohlenwasserstoffe und Ruß freigesetzt. Nach vorsichtigen Schätzungen
werden täglich 2 Mio. m3 Gas verbrannt256. Von Biologen wird immer wieder darauf
hingewiesen, dass diese Gasverbrennung außer der Verschmutzung der Luft und des
Regenwassers die Vernichtung von unzähligen seltenen Insekten zur Folge hat.
Nigeria: Nigeria fackelt mit 16,8 Mrd. m³ die weltweit zweitgrößte Menge an Erdölbegleitgas
nach Russland ab257. Die Menge entspricht 15 % des jährlichen Erdgasverbrauchs
Deutschlands. Obwohl Ölfirmen in Nigeria das Erdgas auch für kommerzielle Zwecke nutzen,
ziehen sie die Erdgasextraktion von Lagerstätten, wo es sich isoliert befindet, vor. Der Grund
dafür sind die hohen Kosten für Aufbereitung und Transport des Erdölbegleitgases. Die
Gasabfackelung in Nigeria ist außerdem extrem unvollständig und emittiert große Mengen
Methan258.
Kanada: Der Teersandabbau ist die am schnellsten wachsende Quelle von Treibhausgasen in
Kanada. Die Emissionen des Abbaus und der Verarbeitung werden auf ca. 40 Mio. Tonnen für
2007 geschätzt. Diese Emissionen sind vor allem auf den hohen Erdgasverbrauch für die
250 International Boreal Conservation Campaign 2008 und 2009.
251 Woods Hole Research Center 2007.
252 Greenpeace 2008
253 Eigene Berechnung nach Woods Hole Research Center 2007, International Boreal Conservation Campaign
2008.
254 International Boreal Conservation Campaign 2008
255 Wells et al. 2008.
256 Feldt 2001
257 BGR 2009
258 NETL 2009b
65
Förderung und -verarbeitung zurückzuführen. Es wird geschätzt, dass für 2012 die
Teersandindustrie so viel Erdgas wie alle kanadischen Haushalte verbrauchen wird. Für den
zusätzlichen Gasbedarf sind neue Pipelines und Bohrungen in Naturschutzgebieten, wie dem
Mackenzie Tal notwendig259.
Der Teersandabbau hat auch Einfluss auf die Politik Kanadas, eine nationale Begrenzung der
Treibhausgasemissionen zu beschließen. Da die Regierung keine reale Obergrenze für
Treibhausgase aus dem Teersandabbau festlegt, fällt es ihr schwer, dies bei dem Rest der
kanadischen Industrie durchzusetzen.
Neben den Treibhausgasemissionen gibt es weitere gravierende Luftschadstoffemissionen. Das
kanadische Umweltministerium schätzt, dass die Teersandproduktion jährlich 158.000 t
Schwefeloxide und 76.000 t Stickstoffoxide emittiert260. Eigene Studien der Teersandindustrie
zeigen, dass die Emissionsverschmutzungsrichtlinien der kanadischen Bundesländer nicht
eingehalten werden261. Die Luftschadstoffemissionen der Teersandverarbeitung verursachen
überregionale Schäden, da sie bis zu mehrere tausend Kilometer weit verbreitet werden
können. In einem Ort in Saskatchewan, 200 Kilometer von den Teersandprojekten entfernt, ist
zum Beispiel der Niederschlag in den letzten 12 Jahren deutlich sauerer geworden: von einem
pH-Wert 5.3 zu einem Wert von 4.1. Normaler Niederschlag hat einen pH-Wert von 5,6. Die
Umweltbehörde der Provinz Saskatchewan hat 2005 ein Netz von 10 Monitoring-Stationen im
Nordwesten des Bundeslandes angrenzend an das Teersandabbaugebiet installiert und eine
Stickstofferhöhung der Luft durch die Teersandproduktion festgestellt. Der saure Regen
betrifft alle Ökosysteme und die menschliche Gesundheit. In Flüssen und Seen fördert die
Versauerung die Umwandlung von Quecksilber zu der gefährlicheren Form von MethylQuecksilber, die von Fischen aufgenommen werden kann und dadurch in die Nahrungskette
gelangt262.
Außerdem werden durch die Teersandindustrie, wie z.B. durch die Suncor Energy Raffinerie,
große Mengen von Schadstoffen emittiert, die Reproduktions- und Entwicklungstoxizität
verursachen263.
7.3.3 Umweltauswirkung: Zerstörung des Waldes
Ecuador: Die Erschließung der Fördergebiete für die Versorgung und den Transport schwerer
Maschinen führt zu großen Waldrodungen. Der Neubau und Ausbau der Straßen hat dabei die
größten negativen Auswirkungen. Der Streckenverlauf muss entwaldet sowie zusätzliches Holz
zur Befestigung der Straßen geschlagen werden. Aber auch der Aufbau der Camps, die
Plattformen der Probebohrungen, die Bohrtürme und Pipelines sowie die neu angelegten
Landeplätze für Hubschrauber führen zu zusätzlichen Flächenverbrauch zu Lasten des Waldes.
259 Canadian National Energy Board 2007
260 Wilderness Committee 2008
261 ebd. 2008.
262 Maqsood et al, 2008
263 Ecojustice 2007
66
Gleichzeitig führt die Erschließung des Fördergebietes dazu, dass als indirekte Folge eine
Besiedlung des Gebietes erfolgt. Seit 1972, dem Beginn des Erdölbooms in Ecuador, sind über
1. Mio. Bauern aus dem Hochland in die Tieflandregionen eingewandert. Dies führt zu
zusätzlichem Holzeinschlag und Inanspruchnahme von Fläche264.
Auch Unterschutzstellungen führen nicht unbedingt zum Stopp der Abholzungen. Trotz des
Eingreifens des Umweltministeriums in Ecuador sind große Teile des Nationalparks Yasuni
sowie des Reservates Cuyabeno für die Erdölförderung freigegeben.
Kanada: Die Entwicklung beim Teersandabbau in Kanada hat einen verheerenden Einfluss auf
Albertas borealen Nadelwald, einen der größten Kohlenstoffspeicher der Welt und Habitat des
kanadischen Karibu, des Luchs und von Milliarden von Singvögel. Das kanadische Karibu, eine
bedrohte Tierart, ist ein Hauptindikator der Gesundheit borealer Ökosysteme, da es sehr große
Flächen unberührten Waldes zum Überleben braucht. Im Gebiet „East Side Athabasca Range“,
das über 3,6 Mio. ha Waldfläche umfasst, ist der Karibubestand durch den Teersandabbau und
andere industrielle Aktivitäten in den letzten 10 Jahren um 50% zurückgegangen265.
Regierungs- und Industriestudien erwarten, dass das Vorkommen der Karibu bei einem
Business-as-usual Szenario des Teersandabbaus weiter zurückgehen wird. Ohne Maßnahmen,
die den borealen Nadelwald schützen, wird das kanadische Karibu im Gebiet komplett
aussterben266. Vögel, Marder und Luchs sind auch negativ vom Teersandabbau beeinflusst. Die
Population einiger Vogelarten ist schon um 80% in bestimmten Gebieten zurückgegangen.
Außerdem können Vogelarten, die auf ältere Wälder angewiesen sind, wie der
Grünwaldsänger, in den kommenden Jahren um 60% zurückgehen267.
Obwohl beim In-situ Abbau der Wald nicht in dem Maßstab wie beim offenen Tagebergbau
kahlgeschlagen wird, fragmentiert das Netz von Wegen, Bohrungen und Pipelines die
natürlichen Habitate und schädigt die Wasserökosysteme268.
7.3.4 Umweltauswirkung: Wasser / Grundwasser
Ecuador: Zusammen mit Öl und Gas kommt bei der Erdölförderung auch sogenanntes
Formationswasser zu Tage, das Schwermetalle und giftige Salze enthält. Eine
umweltschonende Entsorgung würde bedeuten, dieses Wasser zurück in das Bohrloch zu
pumpen. Aus Kostengründen wird das oftmals nicht praktiziert, sondern das Formationswasser
in Auffangbecken gelagert.
Die Firma Texaco wird zum Beispiel beschuldigt, zwischen 1964 und 1990 rund 70 Millionen m³
toxische Abwässer unbehandelt in über 900 Auffangbecken eingeleitet und dadurch die
264 Feldt 2001
265 Athabasca Landscape Team 2008.
266 Schneider & Dyer 2006
267 Wilderness Committee 2008
268 Schneider & Dyer 2006
67
Verschmutzung von Flüssen und Grundwasser verursacht zu haben269. Eine bei einem USGericht in New York seit 1993 anhängige Klage von Siedlern und Angehörigen indianischer
Gemeinschaften auf Kompensations- und Reparationszahlungen ist bis heute nicht
entschieden. Grund ist der immer wieder durch Texaco erfolgte Versuch durch
außergerichtliche Absprachen und Zahlungen dem Gerichtsverfahren zu entgehen270. Texaco
behauptet, die Umweltschäden beseitigt zu haben. Unabhängige Untersuchungen im Auftrag
des New Yorker Gerichts von 45 angeblich sanierten Flächen haben aber ergeben, dass alle
diese Flächen mehrere tausendfach höhere Werte von TPHs (Total Petroleum Hydrocarbons)
als normalerweise üblich aufweisen271. Experten schätzen, dass die Firma Chevron, die 2001
Texaco übernommen hat, für Umwelt- und Gesundheitsschäden von bis zu 27 Milliarden
verantwortlich gemacht werden könnte. Diese Summe wäre dann um ein vielfaches höher als
die Entschädigungszahlung von Exxon Mobil von 4 Milliarden Dollar für den Tankerunfall in
Alaska im Jahr 1989272.
Kanada: Zwei Drittel des aus dem Athabasca Fluss entnommenen Wassers wird für den
Teersandabbau genutzt. Die heutigen Projekte haben Lizenzen, um mehr als 550 Mio. m3
Frischwasser des Athabascabeckens jährlich zu nutzen. Das ist genug Wasser, um eine 3
Millionen-Stadt für ein Jahr zu versorgen. Im Jahr 2007 hat die Ölsandindustrie in Kanada 129
Mio. m3 Wasser benutzt273.
Da es keine Begrenzung für die Wassernutzung des Lower Athabasca Flusses gibt, führt der
Teersandabbau im Sommer zu sehr niedrigen Pegeln sowie zu zurückgehenden
Fischpopulationen274.
Teersand Bergbau-Verfahren: Während des Teersandabbaus verschmutzen toxische
Abwässer, die in offenen Teichen oder tiefe Brunnen gelassen werden, das Oberflächen- und
Grundwasser. Es wurden hohe Konzentrationen von Arsen und anderen Metallen im Delta des
Athabasca Flusses gefunden. Das Delta gehört zum Wood Buffalo Nationalpark und zu den
wichtigsten Feuchtgebieten der Welt. Ca. 1,8 Mio. m3 toxische Schlämme fallen täglich an. Im
Juni 2008 waren 720 Mio. m3 Schlämme in Auffangbecken (tailing ponds) enthalten275.
Die Abwasserauffangbecken des Teersandabbaus bedecken bereits eine Fläche von mehr als
130 km2. Die toxischen Inhalte der Becken sind eine ständige Gefahr für die Einwohner in den
Gebieten und für Flora und Fauna. Vögel müssen ständig mit Abschreckvorrichtungen und
Vogelscheuchen vor den Auffangbecken ferngehalten werden, da sie sonst in den Becken
verenden würden276.
Nach einer neuen Untersuchung treten 11 Mio. Liter verseuchtes Wasser jeden Tag aus den
Auffangbecken aus. Zudem sind viele Auffangbecken direkt neben dem Athabasca Fluss
gebaut. Ein Wandbruch der Auffangbecken würde eine noch größere Auswirkung auf das
269 Smith und Gullo 2008. Palmer 2009.
270 Feldt 2001
271
Palmer 2009.
272
AFP 2009b; Smith und Gullo 2008. Palmer 2009.
273 Pembina Institute 2009
274 ebd.
275 ebd.
276 ebd.
68
Ökosystem haben als die Exxon Valdez Katastrophe in 1989, in der 40,9 Mio. Liter Öl vor den
Küsten Alaskas ausgelaufen sind, 1.100 Kilometer Küstenlinie verseucht und 36.000 Zugvögel
getötet wurden277.
Durch das Bergbau -Verfahren bei der Ölsandgewinnung werden 2 - 4,5 Liter Wasser
gebraucht, um einen Liter Öl zu produzieren.
Der Teersandtagebau schädigt nicht nur die Feuchtgebiete des Abbaugebietes, sondern auch
die umliegenden Ökosysteme sehr stark, da das Grundwasser in einer großen Umgebung
abgesenkt wird. Feuchtgebiete spielen eine zentrale ökologische Rolle im borealen Nadelwald,
sowohl als Wasserfiltrationssystem als auch als Kohlenstoffspeicher278. Die Wiederherstellung
dieser Ökosysteme ist unmöglich. Ein großer Teil der unberührten Landschaft im
Teersandgebiet von Alberta ist von Feuchtgebieten bedeckt.
Teersand In-situ-Verfahren: Die meisten In-situ-Projekte im Athabasca Fluss Becken nutzen
Grundwasser. Einige Projekte recyceln bis zu 90% des Wassers. Wenn recyceltes oder
Salzwasser (aus tieferen Aquiferen) benutzt wird, muss es entsalzt werden, bevor es für die
Dampferzeugung verwendet werden kann. Die Abfälle der Entsalzung und anderer
Behandlungsprozesse dürfen in Versenkbohrungen in tiefe Formationen oder in den Boden
gepumpt werden279. Salze und andere Abfälle können in die umgebenden Aquiferen gelangen.
Außerdem erhöhen Stickstoffoxid- und Schwefeldioxidemissionen den Säuregrad von Boden
und Wasser im Teersandabbaugebiet und den umliegenden Regionen280.
Für das Ende der Ölsandprojekte planen die Ölsandunternehmen den Bau von Endlagerseen
(end pit lakes), um die Reste der Abwässer zu deponieren. Endlagerseen sind bis jetzt nicht als
Langzeitlagerstätten für Teersandabwässer getestet. Es gibt keine Beweise dafür, dass diese
Seen geeignet sein werden, die Ökosysteme dauerhaft vor Schadstoffeinträgen zu schützen281.
7.3.5 Umweltauswirkung: Boden
Ecuador: 97 % des ecuadorianischen Öls stammt aus dem Amazonasgebiet und wird über eine
500 km lange Pipeline, der SOTE zum Pazifikhafen Esmeraldas gepumpt. Die SOTE, die von der
Firma Texaco gebaut worden ist, überwindet auf ihrem Weg zum Pazifik die beiden Bergketten
der Kordilleren. Aufgrund aktiver Vulkane, bis zu 4000 m hohen Steilhängen und starken
Niederschlägen sind die Kordilleren sehr stark erosionsgefährdet. Die SOTE wird ständig durch
Erdrutsche beschädigt und muss permanent repariert werden. Durch die häufigen Lecks
gelangen bis zu 160.000 Liter Öl monatlich in die Oberflächengewässer und versickern. Der
277 ebd.
278 ebd.
279 Pembina 2006.,S. 104
280 Pembina 2009. S. 25
281 Pembina 2009. S. 41
69
Grund ist die ungenügende Kontrolle der Pipelines. Daher werden Lecks oft erst sehr spät
erkannt282.
Eine neue Pipeline, die vom Amazonas zur Pazifiküste gebaut wurde, ist die OCP (Oleoducto de
crudos pesados, Pipeline für Schweröle), die in Ecuador von Umweltschützern auch Oleoducto
de Contaminación y Pobreza, Pipeline für Verschmutzung und Armut, genannt wird. Die OCP
wird von einem Konsortium internationaler Erdölfirmen betrieben, zu den EnCana (Kanada)
Repsol-YPF (Spanien), Pecom Energia (Argentien), Occidental Petroleum (USA), ENI-AGIP
(Italien), Techint (Argentinien) und Perenco (Großbritanien) gehören. Kreditgeber der Pipeline
sind 16 europäische und US-amerikanische Finanzinstitutionen, darunter die Westdeutsche
Landesbank283.
Die OCP, die zu einer Verdoppelung der Ölförderung im Amazonas führen soll und von der sich
der Staat Ecuador einen Anstieg der Öleinnahmen und einen Abbau seiner Schulden erhofft,
führt wie die SOTE zu erheblichen Umweltschäden284. Die OCP wurde sehr schnell in nur 2
Jahren gebaut und ist seit 2003 in Betrieb. Sie erstreckt sich über eine Länge von 500 km
zwischen Lago Agrio (Amazonien) und dem Hafen Esmeralda im Pazifik und muss deswegen die
Anden-Bergkette überqueren. Die OCP läuft über 94 tektonische Gräben und instabile
Paramos, entlang 6 aktiver Vulkane und durch Regenwälder und 11 Naturschutzgebiete,
Wälder und Nationalparks. 2008 sind 2.500 Barrel Rohöl der OCP im National Park Yasuní
ausgelaufen. Am 25.02.2009 gab es eine neue Leckage - diesmal von 14.000 Barrel Rohöl - in
Naturschutzgebiet Cayambe-Coca, dem größten Schutzgebiet (400.000 ha) mit der größten
Biodiversität des Landes (über 1.300 Tierarten)285. Die Ölleckage hat zur Verschmutzung
mehrer Flüsse auf über 500 km Länge und den angrenzenden Wäldern geführt und außerdem
die Wasserquellen der 30.000 Einwohner-Stadt Coca verseucht286. Das ecuadorianische
Umweltministerium (MAE) berichtet von Umweltschäden in vier Naturschutzgebieten,
darunter der Nationalpark Sumaco-Napo-Galeras und das Naturreservat Cayambe-Coca. Nach
Angaben der Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador (Conaie) wurden sogar in
Aguarico in der Provinz Orellana, 500 km von der Leckage entfernt, tote Fische und Schlangen
gefunden. Das ecuadorianische Umweltministerium hat die OCP Ecuador S.A., Betreiber der
OCP-Pipeline, wegen vorsätzlich oder fahrlässig begangener Straftaten angezeigt287. Das
Ministerium wirft den Betreibern u.a. vor, dass der Kontrollmechanismus der Pipeline erst 7
Minuten nach der Leckage reagiert hat und die Mitarbeiter nur unzureichend über
Notfallmaßnahmen informiert waren. Außerdem gibt es nach Ansicht des Ministeriums zu
wenig Rückhaltesperren. Die Anklage vom 28.02.2009, die zusammen mit dem Umweltamt des
Erdöl- und Bergbauministeriums eingereicht wurde, hat die Abgabe von Notfallplänen für die
sofortige Rohölrückgewinnung, die gesamte Säuberung des betroffenen Gebietes und die
Entschädigung der betroffenen Einwohner gefordert. Trotzdem hatte die OCP Ecuador zwei
Wochen nach dem Unfall noch keine Notfallpläne vorgelegt.
282 Mirkes 2003.
283 Kneidinger 2003.
284 Acción Ecológica 2003
285 Prensa Indígena 22.03.2009
286 El Comercio.2009
287 El Universario 2009.
70
7.3.6 Umweltauswirkung: Erhöhtes Risiko von Krankheiten-Ecuador
In der Nähe der heute durch die staatliche Gesellschaft Petroecuador weitergeführten und
früher von Texcao betriebenen Ölfeldern wurde festgestellt, dass die dort ansässige
Bevölkerung einem hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt ist. So hat eine Erhebung des „Centro
de Derechos Económicos y Sociales“ ergeben, dass sich die Gefahr von Krebs, einer Schädigung
des Nervensystems als auch Beeinträchtigungen bei den Geburten erhöht hat288 Das Instituto
de Epidemiología y Salud Comunitaria “Manuel Amunarriz” hat zusammen mit anderen
internationalen Instituten in mehreren Studien ein starkes Risiko von Krebserkrankungen,
darunter Kinder-Leukämie, Gebärmutter- und Brustkrebs bei Frauen, Magen-, Haut-,
Lymphknoten-, Prostatakrebs bei Männern sowie von spontanen Fehlgeburten und
Kindesmissbildungen festgestellt289. Es wird geschätzt, dass wegen unsachgemäßer
Handhabung pro Bohrloch ca. 4.200 m³ Schlamm, Spülwasser usw. anfallen. Genaue Daten
über die chemische Zusammensetzung dieser Bohrabfälle liegen für Ecuador nicht vor. Sie
variieren auch von Bohrloch zu Bohrloch, enthalten aber fast immer toxische Verbindungen
aus Aluminium, Antimon, Nickel, Zink, Benzol, Naphthalin, Phenathren sowie Natrium- und
Chlorsalze. Diese Abfallprodukte werden in Auffangbecken zwischengelagert. Werden diese
nicht wirksam vor Niederschlägen geschützt, laufen sie nach tropischen Regenfällen über, wie
es in der Vergangenheit häufig passiert ist und tragen maßgeblich zur Verseuchung von Grundund Oberflächenwasser sowie der Böden bei.
Nigeria: Die Gasabfackelung findet oft sehr nah zur lokalen Bevölkerung statt, häufig fehlt es
an geeigneter Einzäunung zum Schutz der Einwohner, die ständig der hohen Hitze ausgesetzt
sind, wenn sie ihren normalen Aktivitäten nachgehen.290
Durch die Abfackelung wird eine große Menge giftiger Chemikalien freigesetzt, u.a.
Stickstoffdioxid, Schwefeldioxid, flüchtige organische Verbindungen wie Benzol, Toluol, Xylol
und Hydrogensulfid sowie krebserregende Substanzen wie Benzo[a]pyren und Dioxin.
Menschen, die solchen Substanzen ausgesetzt sind, können unter einer Vielzahl von
Atembeschwerden leiden, die bei vielen Kindern im Niger-Delta vorkommen, ohne dass es
Untersuchungen darüber gegeben hat. Diese Chemikalien können Asthma verschärfen,
Atmungsschwierigkeiten, Schmerzen und chronische Bronchitis verursachen. Speziell ist
Benzen zu nennen, das Leukämie und Blutkrankheiten hervorruft291.
Kanada: Die Teersandnutzung führt zu erhöhten Raten von seltenen Krebsarten sowie
Schilddrüsenprobleme und Immunkrankheiten bei der lokalen Bevölkerung in den
Abbaugebieten. Toxische Stoffe wurden im Wasser der naheliegenden Flüsse und Seen
gefunden: hohe Konzentrationen von Arsen, Quecksilber und polyzyklischen aromatischen
Kohlenstoffenwasserstoffen (PAKs)292.
288 IESR 1994, zitiert in Feldt, 2001
289 Instituto de Epidemiología y Salud Comunitaria “Manuel Amunarriz” 2000, 2002; Hurtig u. San Sebastián; San
Sebastián, Armstrong u. Stephens 2001
290 FOE 2004.
291 Environmental Rights Action, Friends of the Earth Nigeria, 2005, S. 24
292 Timoney 2007
71
Außerdem gefährden die plötzlichen Dampffreisetzungen von In-situ Projekten, sogenannte
Blowouts, die Gesundheit der Bevölkerung. Im Fall eines Blowout-Unfalls müssen die
Bewohner der betroffenen Gebiete evakuiert werden oder sich in Räumen aufhalten, deren
Türen und Fenster abgeklebt sind oder mit feuchten Tüchern abgedichtet werden, bis die
Chemikalien sich in der Luft auflösen293.
7.4
Abschließende Bewertung der Umweltauswirkungen und sozioökonomischen
Effekte der Erdölproduktion
In Kapitel 7.2 und 7.3 wurden die Umweltauswirkungen und sozioökonomischen Effekte der
Erdölproduktion schwerpunktmäßig anhand von Länderbeispielen dargestellt. Es stellt sich die
Frage, ob die Ergebnisse dieser Länderanalyse repräsentativ für die gesamte Erdölproduktion
sind. Die im Rahmen dieser Studie untersuchten Länder haben einen nur relativ geringen
Anteil an der weltweiten Erdölförderung. Die Auflistung der nicht analysierten Auswirkungen
zeigt außerdem, dass die Folgen der Erdölförderung weit über die Ergebnisse dieser Studie
hinausgehen. Es ist zudem zu erwarten, dass die negativen Umweltauswirkungen und
sozioökonomischen Effekte der konventionellen und unkonventionellen fossilen Kraftstoffe in
Zukunft weiter zunehmen werden:
•
Die Bedeutung Afrikas für die weltweite Erdölförderung steigt, während die Probleme
der bestehenden Erdöl produzierenden Länder nicht gelöst sind und weitere politisch
instabile Erdölförderländer hinzukommen.
•
Der Teersandabbau und die Förderung von Schwerstöl werden weiter steigen. Ohne
die Schaffung von Alternativen werden Kraftstoffe aus Ölschiefer und Kohle mit
erheblichen Umwelteffekten hinzukommen.
•
Die Erdölförderung wird immer schwieriger: Immer tiefere Vorkommen und
Erdölfelder in abgelegenen Regionen wie der Arktis müssen erschlossen werden. Mit
höherem technischen Aufwand steigen auch die Umweltrisiken, wie der jüngste
Vorfall, ein Leck einer Tiefseebohrung vor der Küste Australiens, zeigt294. Ein Tanker
oder Pipelineunfall in der ökologisch sehr empfindlichen Arktis würde zu einer
Umweltkatastrophe mit irreparablen Schäden führen.
Eine im Juni 2009 veröffentlichte Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
PricewaterhouseCoopers und der oekom research AG295, einer der führenden Rating
Agenturen im Bereich von nachhaltigem Investment, belegt, dass die Ergebnisse der
Länderanalyse dieser Studie keine Einzelbeispiele sind, sondern auf die globale Situation der
Öl- und Gaswirtschaft übertragbar sind. PricewaterhouseCoopers und die oekom research AG
haben in ihrer Studie die Berücksichtigung sozialer und umweltbezogener Aspekte in
293 Wilderness Committee 2008
294 The Australian 2009. Bislang ist sind, 2 Monate nach dem Unfall, alle Versuche gescheitert, das Leck
abzudichten.
295 oekom research AG, PricewaterHouseCooper, 2009
72
Unternehmen untersucht. Dabei wurde analysiert, ob Unternehmen entsprechende Standards
formuliert und Maßnahmen zur Umsetzung dieser Standards implementiert haben. Zudem
wurde die tatsächliche Einhaltung der Standards überprüft. Grundlage der Analyse waren 825
Unternehmen aus 38 Staaten, dabei wurden die weltweit wichtigsten Aktienindizes komplett
oder zu großen Teilen abgedeckt, so z.B. 100 % der DAX 30 Unternehmen oder 75 % der im
MSCI World gelisteten Unternehmen. Dabei wurden u.a. die Themenblöcke Menschenrechte,
Umweltstandards sowie Transparenz und Korruption betrachtet.
So wurde im Bereich Menschenrechte festgestellt, dass die von Unternehmen formulierte
Menschenrechtspolitik und die tatsächliche Umsetzung voneinander abweichen. Zwei
Branchen fallen als besonders problematisch auf: die Öl- und Gaswirtschaft, aber auch der
Bergbau. So wurde die formulierte Menschenrechtspolitik der Öl- und Gasbranche am besten
bewertet, gleichzeitig sind 21,1 % der Unternehmen durch Verstöße im Bereich der
Menschenrechte aufgefallen. Dabei ging es häufig um Landnutzungskonflikte wie Vertreibung
und Enteignung sowie um Gewaltanwendung des Sicherheitspersonals.
Auch bei der Kategorie Umweltstandards wurden massive Umweltverstöße durch Öl- und
Gasunternehmen festgestellt, z.B. im Bereich der Ölförderung und des Öltransports durch
Pipelines und Schiffe. Dabei werden die Leckagen der von Shell betriebenen Pipelines im NigerDelta als Beispiel benannt.
Im Bereich Transparenz und Korruption wurde die allgemeine Transparenz über Zahlungen an
Regierungen bewertet. Auf einer Skala von 0 (sehr geringe Transparenz) bis 100 (sehr hohe
Transparenz) schnitt die Öl- und Gasbranche zwar am besten ab, mit einem Wert von 34,33 %
aber sehr bescheiden. Im Bereich Korruption wurde bei den von oekom research analysierten
Unternehmen der Ölbranche in 18,2 % eine weite Verbreitung von Korruption festgestellt.
Die von PricewaterhouseCoopers und der oekom research AG belegten
Untersuchungsergebnisse dieser Studie zeigen den sehr großen Handlungsbedarf, der im
Kapitel 8.4 näher erläutert wird.
8
8.1
Zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse und
Handlungsempfehlungen
Auswirkung der Gewinnung von unkonventionellem Erdöl auf die langfristige
Entwicklung der Treibhausgasemissionen
Voraussagen für die Entwicklung der Treibhausgasemissionen von unkonventionellen fossilen
Kraftstoffen sind auf Grund der Komplexität der technischen Probleme, der Umweltprobleme
als auch der beschriebenen sozioökonomischen Effekte nur schwer zu treffen (siehe Kapitel 6
und 7)296. Um aber eine Tendenz darstellen zu können, beschreiben wir zwei
Entwicklungsszenarien. Die Ergebnisse dienen uns dabei als Voraussage, wie sich die CO2296 Die Umweltauswirkungen des Teersandabbaus können z.B. die Konflikte mit der lokalen Bevölkerung und
Umweltgruppen weiter verschärfen und dadurch die weitere Nutzung des Teersandes erschweren.
73
Emissionen entwickeln können, wenn der Rückgang der konventionellen Kraftstoffe durch
unkonventionelle fossile Kraftstoffe ausgeglichen wird. Wir berücksichtigen hier nur die
Emissionen des Erdöls, das im Verkehrssektor verbraucht wird und etwa die Hälfte des
Gesamtölverbrauchs ausmacht297. Für die weitere Verkehrsentwicklung übernehmen wir die
Schätzung der IEA, dass der Anteil des Erdöls im Verkehrssektor auf 60 % des
Gesamtverbrauchs im Jahr 2030 ansteigt298.
Nicht nur Prognosen der Entwicklung unkonventioneller Kraftstoffe sind sehr schwierig. Auch
die Abschätzung der zukünftigen Produktion konventionellen Erdöls ist mit großen
Unsicherheiten verbunden. Kapitel 2.3 zeigt, wie unterschiedlich die Prognosen der
verschiedenen Institutionen sind. Die unterschiedlichen Schätzungen für die Ölproduktion im
Jahr 2030 weichen um mehr als 30 Mio. Barrel/Tag voneinander ab299. Die Prognose der
Treibhausgasbilanzen der verschiedenen Kraftstoffarten ist ebenfalls schwierig, da die
Bandbreite der Bilanzen sehr groß ist (siehe Tabelle 8). Die zukünftigen CO2-Emissionen
konventioneller fossiler Kraftstoffe werden durch viele Faktoren beeinflusst wie z.B. den
Förderaufwand, die Tiefe der Vorkommen, den Anteil des Schweröls, den Schwefelgehalt, die
Abfackelung von Erdölbegleitgas, die EOR-Technologien und die Entwicklung der
Kraftstoffgrenzwerte für Schwefel und andere Schadstoffe. Die Szenarien sind daher eine
theoretische Betrachtung, die aber dazu dient, die sich verschärfende CO2-Problematik im
Verkehrssektor zu verdeutlichen.
Folgende Annahmen liegen den Szenarien zu Grunde:
•
In beiden Szenarien wird die Gesamtproduktion konventioneller Kraftstoffe von 79
Mio. Barrel / Tag im Jahr 2007 auf 71 Mio. Barrel / Tag 2030 zurückgehen300. Diese
Werte basieren auf der Prognose der Universität von Uppsala (siehe Tabelle 10 und
Tabelle 11 im Anhang). Die Zahlen von Uppsala stellen ein mittleres Szenario der
zukünftigen Ölproduktion dar und sind um mehr als 30 Mio. Barrel/Tag höher als die
EWG-Prognose301.
•
In dem Szenario „Konstante Nachfrage“ gehen wir davon aus, dass die
Gesamtproduktion bis 2030 gleich bleibt.
•
Im Szenario „Wachsende Nachfrage“ wird dagegen die Gesamtproduktion von 84,4
Mio. Barrel / Tag auf eine Gesamtproduktion von 105 Mio. Barrel / Tag ansteigen302.
Grundlage dieser Zahlen sind Angaben der IEA 2008a sowie neue Schätzungen der IEA
für 2009/2010.303
297 IEA 2008a
298 IEA 2008a
299 Prognose für konventionelles Erdöl in 2030: EWG: ca. 34 Mio. Barrel/Tag. Uppsala World Energy Outlook 2008:
66,7 Mio. Barrel/Tag. EWG 2008, Aleklett 2009
300 Aleklett 2009 inkl. NGL. NGL-Menge wird wie IEA 2008a berechnet, d.h. das Volumen und nicht den
Energiegehalt wie bei Aleklett berücksichtigt. NGL hat einen etwa 75 % geringeren Energiegehalt pro Volumen als
Erdöl.
301 Sorell et al. 2009.
302 Inkl. NGL und Produktionsgewinne.
303 IEA 2008a, IEA 2009
74
•
In beiden Szenarien wird der Rückgang der konventionellen durch unkonventionelle
fossile Kraftstoffe ausgeglichen (siehe Abbildung 28 und Abbildung 30). Bei den
unkonventionellen Ölen beruhen unsere Zahlen auf eigenen Schätzungen, die
Ressourcenmengen und die Technologieentwicklung berücksichtigen und davon
ausgehen, dass es große staatliche Förder- und Forschungsprogramme gibt. Für die
Szenarien nehmen wir an, dass durch technologischen Fortschritt hemmende
Faktoren, wie z.B. hohe Energiekosten, abgebaut werden. Insbesondere die
Weiterentwicklung der In-situ-Verfahren, wie z.B. das Thai-Verfahren für den
Teersandabbau und die Untergrundvergasung für die CTL-Produktion, werden
zukünftig die Produktion sehr großer Mengen unkonventioneller Kraftstoffe
ermöglichen. Von der In-situ-Entwicklung wird auch die Ölschiefergewinnung
profitieren.
•
Bei den unkonventionellen Kraftstoffen wachsen Teersande aus Kanada und
Schwerstöl aus Venezuela am stärksten, weil dafür die technischen Verfahren bereits
ausgereift sind. Die jüngsten Investitionen Chinas und Russland in die venezolanische
Schwerstölproduktion zeigen, wie schnell die Förderung in Venezuela ausgeweitet
werden kann.
•
Für die Entwicklung der Treibhausgasbilanzen unkonventioneller fossiler Kraftstoffe
nehmen wir mittlere Emissionswerte an (siehe Tabelle 8). Sehr optimistische Werte
verwenden wir für den Abbau und die Verarbeitung von Ölschiefer. Die Emissionen
durch die Kraftstofferzeugung aus Ölschiefer können viel höher ausfallen, wenn hohe
Prozesstemperaturen das carbonatische Begleitgestein zersetzen (siehe Kapitel 4). Die
Teersandbilanzwerte enthalten keine Treibhausgasemissionen durch indirekte
Landnutzungseffekte.
•
Wir nehmen an, dass die Treibhausgasbilanzen konventioneller fossiler Kraftstoffe sich
zunehmend verschlechtern, da der Förderaufwand und die Verarbeitung durch
folgende Faktoren wie in Kapitel 4 beschrieben steigt (siehe Tabelle 8):
o
die zunehmende Tiefe der Vorkommen
o
den zunehmenden Anteil von Schweröl bzw. abnehmendem
durchschnittlichen API-Wert
o
den zunehmenden Schwefelgehalt
o
die strengeren Kraftstoffgrenzwerte für Schwefel und andere Schadstoffe und
den dadurch entstehenden höheren Aufwand bei der Raffination
o
die zunehmende Anwendung von EOR-Technologien, um die Ausbeute der
Erdölfelder zu erhöhen
Wir erwarten, dass zukünftige Effizienzsteigerungen durch die strengeren
Kraftstoffgrenzwerte für Schwefel und andere Schadstoffe kompensiert werden.
Außerdem werden zukünftige geringere Flaringraten durch Vorkettenemissionen des
steigenden Erdgasverbrauchs (Methanleckagen) im Erdölsektor ausgeglichen.
75
Wir verwenden für die THG-Emissionen konventioneller fossiler Kraftstoffe wie bei den
unkonventionellen Kraftstoffen die gemittelten Werte der Tabelle 4 (siehe Tabelle 4
und Tabelle 8).
Emissionen g CO2eq
/kWh
2007
2020
2030
Teersande
408
408
408
Schwerstöl
391
391
391
CTL
802
802
802
GTL
358
358
358
Kraftstoff aus
Ölschiefer
877
521
521
Alte Ölfelder
329
350
370
Onshore Entwicklung
350
370
Offshore Entwicklung
360
380
Onshore Neufunde
360
380
Offshore Neufunde
370
390
EOR
375
375
NGL
325
333
341
Tabelle 8: Entwicklung der spezifischen Treibhausgasemissionen konventioneller und
unkonventioneller Kraftstoffe bis 2030 (Eigene Berechnung)
76
8.1.1 Szenario: Wachsende Nachfrage
Mio. Barrel
Teersande
120
Schwerstöl
100
CTL
GTL
80
Ölschiefer
NGL
60
EOR
Offshore Neufunde
40
Onshore Neufunde
Offshore Entwicklung
20
Onshore Entwicklung
Alte Ölfelder
0
2007
2020
2030
Abbildung 28: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Wachsende Nachfrage" vgl.
Tabelle 10 im Anhang.
In Abbildung 28 stellen wir die Entwicklung der Kraftstoffproduktion anhand der von uns
getroffenen Annahmen dar. Die Abbildung 29 macht deutlich, wie sich in einem „worst-caseSzenario“ die Anteile konventioneller und unkonventioneller Kraftstoffe in den nächsten
Jahren verschieben können. Für die CO2-Bilanzierung von Kraftstoffen hat das erhebliche
Auswirkungen. Der gesamte CO2 -Ausstoss wächst im Verkehrssektor von 8 Mrd. t CO2 im Jahr
2007 auf 13,2 Mrd. t CO2 im Jahr 2030 an. Dieser enorme Anstieg von mehr als 5 Mrd. t CO2 ist
fast komplett auf das Wachstum der unkonventionellen Kraftstoffe zurückzuführen. Am
meisten daran beteiligt sind CTL und der Abbau von Teersanden. Aber auch GTL, Schwerstöl
und Kraftstoffe aus Ölschiefer haben einen erheblichen Anteil an den CO2-Emissionen.
Trotz des Produktionsrückgangs nehmen auch die Treibhausgasemissionen konventioneller
Kraftstoffe von 7,6 auf 8,2 Mrd. t CO2 bis 2030 zu. Die durchschnittlichen WTW-(Well to
Wheel)-Emissionen (inkl. Verbrennung im Fahrzeug) konventioneller Kraftstoffe steigen um 12
% von 328 auf 368 g CO2eq/kWh aufgrund der oben genannten Faktoren. Die WTT-(Well to
Tank)-Emissionen (ohne Verbrenunng im Fahrzeug) erhöhen sich um 64 % auf 103 g
CO2eq/kWh.
77
Die durchschnittlichen WTW-Emissionen aller fossilen Kraftstoffe steigen im Szenario
„Wachsende Nachfrage“ um 23 % auf 407 g CO2/kWh. Dadurch erhöhen sich die WTTEmissionen um 100 % auf 142 g CO2eq/kWh.
78
Teersande
Mrd. Tonnen CO2eq
g CO2eq/kWh
450
14
Schwerstöl
400
CTL
12
GTL
350
Ölschiefer
10
300
NGL
8
250
EOR
Offshore Neufunde
200
6
Onshore Neufunde
150
Offshore Entwicklung
4
100
Onshore Entwicklung
Alte Ölfelder
2
50
Durchschnittliche WTWEmissionen aller
Kraftstoffe g CO2eq/kWh
0
2007
2020
2030
Durchschnittliche WTWEmissionen
konventioneller
Kraftstoffe g CO2eq/kWh
Abbildung 29: Entwicklung der Treibhausgasemissionen aller konventionellen und
unkonventionellen Kraftstoffe im Szenario "Wachsende Nachfrage"
79
8.1.2 Szenario: Konstante Nachfrage
Mio. Barrel/Tag
90
Teersande
Schwerstöl
80
CTL
70
GTL
60
Ölschiefer
50
NGL
40
EOR
Offshore Neufunde
30
Onshore Neufunde
20
Offshore Entwicklung
10
Onshore Entwicklung
Alte Ölfelder
0
2007
2020
2030
Abbildung 30: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Konstante Nachfrage" vgl.
Tabelle 11 im Anhang
Das Szenario „Konstante Nachfrage“ wird in Abbildung 30 und Abbildung 31 dargestellt. Auch
in diesem Szenario kommt es zu einem Anstieg der CO2-Emissionen um 2 Mrd. t CO2 durch die
verstärkte Nutzung unkonventioneller Kraftsstoffe, vor allem durch den Teersandabbau, die
CTL- und Schwerstölproduktion (siehe Abbildung 31). Die Treibhausgasemissionen
konventioneller Kraftstoffe entwickeln sich wie im Szenario „Wachsende Nachfrage“, da wir
bei beiden Szenarien von der gleichgroßen Produktion konventioneller Kraftstoffe ausgehen.
Die durchschnittlichen WTW-Emissionen aller fossilen Kraftstoffe steigen im Szenario
„Konstante Nachfrage“ um 16 % auf 384 g CO2/kWh. Dadurch erhöhen sich die WTTEmissionen um 80 % auf 119 g CO2/kWh.
80
Teersande
Mrd. t CO2eq
g CO2eq/kWh
12
450
Schwerstöl
400
CTL
10
GTL
350
Ölschiefer
8
300
NGL
EOR
250
6
Offshore Neufunde
200
Onshore Neufunde
4
150
Offshore Entwicklung
Onshore Entwicklung
100
Alte Ölfelder
2
50
0
2007
2020
2030
Durchschnittliche WTWEmissionen aller
Kraftstoffe g CO2eq/kWh
Durchschnittliche WTWEmissionen
konventioneller
Kraftstoffe g CO2eq/kWh
Abbildung 31: Entwicklung der Treibhausgasemissionen aller konventionellen und
unkonventionellen Kraftstoffe im Szenario "Konstante Nachfrage"
81
8.2
Substitutionseffekte von Marginal Oil durch Biokraftstoffe
Im folgenden Kapitel wird beschrieben, welche Biokraftstoffpotenziale es weltweit gibt, um
fossile Kraftstoffe zu ersetzen.
Weltweit gibt es sehr große Potenziale für die Biokraftstofferzeugung auf degradierten
Flächen. Nach Erhebungen der FAO sind über 3,5 Mrd. ha weltweit degradiert Fläche304. Das
sind 40 % der weltweiten Acker-, Weide und Waldfläche (vgl. Abbildung 32).
Abbildung 32: Weltweite Landnutzung in Mrd. ha305
Ein Großteil der degradierten Flächen könnte für die Biokraftstoffproduktion genutzt werden,
da die weltweiten Ertragssteigerungspotenziale zeigen, dass eine zusätzliche Ausweitung der
landwirtschaftlichen Flächen nicht erforderlich ist, um den zukünftigen weltweiten Bedarf an
Nahrungsmitteln zu decken:
•
Die Steigerung der Getreideproduktion um 50 % bis 100 % bis 2030 auf der
bestehenden Agrarfläche ist realistisch, da der heutige globale Durchschnittsertrag mit
3 t/ha weniger als die Hälfte des Ertrages in Deutschland und anderen europäischen
Ländern beträgt306. Forschungsprojekte wie z.B. das SAFE-World Research Project
zeigen, dass in den Tropen durch verbesserte und nachhaltige Anbaumethoden ohne
den intensiven Einsatz von synthetischen Düngern und Pestiziden große
Ertragszuwächse möglich sind307.
304 Zitiert in: Metzger & Hüttermann 2008.
305 Metzger & Hüttermann 2008
306 Heutige Getreideerträge nach USDA 2008.
307 Pretty und Hine 2001
82
•
Die Ertragssteigerungspotenziale sind besonders in den Tropen sehr hoch. Die
durchschnittliche landwirtschaftliche Produktion pro Hektar beträgt z.B. in Afrika nur
ein Drittel des durchschnittlichen Weltniveaus308.
Forschungsprojekte zeigen, dass insbesondere durch Steigerung des Kohlenstoffanteils im
Boden (durch Humus oder Holzkohle) die Erträge stark gesteigert werden können309. Diese
Ergebnisse widerlegen die Befürchtung des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung
Globale Umweltveränderungen (WBGU), dass eine Steigerung der landwirtschaftlichen
Produktion immer zu erhöhten Treibhausgasemissionen und negativen Umwelteffekten führt.
Das folgende Rechenbeispiel zeigt, dass Bioenergie einen sehr großen Beitrag zur weltweiten
Energieversorgung leisten kann, wenn die Hälfte der degradierten Böden (1,75 Mrd. ha) für
den Energiepflanzenanbau genutzt würde:
•
Auf einem Viertel der Fläche (0,9 Mrd. ha) könnte mit einem durchschnittlichen
Pflanzenöl- bzw. Ethanolertrag von 1,2 t Rohöläquivalent/ha die Hälfte des heutigen
globalen Kraftstoffverbrauchs gedeckt werden.
•
Auf dem anderen Viertel könnte mit schnell wachsenden Baumarten mit einem
durchschnittlichen Zuwachs von 10 t Trockenmasse mehr als ein Drittel des heutigen
Primärenergieverbrauchs für Strom- und Wärmeproduktion gedeckt werden.
Diese Berechnung stellt eine sehr konservative Abschätzung der Biomasseerträge dar, da die
heutigen maximalen Pflanzenölerträge über 5 t Rohöläquivalent (s. Tabelle 9), die
Ethanolerträge über 4 t Rohöläquivalent und die Zuwachsraten von schnellwüchsigen
Baumarten in den gemäßigten Breiten bis zu 20 t Trockenmasse und in tropischen
Trockenwäldern bis über 30 t Trockenmasse/ha betragen310. Auch Forschungsarbeiten in
Mexiko zeigen, dass sehr hohe Bioenergieträge nicht auf die feuchten Tropen begrenzt sind.
Anbauversuche mit Agaven mit sehr hohem Zuckergehalt haben unter semiariden
Bedingungen Ethanolerträge von über 7.000 Liter/ha (d.h. über 3,5 t Rohöläquivalent)
ergeben311.
308 Lahl 2008. vgl. USDA 2008.
309 Lal 2001, 2006, 2009. Woolf 2008. Lehmann et al. 2003, 2006, Lehmann 2006. Der Forschungsbedarf für die
Nutzung von Holzkohle (Biochar) ist noch sehr groß. Es gibt aber bereits weltweit viele Forschungs- und
Pilotprojekte, um die Erträge mit Biochar und anderen Techniken zu erhöhen. Bislang ist es aber noch nicht
gelungen, mit diesen Maßnahmen die Eigenschaften der Terra Preta-Böden im Amazonasgebiet zu erreichen, die
seit mehreren tausend Jahren trotz der intensiven Auswaschungsprozesse in den Tropen eine sehr hohe
Fruchtbarkeit behalten haben und ein intensive landwirtschaftliche Nutzung mit hohen Erträgen ermöglichen.
310 Worldwatch Institute 2006. Metzger & Hüttermann 2008.
311 Vélez 2008, Burger 2008.
83
Ölpflanze/Ölsaat
Leindotter (in Mischanbau mit Getreide)
Ertrag t Rohöläquivalent /ha/a
0,4
Soja
0,4
Haselnuss
0,4
Senf
0,4
Sesam
0,5
Öldistel
0,6
Tungölbaum
Kakaobaum
0,7
Erdnuss
0,8
Olivenbaum
0,9
Moringa-Baum
0,9
Piassava-Palme
1
Wolfsmilchpflanze
1
0,8
Rhizinus
1,1
Bacuri-Baum
1,1
Raps
1,2
Pekannussbaum
1,3
Babassu-Palme
1,4
Jatropha
1,4
Sonnenblumen
1,6
Jojoba-Baum
1,8
Paranussbaum
1,8
Avocado
2
Oiticia-Baum
2,2
Buriti-Palme
2,4
Pequi-Baum
2,8
Macauba-Palme
3,4
Pongamia-Baum
3,7
Ölpalme
4,4
Kokusnuss
5,3
312
Tabelle 9: Ölpflanzenerträge .
Außerdem gilt es noch, große Potenziale salzhaltiger Flächen mit salztoleranten Pflanzen
(Halophyten) für die Bioenergieerzeugung zu nutzen. Nach Lahl eignen sich etwa 50 Mio. ha
Küstengebiete für die saline Landwirtschaft mit Meerwasserbewässerung313.
312 NCAT (National Center for Appropriate Technology) 2002, Pingel 2008, Bundesverband Pflanzenöle 2009. Die
Werte stellen die Erträge auf guten Standorten dar
313 Lahl 2008
84
8.3
Bewertung der politischen Rahmenbedingungen für die Begrenzung von
Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe
Wie im Kapitel 8.1.2 aufgezeigt, wird auch bei einer konstanten Nachfrage nach Kraftstoffen in
einem „business as usual“ Szenario ein Anstieg der Treibhausgase fossiler Kraftstoffe
stattfinden. Allein um den Anstieg von 8 auf 10 Mrd t/CO2 bis 2030 zu vermeiden, müsste
massiv umgesteuert werden.
Die politischen Randbedingungen dafür gestalten sich schwierig:
Auf der internationalen Ebene im Rahmen der internationalen Klimakonferenzen ist derzeit
Stillstand eingekehrt. Die Verhandlungen um ein Post-Kyoto-Protokoll sind ins Stocken
geraten. Eine Einigung zwischen den Industrieländern und den Schwellen- und
Entwicklungsländern über CO2-Reduktionsziele und deren Verteilung ist noch nicht erzielt. In
einer Pressemitteilung von Germanwatch vom 14.08.09314 wird daher von einer gefährlichen
Situation für ein ambitioniertes Klimaabkommen gesprochen. Laut Germanwatch sind es
insbesondere die erdölexportierenden Länder, die versuchen, den gesamten
Verhandlungsprozess zu untergraben.
Aber auch unter den derzeit gültigen Reduktionszielen des Kyoto-Protokolls spielt der
Verkehrssektor kaum eine Rolle. So wird im EU-Emissionshandelssystem der Verkehrssektor
nicht erfasst, erst ab 2012 ist nach neuer EU-Emissionshandelsrichtlinie vorgesehen, den
Flugverkehr mit einzubeziehen. Dies bezieht sich aber nur auf die Betreiber, deren
Luftfahrzeuge in der Europäischen Union starten und landen.
Die Einführung einer Steuer auf den Kerosinverbrauch wird zwar immer wieder in der
politischen Diskussion befürwortet, ist aber derzeit nicht in Sicht.
Eine Ausweitung des Emissionshandels auf den Schiffsverkehr wird bisher ohne Ergebnis
diskutiert. Erschwerend kommt im Schiffsverkehr hinzu, dass der im April 2008 von der
International Maritime Organisation (IMO) gefasste Beschluss, Schwefel aus dem
Schiffsverkehr zu verbannen, zu einer erheblichen Erhöhung des CO2 -Ausstosses führen wird.
Hindergrund: Die Umwandlung von bisher genutztem schwefelhaltigem Schweröl in
Raffinerien in leichtere Fraktionen benötigt sehr viel Energie. Das Forschungszentrum der
europäischen Mineralölindustrie Concawe315 geht davon aus, dass sich der
Treibhausgasausstoß der Raffinerien dadurch um ein Drittel erhöhen wird.
Im Rahmen der flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls, Clean Development Mechanism
(CDM) und Joint Implementation (JI), sind Projekte im Verkehrssektor stark
unterrepräsentiert316. Grund sind die sehr große Komplexität, die hohen Kosten und die lange
Implementierungsphase solcher Projekte. Besondere Schwierigkeiten treten in der Berechnung
der CO2-Reduktion auf.
314 Germanwatch, 14.08.2009
315 Schlandt 2009
316 Grütter 2008
85
Im EU-Energiepaket vom Frühjahr 2007 wird neben den 20 % Zielen für Erneuerbare Energien
und Energieeffizienz auch ein separates Ausbauziel von 10 % Erneuerbarer Energien im
Transportsektor vorgesehen.
Die durch die EU-Kommission ursprünglich vorgesehenen Pläne der Einführung eines
Flottengrenzwertes für Neufahrzeuge von 120/130 g bis 2012 sind inzwischen auf eine
schrittweise Einführung bis 2015 abgeschwächt worden, noch wird aber daran festgehalten,
bis 2020 ein Ziel von 95 g CO2 zu erreichen zu wollen.
Eine CO2-basierte Kraftfahrzeugsteuer wird auf der EU-Ebene diskutiert und von den EU Umweltministern befürwortet, die schwedische derzeitige EU-Ratspräsidentschaft hat sich für
eine Einführung ausgesprochen und möchte dies in ihrer Ratsperiode umsetzen.
Auf nationaler Ebene in Deutschland gibt es seit dem 01. Juli 2009 eine CO2-basierte
Kraftfahrzeugsteuer für Neufahrzeuge. Danach sind bis 2011 Autos bis 120g, ab 2014 bis 95 g
CO2 Emissionen pro km steuerbefreit.
Im Juni 2009 wurde in Deutschland ein neues Gesetz zur Änderung der Förderung von
Biokraftstoffen erlassen. Danach sinkt der Anteil von Biokraftstoffen am gesamten
Kraftstoffmarkt rückwirkend zum 1. Januar 2009 von 6,25% auf 5,25% und wird von 2010 bis
2014 auf 6,25% eingefroren. Das ursprüngliche Gesetz hatte vorgesehen, die einzuhaltende
Quote jährlich zu steigern und 2015 einen Wert von 8 Prozent zu erreichen. Durch die
Änderung werden die ursprünglich gesetzten Klimaschutzziele im Kraftstoffbereich stark
abgeschwächt.
Mit dem Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität möchte die Bundesregierung das
Thema Elektromobilität stärker anstoßen. Doch befindet sich hier die politische Diskussion
noch in der Anfangsphase. Ziel ist es, bis 2020 eine Millionen Elektroautos auf dem deutschen
Markt zu haben. Auch in Japan oder den USA wird das Thema Elektromobilität immer stärker
diskutiert.
Bei den Autobauern sind die japanischen Hersteller am weitesten bei der Entwicklung von
Fahrzeugen mit elektrischem Antrieb fortgeschritten, aber auch deutsche Unternehmen
(BMW, Daimler) haben angekündigt, elektrisch betriebene Stadtfahrzeuge auf den Markt zu
bringen.
Fazit:
Eine auf internationaler Ebene abgesprochene Strategie, CO2-Emissionen im Verkehrssektor zu
reduzieren, ist nicht zu erkennen. Einzelne Maßnahmen, wie sie auf der europäischen Ebene
angestoßen und in einigen Nationalstaaten eingeführt werden, sind vollkommen
unzureichend, eine effektive CO2-Minderung bei fossilen Kraftstoffen zu erreichen. Zudem
besteht die Gefahr, dass national oder europäisch getroffene Maßnahmen nicht die Menge
des CO2-Ausstoßes weltweit verringern, sondern nur zu Verdrängungseffekten führen, indem
dann in Europa CO2 – ärmere, leichtere Kraftstoffe eingesetzt werden und in den anderen
Ländern die Kraftstoffe aus Schweröl, Ölschiefer, Teersand und Kohle genutzt werden
86
müssen317. Daher müssen weltweite internationale CO2-Minderungsziele im Verkehrssektor
analog der CO2_Minderungsziele im Strom- oder Wärmebereich implementiert werden.
8.4
Handlungsempfehlungen: Sozial- und Umweltstandards für fossiles Öl
Seit einigen Wochen liegt der Entwurf einer Biokraftstoff -Nachhaltigkeitsverordnung vor, die
zum 01. Januar 2010 in Kraft treten soll. Hindergrund ist die nationale Umsetzung der
europäischen Nachhaltigkeitsanforderungen, wie sie in den Richtlinien zur Förderung der
Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (RED) und der Einführung von
Nachhaltigkeitskriterien für die Produktion und den Einsatz von Biomasse definiert werden.
Bemühungen, gesetzliche Nachhaltigkeitskriterien für die Produktion von fossilen Kraftstoffen
zu formulieren, existieren nicht. Alles, was bisher in diesem Bereich vorliegt, sind freiwillige
Prinzipien oder freiwillige Initiativen ohne rechtsverbindlichen Charakter. Beispielhaft seien
hier vier Initiativen318 vorgestellt:
Voluntary Principles on Security and Human Rights: Diese freiwilligen Prinzipien wurden im
Jahr 2000 nach einem Treffen von Repräsentanten der Außenministerien der USA und
Großbritannien, Erdöl-, Bergbau- und Energieunternehmen sowie verschiedener
Nichtregierungsorganisationen aufgestellt, als Exxon und BP wegen
Menschenrechtsverletzungen durch ihre Sicherheitskräfte in Kolumbien und Indonesien
angeklagt wurden. Die Prinzipien sollen Sicherheit und Schutz beim Abbau von Rohstoffen
garantieren und dafür sorgen, dass die Menschenrechte und die Freiheitsrechte respektiert
werden. Laut Memorandum der Heinrich Böll Stiftung gibt es kaum Informationen darüber,
wie wirksam die Initiative ist, da es keine Kriterien für eine Mitgliedschaft und kein Verfahren
gibt, wie überprüft werden kann, ob die Prinzipien auch eingehalten werden. Inzwischen
haben mehrere NGOs angedroht, diese Initiative wieder zu verlassen.
UN Global Compact: Der Global Compact geht auf eine Initiative des ehemaligen
Generalsekretärs der UN, Kofi Annan, aus dem Jahr 1999 zurück. Grundbestandteil sind zehn
Grundsätze aus dem Bereich der Menschenrechte, Arbeit, Umwelt und
Korruptionsbekämpfung. Der Global Compact bietet Unternehmen eine Lernplattform,
Beispiele optimaler Verhaltensweisen kennen zu lernen und anzuwenden. Er versagt aber,
wenn sich Unternehmen nicht an die 10 Prinzipien halten, da es keine Verbindlichkeit gibt.
OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen: Diese Leitsätze enthalten Prinzipien zu Sozialund Umweltstandards, zur Einhaltung von Gesetzen und Steuerbestimmungen des
Gastgeberlandes sowie zu Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung. Diese Leitsätze sind
freiwillig, beinhalten aber formal eine Beschwerdemöglichkeit. Zudem verpflichten sich die
Mitglieder der OECD, Anlaufstellen einzurichten, wo Klagen vorgebracht werden können. So
hat z.B. das UN-Expertengremium zur „illegalen Ausbeutung natürlicher Ressourcen und
anderer Vermögensarten der DR Kongo“ diese Leitsätze zur Grundlage ihres Berichtes
gemacht, um in der Öffentlichkeit zu publizieren, wenn Unternehmen internationales Recht
317 vgl. Reilly 2007.
318 Heinrich Böll Stiftung 2007
87
verletzen und sich nicht an die OECD Leitsätze halten. Der Bericht wurde sehr kontrovers
diskutiert, weil er keinen klaren Beweis für die Beteiligung der Unternehmen an den Verstößen
gegen die Leitsätze enthielt. Dies zeigte, dass die Indikatoren und Verfahren der OECDLeitsätze nicht klar genug sind, um die Teilnahme an Unternehmen, die an den Konflikten
beteiligt sind, eindeutig nachzuweisen.
Extractive Industries Transparency Initiative (EITI): Ziel der Initiative ist die Transparenz der
Einnahmen aus der Rohstoffindustrie. EITI ist eine rein freiwillige Selbstverpflichtung.
Weitergehend ist die von internationalen NGOs getragene Kampagne „Publish What You Pay“,
die die Initiative EITI zwar unterstützt, aber darüber hinaus fordert, dass es eine verpflichtende
Offenlegung der Steuern, Abgaben, Lizenzgebühren und anderer Zahlungen geben muss. Diese
Initiativen müssen in den nächsten Jahren erst noch zeigen, ob sie zum Erfolg führen.
Auch die Studie von PricewaterhouseCoopers und der oekom research AG zeigt (s. Kapitel 7.4),
dass die von Unternehmen formulierten Standards und die tatsächliche Umsetzung von
einander abweichen, wie z.B. in den Bereichen Menschenrechtspolitik und
Umweltauswirkungen.
Fazit: Nachhaltigkeitsstandards sollten auch für fossile Kraftstoffe implementiert werden. So
gibt es erste Initiativen des Europäischen Parlaments, Unternehmen, deren Aktivitäten im
Ausland zu Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen führen, stärker in die Haftung zu
nehmen. Ein möglicher Bündnispartner könnte die European Coalition of Corporate Justice
(ECCJ) sein, ein Netzwerk von 250 europäischen NGOs, die die Einführung der Direkthaftung
von Unternehmen fordern.
88
9
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10 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Entwicklung der Erdölproduktion 1925-2005 ......................................................... 10
Abbildung 2: Entwicklung sehr großer Ölfunde .......................................................................... 12
Abbildung 3: Entwicklung der Erdölproduktion sehr großer Erdölfelder .................................... 12
Abbildung 4: Anteil abnehmender Erdölfelder an der gesamtem Giant-Erdölförderung........... 13
Abbildung 5: Entwicklung der Erdölproduktion der heutigen Felder.......................................... 14
Abbildung 6: Welterdölproduktion im Referenzszenario des WEO 2008 ................................... 15
Abbildung 7: Entwicklung nachgewiesener Ölreserven in OPEC-Ländern .................................. 16
Abbildung 8: Entwicklung und Prognose von Erdölfunden ......................................................... 17
Abbildung 9: Entwicklung der Erdölproduktion des Weyburn Feldes in Kanada ........................ 18
Abbildung 10: Entwicklung der Erdölförderung des Yates-Feldes in den USA ............................ 19
Abbildung 11: Entwicklung der EOR-Produktion in den USA ...................................................... 19
Abbildung 12: Weltweite Vorkommen unkonventioneller Erdöle .............................................. 22
Abbildung 13: Weltweite konventionelle und unkonventionelle Erdgasvorkommen ................ 23
Abbildung 14: Produktion unkonventioneller fossiler Kraftstoffe in Mio. t in 2007 ................... 24
Abbildung 15: Lage der Teersandvorkommen in Kanada. Eigene Darstellung,. ......................... 26
Abbildung 16: Schema der Teersandgewinnung im Tagebau ..................................................... 27
Abbildung 17: Schema des SAGD-Verfahrens. ............................................................................ 30
Abbildung 18: Schema des THAI-Verfahrens.. ............................................................................. 31
Abbildung 19: Prozessschema der In-situ-Kohlevergasung......................................................... 37
Abbildung 20: Verlauf der Injektions- und Produktionsbohrungen der In-situ-Kohlevergasung.
Eigene Darstellung nach Kempka et al. 2009 .............................................................................. 37
Abbildung 21: Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe (WTW). .......................................... 39
Abbildung 22: Auswirkungen des Wasser-Erdölverhältnisses und der Tiefe des Erdölfeldes auf
die CO2-Intensität der Erdölförderung. ....................................................................................... 42
Abbildung 23: Spezifische Treibhausgasemissionen der Erdölförderung bei unterschiedlichen
Wasser-Erdölverhältnissen und Tiefen der Erdölfelder... ........................................................... 43
Abbildung 24: Entwicklung der Erdölproduktion und der Treibhausgasemissionen der BPErdölproduktion in der Nordsee .................................................................................................. 45
Abbildung 25: Entwicklung der CO2-Intensität der BP-Erdölproduktion in der Nordsee ............ 45
Abbildung 26: Auswirkungen der Schwere und des Schwefelgehaltes von Erdöl: Prozentuale
Abweichung von den durchschnittlichen Treibhausgasemissionen von Dieselkraftstoff in den
USA. ............................................................................................................................................ 48
Abbildung 27: Produktionskosten fossiler Kraftstoffe ................................................................ 51
99
Abbildung 28: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Wachsende Nachfrage" . ... 77
Abbildung 29: Entwicklung der Treibhausgasemissionen aller konventionellen und
unkonventionellen Kraftstoffe im Szenario "Wachsende Nachfrage" ........................................ 79
Abbildung 30: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Konstante Nachfrage" ....... 80
Abbildung 31: Entwicklung der Treibhausgasemissionen aller konventionellen und
unkonventionellen Kraftstoffe im Szenario "Konstante Nachfrage"........................................... 81
Abbildung 32: Weltweite Landnutzung in Mrd. ha ..................................................................... 82
11 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Entwicklung der OPEC-Erdölreserven ......................................................................... 17
Tabelle 2: Klassifizierung nach Schwere des Rohöls .................................................................... 25
Tabelle 3: Übersicht der In-situ-Verfahren der Teersandförderung ........................................... 28
Tabelle 4: Treibhausgasemissionen fossiler Kraftstoffe (Well to Wheel – WTW-Emissionen).
Quelle: Eigene Berechnung. ........................................................................................................ 40
Tabelle 5: Vergleich der Treibhausgasemissonen verschiedener Fördermethoden. .................. 44
Tabelle 6: Vergleich der Treibhausgasemissionen von Dieselkraftstoff aus Russland mit
unterschiedlichen Referenzwerten ............................................................................................. 47
Tabelle 7: Entwicklungsindikatoren von erdölexportierenden Entwicklungsländern................. 61
Tabelle 8: Entwicklung der spezifischen Treibhausgasemissionen konventioneller und
unkonventioneller Kraftstoffe bis 2030....................................................................................... 76
Tabelle 9: Ölpflanzenerträge. ...................................................................................................... 84
Tabelle 10: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Wachsende Nachfrage" ........ 101
Tabelle 11: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Konstante Nachfrage" .......... 102
100
12 Anhang
Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Wachsende Nachfrage"
Millionen Barrel/Tag
2007
2020
2030
Teersande
1,20
6,00
9,50
Schwerstöl
1,46
6
9,5
CTL
0,14
3
6
GTL
0,05
2
2
Ölschiefer
0,01
1
4
Unkonventionell Gesamt
2,85
18,00
31,00
69,448
40,00
27,1
Onshore Entwicklung
8,50
6,8
Offshore Entwicklung
8,50
6,8
Onshore Neufunde
1,00
4,35
Offshore Neufunde
1,00
4,35
EOR
1,00
6,40
Alte Ölfelder
NGL
10,00
13,5
15,33
Gesamte Förderung
82,30
91,50
102,13
Produktionsgewinne
2,1
2,4
2,6
Gesamte Produktion
84,40
94
105
Tabelle 10: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Wachsende Nachfrage"
101
Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Konstante Nachfrage"
Millionen Barrel/Tag
2007
1,2
1,46
0,14
0,05
0,01
2020
3,50
3,3
1
0,5
0,5
2030
4,00
4
1,7
0,8
0,7
2,85
69,45
8,80
40,00
11,20
27,1
Onshore
Entwicklung
8,50
6,8
Offshore
Entwicklung
8,50
6,8
Onshore Neufunde
1,00
4,35
Offshore Neufunde
EOR
NGL
10
1,00
1
13,5
4,35
6,4
15,33
Gesamte Förderung
82,3
82,30
82,33
Produktionsgewinne
2,1
2,1
2,1
Teersande
Schwerstöl
CTL
GTL
Ölschiefer
Unkonventionelle
Gesamt
Alte Ölfelder
Gesamte Produktion
84,40
84,40
84,43
Gesamt
Konventionell
79
74
71
Tabelle 11: Entwicklung der Kraftstoffproduktion im Szenario "Konstante Nachfrage"
102

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